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Eidgenössische Forschungsanstalt WSL (Ed.). (2014). Landschaft und Energiewende. Der Einfluss erneuerbarer Energien auf die Landschaft. WSL Berichte: Vol. 21. Forum für Wissen 2014. WSL Birmensdorf: Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft

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Academic year: 2022

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Landschaft und Energiewende

Der Einfluss erneuerbarer Energien auf die Landschaft

Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL CH-8903 Birmensdorf

WSL Berichte

ISSN 2296-3456

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Landschaft und Energiewende

Der Einfluss erneuerbarer Energien auf die Landschaft

Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL CH-8903 Birmensdorf

WSL Berichte

ISSN 2296-3448

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Das Forum für Wissen ist eine Veranstaltung, die von der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL durchgeführt wird. Aktuelle Themen aus den Arbeitsgebieten der Forschungsanstalt werden vorgestellt und diskutiert. Ne- ben Referenten von der WSL können auswärtige Fachleute beigezogen werden.

Gleichzeitig zu jeder Veranstaltung «Forum für Wissen» erscheint eine auf das Thema bezogene Publikation in der Reihe WSL Berichte.

Verantwortlich für die Herausgabe der Schriftenreihe Prof. Dr. Konrad Steffen, Direktor WSL

Verantwortlich für dieses Heft

PD Dr. Matthias Bürgi, Leiter Forschungseinheit Landschaftsdynamik Prof. Dr. Felix Kienast, Leiter Zentrum Landschaft WSL

Schriftleitung Sandra Gurzeler

Wir danken folgenden Personen, welche sich als Reviewer zur Verfügung stellten, für die kritische Durchsicht der Beiträge und die hilfreichen Kommentare:

Urban Biffiger, Astrid Björnsen Gurung, Matthias Buchecker, Matthias Bürgi, Tobias Buser, Christoph Hegg, Rico Hergert, Werner Leuthard, Martin Moritzi, Roland Olschewski, Christoph Scheidegger, Tobias Schulz, Irmi Seidl und Manfred Stähli

Zitierung

Eidgenössische Forschungsanstalt WSL (Hrsg.) 2014: Forum für Wissen 2014.

Landschaft und Energiewende. Der Einfluss erneuerbarer Energien auf die Landschaft. WSL Ber. 21: 74 S.

Layout

Sandra Gurzeler, WSL Druck

Rüegg Media AG, Aesch ZH

Bezugsadresse WSL Shop Zürcherstrasse 111 CH-8903 Birmensdorf http://www.wsl.ch/eshop/

ISSN 2296-3448

© Eidgenössische Forschungsanstalt WSL Birmensdorf 2014

neutral Drucksache

01-14-625694 myclimate.org PERFORMANCE

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Vorwort

Die Energiewende und die Förderung erneuerbarer Energien ist sowohl eine tech- nologische als auch eine gesellschaftliche Herausforderung. Sie betrifft Diskus- sionsprozesse, Entscheidungen und Handlungen auf vielen verschiedenen Ebe- nen, zum Beispiel der Energiesicherheit, der ökonomischen Anreize oder der Auswirkungen auf die Umwelt. Dazu gehört, vorausschauend zu untersuchen, wie die Produktion von Energie aus erneuerbaren Quellen die Landschaft beeinflusst, wo solche Standorte aus ökonomischen, technischen und anderen Überlegungen sinnvoll sind und wie potentielle Konflikte mit anderen Nutzungen – zum Beispiel Erholung, Tourismus – oder dem Landschaftsbild gelöst werden können.

Verschiedene Optionen des landschaftsplanerischen Umgangs mit erneuerba- ren Energieformen sind denkbar. Sie reichen von «verbieten» bis «bewusst plat- zieren». Allen Optionen gemeinsam ist, dass sie einen intensiven Dialog zwischen Forschung, Politik, Verwaltung, Praxis und der Bevölkerung erfordern. Das Zen- trum Landschaft der WSL unterstützt im Forum für Wissen 2014 diesen Dialog, indem es Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Ver- waltung zusammenbringt.

Der vorliegende Tagungsband enthält die Vorträge, die im Rahmen des Forums gehalten wurden. In den Beiträgen werden zuerst ausgewählte Aspekte der poli- tischen und technologischen Rahmenbedingungen der Energiewende diskutiert.

Anschliessend werden die möglichen Auswirkungen auf die Landschaft dargelegt und Lösungsansätze zum gesellschaftlichen Umgang mit den Landschaftsauswir- kungen der erneuerbaren Energien vorgestellt. Während des Forums konnten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an verschiedenen Marktständen über inno- vative Projekte und Produkte für eine umwelt- und landschaftsschonende Ener- giewende informieren. In einer Podiumsdiskussion setzten sich verschiedene Ex- pertinnen und Experten mit dem Thema auseinander und diskutierten mögliche Ansätze zur Verminderung von Nutzungskonflikten in der Landschaft.

Wir möchten uns bei folgenden Personen herzlich bedanken, ohne deren Hilfe die- se Tagung nicht hätte zustande kommen können: Astrid Björnsen Gurung, Chris- toph Hegg, Rolf Holderegger, Marcel Hunziker, Irmi Seidl, Oliver Thees, Silvia Tobias und Manfred Stähli

Tagungsorganisation und Tagungssekretariat: Sandra Gurzeler, Martin Moritzi und Susanne Senn-Raschle

Das Thema dieses Forums wird durch das Zentrum Landschaft WSL und das Pro- gramm Energy Change Impact – eine Gemeinschaftsaktivität der WSL mit der EAWAG – auch in Zukunft weiter bearbeitet.

Birmensdorf, 25. November 2014 Felix Kienast, Tagungsleitung, Leiter Zentrum Landschaft WSL Konrad Steffen, Direktor WSL

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Inhalt Seite

Vorwort 3

Energiepolitik 2050 7

Guido Federer

Neue Energietechnologien – Reduzieren sich die Auswirkungen 13 auf die Landschaft?

Urs Elber und Alexander Wokaun

Wasserkraftnutzung im Wasserschloss Schweiz: Heraus forderungen 15 aus ökologischer Sicht

Christine Weber und Martin Schmid

Landschaft: Gesellschaftliche und wissenschaftliche Herausforderungen 25 der Energiewende

Christina von Haaren, Claudia Palmas, Almut Siewert und Thiemen Boll

Potenziale, Chancen und Risiken der Energieholznutzung. Zur Rolle 29 des Holzes im Schweizer Energiesystem

Oliver Thees, Renato Lemm, Matthias Erni und Isabel Ballmer

Landschaftsveränderungen durch erneuerbare Energien aus Sicht 43 der Bevölkerung

Marcel Hunziker, Annina Michel und Matthias Buchecker

Umsetzungsbeispiel Energiewende Aargau. Erneuerbare Energien 51 in der Gesamtschau und die Rollen der einzelnen Energieträger

Isabel Ballmer, Oliver Thees, Renato Lemm und Vanessa Burg

Landschaftskonflikte durch erneuerbare Energien 69 Felix Kienast, Anna Hersperger, Rico Hergert und Lorena Segura Moran

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Energiepolitik 2050

Guido Federer

Bundesamt für Energie BFE, Mühlestrasse 4, CH-3063 Ittigen guido.federer@bfe.admin.ch

Bundesrat und Parlament haben im Jahr 2011 im Nachgang zur Reaktorkata­

strophe von Fukushima einen Grundsatzentscheid für einen schrittweisen Aus­

stieg aus der Kernenergie gefällt. Dieser Entscheid sowie weitere, seit Jahren zu beobachtende, tiefgreifende Veränderungen im internationalen Energieumfeld bedingen einen sukzessiven Umbau des Schweizer Energiesystems bis ins Jahr 2050. Hierfür hat der Bundesrat die Energiestrategie 2050 erarbeitet. Diese baut auf den drei Pfeilern Strom­ und Energieverbrauch senken, Anteil erneuerbarer Energien fördern sowie Um­ und Ausbau der elektrischen Netze und der Energie­

speicherung auf. Insbesondere der zweite und dritte Pfeiler haben potenziell Ein­

fluss auf das Landschaftsbild, weshalb auf die Massnahmen der Energiestrategie in diesen Bereichen näher eingegangen wird.

1 Einleitung

Am 11. März 2011 verwüsteten ein Erdbeben der Stärke 8,9 auf der Rich- terskala und ein darauffolgender Tsu- nami den Nordosten der japanischen Hauptinsel Honshu. Davon betroffen war auch der Standort des Kernkraft- werks Fukushima Daiichi mit seinen sechs Reaktoren. In den Blöcken I bis III kam es zur Kernschmelze. Gros- se Mengen an radioaktivem Material wurden freigesetzt und kontaminierten Luft, Boden, Wasser sowie Nahrungs- mittel in der land- und meerseitigen Umgebung.

Bundesrat und Parlament haben daraufhin im Jahr 2011 einen Grund- satzentscheid für einen schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie gefällt.

Die bestehenden fünf Kernkraftwer- ke sollen am Ende ihrer sicherheits- technischen Betriebsdauer stillgelegt und nicht durch neue Kernkraftwerke ersetzt werden.

Zusätzlich sind seit Jahren im inter- nationalen Energieumfeld tiefgrei- fende Veränderungen zu beobach- ten. Speziell zu erwähnen sind die Entwicklungen hin zu einem freien

Energie binnenmarkt in der EU sowie die 20-20-20-Ziele1 der EU für das Jahr 2020 und die damit zusammenhängen- de Förderung der erneuerbaren Ener- gien. Es wird weiterhin erwartet, dass der weltweite Energieverbrauch zwi- schen 2011 und 2035 um mehr als einen Drittel zunimmt (IEA 2013), beim Stromverbrauch wird eine doppelt so hohe Zunahme erwartet. Die Interna- tional Energy Agency sieht als Lösung insbesondere in der Energieeffizienz ein grosses Steigerungspotenzial.

Aus diesen Gründen hat der Bun- desrat die Energiestrategie 2050 (Ener- giestrategie 2050, vgl. Internetquellen) erarbeitet. Der Bundesrat setzt in ers- ter Linie (erstes Massnahmenpaket) auf eine konsequente Erschliessung der vorhandenen Energieeffizienzpo- tenziale und in zweiter Linie auf eine nachhaltige Ausschöpfung der vor- handenen Potenziale der erneuerba- ren Energien inklusive Wasserkraft. In einer zweiten Etappe der Energiestra- tegie 2050 (ab 2020) will der Bundes- rat das bestehende Fördersystem durch ein Lenkungssystem ablösen.

Da die Wirkungen der Energiestrate- gie auf die Landschaft primär von den

Anlagen zur Stromerzeugung und -ver- teilung im Inland ausgehen, konzent- rieren sich die nachstehenden Ausfüh- rungen primär auf diesen Aspekt.

2 Stromversorgung heute

Von der einheimischen Stromproduk- tion sind 60 Prozent erneuerbaren Ursprungs, der Grossteil aus der Was- serkraftnutzung. Der Anteil der Ener- gie aus Sonne, Biomasse, Biogas, Wind und Abfall an den erneuerbaren Ener- gien beträgt 3 Prozent. Rund 37 Pro- zent der Netto-Elektrizitätsproduk tion liefern die fünf Kernkraftwerke, der Rest stammt aus konventionell-thermi- schen Kraft- und Fernheizkraftwerken.

Die Netto-Elektrizitätsproduktion ist seit Jahren recht stabil und lag im Jahr 2013 bei rund 66 TWh (BFE, 2013a), was in etwa dem schweizeri- schen Jahresverbrauch entspricht. Im Winter allerdings vermag die Produk- tion den im Vergleich zu den Sommer- monaten gesteigerten Bedarf nicht zu decken, weshalb die Schweiz in dieser Zeit auf Stromimporte angewiesen ist.

3 Energiestrategie 2050

3.1 Ziele

Mit der Energiestrategie 2050 verfolgt der Bundesrat die folgenden langfristi- gen Ziele bis 2050:

1. Energie- und Stromverbrauch sen- ken: Dies ist eine Voraussetzung für alle weiteren Massnahmen. Der durchschnittliche Endenergiever- brauch pro Person und Jahr soll bis 2050 gegenüber dem Basisjahr 2000 um 54 Prozent sinken. Der durch- schnittliche Stromverbrauch soll ab

1 Senkung der Treibhausgasemissionen um mindestens 20 % gegenüber dem Stand von 1990, Steigerung der Nutzung erneuerbarer Energiequellen auf 20 % der Gesamtener- gieproduktion, Senkung des Energieverbrauchs um 20 % gegenüber dem voraussichtli- chen Niveau von 2020 durch Verbesserung der Energieeffizienz.

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2012a) das Potenzial für die Gross- und Kleinwasserkraft anhand von zwei Sze- narien geschätzt. Das Potenzial unter

«heutigen Bedingungen» zeigt auf, wie die Wasserkraftnutzung unter den gel- tenden gesetzlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedin- gungen gesteigert werden kann. Das Potenzial unter «optimierten Bedin- gungen» setzt eine Änderung der wirt- schaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen voraus, welche einen zusätzlichen Ausbau der Wasser- kraft ermöglichen, dies jedoch im Rah- men der Vorgaben der Bundesverfas- sung und der geltenden Gesetzgebung bezüglich Nachhaltigkeit und Schutz der Umwelt. Die Ergebnisse der Poten- zialabschätzung sind in Abbildung 2 dargestellt (in GWh/a).

3.3 Zukünftiger Strommix

Der Strom aus den Kernkraftwerken wird gemäss Prognos (2012) nach 2020 schrittweise zurückgehen. Ersetzt wird er durch verschiedene andere Energie- träger. Einen wichtigen Beitrag spielt dabei die Wasserkraft, einen noch grös- seren Beitrag werden aber die neuen erneuerbaren Energien leisten müs- sen. Ebenfalls eine Rolle spielen wird der Ausbau von Wärme-Kraft-Kopp- lungs-Anlagen. Trotz dieser Massnah- men wird zwischen 2030 und 2050 ein Restbedarf entstehen, welcher vorü- bergehend entweder durch Importe oder durch fossile Stromproduktion zu decken sein wird (Abb. 3).

3.4 Elektrizitätsspeicherung und -verteilung

Im Jahr 2012 importierte die Schweiz rund 36 TWh und exportierte 39 TWh Strom, während der Bruttoverbrauch im Inland inkl. Übertragungs- und Ver- teilverluste rund 64 TWh betrug (BFE 2013a). Die bestehende hohe Belas- tung des Übertragungsnetzes führt bereits heute zu Produktionseinschrän- kungen und die Übertragungskapa- zitäten an den Grenzen sind ausge- reizt. Im Höchstspannungsnetz besteht ein erheblicher Investitionsbedarf.

Dies einerseits für Erneuerungsmass- nahmen aufgrund des fortgeschritte- nen Alters des Übertragungsnetzes, Kantone, Städte und Gemeinden sollen

mit gutem Beispiel vorangehen.

3.2 Potenziale für den Ausbau der erneuerbaren Energien Das nachhaltig nutzbare Potenzial der neuen erneuerbaren Energien liegt gemäss Prognos (2012) bei geschätzten 24,2 TWh bis 2050. Auf die Photovolta- ik fallen dabei 11,1 TWh, auf Wind 4,3 TWh, Biomasse 1,2 TWh, Geothermie 4,4 TWh sowie ARA (Abwasserrei- nigungsanlagen), KVA (Kehrichtver- brennungsanlagen) und Biogas zusam- men 3,2 TWh. Die Entwicklung ist in Abbildung 1 dargestellt.

Im Rahmen einer Potenzialstudie hat das Bundesamt für Energie (BFE 2020 nicht mehr weiter steigen und

bis 2050 um 18 Prozent sinken.

2. Anteil der erneuerbaren Energien erhöhen: Der Anteil der Wasser- kraft und der neuen erneuerbaren Energien am Strommix soll massiv gesteigert werden.

3. Um- und Ausbau der elektrischen Netze und der Energiespeicherung:

Mit dem Umbau von einer zentra- len hin zu einer dezentralen, erneu- erbaren Energieerzeugung steigen der Bedarf für den Um- und Aus- bau der Energienetze sowie der Bedarf an Energiespeichern.

Im Weiteren ist der ungehinderte Zugang zu den internationalen Ener- giemärkten wesentlich, die Energiefor- schung soll verstärkt werden und Bund,

Abb. 2. Ausbaupotenzial der Gross- und Kleinwasserkraft (BFE 2012a).

Abb. 1. Ausbaupotenzial der neuen erneuerbaren Energien (Prognos 2012).

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sung der Energiestrategie 2050 wurde gefordert, dass sich das Einspeisever- gütungssystem dem Markt annähert.

Im Rahmen der Vorlage zum ersten Massnahmenpaket der Energiestrate- gie soll deshalb das bestehende För- dersystem der kostendeckenden Ein- speisevergütung (KEV)2 optimiert und umgebaut werden. Konkret sind fol- gende Anpassungen vorgesehen:

Durch die Erhöhung des Netznut- zungsentgeltes auf dem Übertragungs- netz (Netzzuschlag) auf 2,3 Rp./kWh sollen für den Ausbau der erneuerba- ren Energien mehr Mittel zur Verfü- gung stehen3. Damit kann die beste- 3.5 Massnahmen zum Ausbau der

erneuerbaren Energien im Massnahmenpaket I (bis 2020) Zur Erreichung dieser Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energi- en sind unter anderem die nachste- henden Massnahmen mit potenziel- len Auswirkungen auf die Landschaft geplant. Die Umwelt- und insbesonde- re Landschaftswirkung der einzelnen Massnahmen ist in Infras und Ecosens (2012) beschrieben.

Förderung erneuerbarer Energien Das Einspeisevergütungssystem ist ein Ausgleichsystem, das die Investiti- onssicherheit für Neuanlagen erhöht.

Es motiviert Investoren, mindestens während der Vergütungsdauer mög- lichst viel Energie zu produzieren und die Anlage in einem einwandfreien Zustand zu halten. Zudem ermöglicht das System neuen Technologien, wie zum Beispiel der Photovoltaik, markt- fähig zu werden. In der Vernehmlas- andererseits für den Ausbau des Net-

zes zur Beseitigung regionaler Kapa- zitätsengpässe und aufgrund der Ent- wicklungen in Deutschland (extrem starke Zunahme der Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien mit erheblichen Schwankungen in der Pro- duktion), aufgrund des zunehmenden Stromtransits sowie der Integration der neuen Schweizer Pumpspeicher- kraftwerke in das Übertragungssystem (Nant-de-Drance, Linth-Limmern).

Die Verteilnetze sind heute auf die Verteilung von Strom aus grossen Pro- duktionsanlagen zu den Verbrauchern ausgelegt, künftig müssen sie gros- se Mengen an erneuerbarem Strom aus einer grossen Anzahl dezentra- ler Kraftwerke aufnehmen. Häufig ist deren Stromproduktion unregelmässig, was die Steuerung des Systems Produk- tion–Netze–Verbrauch vor neue Her- ausforderungen stellt. Entsprechend müssen auch die Verteilnetze ausge- baut und modernisiert werden (Con- sentec 2012; BFE 2012b).

Abb. 3. Entwicklung der Elektrizitätsnachfrage sowie des Strommixes gemäss Energiestrategie 2050 (Prognos 2012).

2 In der KEV verkauft der Betreiber den Strom an Swissgrid und erhält dafür eine fixe, im Voraus festgelegte Vergütung pro kWh.

3 Inkl. je max. 0,1 Rp./kWh für Garantien zur Deckung der Fündigkeitsrisiken der Tiefengeothermie, für wettbewerbliche Ausschreibungen und für die Entschädi- gung gewisser mit der Wasserkraftnutzung verbundener Sanierungsmassnahmen.

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schutzes geniessen (BLN-Gebiete).

Von deren ungeschmälerten Erhaltung darf nur zugunsten eines gleich- oder höherwertigen nationalen Anliegens abgewichen werden. Mit der Neuerung soll für die fraglichen Energieanlagen, zum Beispiel wenn in einem konkreten Fall über eine Bewilligung zu entschei- den ist, eine gegenüber heute bessere Ausgangslage für die Interessenabwä- gung geschaffen beziehungsweise eine solche überhaupt erst ermöglicht wer- den. Diese erfolgt jedoch nach wie vor im Einzelfall und die Änderung stellt keine Schlechterstellung der Natur- schutzgesetzgebung dar. Die Energie- anlagen sollen grundsätzlich gleichauf mit anderen Anliegen von nationa- ler Bedeutung sein wie den erwähn- ten Objekten in den Natur- und Hei- matschutzinventaren des Bundes oder Objekten im Bereich der Auengebiete, Vogelreservate und Biotope.

Die Meinung ist jedoch nicht, dass sämtliche noch freien Standorte ver- baut werden sollen, erst recht nicht in Schutzgebieten. Vielmehr sollen vor allem die Anlagen realisiert werden, die mit möglichst wenigen Eingriffen einen grösstmöglichen Nutzen für die Stromproduktion bringen. Das kann beispielsweise beim Ausbau bestehen- der Anlagen der Fall sein.

Die Grössen- und Bedeutungs- schwelle für die Zuerkennung des nati- onalen Interesses wird für jede Tech- nologie je nach Notwendigkeit separat auf Verordnungsstufe festgelegt. Die Schwelle für das nationale Interesse bei der Wasserkraft soll aus heutiger Sicht nicht unter 3 MW, mit Blick auf die Ausbauziele aber auch nicht über 10 MW liegen. Aus den analogen Über- legungen soll der Schwellenwert für das nationale Interesse bei Windener- gieprojekten nicht kleiner als 5 MW aber auch nicht grösser und als 20 MW sein (vgl. BG Ingenieure & Berater 2013).

3.6 Entwicklung in der

parlamentarischen Beratung In der Energiestrategie 2050, die seit knapp einem Jahr in der nationalrätli- chen Kommission Umwelt, Raumpla- nung, Energie (UREK-N) diskutiert wird, ist die Förderung von Grosswas- serkraftwerken ab 10 MW nicht vorge- hende Warteliste abgebaut werden, was

zu einem rascheren Zubau führen wird.

Die Einführung der Direktvermark- tung4 hat zum Ziel, dass die Anlagen möglichst dann produzieren, wenn der Strom auch gebraucht wird. Damit können die negativen Auswirkungen der fluktuierenden Einspeisung der neuen erneuerbaren Energien auf das Netz vermindert werden.

Nur noch Anlagen, die nach dem 1. Januar 2013 erstmals in Betrieb genommen worden sind (Neuanlagen), können am Einspeisevergütungssys- tem teilnehmen5. Erhebliche Erneue- rungen oder Erweiterungen bestehen- der Anlagen berechtigen nicht mehr zur Teilnahme. Deren Anspruchsbe- rechtigung war bisher ein grosser Kri- tikpunkt insbesondere der Umweltver- bände, da eine Überförderung dieser Anlagen befürchtet wurde. Erneuerun- gen und Erweiterungen verschiedener Technologien werden neu mit einmali- gen Investitionsbeiträgen gefördert.

Kleine Wasserkraftwerke mit einer Leistung von weniger als 300 kW sol- len künftig nicht mehr gefördert wer- den. Durch diese Massnahme kann die hohe Anzahl Kleinstwasserkraftwer- ke mit tendenziell schlechterem Ver- hältnis zwischen Energieertrag und Umweltauswirkung deutlich reduziert und die Fördereffizienz (Franken/kWh) erhöht werden. Von der Untergrenze ausgenommen sind Infrastrukturanla- gen6.

Konzept für den Ausbau der erneuer­

baren Energien

Insbesondere Wasser- und Windkraft- anlagen wirken sich erheblich auf den Raum aus und sie stehen oft im Inte- ressenkonflikt mit anderen raumwirk- samen (Schutz-)Interessen. Mit einem noch zu erarbeitenden gesamtschwei- zerischen Konzept für den Ausbau erneuerbarer Energien sollen diese Konflikte entschärft und der Ausbau von Wasser- und Windkraft unterstützt werden. Das Konzept soll aufzeigen, welche Gebiete sich für die Nutzung

erneuerbarer Energien eignen. Idee dieses Ansatzes ist, dass bei einer lan- desweiten Vorgehensweise Kompro- misse leichter erzielt werden können als bei einer kleinräumigen Betrach- tung. Mit dem planerischen Ansatz dürften Lösungen auch deshalb ein- facher werden, weil die sich teilweise widersprechenden Interessen frühzei- tig und losgelöst von konkreten Pro- jekten gegeneinander abgewogen wer- den können. Das Konzept soll feder- führend von den Kantonen erarbeitet werden.

Der Bund unterstützt sie dabei, wobei er unter anderem für die nötige Koordination sorgt. Mit den herkömm- lichen raumplanerischen Instrumenten (Richtplan und, wo nötig, Nutzungs- plan) sollen die Festlegungen konkreti- siert und verbindlich gemacht werden.

Die Festlegungen können beispiels- weise als Ausschluss- oder Vorrangge- biete für die Nutzung der erneuerbaren Energien ausgestaltet werden. Inner- halb der Vorranggebiete soll dann die Realisierung der entsprechenden Ener- gieproduktionsanlagen nicht mehr grundsätzlich in Frage gestellt werden und der Aspekt der Energieproduktion muss in der lokalen Interessenabwä- gung einen hohen Stellenwert genies- sen. Die Projekte haben jedoch auch in diesen Gebieten ein normales Bewilli- gungsverfahren zu durchlaufen.

Nationales Interesse

Neu soll im Energiegesetz (EnG) gesetzlich verankert werden, dass die Nutzung erneuerbarer Energien und ihr Ausbau im nationalen Interesse lie- gen. Neue und bestehende Anlagen ab einer bestimmten Grösse und Bedeu- tung, also ab einer bestimmten Schwel- le, erhalten so den Status eines nati- onalen Interesses. Mit diesem Status ziehen die Energieanlagen grundsätz- lich mit anderen Interessen von natio- naler Bedeutung gleich, insbesondere mit dem Schutzniveau, das die Objek- te in den Bundesinventaren des Natur-, Landschafts-, Heimat- oder Ortsbild-

4 Bei der Direktvermarktung sind die Betreiber selber für die Vermarktung des Stroms zuständig. Die Einspeisevergütung setzt sich aus dem am Markt erzielten Erlös und einer Einspeiseprämie zusammen, welche sich aus der Differenz zwischen dem Vergütungs- satz und einem Referenzmarktpreis ergibt. Bei diesem System können die Betreiber ihren Erlös steigern, wenn sie bedarfsgerecht produzieren (vgl. Bundesrat 2013, S. 7673).

5 Anlagen, welche KEV beziehen oder einen positiven Bescheid haben, sind von diesen Neuerungen nicht betroffen.

6 Trink- und Abwasserkraftwerke, usw.

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BFE (Bundesamt für Energie), 2012b: Ener- giestrategie 2050, Bericht des Teilprojekts Enß∑ergienetze und Ausbaukosten.

BG Ingenieure & Berater, 2013: Studie Kri- terien für nationales Interesse, Schlussbe- richt. Bundesamt für Energie BFE.

Bundesrat, 2013: Botschaft zum ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 (Revision des Energierechts) und zur Volksinitiative «Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomaus- stiegsinitiative)».

Consentec, 2012: Auswirkungen eines ver- stärkten Ausbaus der dezentralen Erzeu- gung auf die Schweizer Verteilnetze. Bun- desamt für Energie BFE.

IEA International Energy Agency, 2013:

World Energy Outlook 2013.

Infras; Ecosens, 2012: Energiestrategie 2050: Umweltanalyse und Bewertung der Massnahmen. Bundesamt für Umwelt BAFU.

Prognos, 2012: Die Energieperspektiven für die Schweiz bis 2050, Energienachfrage und Elektrizitätsangebot in der Schweiz 2000–2050. Bundesamt für Energie BFE.

Internetquellen

Energiestrategie 2050: http://www.bfe.

admin.ch/themen/00526/00527/index.

html?lang=de, 19.9.2014 nachhaltig erfolgen kann. Die Umset-

zung setzt jedoch eine Zusammenar- beit sowie Kompromissbereitschaft aller Beteiligten voraus. Die Frage ist nicht, ob Energieversorgung ja oder nein, sondern mit welcher Energiever- sorgung dem Gesamtwohl am besten entsprochen werden kann.

5 Literatur

BFE (Bundesamt für Energie), 2014a: Neu- es Fördermodell Wasserkraft, Bericht zuhanden der UREK-N. 13.074n Energie- strategie 2050, erstes Massnahmenpaket.

BFE (Bundesamt für Energie), 2014b: För- derung neuer Wasserkraftwerke (Zubau), Bericht zuhanden der UREK-N. 13.074n Energiestrategie 2050, erstes Massnah- menpaket.

BFE (Bundesamt für Energie), 2013a:

Schwei zerische Elektrizitätsstatistik 2013.

BFE (Bundesamt für Energie), 2013b: Per- spektiven für die Wasserkraft. Wirtschaft- lichkeit von Projekten für grosse Lauf- wasser- und Speicherkraftwerke und mögliche Instrumente zur Förderung der Grosswasserkraft.

BFE (Bundesamt für Energie), 2012a: Was- serkraftpotenzial der Schweiz, Abschät- zung des Ausbaupotenzials der Wasser- kraftnutzung im Rahmen der Energie- strategie 2050.

sehen. Angesichts der aktuell schwie- rigen Lage für einige Wasserkraft- werksbetreiber und deren Hinweise, dass Investitionen in den Zubau von Grosswasserkraftwerken nicht renta- bel sind, hat die UREK-N das Bun- desamt für Energie (BFE) im Som- mer 2014 beauftragt, die Wirkung eines neuen Gesamtfördersystem für Was- serkraft aufzuzeigen. Aufgrund der Grundlagen im Bericht «Neues Förder- modell Wasserkraft – Bericht zu Han- den der UREK-N» (BFE 2014a; BFE 2014b; BFE 2013b) schlägt die Kom- mission vor, dass Wasserkraftwerke mit einer Leistung >10 MW unter gewissen Bedingungen gefördert werden kön- nen.

Demnach erhielten Grosskraftwerke – sowohl Neubauten wie auch erhebli- che Erweiterungen und Erneuerungen, jedoch nicht Pumpspeicherkraftwer- ke – bis zu 40 Prozent der anrechenba- ren Investitionskosten vergütet. Wenn die Bedingungen des Energiemarktes in Zukunft zu einer übermässigen Ren- tabilität der Kraftwerke führen, soll der Bundesrat die Investitionsbeiträge zurückfordern können.

Im Gegenzug beantragt die Kommis- sion, die Untergrenze zur Förderung von Kleinwasserkraftwerken (Einspei- severgütungssystem und Investitions- hilfen) von 300 kW auf 1 MW anzu- heben. Auch hier sind sowohl Neubau- ten wie auch erhebliche Erweiterungen und Erneuerungen betroffen. Dadurch sollen nachteilige Eingriffe durch Kleinwasserkraftwerke in naturnahe Gewässer verhindert werden.

4 Folgerungen

Effizienzsteigerungen alleine werden nicht ausreichen, um den zukünftigen Strombedarf ohne den Strom aus den Kernkraftwerken zu decken. Ein Aus- bau der erneuerbaren Energien ist des- halb notwendig.

Die dezentrale Natur der erneuerba- ren Energien bringt es mit sich, dass in Zukunft viele Landschafts- und Lebensräume mit der Energienutzung in Berührung kommen werden.

Wir sind jedoch der Ansicht, dass mit den in der Energiestrategie 2050 vor- handenen Instrumenten der notwendi- ge Ausbau der erneuerbaren Energien

Abstract

Energy Strategy 2050

In 2011, the Federal Council and Parliament decided that Switzerland is to withdraw from the use of nuclear energy on a step-by-step basis. The existing five nuclear power plants are to be decommissioned when they reach the end of their safe service life, and will not be replaced by new ones. As a result of this decision and various other profound changes that have been observed for a number of years, in particular in the international energy arena, the Swiss energy system will require successive restructuring in the period up to 2050. In view of this, the Federal Council has developed a long-term energy policy (“Energy Strategy 2050”) based on the revised energy perspectives. And at the same time, it has produced an initial package of measures aimed at securing the country‘s energy supply over the long term.

In the initial stage, the Federal Council’s new strategy is to focus on the consistent exploitation of the existing energy efficiency potentials and on the balanced utilisation of the potentials of hydropower and new renewable energy sources.

Then at a later stage, the Federal Council wants to replace the existing promotion system with a steering mechanism.

Keywords: Energy Strategy 2050, energy policy, renewable energy, hydropower

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Neue Energietechnologien – Reduzieren sich die Auswirkungen auf die Landschaft?

Urs Elber und Alexander Wokaun

Kompetenzzentrum für Energie und Mobilität CCEM, c/o Paul Scherrer Institut, CH-5232 Villigen PSI urs.elber@psi.ch, alexander.wokaun@psi.ch

Die weltweite Energienachfrage steigt mit wachsender Bevölkerung und zuneh­

mendem Wohlstand an, aber die spezifischen Prognosen und Modelle geben ein unklares Bild über das Ausmass der Zunahme. Nebst Effizienzmassnahmen kommt dem Ernten, Umwandeln und Speichern erneuerbarer Energien und somit der Nutzung lokaler, einheimischer Energien eine grosse Bedeutung zu. Alle Energien weisen ihre spezifischen Vor­ und Nachteile auf. Die Kombination von bis anhin wenig vernetzten Technologien und Forschungsgebieten führt zu neuen Lösungen: Die Verknüpfung von Energie, Mobilität und Gebäuden schafft für die Zukunft Optionen, über die Gesellschaft, Wirtschaft und Politik befinden werden.

Schon in früher Urzeit wurde Ener- gie durch den Menschen beansprucht, vorerst zum Vorbereiten von Speisen und Heizen, später auch zur Herstel- lung von Metallen. Bis fossile Energien zur Verfügung standen, war Holz der primäre Energielieferant. Diese direk- te und ohne irgendwelche Technolo- gie greifbare Energiequelle ist je nach Bevölkerungsdichte rasch erschöpft.

Erst der Zugang zu fossilen Energie- quellen hat eine industrielle Entwick- lung ermöglicht.

Der Human Development Index (HDI) beschreibt den Zusammen- hang zwischen Wohlstand (Bildung, Einkommen, Gesundheitsversorgung, Lebenserwartung) und der verfügba- ren Energie. Alle Länder mit einem hohen HDI haben auch einen hohen Energiebedarf. Anders ausgedrückt, breite Verfügbarkeit von Energie zu Preisen, die der jeweiligen Volkswirt- schaft entsprechen, ist eine Grundlage für den Wohlstand. Die Weltbevölke- rung wächst, gleichzeitig steigt die Pro- Kopf Energienachfrage – dieser Trend wird sich wohl so schnell nicht ändern, zumindest nicht solange die Energie zur Verfügung steht.

Die Herausforderung ist also die Reduktion des Energiebedarfs ohne unfreiwillige Verringerung des Wohl- standes. Dies kann durch den effizi- enteren Energieeinsatz, durch Nutzen

von Abfallströmen und Wiederverwer- tung oder durch die Beschränkung des Konsums geschehen. Bei der Effizienz gibt es sehr viele «low hanging fruits», die relativ einfach über den Gesetzes- weg aktiviert werden können. Sobald diese Massnahmen aber deutlich teurer oder nicht von allen Volkswirtschaften gleichzeitig ergriffen werden, bestehen wenige Anreize, diese wirklich zu rea- lisieren. Viele Erfolge in der Energie- effizienz unterliegen dem «Rebound»- Effekt. Beispielsweise ist der Ener- gieeinsatz für Wohngebäude massiv gesunken, gleichzeitig stieg aber der Wohnbedarf pro Person und die Bevöl- kerung. Dazu erhöhten sich die mobi- len Bedürfnisse, sodass sich der fossile Energieumsatz in der Schweiz seit den späten 70-Jahren nicht wesentlich ver- ändert hat.

Wenn der Reduktion des Energiebe- darfs enge Grenzen gesetzt sind, müs- sen mehr erneuerbare Energien ein- gesetzt werden. Aber diese sind in der Landschaft Schweiz auch begrenzt.

Deshalb kommt der Technologieent- wicklung eine wichtige Rolle zu, sei es um die Effizienz bestehender Techno- logien zu vergrössern, sei es um noch unbekannte Technologien zu entde- cken. Im Folgenden wird eine mögliche Technologieabschätzung für verschie- dene Energieträger und Speicherlösun- gen präsentiert.

Biomasse

Die Nutzung von Biomasse mit einem noch nicht genutzten Potenzial in der Schweiz von etwa 11 TWh/Jahr kann einen wesentlichen Beitrag leisten. Bio- masse bedeutet aber praktisch immer eine Zusammenführung wesentlicher Massenströme an einen Verwertungs- standort (z. B. Holzkraftwerke, Vergä- rungsanlagen usw.). Dadurch werden Partikulärinteressen von Anwohnern tangiert, sodass die Verwertungsan- lagen oft mit demokratischen Mitteln verhindert und / oder durch die gefor- derten Massnahmen trotz Förderung unwirtschaftlich werden. Das geschätz- te noch nutzbare Potenzial liegt dann noch bei etwa 2 TWh. Neue Verfahren zur Nutzung von Biomasse, die die- ses Potenzial steigern könnten, wer- den derzeit erforscht, wie zum Bei- spiel die hydrothermale Vergasung von Algenschlamm oder anderen wässrigen Biomassen. CO2 aus Biomasse (oder Abgasströmen) kann mit Wasserstoff zu synthetischem Erdgas methanisiert werden. Vor allem kleinere, dezentrale und flexibel einsetzbare Anlagen ver- kleinern das Konfliktpotenzial.

Wasserkraft

Die Grenzen für den Ausbau der Was- serkraft werden immer klarer. Im Moment macht die Nutzung von klei- nen Gewässern mit Fördergeldern und die gleichzeitige Abschaltung grosser Anlagen aus wirtschaftlichen Grün- den wenig Sinn. Die Förderlandschaft in Europa hat zu einem Überangebot an Strom geführt, sodass die europä- ischen Marktpreise tiefer sind als die Gestehungskosten der Wasserkraft in der Schweiz.

Solarenergie

Der Solarenergie, deren Ernte auf vor- wiegend bestehender Bausubstanz möglich ist, entsteht nur wenig Oppo- sition. Technologisch wird vor allem an

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tur dient auch als (saisonaler) Speicher.

Ein Erdgasspeicher speichert dieselbe Energie über 100-fach kompakter als Batterien und 360-fach kompakter als ein Stausee. Neuartige Wasserstoffspei- cher, wo der Wasserstoff in gebunde- ner Form gelagert wird, werden noch effizientere Speicher ermöglichen. Mit diesem Vorgehen muss stochastisch erzeugte Energie nicht quer durch den Kontinent transportiert werden. Und wenn, dann kann eine Erdgasleitung bis 40-mal mehr Energie transportie- ren als eine grosse Hochspannungslei- tung.

Die mehr oder weniger dezentralen Lösungen machen zwar das Mana- gen der Netze nicht einfacher, aber die Spitzenbelastung und damit grosse Investitionen für Leitungen und Regel- leistung können stark reduziert wer- den.

Die neuen erneuerbaren Energi- en schaffen vorerst neue Herausfor- derungen. Die Forschungsaktivitäten zeigen gut, dass in der Vernetzung von Elektrizitätsversorgung, Mobilität und Gebäudeenergie viel Synergiepotenzial liegt und Win-Win-Lösungen geschaf- fen werden können.

Ein wesentlicher Beitrag der For- schung ist die Erstellung von Modellen, um besser zu verstehen, welche Aus- wirkungen eine Strategie in Zukunft haben könnte.

Dezentrale Speicher

Geschickter Einsatz von dezentra- len Speichern für verschiedene Zeit- intervalle, die zentrale Steuerung von Erzeugung und Verbrauch sowie das Managen der Netze sind ein multidi- mensionales Optimierungsproblem.

Thermische (Erd-)Speicher, neue Bat- terien, drucklose Wasserstoffspeicher (z. B. in Hydriden), Wiederverstromung über Brennstoffzellen und Nutzung des Erdgasnetzes als Speicher sind nur eine kleine Auswahl davon. Sowohl in der Industrie als auch in der Forschung wird intensiv daran gearbeitet.

Energie­Umwandlungstechnologien Der Umwandlung des Überschussstro- mes in andere Energieformen kommt eine grosse Bedeutung zu. Strom, umgewandelt zu Wasserstoff, ermög- licht einen Transfer temporärer Über- schusselektrizität in die Mobilität, sei es durch direkte Nutzung in Brenn- stoffzellenfahrzeugen oder als direkte Beigabe zu Erdgasfahrzeugen. Damit wird direkt fossiler Treibstoff substitu- iert und Solarenergie in diesem Markt zugänglich gemacht, wo die Wertschöp- fung auch im Sommer hoch ist. Damit hätte man auch nie zu viel Solarener- gie. Soll die bestehende Erdgasinfra- struktur genutzt werden, kann bereits mit guten Wirkungsgraden Wasser- stoff zu synthetischem Erdgas gewan- delt werden. Als CO2-Quelle eignen sich Biomasse oder grosse Abgasströ- me. Die bestehende Erdgasinfrastruk- der Entwicklung neuer, billigerer Mate-

rialen, an der Verringerung des Materi- aleinsatzes und höheren Wirkungsgra- den gearbeitet. Aber auch die architek- tonische, ästhetische Integration spielt eine grosse Rolle, sei es durch farbliche Anpassung der Zellen oder durch Vor- schalten neuartiger Farbfilter. Der Ein- satz in Fassaden steigert das ohnehin schon grosse Potenzial an Solarenergie.

Das Ernten grosser Mengen Solarener- gie ist also nicht primär das Problem, vielmehr das Managen der temporären Überschussproduktion und Leistung mit Verbrauchsverlagerung und Strom- speicherung: Solarelektrizität wird am Tag und vorwiegend im Sommer pro- duziert, woraus je nach Szenarien und Modellen ein saisonaler Überhang von 4 bis 9 TWh/Jahr generiert würde. Dies entspricht etwa der 4-fachen Winter- produktion des Speicherwerks Grande Dixence. Ohne Windenergie für die sai- sonale Kompensation und ohne Export im Sommer / Import im Winter wird Überschussstrom im Sommer entste- hen, was zur Erhöhung der Transport- kapazitäten und damit zu mehr Leitun- gen quer durch Europa und die Schweiz führt. Gleichzeitig steigen das Risiko von Stromausfällen und der Bedarf an Regelenergie. Alternative Technologi- en zur Speicherung oder Umwandlung werden in diesem Umfeld kaum über die Energiepreise alleine finanziert werden, sondern durch die Vermeidung hoher Kosten im Übertragungs- und Regelenergiebereich.

Abstract

Do new energy technologies really reduce the impact on the environment?

As population and wealth grows, so does global demand for energy, although projections and models on this topic provide an unclear image of the extent of this increase. The harvesting, conversion and storage of renewable energies and thus the use of local, domestic energy are very important here, as are measures encouraging efficiency. All forms of energy have their own specific advantages and disadvantages. Combining previously underutilised technologies and fields of research produces new solutions, and connecting energy, mobility and buildings opens up opportunities for the future of our society, economy and politics.

Keywords: energy demand, renewable energy, technological development, har- vesting, converting and storing energy, the countryside factor, energy models

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Wasserkraftnutzung im Wasserschloss Schweiz:

Heraus forderungen aus ökologischer Sicht

Christine Weber und Martin Schmid

Eawag: Das Wasserforschungs-Institut des ETH-Bereichs, Seestrasse 79, CH-6047 Kastanienbaum christine.weber@eawag.ch, martin.schmid@eawag.ch

Fliessgewässer sind hochdynamische Ökosysteme von überdurchschnittlicher Artenvielfalt. Vor allem in den zwei vergangenen Jahrhunderten hat der Mensch die Fliessgewässer stark beeinflusst, so auch durch die Nutzung der Wasserkraft.

Drei Haupteingriffe durch die Wasserkraftnutzung lassen sich unterscheiden: (i) die Unterbrechung der Längsvernetzung durch Dämme, (ii) Restwasser und (iii) Schwall­Sunk. In diesem Artikel beschreiben wir exemplarisch, wie sich diese Ein­

griffe auf die Fliessgewässerorganismen auswirken, auf ihre Lebensräume und auf die Umweltprozesse, die die Lebensräume schaffen und erhalten. Im zweiten Teil gehen wir auf laufende und erwartete zukünftige Veränderungen in der Wasser­

kraftnutzung in der Schweiz ein, wie sie durch die revidierte Gewässerschutzge­

setzgebung und den geplanten Ausstieg aus der Kernkraft bewirkt werden.

1 Alles fliesst

1.1. Dynamik in Raum und Zeit

«Man kann nicht zweimal in densel- ben Fluss steigen». Der griechische Phi- losoph Heraklit hat diesen Ausspruch ursprünglich auf den Lauf des mensch- lichen Lebens gemünzt, damit aber auch kurz und knapp ein Hauptcharak- teristikum von Fliessgewässern illust- riert: Die meisten Fliessgewässer sind ausgeprägter Dynamik unterworfen.

Am offensichtlichsten ist dies bei Hoch- wasser, wenn beispielsweise Gebirgs- bäche wie die Berner Zulg grosse Men- gen von Geröll und Holz mobilisieren (Der Bund, 6. 7. 2012). Hochwasser zer- stören Lebensräume im Fliessgewässer – aber gleichzeitig schaffen sie neue, etwa indem sie Kiesbänke abschwem- men, das Kies aber andernorts auch wieder deponieren. Diese Dynamik wird als «shifting mosaic» bezeich- net, als bewegliches Mosaik, in wel- chem sich zwar die räumliche Vertei- lung, nicht aber die Gesamtfläche eines bestimmten Lebensraumtyps verän- dert (Stanford et al. 2005). Die Lebe- wesen in den Fliessgewässern haben sich an diese Dynamik angepasst, ja, viele Tier- und Pflanzenarten sind sogar von ihr abhängig und in ihrer Entwick- lung behindert, wenn die Dynamik aus-

bleibt (Lytle und Poff 2003). Wie am Beispiel des Hochwassers gezeigt: Die Dynamik der Fliessgewässer drückt sich auf drei Ebenen aus – derjenigen der Organismen, der Lebensräume, die sie bewohnen und der Umweltprozes- se, die die Lebensräume schaffen und erhalten.

1.2 Von Land- und Flussschaften Im Englischen wurde ein eigenständi- ger Begriff für Fliessgewässerlebens- räume geschaffen: «riverscapes» oder Flussschaften – in Abgrenzung und Analogie zu «landscape», der Land- schaft (Ward 1998). Damit wird auf Besonderheiten hingewiesen, die Flussschaften grundlegend von Land- lebensräumen unterscheiden und sie zu den artenreichsten Ökosystemen welt- weit machen (Dudgeon et al. 2005):

– Fliessgewässer sind hierarchisch aufgebaute, baumartig verästel- te («dendritische») Systeme. Eine Vielzahl kleinster Quellbächlein im Oberlauf vereinigt sich in einem grösseren Talfluss. In einem Was- serschloss wie der Schweiz machen die kleinsten Gewässer denn auch einen beträchtlichen Teil der gesam- ten Fliessgewässerlänge aus, näm- lich gut 48 Prozent (Pfaundler

2005). Was flussaufwärts liegt, beeinflusst die Bedingungen fluss- abwärts – und umgekehrt. Und ein weiterer wichtiger Gegensatz zu vielen Lebensräumen an Land oder im Meer: In dendritischen Systemen können sich Lebewesen nur inner- halb der vorgegebenen Korridore bewegen und ausbreiten (Fuller- ton et al. 2010).

– Fliessgewässer sind stark mit dem Umland vernetzt (Abb. 1). Die Ver- netzung verläuft dabei in drei räum- lichen Dimensionen (Ward 1989):

(i) entlang des Flusses von der Quelle bis zur Mündung in einen grösseren Fluss, See oder ins Meer – und auch flussaufwärts, (ii) seit- lich, indem bei Hochwasser Auenle- bensräume überschwemmt werden, die bei Niedrigwasser vom Haupt- gerinne abgekoppelt sind und (iii) vertikal, das heisst mit dem Grund- wasser. Wie das Beispiel des Hoch- wassers zeigt, variiert der Grad der Vernetzung dabei über die Zeit.

2 Nutzung der Wasserkraft

2.1 Eine Zeitreise

Der Mensch nutzt die Kraft des Was- sers seit Jahrtausenden, wie beispiels- weise Funde von historischen Wasser- rädern von 1200 v. Chr. im ehemaligen Mesopotamien bezeugen. Die Römer nutzten Schöpfräder zur Wasserförde- rung sowie zum Antrieb von Öl- und Getreidemühlen, die oftmals über auf- wändige Viadukte mit Wasser ver- sorgt wurden. Zu Pionierzeit und Auf- schwung der Wasserkraftnutzung in der Schweiz geben Pfammatter und Piot (2014) einen spannenden Über- blick: So standen in unserem Land bereits im frühen Mittelalter tausende

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3 Auswirkungen auf Fliess- gewässer und ihre Dynamik Wie wirkt sich die Wasserkraftnut- zung auf die eingangs beschriebene Dynamik der Gewässer und auf die Flussschaften aus? Es lassen sich drei Haupteingriffe unterscheiden, wel- che die Organismen, die Lebensräume und die Umweltprozesse betreffen: (i) Unterbrechung der Längsvernetzung durch Dämme, (ii) Restwasser und (iii) Schwall-Sunk. Diese drei Eingriffe werden nachfolgend exemplarisch vor- gestellt.

3.1 Unterbrechung der Längsvernetzung

Die meisten Wasserkraftanlagen nut- zen Querbauwerke wie Dämme, Tal- sperren oder Wehre, entweder um Was- ser aufzustauen, zurückzuhalten oder auszuleiten. Weltweit existieren min- destens 48 000 Dämme mit einer Fall- höhe > 15 m, die für verschiedenste der Schweiz sind es um die 54 Prozent

(Schweizerische Elektrizitätsstatis- tik 2011). Von diesen 36 TWh/a wird etwas mehr als die Hälfte von Spei- cherkraftwerken erzeugt (57 %), der Rest stammt aus Laufkraftwerken.

Die alpinen Speicherseen fassen ein Volumen von etwa 4 km3 (Wüest et al.

2012); insgesamt gibt es in der Schweiz um die 100 Stauseen mit einer Fläche von mindestens 0,1 km2. Knapp 1300 Wasserkraftanlagen tragen zur inländi- schen Stromproduktion bei, wovon 400 als Klein- und um die 700 als Kleinst- anlagen gelten (0,3 – 10 MW installier- te Leistung respektive < 0,3 MW). Trotz diesem hohen zahlenmässigen Anteil von etwa 85 Prozent tragen diese klei- nen Anlagen nur knapp 8 Prozent zur Gesamtproduktion bei (Pfammatter und Piot 2014). Der Wasserkraftnut- zung kommt volkswirtschaftlich eine wichtige Bedeutung zu: Die Brutto- wertschöpfung in der Schweiz beträgt 2,4 Milliarden CHF; es sind um die 5000 Vollzeitbeschäftigte angestellt (Zahlen aus Pfammatter und Piot 2014).

Wasserräder für den Betrieb von Müh- len und Sägereien im Einsatz. Deren Bedeutung nahm auch während der Industrialisierung nicht ab, wohl vor allem aufgrund des hiesigen Mangels an Kohle als Energiequelle. Allerdings wurden die Wasserräder zunehmend durch kompaktere, effizientere Turbi- nen ersetzt.

Die Nutzung der Wasserkraft zur Stromproduktion setzte gegen Ende des 19. Jahrhunderts so richtig ein, als sich Elektrizität auch über weite- re Strecken transportieren liess. Grosse Kraftwerksanlagen wurden zuerst an den Mittellandflüssen gebaut, ab den 1920er Jahren und vor allem nach dem zweiten Weltkrieg setzte dann der Bau von Speicherseen zur bedarfsabhängi- gen Stromproduktion ein.

2.2 Heutige Nutzung

Knapp 16 Prozent des weltweit pro- duzierten Stroms stammte 2011 aus der Wasserkraft (Weltbank 2011), in

Abb. 1. Fliessgewässer sind vielfältig vernetzt mit ihrem Umland. Links oben: Verzweigtes Gerinne des Schwarzwassers (FR). Links unten:

Revitalisierter Seitenarm der Aare bei Rubigen (BE). Rechts: Grundwasser-gespiesener Auenlebensraum am Jaunbach (FR). Fotos: Chris- tine Weber, Eawag.

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Lebensräume: Das oben beschriebe- ne Fehlen von Geschiebe im flussab- wärts liegenden Gewässer kann zur Eintiefung der Sohle und zu einer Ver- gröberung des Sohlmaterials führen (Kondolf 1997). Letzteres kann die Fortpflanzung kieslaichender Fisch- arten erschweren. In durch Dämmen fragmentierten Flüssen wechseln sich Abschnitte mit fliessendem und ste- hendem Wasser ab, in denen sich die physikalisch-chemischen Lebensraum- bedingungen grundlegend unterschei- den (Ward und Stanford 1983).

Organismen: Dämme beeinträchti- gen die Ausbreitung von Organismen, sei es der Transport von Pflanzensa- men (Werth et al. 2014; Werth et al.

2012), die Ausbreitung von aquati- schen Insekten (Monaghan et al. 2003) und die Kurz- bis Langstreckenwan- derungen von Fischen oder Säugetie- ren (Dudgeon et al. 2005; Junker et al.

2012). Solche Einschränkungen in der Ausbreitung beeinflussen zum Beispiel den Genfluss zwischen den Populatio- nen (Monaghan et al. 2003).

3.2 Restwasser

Wird Wasser in Stauseen gespei- chert oder an Kraftwerken ausgelei- tet, so ist die Abflussmenge im fluss- abwärts liegenden Abschnitt reduziert, man spricht von Restwasser (Abb. 3).

In der Schweiz sind mindestens 4 Pro- zent des Gewässernetzes Restwasser- strecken (2700 km), wobei in mindes- tens 696 km kein oder nur sehr wenig Restwasser dotiert wird (Uhlmann und Wehrli 2011). Die Umsetzung der Restwassersanierung, die das Gewäs- serschutzgesetz seit 1992 verlangt, ver- läuft zögerlich (Bundesamt für Umwelt 2011).

Umweltprozesse: Das Ausbleiben von Hochwassern sowie die oben beschrie- bene Eintiefungstendenz bewirken, dass die seitliche Vernetzung in Rest- wasserstrecken abnimmt und Auenle- bensräume vom Fliessgewässer abge- koppelt werden (Jungwirth et al. 2002).

Damit fehlt in diesen Lebensräumen der lebenswichtige Hochwasserpuls (Junk et al. 1989), und das Gewässer ist in seiner Selbstreinigungskraft beein- trächtigt (Amoros 2001). Auch das fen ist zum Beispiel der Transport

von Geschiebe. Weltweite Schätzun- gen gehen davon aus, dass in Gewäs- sern mit grossen Dämmen gut 50 Pro- zent des vorhandenen Geschiebes im Staubereich liegen bleibt (Vörösmarty et al. 2003). Auch in vielen Schweizer Fliessgewässern, insbesondere im Mit- telland, ist der Geschiebehaushalt stark verringert (Schälchli und Kirchho- fer 2012), wobei neben Dämmen und Wehren auch Geschiebesammler oder Uferbefestigungen den Eintrag und Transport reduzieren.

Nutzungen verwendet werden. Ihre Zahl nimmt laufend zu (WCD 2000).

Die Schweizer Fliessgewässer weisen durchschnittlich 1,6 Querbauwerke pro Kilometer auf, wobei in diesem Wert Bauwerke wie zum Beispiel Dämme sowie alle übrigen künstlichen Abstür- ze mit einer Höhe über 50 cm enthal- ten sind (Zeh Weissman et al. 2009).

Umweltprozesse: Wehre und Staudäm- me beeinträchtigen die Längsvernet- zung der Fliessgewässer und zwar in beide Richtungen (Abb. 2). Betrof-

Abb. 3. Restwasserstrecke an der Rhone im Oberwallis. Foto: Christine Weber, Eawag.

Abb. 2. Unterbrechung der Längsvernetzung an der Rhone im Oberwallis. Foto: Christine Weber, Eawag.

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Spitzenproduktion ins Winterhalbjahr verlagert werden (Meile et al. 2005).

Damit erhöht sich der natürlicherwei- se niedrige Winterabfluss in der Rho- ne deutlich.

Lebensräume: Die aquatischen Lebens- räume in Schwallstrecken sind zeit- lich und räumlich äusserst instabil, da sich beispielsweise die benetzte Fläche, die Strömungsgeschwindigkeiten oder Wassertiefen mit den Abflussschwan- kungen verändern (Person 2013).

Organismen: Zahlreiche unterschied- liche Reaktionen von Fliessgewäs- serorganismen auf Schwall-Sunk sind dokumentiert. Beispielsweise wird bei Schwallanstieg eine deutlich erhöh- te Abdrift der bodenbewohnenden Insektenlarven beobachtet (Bruno et al. 2012). Durch das rasche Abfallen des Wasserspiegels bei Sunk können vor allem Jungfische stranden (Hal- leraker et al. 2003) und während dem Schwall angelegte Laichgruben von Bachforellen trocken fallen (Person 2013).

4 Sanierung der Wasserkraft

4.1 Gesetzlicher Auftrag

Die revidierte Schweizer Gewässer- schutzgesetzgebung – seit 2011 in Kraft – verlangt von den Kantonen grund- Temperaturregime kann sich in Rest-

wasserstrecken deutlich von naturna- hen Bedingungen unterscheiden: In einer 21 km langen Restwasserstrecke des Brennos ist die Temperatur an war- men Sommertagen durchschnittlich um 3,7 °C erhöht und im Winter um 1,8 °C erniedrigt (Meier et al. 2003).

Lebensräume: Durch die Regulierung verändern sich die aquatischen Lebens- räume in Fliessgewässern grundlegend, wie das Beispiel des Gebirgsbachs Spöl illustriert (Robinson 2012): Nach dem Bau der Staumauer entstanden in den einstmals schnell durchflossenen Abschnitten Kolke, das heisst tiefere, tümpelartige Lebensräume. Die Soh- le pflästerte ab, was ihre Durchlässig- keit (vertikale Vernetzung) reduzierte;

organisches Material reicherte sich an.

Organismen: Die veränderten Lebens- raumbedingungen in Restwasserstre- cken schlagen sich in der Entwicklung veränderter Organismengemeinschaf- ten nieder. Nach der Regulierung des Spöls bildeten sich auf der Flusssoh- le dichte Teppiche aquatischer Algen und Moose (Robinson 2012). Die Gemeinschaft der aquatischen Inver- tebraten wurde neu vom Bachfloh- krebs Gammarus fossarum dominiert, einer grossgewachsenen Art, wie sie für wenig variable Strömungsbedin- gungen typisch ist. In Auen ist durch das Ausbleiben der Hochwasser- und Geschiebedynamik eine Abnahme an typischen Auenhabitaten und -gemein-

schaften wie Weichholzauenwäldern oder offenen Kiesflächen zu beobach- ten (Döring et al. 2012).

3.3 Schwall-Sunk

Die Speicherung von Wasser in Stau- seen erlaubt die Produktion von Spitzen- strom in Zeiten erhöhten Bedarfs. Die bedarfsabhängige Produktion führt zu stark und schnell wechselnden Abflüs- sen unterhalb der Wasserrückgabe (Abb. 4). Diese Dynamik zwischen Abflussmaximum und -minimum wird als Schwall-Sunk bezeichnet. In der Schweiz produzieren rund 125 Was- serkraftwerke Schwall-Sunk; gegen 30 Prozent der hydrologisch überwachten Schweizer Fliessgewässer sind davon betroffen (Baumann und Klaus 2003).

Umweltprozesse: An der Rhone ober- halb des Genfersees werden an Wochentagen im Winter Wasserspie- gelschwankungen von bis zu 1,2 m beobachtet. Einher mit der Wasser- spiegelschwankung geht eine Tempe- raturveränderung, die saisonal variie- ren kann (Sommer Abkühlung, Winter Erwärmung; Zolezzi et al. 2011). Ein weiterer Effekt der bedarfsabhängigen Stromproduktion ist die Verlagerung des saisonalen Abflussmusters: Bei- spielsweise kann im Rhoneeinzugsge- biet oberhalb des Genfersees im Som- mer bis zu einem Fünftel des mittle- ren jährlichen Abflussvolumens in den Stauseen gespeichert und für die

Abb. 4. Schwall-Sunk führt in Fliessgewässern zu ausgeprägten Schwankungen des Wasserspiegels. Links: Abflussschwankungen an zwei Messstationen in der Rhone wenig oberhalb des Genfersees (http://www.rivermanagement.ch/schwall-sunk/schw_a6.php). Rechts: Tägliche Schwankungen am Vorderrhein (GR). Foto: Emilie Person, Eawag.

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anstieg und -abfall dämpfen, nicht aber die maximalen Abflüsse (Spitzen), andererseits voluminösere Ausgleichs- becken zur Brechung der Schwallspit- zen durch Tages- oder Wochenaus- gleich. Das benötigte Volumen für Aus- gleichsbecken hängt vom angestrebten Ausgleich ab; bereits für ein Schwall- Sunk-Verhältnis von 5 : 1 wird der Landbedarf für Ausgleichsbecken in den grossen hydroelektrisch genutzten Schweizer Flüssen auf Dutzende von Hektaren geschätzt (Schweizerischer Wasserwirtschaftsverband 2006; Wüest et al. 2012).

4.3 Spöl – Dynamisches Restwasser Ein vielversprechender Ansatz, die negativen Auswirkungen der Wasser- kraft zu beheben, lässt sich am Spöl illustrieren. Der Spöl ist ein Zufluss des Inns und durchquert den Schwei- zer Nationalpark. In den 1970er Jah- ren wurde trotz Protesten aus Natur- schutzkreisen die Talsperre bei Punt dal Gall in Betrieb genommen, die Massnahmen kommen Kieszugaben

unterhalb der Stauanlagen in Frage, beispielsweise mittels im Staubereich entnommenem Material, sowie künstli- che Hochwasser zur Reaktivierung des Geschiebetriebs.

Sanierung Fischwanderung: Der Fisch- aufstieg an Kraftwerken wird seit meh- reren Jahren mit einer Vielzahl bauli- cher Massnahmen gefördert. Diese rei- chen von technischen Lösungen wie Beckenpässen oder Fisch liften bis zu naturnahen, das heisst bachähnlichen Umgehungsgerinnen wie sie kürzlich am Kraftwerk Rheinfelden realisiert wurden. Für die flussabwärts gerich- tete Wanderung der Fische, den Fisch- abstieg, bestehen weit weniger Ansät- ze, und Entwicklungen sind im Gan- ge (Abb. 5). So sollen abwandernde Fische zum Beispiel mittels Leitstruk- turen wie Feinrechen an den Turbinen vorbei in einen Bypass geleitet werden.

Sanierung Schwall-Sunk: Bauliche Mass- nahmen umfassen einerseits kleine Beruhigungsbecken, die den Schwall- legende Neuerungen im Manage-

ment ihrer Fliessgewässer. Neben der Ausscheidung eines ausreichenden Gewässerraums und der Revitalisie- rung kanalisierter Gewässer sollen die negativen ökologischen Auswirkun- gen der Wasserkraftnutzung gemin- dert werden. Beispielsweise verlangt das Gewässerschutzgesetz (GSchG), dass Kraftwerksanlagen den Geschie- behaushalt nicht so verändern dür- fen, «dass die einheimischen Tiere und Pflanzen, deren Lebensräume, der Grundwasserhaushalt und der Hoch- wasserschutz wesentlich beeinträchtigt werden» (Art 43a27 GschG). Entspre- chend erstellen die Kantone bis Ende 2014 ein Inventar aller Kraftwerks- anlagen, die Schwall erzeugen, den Geschiebehaushalt beeinflussen oder die freie Fischwanderung beeinträchti- gen. Die Kantone verordnen die Sanie- rungspflicht, inklusive Art und Frist der Sanierung. Die Inhaber der Anlagen sind bis 2030 verpflichtet, die Sanie- rungsmassnahmen zu konkretisieren, umzusetzen und ihren Erfolg zu kont- rollieren.

Für die Realisierung der neuen gesetzlichen Vorschriften stellt der Bund fachliche Anleitungen zur Ver- fügung, sogenannte Vollzugshilfen. Pla- nung und Umsetzung der Massnah- men werden finanziell entschädigt. Für die Sanierung der Wasserkraft stehen dabei bis 2030 jährlich 50 Millionen Franken zur Verfügung. Diese Beiträge werden durch einen Zuschlag auf die Übertragungskosten der Hochspan- nungsnetze finanziert.

4.2 Sanierungsmassnahmen

Für die gesetzlich verlangte Sanierung der Wasserkraft werden verschiedene Massnahmen diskutiert. Beispiele von Massnahmen für die drei Sanierungs- bereiche sind nachfolgend aufgeführt:

Sanierung Geschiebehaushalt: Bishe- rige bauliche Massnahmen beinhalten den Umbau des Stauwehrs bei Fluss- und Ausleitkraftwerken zur Durchlei- tung des Geschiebes im Hochwasser, den Bau eines Umleitstollens wie zum Beispiel an der Albula sowie Anpas- sungen an den Grundablässen der grossen Speicherseen (Schälchli und Kirchhofer 2012). Als betriebliche

Abb. 5. Spezialisten aus Flussbau und Fischökologie untersuchten in einem dreijährigen Projekt Massnahmen zum Abstieg von Fischen bei Flusskraftwerken an Aare und Rhein (http://www.aare-rheinwerke.ch/fischabstieg). Erste Modellversuche an der VAW der ETH Zürich zeigen das Verhalten der Fische vor Leiteinrichtungen (hier: Barben Barbus bar- bus). Foto: David Flügel, Eawag.

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verbessern können. Leider trübte ein Unfall die Erfolgsgeschichte: Aufgrund einer technischen Panne versagte über Ostern 2013 die Wasserversorgung der Restwasserstrecke. Nach Öffnung des Grundablasses der Talsperre ström- ten grosse Mengen an Feinsedimen- ten aus, und hunderte Forellen veren- deten. Trotz dieses Rückschlags werden die Hochwasserversuche weitergeführt und die Erholung dokumentiert.

5 Wasserkraft und Energiewende

5.1 Vorhaben Energiestrategie Bundesrat und Parlament haben 2011 den schrittweisen Ausstieg aus der Kernkraft beschlossen, das heisst, die bestehenden Kernkraftwerke sollen nach Ablauf der Betriebszeit stillgelegt werden. Dies wird zwischen 2019 und 2034 der Fall sein. Die Kernkraft macht derzeit gut 40 Prozent der inländi- schen Stromproduktion aus (24 TWh/a;

pektive Verluste für das Kraftwerkun- ternehmen betrieben werden.

Schon nach kurzer Laufzeit der Hochwasserversuche konnte beobach- tet werden, dass sich der Spöl wieder hin zu einem unregulierten Gebirgs- fluss entwickelt. Die Abpflästerung der Flusssohle wurde aufgerissen, Feinsedi- mente wurden ausgewaschen. Dadurch erhöhte sich die Durchlässigkeit der Sohle. Durch die wiedereingesetzte Bewegung des Sohlenmaterials wurden die aquatischen Moose und der Algen- bewuchs bereits innerhalb der ersten beiden Versuchsjahre auf ein lebens- raumtypisches Ausmass reduziert. Das Vorkommen des störungsempfindli- chen Bachflohkrebses nahm ab. Dage- gen wurden störungsresistente Arten häufiger, so zum Beispiel die kleinge- wachsenen, mobilen Eintagsfliegen der Gattung Baetis. Die stärkere Vertre- tung kleinerer Organismen, aber auch die generell tiefere Dichte an Individu- en widerspiegelt sich in einer geringe- ren Biomasse an Invertebraten.

Die Erfahrungen am Spöl zeigen, dass künstliche Hochwasser die Natur- nähe von Restwasserstrecken deutlich flussabwärts den durchschnittlichen

jährlichen Abfluss des Spöls von 8,6 auf 1 m3/sec reduzierte (Döring und Robinson 2012). Die typische Gebirgs- bachdynamik wich damit einem nahezu konstanten Restwasserregime, mit den bereits in Kapitel 3 beschriebenen Aus- wirkungen auf Prozesse, Lebensräu- me und Organismen (Robinson 2012).

Um die ökologische Situation im Spöl unterhalb der Talsperre zu verbessern, wurden entsprechend Möglichkeiten gesucht, das Restwasserregime dyna- mischer zu gestalten, das heisst es an die natürliche Abflussganglinie anzu- nähern. Dank gutem Einvernehmen zwischen Parkforschung, Kraftwerkun- ternehmen und kantonaler Verwaltung werden seit dem Jahr 2000 jährlich ein bis drei künstliche Hochwasser erzeugt (Abb. 6). Die Abflussspitzen sind ver- gleichbar mit jenen von natürlichen Hochwassern, wobei die künstlichen Hochwasser generell von kürzerer Dauer sind (6 – 8 Std.). Das benötigte Wasser wird durch eine Verringerung der sommerlichen Restwassermenge zur Verfügung gestellt. Damit kann das Projekt ohne zusätzliche Kosten res-

Abb. 6. Oben: Bis zur Inbetriebnahme der Talsperre Punt dal Gall im Jahre 1970 zeigte der Spöl das typische Abflussregime eines Gebirgsbachs (links). Mit der Regulie- rung wurde die Restwassermenge auf etwa 2 m3/sec reduziert. Seit dem Jahr 2000 wird mit künstlichen Hochwassern ein naturnä- heres Regime gefördert (aus Döring und Robinson 2012).

Unten: Der Spöl bei Niedrigwasser (links) und während eines grossen künstlichen Hochwassers im Juli 2000 (rechts). Photos:

Chris Robinson, Eawag.

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nahen Abschnitten 59 respektive 56 Prozent, bei den grösseren Gewässern (Flussordnungszahl ≥ 3) hingegen nur 35 Prozent (Zeh Weissman et al. 2009).

Schutzkonzepte, die den spezifischen Eigenschaften von Fliessgewässern Rechnung tragen und zum Beispiel den Schutz von grossräumig wirksa- men Umweltprozessen anstreben, gibt es weltweit bisher wenige (Abell et al.

2007). Ein integrales Management auf Einzugsgebietsebene ist dazu sicher ein wichtiger erster Schritt (Bundesamt für Umwelt 2012).

6 Ausblick

6.1 Herausforderungen und Chancen

In den kommenden Jahrzehnten wer- den an Schweizer Fliessgewässern zahl- reiche Projekte geplant und umgesetzt werden, sei es im Rahmen des Voll- zugs der revidierten Gewässerschutz- gesetzgebung, sei es bei der Umsetzung der Energiestrategie. Ob Flussbauerin, Spaziergänger oder Vogelschützerin – allen Beteiligten bieten sich dabei gros- se Chancen. Auf Projektebene und vor allem auch durch den Vergleich von Projekten können wir unser Verständ- nis über die Fliessgewässer und ihre Funktionsweise verbessern («Lern- prozess») und damit zu einem nach- haltigen, effektiven Management bei- tragen, das unterschiedlichen Interes- sen gerecht wird. Dazu gehört, dass wir offene Fragen identifizieren und mass- geschneiderte Ansätze zu ihrer Beant- wortung entwickeln. Der interdiszipli- nären Zusammenarbeit, beispielswei- se zwischen Fachleuten aus Ökologie, Wasserbau und Sozialwissenschaften, kommt dabei eine wesentliche Bedeu- tung zu. Auch der Austausch zwischen Behörden, Privatwirtschaft, Forschung oder NGOs ist zentral.

6.2 Forschungsprojekte der Eawag Die Eawag, das Wasserforschungs- Insti tut des ETH-Bereichs beteiligt sich am Lernprozess mit verschiedenen Forschungsprojekten und -zusammen- arbeiten. Nachfolgend führen wir ein- möglich, nicht aber auf saisonaler Basis

(Wüest et al. 2012).

Es ist davon auszugehen, dass die ver- änderten Betriebsbedingungen dazu führen, dass die Menge des turbinierten Wassers zukünftig in viel unregelmässi- geren, stochastischen Mustern anfällt.

In anderen Worten: Das Schwall-Sunk- Regime verändert sich deutlich. Dies gilt es in der Planung von Massnahmen zur Sanierung der ökologischen Aus- wirkungen von Schwall-Sunk zu beach- ten. Beim Betrieb von Pumpspeicher- werken lässt sich der Schwall-Sunk auf den dazwischenliegenden Flussstre- cken vermindern; sind aber natürliche Seen als Ausgleichsbecken involviert, so können sie wesentlichen ökologi- schen Auswirkungen ausgesetzt sein (Bonalumi et al. 2012).

5.3 Ausbau Kleinwasserkraft

Die Energiestrategie sieht vor, einen beträchtlichen Teil des Wasserkraftaus- baus über die Förderung von Klein- kraftwerken zu erreichen (1 – 2 TWh/a).

Angesichts der beschränkten Produk- tionserwartung eines einzelnen Klein- kraftwerks wird dazu eine grosse Zahl an kleinen Anlagen nötig. Der ökolo- gische Eingriff wird sich damit auf eine Vielzahl von Fliessgewässerabschnit- ten verteilen. Neben der Auswirkung der einzelnen Anlage auf das flussauf- und flussabwärts liegende Flusssys- tem ist entsprechend auch der kumu- lative Einfluss zu berücksichtigen, also das Zusammenspiel von mehre- ren Anlagen im Fliessgewässernetz- werk. Solche kumulativen Einflüsse von kleinen Anlagen auf die Fliessge- wässerorganismen, -lebensräume und Umweltprozesse sind bisher wenig untersucht. Zudem gilt es die Lage der Kraftwerke zu beachten. Kleinkraft- werke werden naturgemäss in kleinen bis mittleren Fliessgewässern realisiert.

In einem vielfältig und stark genutzten Land wie der Schweiz sind es jedoch oft gerade die kleineren Gewässer, die sich noch in einem naturnäheren öko- logischen Zustand befinden. Diese Tat- sache lässt sich beispielsweise anhand der Erhebungen zur Naturnähe der Flussstruktur illustrieren (Modul

«Ökomorphologie» des Modul-Stufen- Konzepts): Für die kleinen und mittle- ren Bäche beträgt der Anteil an natur- Wüest et al. 2012). In der Energiestra-

tegie 2050 hat der Bundesrat Mass- nahmen definiert, wie Versorgungs- engpässe geschlossen und dem wach- senden Energieverbrauch sowie den veränderten Bedingungen im Strom- markt begegnet werden soll. Neben der Förderung von «neuen» erneuer- baren Energien (z. B. Sonne, Biomas- se, Geothermie) sowie einer erhöhten Energieeffizienz ist ein deutlicher Aus- bau der Wasserkraft vorgesehen. Vor- geschlagen wird einerseits ein Ausbau der bestehenden Wasserkraftwerke, andererseits eine verstärkte Förderung der Kleinwasserkraft, beispielsweise mittels kostendeckender Einspeisever- gütung (KEV). Das Ausbaupotenzial wird von Bundesämtern, Umweltver- bänden und Wasserwirtschaftsverband unterschiedlich eingeschätzt (0,5 – 3,5 TWh/a; Wüest et al. 2012). Unabhän- gig von der Schätzung kann die Was- serkraft die Lücke in der Stromproduk- tion, die durch den Wegfall der Kern- kraft entsteht, nur zu einem kleinen Teil schliessen. Sie kann aber eine zen- trale Rolle spielen in der Speicherung von Sonnen- und Windenergie sowie in der Produktion von Spitzenstrom in Zeiten hoher Nachfrage.

5.2 Veränderte Betriebsbedingungen Die Produktion von Strom aus Sonnen- und Windenergie ist vielenorts starken saisonalen Schwankungen unterwor- fen. Zudem ist sie wetterabhängig und damit nur bedingt vorherseh- und plan- bar, beispielsweise zur Deckung von Spitzen im Strombedarf. Wird zukünf- tig vermehrt Strom aus Wind- und Son- nenenergie gewonnen, dann wird die Stromproduktion deutlich variabler ausfallen als bisher, wobei Schwankun- gen im Stunden- bis Tagesverlauf auf- treten können. Hier kommt die Was- serkraft ins Spiel: Überschüsse aus der Wind- und Sonnenenergie sollen ver- mehrt in Stauseen gespeichert wer- den. Damit soll ein Tages-, Wochen- und sogar jahreszeitlicher Ausgleich erreicht werden. Zudem soll die Fle- xibilität in Zeiten von Spitzenbedarf erhöht werden. Mit den existierenden und geplanten Pumpspeicherwerken in der Schweiz scheint ein Ausgleich auf Tages- bis Wochenbasis zum Zeit- punkt des Ausstiegs aus der Kernkraft

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