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Palliative Betreuung am Lebensende bei einer Patientin mit inoperablem Ileus bei fortgeschrittenem Ovarialkarzinom

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Academic year: 2022

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Originalien Mitteilungen der Geschäftsstelle

Ärzteblatt Sachsen 10/2002 495

Schaffung von Lehrstühlen für Palliativme- dizin an sächsischen medizinischen Fakul- täten, um sensible Forschung und Lehre zu thanatologischen Fragestellungen in- tensiver auf den Weg zu bringen. Ich wün- sche unseren Patienten, dass wir als ihre Behandler die Sterbebegleitung als eine auch ärztliche Aufgabe wiederentdecken.

Literatur: bei der Verfasserin Anschrift der Verfasserin:

Barbara Schubert Fachärztin für Innere Medizin Palliativstation am Krankenhaus St. Joseph-Stift

Wintergartenstraße 15-17, 01307 Dresden

Einleitung

In Deutschland erkranken ca. 350 000 Menschen an Krebs. Ungefähr die Hälf- te der Patienten wird daran versterben.

In den nächsten 15 bis 20 Jahren werden die Malignome die Mortalitätsstatistik

anführen. Dies fordert der modernen Palliativmedizin auch in Zukunft einen hohen Anspruch ab. Jeder Einzelne ist gefragt, nicht nur bezüglich seiner fach- lichen Kompetenz, sondern auch hin- sichtlich seines menschlichen Verhaltens.

Patient und Methodik

Anhand eines Fallberichtes einer 50-jäh- rigen, an einem metastasiertem Ovarial- karzinom erkrankten Palliativpatientin, möchten wir einige Aspekte näher be- leuchten:

Onkologisches Fachkrankenhaus Marienstift Schwarzenberg

Zusammenfassung

Hintergrund

Ca. 270 Patienten werden jährlich auf unserer Palliativstation betreut. Davon verleben ca. 20 - 30 Prozent ihre letzten Lebens- tage bei uns.

In der Hoffnung, dass wir quälende Symptome am Lebensende lindern, wenden sich die Patienten und ihre Angehörigen ver- trauensvoll an uns. Bei Patienten, die an einer Ileussymptoma- tik im inoperablen Zustand leiden, ist vor allem das Erbrechen (Miserere) eine unangenehme Begleiterscheinung. Hier kann eine als Ablaufkatheter genutzte PEG-Sonde diese Situation erträglicher gestalten.

Material und Methoden

Anhand einer Kasuistik einer 50-jährigen Patientin mit einer ausgeprägten Peritonealkarzinose bei Ovarialkarzinom konnte dieser Aspekt besonders belegt werden.

Ergebnisse

Die letzten 6 Wochen ihres Lebens war die Patientin frei von Erbrechen bei einer weit fortgeschrittenen intraabdominellen Metastasierung. Weiterhin stand in diesem Fall eine ausgeprägte Angstsymptomatik im Vordergrund. Medikamentöse Therapie- konzepte stießen bald auf ihre Grenzen und rein menschliche Zuwendung war das einzig wirksame Mittel.

Schlussfolgerungen

Patientenorientierte Palliativmedizin ist immer ein Gemisch aus interdisziplinär diskutierten Therapieansätzen in Absprache mit dem Patienten und menschliche Zuwendung, die aus dem privaten sozialen Geflecht der Betroffenen und den organisatorischen Mög- lichkeiten des Personals einer Palliativstation getragen wird.

Schlüsselwörter

Anforderung an Palliativmedizin – symptomorientierte Therapie – Grenzen der modernen Medizin – menschliche Zuwendung

M. Georgi, F. Förster, K. Neubert

Palliative Betreuung am Lebensende bei einer Patientin mit inoperablem Ileus bei fortgeschrittenem Ovarialkarzinom

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, zur diesjährigen Mitgliederversammlung der Kreisärztekammer Dresdenmöch- ten wir auf diesem Wege wieder herzlich einladen. Unser Treffen findet am 5. 11. 2002, 19.30 Uhr

im Plenarsaal des Kammergebäudes statt.

Neben einem Tätigkeitsbericht der Kreis- ärztekammer durch Herrn Dr. Grosche wird auch in diesem Jahr der kulturell- historische Aspekt entsprechende Beach-

tung finden. Herr Prof. Dr. med. habil.

Albrecht Scholz, Institut für Geschichte der Medizin der hiesigen Fakultät, spricht zum Thema „Künstler-Patienten- Ärzte in Dresdner Sanatorien“. Eine interessante musikalische Umrahmung wird versprochen sowie für Imbiss und Getränke gesorgt.

Wir wünschen uns eine rege Teilnahme und anregende Diskussionen wie im ver- gangenen Jahr, um Ihre Interessen weiter entsprechend vertreten zu können.

Ihr Vorstand der Kreisärztekammer Dresden

Einladung zur Mitgliederversammlung

der Kreisärztekammer Dresden

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Originalien

496 Ärzteblatt Sachsen 10/2002

Die Patientin erkrankte im Juli 1998 an einem primär metastasierten Ovarialkar- zinom im Stadium pT3c N1 M1 mit Ab- siedlungen in die Magenhinterwand, das Sigma, die Zwerchfelle, den Douglas und das Blasenperitoneum, in die Netzlymph- knoten sowie in die Pleura. Es erfolgte daraufhin eine abdominale Uterusexstir- pation mit beiden Adnexen und eine Netz- teilresektion sowie eine tiefe anteriore Rektumresektion und Anlage eines pro- phylaktischen Ileostomas. Histologisch handelte es sich um ein gering bis mäßig differenziertes papillär-seröses Adenokar- zinom. Postoperativ wurden 6 Zyklen palliativer Chemotherapie mit Paclitaxel und Carboplatin durchgeführt. Darunter musste jedoch eine Progression (Pleura- und Peritonealkarzinose) verzeichnet wer- den. Die daraufhin eingeleitete Therapie mit Vepesid zeigte als Nebenwirkung eine ausgeprägte Myelodepression, so dass nach 2 Zyklen die Therapie abge- brochen werden musste.

Die Vorstellung in unserer Klinik erfolgte aufgrund der fortgeschrittenen ausgepräg- ten Ileussymptomatik mit Übelkeit, stän- digem Erbrechen, abdominalen Schmer- zen, innerer Unruhe und Schlaflosigkeit.

Klinische Untersuchung bei Aufnahme:

Reduzierter Allgemeinzustand, verlang- samte Bewegungen, gelblich belegte Zunge, hochstehende Lungengrenzen, tachykarde Herzaktion, Bauchdecke straff, Darmgeräusche positiv, Abdomen druckschmerzhaft und gebläht, Alopezie nach Chemotherapie.

Laborbefunde bei Aufnahme:

Unauffällig

Leukos, Thrombos, Kreatinin, GPT, Eisen, GOT, AP, Bili, Glukose.

Pathologisch

BSR 56/100 mm n.W.. Hb 10,1 g/dl. Hk 30 %. Harnsäure 6,9 g/dl. Natrium 134 mmol/l. Kalium 3,4 mmol/l. Ges.- Eiweiß 6,4 g/dl. G-GT 55 U/l. LDH 270 U/l. CA 125 5414 U/ml. Quick 30 %.

Therapie und Verlauf:

Als erste Maßnahme stand eine Erweite- rung der bereits begonnenen Schmerzthe-

rapie im Vordergrund. Wir wechselten bald von Fentanylpflaster auf Morphin, welches letztendlich in einer subcutan- injizierenden Pumpe in Kombination mit Dexamethason verabreicht wurde. Zeit- weise applizierten wir zusätzlich Metami- zol, anfänglich i.v., später per os. Anti- emetisch kamen Haloperidol, Alizaprid, später Ondansetron und vorübergehend Octreotid zum Einsatz. Des Weiteren stell- ten wir die Patientin auf ein GnRH-Mo- natsdepot ein. Abführmittel wurden re- gelmäßig verordnet.

Nach anfänglichen Erfolgen rückten zu- nehmend eine innere Unruhe und vor allem nächtliche Angstattacken in den Vordergrund, die mit Schmerzen, Erbre- chen und Übelkeit assoziiert waren. Die Verabreichung von Flunitrazepam, Dia- zepam und Morphin sowie Octreotid brachten wiederum nur vorübergehende Erleichterung.

Nach Korrektur der Gerinnungsparame- ter (Anhebung des Quick-Wertes auf 80 Prozent mittels Konakion) und mehreren erläuternden Gesprächen stimmte die Patientin der Anlage einer PEG-Sonde zu. Damit erreichten wir eine hervorra- gende Symptomkontrolle des Erbrechens.

Die Patientin klagte ab dem 8. Tag nach PEG-Anlage bis zu ihrem Tod nach wei- teren 6 Wochen nie wieder über dieses äußerst belastende Symptom. Eine Re- duktion der Antiemetikadosis ließ sich deutlich nachweisen.

Die neu hinzukommende massive Luft- not beeinträchtigte unsere Patientin deut- lich. Klinische Untersuchung und Röntgen- aufnahme bestätigten einen ausgeprägten linksseitigen Pleuraerguß bis in das Oberfeld. Dieser erforderte eine rasche Behandlung. Bezüglich der deutlichen Unruhe- und Angstzustände gelang uns vorerst keine durchgreifende Veränderung.

In den fast täglich stattfindenden Gesprä- chen, die unsere Psychologin mit der Pa- tientin führte, beschrieb sie ihre Ängste vor dem Sterben. Sie habe immer nur für die Arbeit gelebt und alles auf die Zeit danach verschoben, die nun nicht mehr kommen wird.

Außerdem sorgte sie sich, dass sie dem medizinischen Personal unangenehm zur Last fallen könnte durch einen unauf- haltsamen und mit furchtbaren Sympto- men einhergehenden körperlichen Ver- fall. Sensibel beobachtete sie sich und ihr gesamtes Umfeld und klammerte sich an die freiwilligen Helfer, die Psycholo- gin und Schwestern.

Wann immer es ihr möglich war, blieb die leibliche Schwester der Patientin auch nachts bei ihr. Wir verabreichten mit wechselndem Erfolg Chlorpromazin, Prothazin und Haloperidol zur Nacht.

Leider entleerte sich im weiteren Verlauf intermittierend Stuhlgang neben der PEG-Sonde. Eine erneute chirurgische Ver- sorgung linderte dieses Problem.

In den ersten vier Wochen des Aufent- haltes erhielt die Patientin täglich zu- sätzlich 1000 ml Flüssigkeits- und Nähr- stoffsubstitution. Danach konnte sie aus- reichend selbst essen und trinken.

Eine zweite Pleuradrainage machte sich notwendig. Außerdem fieberte die Patien- tin bis 39,8 °C. Ursache dafür war ein Abszess im linken Oberschenkel, der sich spontan entleerte. Die Antibiose mit Cef- triaxon i.v. zeigte rasch Wirkung.

Psychisch wurde die Patientin zusätzlich durch den plötzlichen Tod ihrer Mutter stark beeinträchtigt. Infolgedessen traten die Unruhe- und Angstzustände wieder massiv in den Vordergrund. Die Patientin wünschte ständige menschliche Begleitung an ihrer Seite sowohl tagsüber als auch nachts. Die Erfüllung dieses Wunsches, der die einzig wirksame Therapie gegen das massive Symptom Angst darstellte, oblag vorwiegend der leiblichen Schwes- ter. Auch wir stellten, wann immer es möglich war, eine zusätzliche Nachtsitz- wache zur Verfügung. Der Allgemeinzu- stand der Patientin hatte sich in den ver- gangenen 10 Wochen deutlich verschlech- tert. 78 Tage nach Aufnahme verstarb die Patientin im Beisein ihrer Schwester.

Diskussion

Ein großes therapeutisches Problem und für den Patienten eine riesige Belastung

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Originalien

Ärzteblatt Sachsen 10/2002 497

stellt bei massiver Peritonealkarzinose im Sinne einer inoperablen Metastasie- rung der chronische Ileus mit seinen zer- mürbenden Symptomen dar. Neben im- mensen Schmerzen sind sicher Übelkeit und Miserere am unerträglichsten. Ca. 50 bis 80 Prozent aller Tumorpatienten im fortgeschrittenen Stadium leiden an Schmerzen (Georgi, M.; Förster, F.;

Mardo J., 1999, Georgi, M.; Förster, F.;

Mardo J., 2000, Husebö S., Klaschik E., 1998). Neben dem Gewichtsverlust stellt Schmerz das häufigste Symptom bei Tu- morpatienten überhaupt dar (Georgi, M.;

Förster, F.; Mardo J., 2000, Georgi M.;

Förster, F.; Schiwek DR., 2001, Sebas- tian P.; Varghese L.; Sankaranarayanan R.; et al., 1993).

Mit dem WHO-Stufenschema zur Schmerz- therapie ist uns – ausschöpfend ange- wandt – ein in den meisten Fällen aus- reichendes Mittel in die Hand gegeben.

In unserem Falle entschieden wir uns letztlich für eine subkutan angelegte Schmerzpumpe mit Morphin und Dexa- methason in vorübergehender Kombina- tion mit Metamizol per os.

Die Beeinflussung der Übelkeit ist ein wei- teres wichtiges Anliegen der Symptomen- kontrolle. Zur Verfügung stehen uns An- tihistaminika, Neuroleptika, Anticholi- nergika, prokinetische Substanzen, 5-HT3- Rezeptorantagonisten und Glukokorti- koide (Husebö S.; Klaschik E., 1998).

Eine Art Stufenschema bei Übelkeit, ur- sächlich bedingt durch gastrointestinale Obstruktionen, wird von Husebo S. und Klaschik E. (1998) empfohlen. Es um- fasst als erstes spezifische Maßnahmen wie die Verabreichung von Octreotid, Scopolamin und Dexamethason.

Wir entschieden uns zur täglichen Gabe von 100 µg Octreotid s.c. Dexamethason wurde bereits über die Schmerzpumpe injiziert. Die effiziente Wirkung von Octreotid wurde wiederholt in der Praxis bestätigt. Die wirksamen Dosen lagen bei 100 – 300 µg/d (Andres J.; Jehser T.;

Müller-Busch HC., 2000, Strohscheer J.;

Huhn D., 2000). Als zweite Substanz wird Haloperidol vorgeschlagen, wel- ches wir ebenfalls intermittierend appli- zierten. Weiterhin empfehlen die Auto- ren (Husebö S.; Klaschik E., 1998) Cy- clizin, 5-HT3-Antagonisten und Levo- promazin. Wir setzten Alizaprid und spä- ter Ondansetron ein. Nach Anlage der PEG-Ablaufsonde konnte jegliche Anti- emese schrittweise abgesetzt werden. Da der mechanische Ileus medikamentös nicht zu beeinflussen war, schien die Anlage einer Ablaufsonde am sinnvollsten.

Die anfänglich nasal gelegte Sonde tole- rierte die Patientin nur wenige Tage.

In mehreren Gesprächen überzeugten wir die Patientin von der Anlage einer PEG-Sonde. Über diese konnte der Magen- und Darminhalt ablaufen. Nach dieser

Maßnahme sistierten allmählich Erbre- chen und Übelkeit. Die Patientin konnte nun auch wieder ihr geschmacklich an- genehme Dinge zu sich nehmen. Regel- mäßigen Stuhlgang erreichten wir mit- tels Laxantiengaben. Eine Alternative zur PEG-Anlage könnte die von Amsler P.

und Finlay J. (2000) mit Erfolg ange- wandte perkutane Dekompression sein.

Sie nutzten diese Methode für Patienten, die für invasive Methoden zu schwach waren.

Eine Ergänzung in der Symptomkontrolle sahen wir in der Gabe von GnRH-Ana- loga. Die Remissionsrate für diese endo- krine Therapieform wird mit 12 Prozent angegeben (Adelson MD.; Reece MT., 1993, Du Bois; Lück HJ.; Meerpohl HG., 1997). Die mögliche Beeinflussung des Tumors, der der unheilbaren Patientin furchtbare Symptome auferlegt, sollte zumindest immer in Erwägung gezogen werden.

Eine Studie in den Niederlanden zeigte selbst eine Symptomverbesserung bei Patienten, die unter der Chemotherapie eine Tumorprogression erlitten (Aulbert E., 1998). Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen auch Doyle C. et al (2001). Sie fanden bei Patienten trotz Tumorvoran- schreiten unter Chemotherapie eine ver- besserte Lebensqualität.

Die Angst stellt bei Tumorpatienten ein nicht zu unterschätzendes Symptom dar.

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Originalien

500 Ärzteblatt Sachsen 10/2002

Aulbert E. (1998) schreibt: „palliative care is total care of body mind and spirit“.

Des Weiteren gibt er das Erreichen der bestmöglichen Quality of life für Patien- ten und Familie als das Hauptziel an.

In diesem Sinne spielt die psychosoziale Unterstützung von Patienten mit fortge- schrittenem Tumorleiden eine wichtige Rolle in der Behandlung von Angst und Depressionen (Aulbert E., 1998).

Stiefel F. und Guex P. (1997) betonen ebenfalls die physischen, sozialen, spiri- tuellen und emotionalen Bedürfnisse von Tumorpatienten. Viele leiden neben schweren Symptomen unter sozialer Isolation, spiritueller Verlassenheit und Gefühlen wie Traurigkeit und Angst oder Gefühlen wie des Betrugs, der Hilflosig- keit, des Ärgers und der Schuld.

Wenn auch auf solche Bedürfnisse ent- sprechend eingegangen wird, dann sind die meisten Patienten innerlich dazu bereit, den Weg bis zum Ende zu gehen und auf diesem dem Leben noch einige wenige Dinge abzuringen (Downing SM.;

Braithwaite OL.; Wilde JM., 1993). Eine Befragung unter 140 Aidspatienten in Großbritannien zeigte eine Verbesserung der Angstsymptomatik innerhalb des untersuchten Zeitraumes (32 Wochen) durch suffiziente Pflege und Therapie (Butters E.; Higginson I.; George R.; et al., 1992). Auch Payne SA. (1992) nennt Angst und Depressionen bei Patientinnen mit Mamma- und Ovarialkarzinom als wichtigsten Parameter hinsichtlich Nega- tivbeeinflussung der Lebensqualität, wo- bei die älteren Frauen, über 60 Jahre, weniger psychische Probleme beklagten.

Während die Schmerzen in 86 Prozent der Fälle zufriedenstellend beeinflusst werden können, konnte dies in Bezug auf die psychischen Symptome von Verger E. et al (1992) nur in 27 Prozent bestätigt werden. Die daraus gewonne- nen Schlussfolgerungen besagten die un- bedingte Einbeziehung des Patienten in jegliche Therapieentscheidung sowie ein gut aufeinander abgestimmtes interdiszi- plinäres Team.

227 Patienten und ihre Angehörigen, mit einer durchschnittlichen Verweildauer von 71 Tagen, wurden mittels eines stan- dardisierten Fragebogens von Higginson IJ. et al (1992) mit 17 Items befragt. Als Hauptproblem erwies sich die Angst rund um die Familie. Danach folgten Symp- tomkontrolle, Patientenangst, Kommuni- kationsprobleme zwischen Patienten und Familie. 15 der 17 Items konnten wäh- rend des Aufenthaltes verbessert wer- den, jedoch die Familienangst und die spirituellen Bedürfnisse nicht.

Bis zum Tod blieben auch die Patienten- angst und die Symptomkontrolle schwer- wiegende und kaum gebesserte Proble- me. Dabei beurteilten die Angehörigen durchweg die Situation des Patienten schlechter als der Patient selbst.

Diese Zahlen und Untersuchungen zeig- ten auf, dass die Ängste der Patienten oft vernachlässigt werden, sehr komplexer Natur sind und damit einer komplexen Therapie bedürfen. Von medikamentöser Seite stehen uns u.a. die Benzodiazepine, Neuroleptika, Antidepressiva und Opioi- de zur Verfügung (Husebö S.; Klaschik E., 1998).

Die Unruhe- und Angstzustände unserer Patientin traten nach wenigen Tagen besonders nachts auf. Wir verabreichten daher Flunitrazepam i.m. Bei Bedarf stand Lorazepam zur Verfügung. Nach 5 Wochen nahmen die Angstzustände unter dieser Medikation erneut nachts mas- siv zu. Daher verabreichten wir abends Chlorpromazin, Promethazin und Halo- peridol. Bei Bedarf erfolgte die Gabe von Morphin und Lorezepam.

Unter dieser Medikation fand die Patien- tin nur wenige Nächte erneut Ruhe. Sie bat ihre Schwester, nachts bei ihr zu blei- ben. Ihre Anwesenheit beruhigte unsere Patientin deutlich.

Nach Schwarz R. (2000) könnten psy- chotherapeutische Interventionen bei psychologisch determinierten Sympto- men, wie beispielsweise Angst, in die Pflege einbezogen werden. Bei fortge- schrittenen Krankheitsstadien sind Ab- lenkungstechniken sinnvoll, d.h. die Auf-

merksamkeit des Patienten wird auf an- genehme Empfindungen gerichtet. Dies setzt voraus, dass die Pflegekräfte unbe- dingt in die Diskussion über verbleiben- de Therapieoptionen einbezogen werden (Schröder C.; Schmutzer G.; Schröder H., 2000).

Infolge eines Spritzenabszesses mit Fie- ber bis 39,4 °C war eine intramuskuläre Medikamentengabe vorerst nicht mög- lich. Unsere Patientin erhielt Melperon und Zuklopenthixol per os bzw. via Sonde, bei Bedarf ein Hydroxybuttersäureprä- parat und Lorazepam. Darunter wurde die Patientin deutlich ruhiger. Ihr Sohn und ihre Schwester besuchten sie so oft wie möglich. Die letzte Woche vor ihrem Tod benötigte sie lediglich Melperon und Zuklopenthixol bei laufender subku- taner Schmerzpumpe (Morphin und De- xamethason). Zu keinem Zeitpunkt des stationären Aufenthaltes äußerte die Pa- tientin den Wunsch bzw. verneinte sie immer wieder das Angebot, für eine de- finierte kurze Dauer nach Hause entlas- sen zu werden. So starb sie 21/2 Monate nach Aufnahme auf unserer Palliativsta- tion im Beisein ihrer Schwester.

Schlussfolgerung

Diese Kasuistik unterstreicht die Notwen- digkeit einer ganzheitlichen Betreuung mit sinnvoller Einbeziehung der Ange- hörigen bei Patienten in weit fortge- schrittenem Tumorstadium.

Literatur beim Verfasser Korrespondenzadresse:

Frank Förster Onkologisches Fachkrankenhaus Marienstift Schwarzenberg Tel.-Nr.: 03774/265-200 E-Mail: frank.foerster@ekhmbh.de

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