• Keine Ergebnisse gefunden

Finanzmarktregulierung muss auch Flüchtlingen und Migranten helfen

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Finanzmarktregulierung muss auch Flüchtlingen und Migranten helfen"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Finanzmarktregulierung muss auch Flüchtlingen und Migranten helfen

Von Benjamin Schraven &

Birgit Schmitz, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

vom 13.04.2015

(2)

Finanzmarktregulierung muss auch Flüchtlingen und Migranten helfen

Bonn, 13.04.2015. Flucht und Vertreibung bleiben ein dominierendes Thema der öffentlichen Wahr- nehmung und des politischen Diskurses in Deutsch- land und Europa. Das äußert sich unter anderem im andauernden Streit zwischen Bund und Ländern über vermeintlich unrealistische Flüchtlingszahl- Prognosen, der Fremdenhass-Debatte nach dem Brandanschlag auf eine designierte Flüchtlingsun- terkunft in Sachsen-Anhalt oder in der Drohung des griechischen Verteidigungsministers, Flüchtlinge nach Deutschland „weiterzuleiten“.

Auf den ersten Blick hat dies nur wenig mit den Be- mühungen der Europäischen Union (EU) zu tun, die Finanzmärkte neu zu regulieren. Aktuell berät der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss über eine Neufassung und Erweiterung der Richtlinie zu Zahlungsdiensten und der Verordnung über grenz- überschreitende Zahlungen (Payment Settlements Directive II). Diese betrifft auch Rücküberweisungen, also Bargeldtransfers von Migranten und Flüchtlin- gen an ihre Familien in den jeweiligen Herkunftslän- dern. Eine Neufassung dieser Richtlinie, welche die teilweise sehr hohen Gebühren für Rücküberweisun- gen senken würde, könnte einen großen entwick- lungspolitischen Beitrag leisten. Gerade Deutschland sollte hier eine Schlüsselrolle einnehmen.

Das Volumen von Rücküberweisungen in Entwick- lungsländer wird 2015 geschätzte 450 Mrd. USD erreichen und übertrifft damit bei Weitem die inter- nationale Entwicklungshilfe. Auch Flüchtlinge selbst tragen zu diesen Geldflüssen bei, indem sie Rück- überweisungen tätigen und ihre Verwandten sowohl in den Herkunftsländern als auch in Asyl gewähren- den Nachbarländern unterstützen. Der Libanon, Jordanien und auch Syrien selbst weisen seit 2011 stark gestiegene Rücküberweisungen aufgrund des Bürgerkrieges in Syrien auf. Rücküberweisungen werden dabei nicht nur für den Erwerb von Lebens- mitteln verwendet. Sie werden auch für Gesund- heits- und Bildungsausgaben sowie für die Kompen- sation von Schäden und Verlusten, die durch Kon- flikte aber auch Wirtschaftskrisen oder Umweltkata- strophen entstanden sind, genutzt. Rücküberwei- sungen sind in der Regel antizyklisch: Sie steigen in Zeiten politischer und wirtschaftlicher Krisen, da Migranten gerade dann ihre Familien in den Her- kunftsländern verstärkt unterstützen. In dauerhaft instabilen Ländern sind Rücküberweisungen gerade- zu überlebenswichtig.

Wenn die rechtliche Situation oder die Arbeits- und Lebensbedingungen von Migranten und Flüchtlin- gen prekär sind, fällt es ihnen allerdings schwer, die Entwicklung in ihren Herkunftsländern mithilfe von

Rücküberweisungen zu unterstützen. Die positiven Effekte von Rücküberweisungen werden aber auch sehr durch hohe Transaktionskosten beeinträchtigt.

In Deutschland liegen diese Kosten im Durchschnitt bei 9 %, was nur leicht über dem Mittelwert aller G20-Länder von etwa 8 % liegt. Allerdings sind die Gebühren für den Geldtransfer in bestimmte Länder deutlich höher. Für den Transfer von 140 € von Deutschland in den Libanon mussten beispielsweise Ende 2014 im Schnitt – gemessen an den Angebo- ten der verschiedenen Finanzdienstleister –rund 23 € an Gebühren ausgeben werden. Die oft ohne- hin schon relativ niedrigen Bargeldtransfers werden so stark geschmälert.

Ein Großteil der Rücküberweisungen wird von An- bietern von Bargeldtransfers wie zum Beispiel Wes- tern Union durchgeführt. Zur Abwicklung der Zah- lung müssen diese Institutionen Zugang zum inlän- dischen Zahlungssystem haben. Dieser erfolgt ent- weder direkt oder indirekt über ein Konto bei einer Bank, die dem Zahlungssystem angehört. Daher könnten ein verbesserter Zugang der Anbieter von Bargeldtransfers zu den Zahlungssystemen, eine konsistente Regulierung aller Zahlungsdienstleister und ein damit verbundener stärkerer Wettbewerb zu einer weiteren Reduzierung der Kosten für Rück- überweisungen führen. Eine entsprechende Neufas- sung der ‚Zahlungsdiensterichtlinie‘ hätte hier enormes Potential und auch eine weltweite Signal- wirkung.

Deutschland sollte dabei mit gutem Beispiel voran- gehen. Denn Deutschland steht in der Liste der Län- der, aus denen laut Angaben der Weltbank weltweit die meisten Gelder von Migranten in ihre Herkunfts- länder fließen, auf einem beachtlichen fünften Platz mit über 20 Mrd. USD. Das beantwortet – ein weite- res Mal – die seit Jahren diskutierte Frage, ob Deutschland denn ein Einwanderungsland sei, mit einem eindeutigen „ja“. Es zeigt aber auch, dass Zuwanderung ebenfalls eine enorme Bedeutung für die Herkunftsländer der Migranten und Flüchtlinge hat. Leider neigen gerade die Deutschen dazu, die Auswirkungen von Migration und Flucht auf die eigene Gesellschaft und Volkswirtschaft zu reduzie- ren. Die Transaktionskosten für Rücküberweisungen zu senken, wäre ein wichtiges entwicklungspoliti- sches Signal. Es würde unterstreichen, dass Deutsch- land sein Streben nach mehr globaler Verantwor- tung nicht nur militärisch interpretieren möchte.

Und für Europa wäre es ein Schritt, der wegführt von einer Flüchtlingspolitik, die nur auf Abschreckung setzt.

© Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne, 13.04.2015 www.die-gdi.de | www.facebook.com/DIE.Bonn | www.youtube.com/DIEnewsflash

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

haben Aktivist*innen den Gedenkstein am nördlichen Ende der Hildesheimer Sedan-Allee – ehemals Sockel einer Reiterstatue – dem Gedenken an die vielen im Mittelmeer

Verwerflich und jen- seits jeder ethischen Grenze ist aber aus meiner Sicht eher, dass die Toten auf Sizilien oder in Griechenland teilweise acht Monate in Kühlhäu- sern lagern oder

Es hat sich zudem gezeigt, dass Kinder und Jugendliche mit Kopfschmerzen weitere kör- perliche und psychische Be- schwerden haben können, dar- unter weitere Schmerzdiagno- sen

Neben Privathaushalten entsorgt der ASP auch eine Viel- zahl kleinerer und mittlerer Gewerbebetriebe. Sowohl für Restabfall, als auch für Wertstoffe bieten wir Ihnen sehr

Am besten sollte eine Seite auch immer alleine zu verstehen sein, weil die meisten nicht ganz um ein Auto herumgehen?. Befestigen können Sie den Würfen mit festem

Juni 2020 – Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) begrüßt die Bereitschaft der privaten Krankenversicherung (PKV), niedergelassenen Ärzten und

„Die PKV ist gefordert, aus ihren sich durch die Coronakrise ergebenden Überschüssen einen Beitrag zur Sicherung der Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser in dieser

Wer die Notfallversorgung wirklich verbessern will, muss auch sicherstellen, dass Notfälle egal ob im ambulanten oder stationären Bereich nicht länger strukturell