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Archiv "Ambulantes Operieren in Praxen und Kliniken" (21.01.1994)

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THEMEN DER ZEIT

Experten aus Klinik und Fach- arztpraxis berichten übereinstim- mend: Die bisher seit Inkrafttreten des Gesundheitsstrukturgesetzes (1.

Januar 1993) eingeleiteten Maßnah- men zur verstärkten Förderung des ambulanten Operierens und zur Lei- stungs- und Kostenverlagerung aus dem Krankenhaus in den Bereich der ambulanten Arztpraxen sind ungenü- gend. Die Wirkungen sind zum Teil kontraproduktiv und existenzver- nichtend, sowohl was den Aktionsra- dius, die Finanzierungsmasse als auch das finanzielle Ergebnis betrifft.

Dabei waren die Auspizien und Kostenprognosen für das Forcieren des ambulanten Operierens in Klinik und Praxis — soweit sie auf dem Pa- pier der Kostenrechner und Statisti- ker standen — rosig. Bereits vor drei Jahren hatte das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (ZI), Köln, in einem Gutachten ermittelt, daß von den rund 2,9 Millionen Krankenhausoperationen 45 Prozent bei vergleichbarem Qualitätsstan- dard, bei identischen hygienischen Voraussetzungen und Standards, bei gleicher Strukturqualität der Opera- tionseinrichtungen sowie einer funk- tionierenden Vor- und Nachsorge- ebenso erfolgreich ambulant durch- geführt werden könnten, wenn nur die zielentsprechenden, steuerungs- wirksamen Anreize gesetzt würden.

Insgesamt wurden als maximal mögli- che Kostenverlagerungs- und Ratio-

AUFSÄTZE

nalisierungsreserven 4 Milliarden.

DM prognostiziert (so die Berech- nungen des Zentralinstituts). Den Schätzungen zufolge sind 10 Prozent der bisher vollstationär versorgten Krankenhausfälle reduzierbar und durch ambulante Operationen in der Arztpraxis ersetzbar. Dabei wurde davon ausgegangen, daß vergleichba- re Krankenhausoperationen im Durchschnitt achtmal teurer sind als ambulant durchgeführte Operatio- nen (Pflegesatz/Verweildauer u. a.).

Ungeklärte Fragen

In den Krankenhäusern besteht beim ambulanten Operieren noch weithin Fehlanzeige. Nur wenige Krankenhäuser scheinen interessiert zu sein, weil die strukturellen, bauli- chen, personellen, finanziellen und organisatorischen Voraussetzungen für ein intensiviertes krankenhaus- ambulantes Operieren noch weithin fehlen. Schuld daran ist nach Bekun- dungen der Deutschen Kranken- hausgesellschaft (DKG) u. a. der vol- le Erlösabzug (vom gedeckelten Bud- get), so daß für die Krankenhausträ- ger schon aus finanziellen Gründen kein zusätzlicher Anreiz besteht, das ambulante Operieren dienstrechtlich anzuordnen und zu forcieren. Auch sind noch viele organisatorische, dienst- und haftungsrechtliche Fra- gen beim krankenhausambulanten

Operieren ungeklärt bis diffus, zum Beispiel eine „Dienstverpflichtung"

der bisher im vollstationären Bereich tätigen Klinikärzte, die Dienstauf- sicht, die Endverantwortung und die Konsequenzen beim notwendigen Hausbesuch und bei der Nachsorge.

Hinzu kommt: Gesamtwirtschaftliche Kostenverlagerungs- und Spareffekte zugunsten der Krankenkassen und damit der Beitragszahler werden nur dann erzielt, wenn die in die ambu- lante Praxis verlagerten ambulant durchführbaren Operationsfälle zu einer tatsächlichen Bettenstillegung und -reduktion im stationären Be- reich führen. Für erforderlich halten die Experten einen exakt umgrenz- ten, praktikablen Indikations-Kata- log für ambulant durchführbare Ope- rationen und die Verlagerung von freigewordenen Finanzvolumina aus dem stationären Sektor in den ambu- lanten Bereich. Darüber hinaus müs- sen solche Sperren eingerichtet wer- den, die die Krankenkassen ver- pflichten, eine Kostenerstattung für jene im Krankenhaus durchgeführten Eingriffe auszuschließen, die von der Art des Eingriffes und von der per- sönlichen Situation des Versicherten her für die ambulante Durchführung geeignet sind.

Grundvoraussetzungen sind auch eine betriebswirtschaftliche Kalkulation der Gebühren für ambu- lant abrechenbare Operationen und eine ausreichende Vergütung für die Vorhaltung (Investition) der für am- bulante Operationen erforderlichen Infrastruktur, so ZI-Geschäftsführer Dr. rer. pol. Gerhard Brenner, Köln, vor dem Nürnberger Expertenforum.

Störfaktoren bei der Umstruktu- rierung zugunsten des ambulanten Operierens sind zahlreich:

—Geradezu wettbewerbsverzer- rend und kontraproduktiv ist es, wenn die kostenspieligste medizini- sche Einrichtung, das Akutkranken- haus, weit für ambulante Operatio- nen geöffnet werden soll, obwohl die- se sich bisher sperrt.

—Der arbeitsteilige Prozeß zwi- schen Krankenhaus und Arztpraxen ist gestört. Oftmals werden Doppel- investitionen und Parallelverrichtun- gen und -vorhaltungen geradezu in- szeniert, ein kostentreibender Rei- bungsverlust, den sich das bundes-

Ambulantes Operieren in Praxen und Kliniken

Eine enttäuschende Zwischenbilanz Harald Clade

Das ambulante Operieren in den Praxen der niedergelassenen Ärzte und im Krankenhaus, das mit dem Gesundheitsstrukturgesetz an sich gefördert wer- den soll, begegnet einer Fülle von Schwierigkeiten. Dies ergab eine erste er- nüchternde Zwischenbilanz vor einem Fachforum des Berufsverbandes Deut- scher Anästhesisten und des Berufsverbandes Deutscher Chirurgen Mitte De- zember 1993 in Nürnberg.

A-104 (24) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 3, 21. Januar 1994

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THEMEN DER ZEIT

deutsche Gesundheitswesen künftig schon aus finanziellen Gründen nicht mehr leisten darf (so der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Be- legärzte, Dr. med. Klaus Michael Hahn, Chirurg aus München, vor dem jüngsten NAV-Virchowbund- Kongreß in Berlin).

Zur „Rationalitätenfalle" ent- wickelte sich die Budgetierungspraxis für die ärztliche Gesamtvergütung niedergelassener Vertragsärzte und der Krankenhausausgaben. So soll das ambulante Operieren nach Maß- gabe des Seehoferschen Strukturge- setzes durch einen Zuschlag zum Budget — auf der Basis von 1991 — in Höhe von 10 Prozent außerhalb des Deckels besonders gefördert werden.

So könnte — theoretisch — der auf das ambulante Operieren entfallende Teil der Gesamtvergütung in den Jahren 1993 bis 1995 um jeweils 10 Prozent wachsen — wenn nicht der Punktwertverfall infolge der Men- genexpansion damit einherginge. In der Tat wurde diese Entwicklung zum Bumerang vieler ambulanter Operateure. Die Operationsfrequenz stieg zwar, gleichzeitig mußte in den letzten beiden Jahren ein Punktwert- verfall von bis zu 30 Prozent hinge- nommen werden.

Zu knappe Budgets

Nachteilig wirkt sich darüber hinaus die Tatsache aus, daß Anäs- thesie-Leistungen in das Budget inte- griert wurden. Insoweit ist das von der Politik zugesagte Förderungsver- sprechen in sein Gegenteil verkehrt worden. Hinzu kommen eine merkli- che strukturelle Verschiebung des Operations-Niveaus und andere Schieflagen. Ebenfalls politische Ne- gativwirkungen sind die inzwischen festgestellte erhebliche Überschrei- tung des zur Verfügung stehenden Operationsbudgets und die mangeln- de Substitution zwischen stationären und ambulanten Operationen im Krankenhaus (so Gerhard Brenner).

Prof. Dr. med. Hans Wolfgang Opderbecke, 1. Vorsitzender des Be- rufsverbandes Deutscher Anäs- thesisten e. V., Nürnberg, beklagte,

„die Kassenärztlichen Vereinigungen haben gedeckelte Sonderhonorartöp-

AU FSÄTZE

fe für die ambulanten Operationen und Anästhesien eingerichtet. Der Anstieg der Operationsfrequenzen und der dadurch entstehende finan- zielle Mehrbedarf geht damit zu La- sten der niedergelassenen Chirurgen und Anästhesisten. Auf Grund des Punktwertverfalls deckt die Vergü- tung ambulanter Leistungen oft nicht einmal mehr die Praxiskosten. Den mit hohem finanziellen Aufwand und viel persönlichem Engagement auf- gebauten Operationseinrichtungen droht das finanzielle Aus...".

Gestiegener Leistungsbedarf;

Punktwertverfall

Nach Feststellungen des Zen- tralinstituts ergab sich beim ambu- lanten Operieren folgende Entwick- lung: Nach den Vorgaben des Ge- sundheitsstrukturgesetzes dürfen die Leistungsausgaben für operative Lei- stungen in der ambulanten Praxis im Jahr 1993 nur um den Grundlohn- summenzuwachs und den Sonderzu- schlag ( + 10 Prozent), das heißt ins- gesamt um 21,3 Prozent, steigen. Der Leistungsbedarf ist in den vergange- nen beiden Jahren (1991/92) um 58,2 Prozent gewachsen. Die „Preise" der Operationsleistungen, das heißt die Punktwerte, fielen deshalb 1993 um rund 30 Prozent.

Dies bedeutet: Die Mehrleistun- gen bei ambulanter operativer Tätig- keit mußten von den Operateuren quasi zum Nulltarif erbracht werden.

Die Arztpraxen sind es, die das Men- genwachstum subventioniert und ge- fördert haben, nicht hingegen die Krankenkassen oder etwa eine Um- schichtung aus dem stationären Be- reich.

Verlagerung im Operationsspektrum

Die Exzision einer Geschwulst oder eines tiefliegenden Körperge- webes sind die meist durchgeführten ambulanten Operationen: Darauf entfallen rund 20 Prozent aller am- bulant durchgeführten Eingriffe.

Verdoppelt bis verdreifacht ha- ben sich in den letzten drei Jahren

ambulant durchgeführte Operatio- nen am Auge und Varizen-Operatio- nen. Auf diese Indikationsgruppen entfielen rund 10 Prozent aller am- bulanten Operationen. Die Präva- lenz und Inzidenz dieser Erkrankun- gen nehmen wegen der ungünstigen demographischen Komponente stän- dig zu. 25 Prozent der häufigsten Operationstypen beschreiben 70 Pro- zent des Operationsspektrums.

Die verschiedenen Gebühren- ordnungsnummern zur Abrechnung von Arthroskopien repräsentieren zusammen 2,6 Prozent aller Eingrif- fe; sie stehen in ihrer Bewertung in der Umsatzrangfolge an vorderster Stelle.

In den Jahren von 1990 bis 1993 ist die Zahl der abgerechneten Ope- rationsleistungen von 2,7 auf rund 4 Millionen jährlich ( + 47 Prozent) ge- stiegen. Gleichzeitig hat sich die Struktur der Operationen auf quali- tativ höherwertige Operationen ver- schoben. Dies zeigt der Vergleich der Zahl der Eingriffe (47,1 Prozent) mit dem entsprechenden Leistungsbe- darf ( + 79,3 Prozent). Stark gewach- sen sind die Frequenzen bei Opera- tionen insbesondere der Orthopäden ( + 115 Prozent), der Augenärzte ( + 60 Prozent), der Hautärzte ( + 57 Prozent) und der Chirurgen ( + 50 Prozent).

Etwa 40 Prozent der nach dem Operationskatalog für ambulante Operationen (vom 1. April 1993) durchgeführten Anästhesien entfal- len auf Anästhesisten, weitere 40 Prozent auf Orthopäden, und die restlichen 20 Prozent teilen sich die übrigen Facharztgruppen. Offenbar führen immer mehr Allgemeinärzte und Chirurgen zum erheblichen Teil auch Anästhesien durch, hat das Zentralinstitut für die kassenärztli- che Versorgung festgestellt. Entspre- chend stark sind die Wachstumsraten der beiden Arztgruppen, die Anäs- thesien durchführen: Bei den Anäs- thesisten betrug die Zuwachsrate (in den letzten drei Jahren) 156 Prozent und bei den Orthopäden 92 Prozent.

Anschrift des Verfassers:

Dr. rer. pol. Harald Clade Redaktion Deutsches Ärzteblatt Ottostraße 12

50859 Köln

Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 3, 21. Januar 1994 (25) A-105

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