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Archiv "Umweltmedizinisches Forum: Ärzte diskutieren Folgen der Verkehrsflut" (08.07.1994)

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Effektivitätsnachweis oftmals aus- steht, nicht gefördert. Bei kalorienre- duzierten Ernährungsformen lehnen die Ersatzkassen reine Formula-Di- äten und Abnahmemethoden mit un- flexiblen Eß- und Diätplänen ab.

Nicht gefördert werden auch Maß- nahmen, die die Notwendigkeit spe- zieller Zusatzprodukte beinhalten, zum Beispiel „Redumed" oder soge- nannte Treffpunkt-Diät. Mit dem Ziel der Selbsthilfe nicht kompatibel seien Maßnahmen zur Gewichtsre- duktion, wie Hormonkuren und Aku- punktur.

Nicht gefördert werden Maß- nahmen, die überwiegend freizeitori- entiert sind, etwa Jazz- oder Skigym-

Qualifizierte Ernährungsberatung — ein wichtiges Element der Gesundheitsförderung.

nastik, oder bei denen die Verlet- zungsgefahr relativ hoch ist (etwa kampforientierte Bewegungsspiele) oder Maßnahmen, die einseitige kör- perliche Belastungen beinhalten (zum Beispiel Body-Building-Pro- gramme, Callanetics) oder Sportar- ten, die ausschließlich zum Freizeit- und Wettbewerbssport zählen (etwa Fuß- und Handball). Dauerangebote zum Beispiel in Form von Übungs- gruppen können ebenfalls nicht be- zuschußt werden. Therapeutische Angebote werden im Rahmen der Gesundheitsförderung und Präventi- on ebenfalls nicht gefördert. Diese werden den Versicherten jedoch im Rahmen der Heil- und Hilfsmittel- richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen oder als ergänzende Leistungen zur Reha- bilitation (etwa: Rehabilitations- sport) angeboten und deren Leistun- gen übernommen. Dr. Harald Clade

POLITIK LEITARTIKEL / AKTUELL

om Slogan „Freie Fahrt für freie Bürger" hält Peter Gra- bowski nicht besonders viel.

Nach Lage der Dinge, sagte der Ministerialrat im niedersächsi- schen Umweltministerium, stelle sich nur noch eine Frage: Ereilt uns zu- erst der Umwelt- oder der Verkehrs- kollaps?

Grabowski war einer von zehn Referenten, die auf dem umweltme- dizinischen Forum „Vorfahrt für Ge- sundheit und Umwelt" in Hannover, Zahlen und Fakten, aber auch per- sönliche Einschätzungen zum Thema Individualverkehr vortrugen. Einge- laden hatte die Akademie für ärztli- che Fortbildung Niedersachsen im Verein mit dem Arbeitskreis „Ge- sundheit und Umwelt" der dortigen Landesärztekammer.

Individualverkehr auf dem Prüfstand Der Sinn und Unsinn des soge- nannten Individualverkehrs, sagte Professor Dr. Heyo Eckel zu Beginn des zweitägigen Forums, müsse ange- sichts der zunehmenden Verkehrs- dichte einer kritischen Prüfung un- terzogen werden. „Zwar ist die For- derung nach einem völligen Verzicht politisch nicht durchsetzbar", fuhr der Präsident der Ärztekammer Nie- dersachsen fort, „aber die Warnun- gen vor den negativen Auswirkungen der Verkehrslast werden nur dann ernstgenommen, wenn wir wissen-

schaftlich fundiert und ärztlich kom- petent argumentieren."

Was dann folgte, wurde diesem Anspruch freilich nur bedingt ge- recht. Die Erkenntnisse und Schluß- folgerungen der rund 80 teilnehmen- den Ärztinnen und Ärzte mündeten hauptsächlich in ordnungspolitischen Forderungen, die bereits von anderer Seite wiederholt aufgestellt worden waren. So empfehlen die niedersäch- sischen Ärzte zur Minimierung der Gesundheitsschäden durch Kfz- Schadstoffe zunächst die Reduktion des Freizeit-Kfz-Verkehrs beispiels- weise durch

• dauerhafte regionale Fahr- verbote in Ballungszonen;

• zeitlich befristete Fahrverbo- te zur Vermeidung erhöhter Schad- stoffimmissionen;

• Geschwindigkeitsbegrenzun- gen;

• Verminderung und Verteue- rung von Parkraum und

• Verwendung schadstoffärme- rer Treibstoffe.

Zugleich sei die Optimierung des öffentlichen Nahverkehrs anzu- streben. In den Innenstädten müßten die Straßen zurückgebaut werden, und generell sollten Bürger und Ärz- te in die Verkehrsplanung und -ge- staltung einbezogen werden. Eine weitere Forderung zielt auf die Pro- duktion kleinerer Pkw mit Niedrig- kraftstoffverbrauch. Das sogenannte

„Drei-Liter-Auto", erklärte ein Ver- treter des VW-Konzerns auf dem Fo- rum, sei jedoch nach dem heutigen

Umweltmedizinisches Forum

Ärzte diskutieren Folgen der Verkehrsflut

Der Deutschen „liebstes Kind", das Auto, gerät zusehends ins Kreuz- feuer der Kritik. Nachdem jahrelang die ökologischen Auswirkungen der wachsenden Verkehrslast die Diskussion bestimmten, werden nun auch die Warnungen vor den unmittelbaren gesundheitlichen Folgen der Verkehrsflut lauter. Niedersächsische Ärzte haben sich auf einem umweltmedizinischen Forum mit dem Thema befaßt. Her- ausgekommen sind Forderungen zur Minimierung der Kfz-be- dingten Luftschadstoffe, der Lärmbelastung und der Unfallfolgen.

A-1868 (20) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 27, 8. Juli 1994

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Realistische Perspektve oder Außenseitermethode? Dr. Klaus Eikemeier (Mitte), Allgemeinarzt aus Han- nover, stellte auf dem umweltmedizinischen Forum sein Elektromobil vor. Das zweisitzige Minifahrzeug bezieht seinen „Treibstoff" aus der Steckdose und — zur Unterstützung der Batterien — über einen 150 Watt starken Solargenerator. Das Elektroauto ist keineswegs ein Ausstellungsstück, sondern es beför- dert den Allgemeinarzt tagtäglich zu seinen Hausbesuchen im Stadtgebiet. Mit einer Batterieladung er- zielt das Fahrzeug nach Angaben Eikemeiers eine Reichweite von rund 70 Kilometer und kann dabei bis zu 65 km/h schnell fahren. „Eine Parklücke findet sich überall", berichtete der Pionier in Sachen alterna- tive Antriebe. „Auf einen herkömmlichen Pkw-Stellplatz passen drei Elektromobile." Eikemeier findet, daß sich das Fahrzeug nicht nur aus Umweltschutzgründen bezahlt macht. So sei das Elektromobil abgas- frei und damit auch steuerfrei. Eine Netzaufladung für 100 Kilometer kostet unter Idealbedingungen 3 DM an der Steckdose beim Tagtarif, 1,56 DM beim Nachttarif, und an der „Solartankstelle" ist die Aufla- dung völlig kostenlos. Außerdem seien die Fahrzeuge so simpel in der Konstruktion, daß bei einer Mas- senproduktion nur ein geringer Verkaufspreis gerechtfertigt wäre. Pfiffig ist die Konstruktion dennoch:

So kann beispielsweise die Bremsenergie in die Batterien zurückgeleitet werden. Foto: Detlef Haffke POLITIK

Stand der Technik nicht zu realisie- ren: „Wir können auf 5,4 Liter Ver- brauch auf hundert Kilometer kom- men. Dafür müssen wir aber mit dem Gewicht runter, was sich auf den Komfort und die Sicherheit aus- wirkt."

Das zweite Schwerpunktthema des Forums galt der Lärmbelastung durch den Straßenverkehr. Hierin se- hen die niedersächsischen Ärzte eine Ursache für nachhaltige Störungen der Kommunikation, der Leistungs- fähigkeit und des Schlafs. Bei Dauer- belastung können aufgrund psycho- vegetativer Fehlregulationen ernst- hafte körperliche Erkrankungen wie Magen- oder Zwölffingerdarmge- schwüre sowie Herz- und Kreislauf- erkrankungen auftreten.

Neuere epidemiologische Unter- suchungen verdichten die Hinweise auf ein deutlich erhöhtes Herzinfarktrisiko bei Außenlärmpe- geln über 65 bis 70 db(A), hieß es in Hannover. Deshalb dürfe in Wohn- gebieten ein Außenpegel von 55 db(A) tagsüber und 45 db(A) bei Nacht nicht überschritten werden.

In ihrer Resolution zum The- menschwerpunkt Lärmbelastung hielten die Forumsteilnehmer schließlich folgendes fest: „Da Lärm als akustischer Abfall anzusehen ist, gilt für ihn das Vermeidungsgebot.

Wo das nicht möglich ist, sollten fol- gende Handlungsmöglichkeiten aus- geschöpft werden: Verminderung insbesondere des nächtlichen Ver- kehrs, Verlagerung und Bündelung des Verkehrs, Schallschutz am Fahr- zeug durch bereits heute mögliche Techniken sowie baulicher, aktiver und als letzte Möglichkeit passiver Schallschutz."

Der dritte Schwerpunkt des Fo- rums galt der Minimierung der Un- fallfolgen durch Geschwindigkeitsre- duzierung. „In unserer Leistungsge- sellschaft", heißt es in der dazu ver- abschiedeten Resolution, „werden Antriebsstärke, Dynamik und Durch- setzungsvermögen gefordert. Das führt im Straßenverkehr zu Risiko- freude, Geschwindigkeitsbegeiste- rung, Konkurrenzverhalten, Glaube an Unfehlbarkeit und Realitäts- flucht."

Hier fordern die niedersächsi- schen Ärzte Verhaltensänderungen

AKTUELL

ein — zum Beispiel „durch soziale Interaktion, die auf Rücksicht, Vor- sicht, Gesundheit und Leben gerich- tet ist". Infrastruktur und persönli- ches Verhalten sollten auf Verkehrs- minderung ausgerichtet werden, wo- mit zugleich ein Gewinn an Lebens- qualität und Gesundheit erzielt werde.

Für ein

generelles Tempolimit Auch unter dem Gesichtspunkt Unfallfolgen votieren die niedersäch- sischen Ärzte für ein generelles Tem- polimit mit darunter angesiedelten Höchstgeschwindigkeiten, die an die verschiedenen Straßengegebenhei- ten angepaßt sind. Bereits bei der Fahrausbildung zum Erwerb des Führerscheins müsse mehr Wert dar- auf gelegt werden, den Verzicht auf ein Vorrecht in einer kritischen Si-

tuation positiv darzustellen, um da- mit soziales Verhalten zu verstärken.

Die Resolution endet mit der Forderung nach dem Einbau von Da- tenschreibern in die Autos. Damit könne bei einem Unfall die Aufklä- rung des Unfallhergangs im Hinblick auf die Geschwindigkeit erleichtert werden.

Fazit der zweitägigen Veranstal- tung in Hannover: Das umweltmedi- zinische Forum brachte zwar eine Fülle von Forderungen nach Ver- und Geboten sowie vereinzelte Ap- pelle an die Vernunft und Einsicht der Verkehrsteilnehmer. Neue An- sätze oder gangbare Alternativen wa- ren freilich nicht auszumachen.

So blieb beispielsweise die von Professor Eckel aufgeworfene Frage, was speziell Ärzte aufgrund ihrer be- ruflichen Kompetenz und ihres ho- hen Ansehens in der Bevölkerung tun können, weitgehend unbeantwor- tet. Josef Maus

Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 27, 8. Juli 1994 (21) A-1869

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