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Archiv "Urolithiasis: Prophylaxe und Metaphylaxe" (04.01.1985)

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DEUTSCHES ARZTEBLATT

ÜBERSICHTSAUFSATZ

A

uf welche Weise auch im- mer ein Harnstein entfernt wurde, sei es durch sponta- nen Abgang, Schlingenextraktion, Operation oder durch extrakorpo- rale Schlagwellenlithotrypsie, es sollte nun sowohl bei Ersterkran- kung und besonders aber beim Rezidiv an Maßnahmen gedacht werden, um eine erneute Steinbil- dung zu verhindern.

Ohne jegliche vorbeugende Maß- nahmen besteht eine etwa 80pro- zentige Wahrscheinlichkeit für ein Rezidiv, die bei Beachtung ent- sprechender Metaphylaxe auf so- gar unter 10 Prozent gesenkt wer- den kann. Es kommt also darauf an, diätetisch oder zusätzlich me- dikamentös die Übersättigung an steinbildenden Substanzen aus- zugleichen und ein Harnmilieu zu schaffen, das der entsprechenden Steinart am besten entgegen- wirkt.

Metaphylaxe

Voraussetzung für die Festlegung einer solchen Metaphylaxe ist die erfaßte Pathogenese der Steinbil- dung bei einem Patienten, wie sie in den von Hautmann im gleichen Heft vorgelegten diagnostischen Programmen als Routinediagno- stik und als erweiterte Diagnostik mit Funktionstesten bei rezidivie- render Harnsteinbildung zusam- mengefaßt ist. Die Ergebnisse die- ser Abklärung orientieren im Zu- sammenhang mit der Steinanaly- se über die weiteren Maßnahmen.

Hier sollte betont werden, daß die

Metaphylaktische Maßnah- men zur Verhütung von neu- en Steinerkrankungen sind außerordentlich erfolgreich.

Ohne vorbeugende Maßnah- me entsteht mit etwa 80 Pro- zent Wahrscheinlichkeit ein Rezidivstein. Unter entspre- chender Metaphylaxe kann dieser Prozentsatz unter 10 Prozent gesenkt werden. Auf die Metaphylaxe beim Harn- säurestein, Oxalat-Stein, Kal- zium-Phosphat-Stein wird im einzelnen eingegangen. Das kontinuierliche Einhalten der verschiedenert Vorbeu- gungsmaßnahmen ist ganz besonders bei einem Rezi- divsteinbildner anzuraten.

Diagnostik beim Rezidivsteinbild- ner wiederholt durchgeführt wer- den sollte; bei einer einmaligen Untersuchung ist eine von der Norm abweichende und eventuell kausal verantwortliche Ursache nicht zu erfassen. Außer einzel- nen besonderen Funktionstesten, die wohl wegen Aufwand und Ko- sten der Klinik vorbehalten blei- ben müssen, ist die übrige Labor- diagnostik heute auch in der Pra- xis zu realisieren.

Wichtige Voraussetzungen für ei- ne erfolgreiche Steinrezidivpro- phylaxe sind auch die restlose Entfernung eines Steins, die chir- urgische Prophylaxe in Form der Erstellung eines ungestörten Harnabflusses aus den oberen Harnwegen (1)*) sowie eine gute

Kooperation des Patienten mit seinem Arzt. Ist ersteres operativ nicht zu realisieren, so kann im Einzelfall ein persistierender In- fekt oder ein erneutes Stein- wachstum trotz Einhaltung aller im folgenden geschilderten Maß- nahmen nicht verhindert werden.

Bei der überwiegenden Zahl von Patienten mit einem kleinen Steinrest in einem Kelch, etwa nach Operation eines großen Aus- gußsteins, sehen wir aber bei kon- sequenter Prophylaxe durchaus gute Verläufe ohne erneutes Steinwachstum, so daß ein kleiner Reststein nicht immer das sichere Rezidiv bedeuten muß.

Ernährung und Lebensweise als Vorbeugung

gegen Harnsteinbildung

Die an der Steinbildung beteilig- ten Harnparameter lassen sich durch Flüssigkeit und Kost beein- flussen (Tabelle 1). Inzwischen ist die Effizienz der einzelnen Maß- nahmen auch statistisch belegt:

Es ist bekannt, daß die Steinhäu- figkeit mit zunehmendem Körper- gewicht und Bewegungsein- schränkung positiv korreliert. Es ist in Studien bewiesen, daß allein schon durch Harndilution eine ef- fiziente Rezidivprophylaxe zu er- zielen ist, ebenfalls kann diäte- tisch der Überlastung mit steinbil- denden Substanzen vorgebeugt werden. Steinwachstum unter Be- dingungen eines Harnwegsinfek- tes ist ebenso belegt wie die Steinentstehung durch Laxantien- abusus.

In den meisten Fällen mit unauf- fälligen Blut- und Harnbefunden kann schon die Einhaltung diäteti- scher Richtlinien ohne zusätz- liche Medikation bei gesteigerter Flüssigkeitszufuhr eine erfolgrei- che Metaphylaxe gewährleisten (Tabelle 2). Bei deutlich patholo- gischen Befunden reicht dies al- lerdings meist nicht aus. Diäte- tisch ist ein gewisser Einfluß auf

Die in Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks.

Urolithiasis:

Prophylaxe und Metaphylaxe

Rudolf Hartung

Aus der Urologischen Klinik

(Direktor Professor Dr. med. Rudolf Hartung) der Universität Gesamthochschule Essen

40 (52) Heft 1/2 vom 4. Januar 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

(2)

Kalzium Harnsäure Zystin Oxalsäure

Minderung um 25 Prozent möglich Minderung möglich, streng purinarme Diät, aber schwer durchzuführen Minderung nur geringfügig möglich nur minimale Minderung möglich Ansäuerung (ansäuernde Wässer, Fleisch, Fisch) Urin-pH

Alkalisierung (alkalisierende Wässer, Fruchtsäfte aus Zitrusfrüchten, Gemüse, Mehlspeisen) Erhöhte Ausscheidung

von:

Ausscheidungsminderung durch Einschränkungen in der Ernährung:

Beeinflussung der Harnparameter durch Flüssigkeit und Kost

Allgemeine Maßnahmen der Harnstein-Rezidivprophylaxe Lebensweise: Körpergewicht, Bewegung, berufliche Exposi-

tion (z. B. Schwitzen), Stuhlregulierung (kein Laxantienabusus)

Flüssigkeitszufuhr: So reichlich, daß Harnausscheidung von ca.

1,5 Litern pro Tag bei spezifischem Gewicht unter 1012 erreicht wird

Kost: Normale gemischte Kost (eventuell diätetische Einschränkung in bezug auf Steinart)

Tabelle 1

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Harnstein-Rezidivprophylaxe

die bekannten steinbildenden Pa- rameter zu erreichen, er sollte je- doch angesichts der Unzuverläs- sigkeit der Einhaltung von Diäten nicht überschätzt werden.

Bei Patienten mit absorptiver Hy- perkalziurie vom Typ III nach Pak (5), d. h. bei solchen, die nur unter Kalziumbelastung auch vermehrt Kalzium ausscheiden, ist eine diä- tetische Einschränkung der KalZi- umeinnahme bei gleichzeitig reichlicher Flüssigkeitszufuhr er- folgreich. Bei der Mehrzahl unse- rer Patienten empfehlen wir diese Maßnahmen, wobei die Ein- schränkung von Nahrungsmitteln mit extrem hohen Anteilen von Kalzium, Oxalat oder Harnsäure anzuraten ist. Tabellen dieser Art, auf die ich nicht weiter eingehen will, sind hinreichend bekannt.

Es sei nur betont, daß die Empfeh- lung von Einschränkungen sinn- voller als ein totales Verbot ist.

Auch bei der Diätetik bei erhöhter Harnsäure im Serum oder Urin kann auf die bekannte Literatur verwiesen werden, hierzu gibt es keine neuen Erkenntnisse (6-14).

Bei den speziellen Maßnahmen der Steinrezidivprophylaxe wer- den im folgenden nur solche Me- dikamente aufgeführt, deren posi- tive Wirksamkeit auch in Langzeit- studien überprüft ist und deren kontrollierter Einsatz — kontrolliert deshalb, weil letztlich bei allen Medikamenten unerwünschte Ne- benwirkungen auftreten können — heute als gerechtfertigt gelten darf. Hier nicht aufgeführte Präpa- rate haben sich als alleinige Medi- kation bis heute nicht als ausrei- chend wirksam erweisen können.

Harnsäurestein

Grundgedanke jeder Steinpro- phylaxe ist der, langfristig dasjeni- ge Harnmilieu aufrechtzuerhal- ten, das der jeweiligen Steinart am meisten entgegenwirkt, also beim Harnsäurestein den sauren Urin-pH zu neutralisieren und ge- gebenenfalls erhöhte Harnsäure-

Tabelle 2

spiegel durch ein Urikostatikum zu senken. Diese Medikation hat sich bewährt. Bei rezidivierenden Harnsäuresteinbildnern ergeben sich nach der kompletten Chemo- lyse eines Steins mit der intermit- tierenden Neutralisierung des Harns sehr gute Erfolge in der Re- zidivprophylaxe. Urikosurika soll- ten bei bestätigter Harnsteindia- these nicht verabreicht werden, denn unter vermehrter Harnsäure- ausscheidung ohne gleichzeitige Harnneutralisierung und reich- liche Diurese riskiert man die Bil- dung von Harnsäuregries, der wiederum zu ein-, ja sogar beid- seitigen postrenalen Verschlüs- sen führen kann (15).

Oxalatstein

Komplizierter ist die Metaphylaxe beim Kalziumoxalatstein. Bei die- ser mit 70 Prozent der Fälle häu-

figsten Steinart kann es erforder- lich werden — immer nach Aus- schluß eines primären Hyperpa- rathyreoidismus —, eine Hyperkal- ziurie, die man bei etwa einem Viertel dieser Patienten findet, medikamentös zu senken. In Ab- hängigkeit von der Ursache der erhöhten Kalziumausscheidung, auf deren notwendige Abklärung schon eingegangen wurde, steht die Medikation. Als Mittel der Wahl gelten heute die Thiazide (16-24), da auch ihre langfristige Anwendung mit den geringsten Nebenwirkungen verbunden ist, während bei den lonenaustau- schern, wie dem Natriumzellulo- sephosphat, unerwünschte Hy- peroxalurien und Hypomagnesi- urien (25, 26) und bei der Ortho- phosphattherapie eine verminder- te Magnesium- und eine vermehr- te Phosphatausscheidung provo- ziert werden können (27-29). Die- ses mögliche therapeutische Pro- Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 1/2 vom 4. Januar 1985 (53) 41

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Harnstein-Rezidivprophylaxe

gramm wurde, auch in bezug auf die Praxis, vereinfacht und be- schränkt sich in der Medikation auf Thiazide und Allopurinol.

Wir teilen eine gute Erfahrung mit L. Smith von der Mayo Clinic (44), auch bei Kalziumhyperabsorbern mit Thiaziden auszukommen, mit denen sich auch die Kalziumaus- scheidung im Urin senken läßt (20) und beschränken uns auch bei der Kombination einer renalen Kalziurie und Hyperurikosurie auf ein Medikament, da bei gleichzei- tiger Gabe beider vereinzelt ge- fährliche Nebenwirkungen be- schrieben sind (45, 46). Ebenso bestätigt ist die Effektivität von Allopurinol für Oxalatsteine als Monotherapie beim Nachweis er- höhter Harnsäurespiegel im Se- rum oder Urin. Positiv könnte sich für beide Medikamente die Beob- achtung einiger Untersucher aus- wirken, die unter Allopurinol so- wie unter Thiaziden bei Langzeit- anwendung eine verminderte Oxalsäureausscheidung sahen (30, 31). Nach Ergebnissen von Butz (32) und Mitarbeitern kann durch Harnalkalisierung bei Oxa- latsteinbildnern die hier oft ver- minderte Zitratausscheidung um 130 Prozent gesteigert und gleich- zeitig eine Hyperkalziurie um 34 Prozent gesenkt werden. Erste Er- gebnisse deuten gute Aussichten für die Rezidivprophylaxe an, eine Festlegung, wie bei den anderen genannten Medikamenten, ist je- doch erst nach weiteren Studien mit größerer Fallzahl möglich.

Kalziumphosphatstein und Infektstein

Bei dem im sauren, meist sterilen Harn entstandenen Kalziumphos- phatstein gelten bezüglich des Kalziums die gleichen Überlegun- gen wie beim Oxalatstein. Anders beim sogenannten Infektstein, dem im alkalischen, meist infizier- ten Harn entstandenen Magnesi-

um-Ammonium-Phosphatstein.

Die vorher erwähnte, operativ zu erzielende komplette Steinfreiheit ist besonders beim Infektstein ei-

ne entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche Prophylaxe.

Medikamentös steht hier die An- säuerung des Harns im Vorder- grund. Sogenannte Ureasehem- mer, wie die Acetohydroxamsäu- re, welche die der Infektsteinbil- dung förderliche Ammoniakaus- scheidung sowie das alkalische Urin-pH deutlich senken, werden gegenwärtig noch klinisch ge- prüft; über eine erfolgreiche und gleichzeitig unproblematische Langzeitanwendung ist heute noch nicht entschieden (33, 35).

Darstellung 1:

Absenkung der Zystinkonzentra- tion und der Zystin- ausscheidung im 24-Stunden-Urin unter Askorbin- säure-Therapie (nach Asper, 1979)

Zystinstein

Bei der Metaphylaxe des Zystin- steins kann man medikamentös sowohl mit D-Penicillamin als auch mit Mercapto-Propyonylgly- cin (36-39) eine Senkung der ge- steigerten Zystinurie erreichen.

Erhebliche Nebenwirkungen bei ersterem und eine bei der Lang- zeitanwendung permanent erfor- derliche Dosiserhöhung bei letz- terer Medikation machen diese Therapieform schwierig. Asper und Schmucki berichteten 1979 erstmals über die Senkung der Zy- stinausscheidung durch hochdo- sierte Vitamin-C-Gabe (42). Durch diese Medikation wurde neben der effektiven Alkalisierung des Harns (40, 41), der notwendigen Harndilution und der Diät diese bisher problematische Therapie sehr vereinfacht (Darstellung 1).

Dauer der Medikation

Die erforderliche Medikationsdau- er bei den jeweiligen Steinarten hängt von den Ergebnissen der Verlaufskontrollen ab und muß, im Gegensatz zu anderen defi- nierten Stoffwechselerkrankun- gen, nur in bestimmten Situatio- nen lebenslang erfolgen; ein kon- tinuierliches Einhalten zumindest der allgemeinen Vorbeugemaß- nahmen ist jedoch beim Rezidiv- steinbildner immer anzuraten. Es ist keine Frage, daß die gezielte

medikamentöse Prophylaxe nur selektiv bei wiederholt patholo- gisch erhöhten Parametern im Se- rum oder Urin gerechtfertigt ist, alle Medikationen verlangen eine permanente Überwachung (43).

Damit läßt sich aber auch eindeu- tig die Rezidivquote senken, die ohne jegliche prophylaktische Maßnahmen bei 80 Prozent liegen würde und bei Einhaltung der Me- taphylaxe auf unter 10 Prozent zu senken ist.

Literatur im Sonderdruck, zu beziehen über den Verfasser.

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med.

Rudolf Hartung Urologische Klinik der Universität Essen Universitätsstraße 2 4300 Essen 1 42 (54) Heft 1/2 vom 4. Januar 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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