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Auch wir werden bluten

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W

enn jemand im Wachsfigu- renkabinett von Madame Tussauds verewigt ist, muss er schon wirklich bedeutend sein.

Einer davon ist der Schuster Fried- rich Wilhelm Voigt, den die von ihm als Hauptmann von Köpe- nick inszenierte Amtsanmaßung weltbekannt gemacht hat. Und nicht nur ihn, sondern auch den heutigen Berliner Ortsteil, von dessen Existenz ohne Voigts Kö- penickiade wohl niemand außer- halb des Berliner Dunstkreises Notiz nehmen würde.

Wohl nicht zuletzt deshalb und weil aus der historischen Gestalt im Laufe von über 100 Jahren eine kulturelle Persönlichkeit ge- worden ist, kämpft ein Verein darum, dass der „Hauptmann von Köpenick und die Köpenick iade“

als immaterielles Kulturerbe auf die UNESCO-Liste gesetzt wird.

So, wie vor einigen Jahren der – wohlgemerkt fiktive – Ratten- fänger von Hameln. Doch der Berliner Senat spielt nicht mit. Er weigert sich, die Bewerbung wei- terzuleiten. Begründung: zu mili- taristisch. Da die Köpenickiade

„mit dem deutschen Kaiserreich und dem preußischen Militaris- mus verbunden und nicht mehr zur Identifikation geeignet“ sei, entspreche sie nicht den UNESCO- Kriterien für eine Eintragung in das bundesweite Verzeichnis.

Eine krude Argumentation, gibt es doch kaum etwas, was das Absurde und nicht zuletzt auch Gefährliche des hierarchischen Untertanenstaates und des be- dingungslosen Gehorsams deut- licher entlarvt als der bühnen- hafte Auftritt des abgerissenen Vagabunden, der sich einzig und allein durch das Anlegen einer – noch dazu unvollständigen – Uni- form Respekt und in dessen Folge die Stadtkasse verschafft hat.

Voigt und sein unerhörter – auch für uns Heutige noch lehrreicher – Coup sind einer Aufnahme in die Kulturerbe-Liste würdig.

J

AN

H

EITMANN

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Kulturgut

Auch wir werden bluten

Ungeordneter Brexit: Deutsche Industrie bereitet sich auf Schreckensszenario vor

Innerhalb der deutschen Industrie wächst die Angst vor den Folgen des Brexits. Dennoch lehnt der Bundesverband der Deutschen In- dustrie (BDI) Neuverhandlungen mit Großbritannien ab und berei- tet sich auf einen ungeordneten Brexit vor.

„Die britische Politik darf Ent- scheidungen nicht länger verta- gen. Die Optionen liegen auf dem Tisch. Es wäre absurd, wenn das Vereinigte Königreich in einen harten Brexit schlittert, den selbst eine Mehrheit im Parlament in London ablehnt“, sagte der Haupt- geschäftsführer des BDI, Joachim Lang. Die Frage nach Neuverhand- lungen steht laut Lang bei den Un- ternehmen nicht mehr auf der Tagesordnung – dafür sei die Zeit jetzt einfach zu knapp. Für sie sei es ohne Alternative, sich auf ein ungeordnetes Ausscheiden des

Vereinigten Königreiches vorzube- reiten.

Auch an Deutschland würde ein harter Brexit nicht spurlos vorrü- bergehen. „Wenn es ganz dick kommt, rechnen wir mit einem Rückschlag für die deutsche Wirt- schaft in der Größenordnung von mindestens einem halben Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das wären rund 17 Milliarden Euro weniger Wirtschafts- kraft allein in diesem Jahr“, sagte Lang.

Der Präsident des Wirtschafts- forschungs-Instituts Ifo, Clemens Fuest, rechnet im Falle eines unge- regelten Brexit mit „riesigen Ko- sten“. Außenhandels-Präsident Holger Bingmann erklärte gegen- über der Nachrichten-Agentur Reuters ebenfalls, die Zeit vor dem eigentlich für Ende März vorgese- henen EU-Ausstieg sei zu knapp, um sich in erforderlicher Weise auf einen harten Brexit vorzube-

reiten. Für den Fall eines ungeord- neten Ausscheidens sagt er „eine unmittelbar durchschlagende Re- zession in der britischen Wirt- schaft“ voraus, die auch „an Deutschland nicht unbemerkt vor- überziehen“ würde. „Beim Brexit drohen massive Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft“, sagte auch der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammerta- ges, Eric Schweitzer: „Das kann zum Verlust von Jobs und von Wohlstand führen.“

Es gibt allerdings auch andere Stimmen. Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin, erklärte in einem Interview mit der „Welt“, die „rein wirtschaftli- chen Kosten“ eines ungeordneten Brexits würden überschätzt: „Tat- sächlich weiß niemand, wie der Brexit sich wirtschaftlich auswir- ken würde. Diese Unsicherheit

macht den Menschen Angst und verleitet sie dazu, großen Pessi- mismus an den Tag zu legen.“ Die EU solle Großbritannien eine „Ver- längerung des Austrittsdatums“

anbieten, „einmalig und maximal drei Monate lang“. Hierbei müsse die EU weiterhin geschlossen auf- treten, wie sie es bisher sehr gut getan habe.

BMW sieht eine mögliche Ver- schiebung des Brexits dagegen skeptisch. „Ein scheibchenweise verschobener Starttermin wäre für uns kein gutes Szenario“, sagte Einkaufsvorstand Andreas Wendt gegenüber der „Automobilwoche“.

BMW habe sich mit seinen vier Werken in Großbritannien auf den EU-Austritt am 29. März vorberei- tet und die jährliche Wartung des- halb von Juli auf April vorgezogen.

„Das gibt uns Spielraum für einen geordneten Übergang“, sagte Wendt. Peter Entinger

Erfolgreich, aber nicht auf Linie

Vorbild-Schulen fielen bei Schulinspektion durch

Preußen / Berlin

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DIESE WOCHE

Sicherheitshaft für Gefährder

Österreich will Asylbestim- mungen verschärfen

Aktuell

2

Streit mit Griechenland und mit Bulgarien

Wer ist der legitime Erbe des antiken Makedonien?

Hintergrund

4

Moldau schlittert in die Krise

Parlamentswahl ohne Sieger

Ausland

6

Faustischer Franzose

Zum 150. Todestag des Tonsetzers Hector Berlioz

Kultur

Bundeskriminalamt lüpft den Vorhang

Zahlen zu von Zuwanderern begangenen Verbrechen

Deutschland

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Einzelverkaufspreis: 2,90 Euro

Nr. 10 – 8. März 2019

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N A B H Ä N G I G E

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O C H E N Z E I T U N G F Ü R

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E U T S C H L A N D ZKZ 05524 - PVST. Gebühr bezahlt

Unter Spionageverdacht

Barbie, die erfolgreichste aller Puppen

Geschichte

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Götterdämmerung? Noch raucht der Schornstein, aber das kann sich nach einem ungeordneten Brexit schnell ändern Bild: Imago

Schlaflose Nächte für Kramp-Karrenbauer

Nach dem Beitritt von Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen verzeichnet die Werte-Union in der CDU/CSU großen Zulauf

D

ass der frühere Bundesver- fassungsschutzchef Hans- Georg Maaßen und der Politikwissenschaftler Werner Patzelt der konservativen Werte- Union beigetreten sind, sorgt bei der neuen CDU-Parteichefin An- negret Kramp-Karrenbauer für schlaflose Nächte. Maaßen gilt als dezidierter Kritiker der Zuwande- rungspolitik von Angela Merkel.

Ein Angebot, sich der AfD anzu- schließen, hatte er zuvor ausge- schlagen. Patzelt war wegen seiner Arbeit als Gutachter für die AfD in die Kritik geraten, für die er nach eigener Aussage seit 2015 mindestens drei Gutachten er- stellt hat und auf mehreren Ver- anstaltungen als Redner aufge-

treten ist. Der Vorsitzende der Werte-Union, Alexander Mitsch, sagte, der Eintritt „zweier solch renommierter konservativer Uni- onsmitglieder“ in die Werte- Union zeige, dass sich diese

„allen Widerständen zum Trotz“

innerhalb der CDU und CSU eta- bliert habe.

Ebenso wie die SPD von der Abkehr von den Hartz-Reformen profitiert, könnte die Union durch die stetig wachsende Gruppie- rung wieder mehrheitsfähig wer- den. Infolge einer Satzungsände- rung könnte die Werte-Union als erste CDU/CSU-Basis-Bewegung aus eigener Kraft das erforderli- che Antragsquorum zum Parteitag von 500 Mitgliedern erreichen.

Schwarz-Grün könnte die rote Linie für die Werte-Union auch gegenüber Kramp-Karrenbauer darstellen.

Die Werte-Union kämpft für eine bürgerliche Mehrheit wie zu Zeiten von Helmut Kohl. Mit etwa 2000 Mitgliedern ist sie in Zeiten, in denen die Union massiv Mit- glieder verloren hat, zu einem Faktor geworden, den die Partei- führungen nicht mehr ignorieren können. Der Diplomkaufmann Mitsch hatte im Oktober 2015 zu Beginn der großen Zuwande- rungswelle aus dem Nahen Osten nach Deutschland gemeinsam mit anderen Altstipendiaten der Kon- rad-Adenauer-Stiftung den kon- servativen Kreis „Konrads Erben“

gegründet. Die Tatsache, dass kul- turfremde Personen zu hundert- tausenden unkontrolliert über die deutschen Grenzen strömten, hatte er als Staatsversagen emp- funden. Der Herbst 2015 war für ihn und viele andere in der CDU ein Wendepunkt. Mitsch war einst

„wegen Helmut Kohls geistig-mo- ralischer Wende“ in die CDU ein- getreten. Er war zuletzt stellver- tretender CDU-Vorsitzender im Rhein-Neckar-Kreis, bevor er wegen Beruf und Kindern eine Politik-Pause einlegte. Im März 2017 ist aus Adenauers Erben die Werte-Union geworden. In einem

„Konservativen Manifest“ forderte sie im April 2018 eine grundle- gende programmatische Wende.

Die Liste ihrer Forderungen ist lang. Sie reicht von Zuwande- rungsbegrenzung über Steuersen- kungen, kapitalgedeckte Rente, eine offensive Familienpolitik, mehr Realismus in der Klima- und Energiedebatte bis hin zur Amtszeitbegrenzung für Bundes- kanzler.

Aus Sicht der Werte-Union war ein konservativer Neuanfang mit der Parteichefin Merkel, die jeden Dialog mit Kritikern verweigert, nicht möglich. Deshalb hatte sie den Rücktritt Merkels als CDU- Chefin als Neuanfang für die Union herbeigesehnt. Sie fordert jetzt, dass die CDU nicht länger aus dem Kanzleramt regiert wer- den dürfe.

In Berliner Schlüsselpositionen sind Konservative jedoch wenig vertreten. Die Führungsriege der Werte-Union kommt allerdings weniger aus dem wertekonserva- tiven als vielmehr aus dem wirt- schaftsliberalen Lager. Es gehören vor allem Juristen und Wirt- schaftsleute dazu. Mitsch fordert, dass „nach Jahren des Linkskur- ses und der Sozialdemokratisie- rung unter Angela Merkel die Union wieder ein klares konser- vatives Profil bekommen soll“.

Mit dem Beitritt Maaßens hat das Sammelbecken der Konserva- tiven in der Union erheblich an Image und Zulauf gewonnen. Jetzt könnte es der CDU-Chefin ge- fährlich werden. Bodo Bost

Das Ostpreußenblatt

Sich erhe itsha ft fü r

Gefä hrde r S. 2

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Österreichs Bundeskanzler Seba- stian Kurz von der Österreichi- schen Volkspartei (ÖVP) hat eine Verschärfung der Asylbestim- mungen, darunter die Einführung der Sicherungshaft für potenziell gefährliche Asylwerber, angekün- digt.

Der Innenminister Herbert Kickl von der Freiheitlichen Par- tei Österreichs (FPÖ), dessen Staatssekretärin Karoline Edtstad- ler (ÖVP) und Justizminister Josef Moser (ÖVP) sollen diesbezüglich einen Gesetzesentwurf ausarbei-

ten. Dazu wurden bereits am 1. März die Erstaufnahmezentren für Asylbewerber in Traiskirchen und Thalham in „Ausreisezen- trum“ umbenannt.

Gesetzliche Änderungen seien dafür nicht notwendig, hieß es am Dienstag aus dem Innenministe- rium: „Die neuen Begrifflichkei- ten stehen den Gesetzesbestim- mungen und den dort verwende- ten Begrifflichkeiten nicht entge-

gen.“ Zudem kündigte Minister Kickl an, dass die bereits kolpor- tierten Pläne für eine Sicherungs- haft umgesetzt werden sollen. Als Beispiel für einen Fall, wo eine Si- cherungshaft zulässig sein solle, nannte der zuständige Sektions- chef Peter Webinger einen Asyl- bewerber, der vor einer IS-Flagge entsprechende Drohungen aus- spricht. Wie lange eine Siche- rungshaft für Gefährder möglich wäre, blieb allerdings zunächst noch offen.

Laut Kickl enthalten bereits die EU-Regeln die Möglichkeit einer

Sicherungshaft, nun müssten die- se noch etabliert werden.

Dieser Einschätzung stimmte im Österreichischen Rundfunk (ORF) auch der Europarechtsex- perte Walter Obwexer von der Universität Innsbruck zu. Eine Si- cherungshaft für Asylwerber sei europarechtlich durchaus zuläs- sig. Jedenfalls sehe die EU-Auf- nahmerichtlinie für Asylbewerber und Antragsteller auf subsidiären

Schutz vor, „dass die Mitglieds- staaten eine Inhaftierung vorneh- men dürfen, wenn diese Antrag- steller eine Gefahr für die natio- nale Sicherheit oder die öffentli- che Ordnung darstellen“, sagte Obwexer. Allerdings müsste nach der Inhaftierung schnell eine Prü- fung durch einen Richter erfol- gen, so der Juraprofessor. Dem- nach solle in den Zentren eine

„Gefährdungsprognose“ erstellt werden.

Bei der Pressekonferenz thema- tisierte Kickl auch die Dauer des Zulassungsverfahrens. Dieses um-

fasst den Zeitraum zwischen dem Antragstellen des Asylwerbers bei der Polizei und der Anordnung des Bundesamts für Fremdenwe- sen und Asyl (BFA), den betreffen- den Asylbewerber in ein Länder- quartier zu bringen, um dort den Ausgang des Verfahrens abzuwar- ten.

Bis zur letzten Asylnovelle im Herbst 2018 war die Dauer des Zulassungsverfahrens auf 20 Tage

begrenzt, anschließend wurde diese Frist gestrichen. Auf diese Weise ist es jetzt möglich, in den Ausreisezentren weit mehr Ver-

fahren als bisher bis zum Ende abzuwickeln. Für diesen Zweck würden sich vor allem beschleu- nigte, sogenannte Fast-Track-Ver-

fahren von Antragstellern aus si- cheren Herkunftsstaaten eignen, erklärte Kickl. Für diese Personen sei die Chance auf Asyl sehr ge- ring.

Ebenfalls schon ab diesem Mo- nat wurden in den Ausreisezen- tren die Anwesenheitsregeln ver- schärft. So kündigte der Innenmi- nister eine „freiwillige“ Erklärung für Asylwerber an, die sie zum Verbleib im Zentrum zwischen

22 und 6 Uhr sowie zur Einhal- tung der Nachtruhe verpflichtet.

„Wer das nicht will, für den werden wir einen Ort finden, wo

wenig Anreiz besteht, sich dort herumzutreiben“, erklärte Kickl.

Personen, welche die Erklärung nicht unterzeichnen, werden „an Orte abseits der Ballungszentren verlegt“.

Für die Beschleunigung der Verfahren sollen in den Ausreise- zentren des Bundes möglichst schnell Reiseroute und Flucht- gründe geprüft werden, außer- dem soll es ab sofort eine Rück- kehrberatung geben. Nach dem Wunsch des Innenministers könnte auch die Zweitinstanz im Asylverfahren räumlich ange- bunden werden, wodurch die Verfahren weiter beschleunigt würden.

Freilich gelte es, gewisse Vor- aussetzungen zu erfüllen, räumte Kickl ein. Neben einer Verhält- nismäßigkeit sollen auch eine Revisionsmöglichkeit und Einzel- fallentscheidungen berücksich- tigt werden. Zunächst sollte die zuständige Behörde entscheiden.

Mit der erneuten Verschärfung des Asylrechts sollen laut Innen- ministerium wesentliche Schritte gesetzt werden, dass künftig in Österreich praktisch keine Asyl- anträge mehr gestellt werden könnten. Das Land sei von siche- ren Drittstaaten umgeben, beton- te Kickl.

Indes sorgt die geplante Asyl- verschärfung innenpolitisch für heftige Debatten. So meldeten die Oppositionsparteien Sozial- demokratische Partei Österreichs (SPÖ) und NEOS rechtliche Be- denken zu der Einführung der Si- cherungshaft für Gefährder an.

Zudem bestand die SPÖ zuletzt darauf, dass eine sogenannte Task Force, eine Arbeitsgruppe zum Thema Sicherungshaft ein- gerichtet wird. Michael Link

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Nr. 10 – 8. März 2019

Beutekunst kehrt zurück

Dresden – Die Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden hat nach über 70 Jahren ein sogenanntes Beutekunst-Gemälde zurücker- halten. In Anwesenheit des geor- gischen Premierministers Mamu- ka Bakhtadze wurde das „Stillle- ben mit einem Hasen“ von Pietro Francesco Cittadini (1616–1681) der Öffentlichkeit präsentiert.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte das Ölgemälde im vergange- nen Jahr während ihres Georgien- besuchs überraschend von Bakh- tadze als Geschenk überreicht be- kommen. Das Cittadini-Bild hatte bis 1945 zur Gemäldegalerie ge- hört und galt seit dem Kriegsende als verschollen. Kunstwissen- schaftler vermuten, dass es aus ei- nem Bergungsdepot gestohlen wurde und sich in den letzten Jahrzehnten in privaten Händen

befunden hat. N.H.

Sicherheitshaft für Gefährder

Österreichs Bundesregierung plant gleich diverse Verschärfungen der Asylbestimmungen

FPÖ-Signal an Israel

Wien – Die österreichische Frei- heitliche Partei (FPÖ) bemüht sich um eine Normalisierung der Beziehungen zu Israel. In einem Brief an Botschafterin Talya La- dor-Fresher ging Generalsekretär Christian Hafenecker auf „angeb- liche rechtsextreme Vorfälle“ ein.

So seien Vorwürfe, bei Parteiver- anstaltungen sei der Hitlergruß gezeigt worden, „im Nachhinein eindeutig widerlegt“ worden, heißt es in dem Schreiben. Laut Hafenecker handelt es sich bei den Vorfällen um eine „bloße Agi- tation politischer Gegner der FPÖ“ und die „Verwendung für ei- ne politische Agenda“. Außerdem beklagt Hafencker, dass „Hand- lungen und Aussagen freiheit- licher Politiker und deren Umfeld in Bezug auf [nationalsozialisti- sche, d. Red.] Wiederbetätigung ...

durch den politischen Mitbewerb genauestens beobachtet“ würden.

Schon der geringste Verdacht auf rechtsextremistische Vorfälle er- fahre große mediale Öffentlich- keit, so Hafenecker. M.L.

Luthertum vollzieht Putins Krim-Anschluss nach

Die neun Gemeinden auf der Halbinsel wechseln von der DELKU in der Ukraine zur ELKER in Russland

M

it der Infragestellung der politischen Grenzen durch den Anschluss der Krim an Russland sind dort auch die kirchlichen Grenzen in Bewe- gung geraten. Am meisten hat dies im letzten Jahr Russland zu spüren bekommen, als das allorthodoxe ökumenische Patriarchat von Kon- stantinopel erstmals in der Ge- schichte eine Orthodoxe Kirche der Ukraine kirchenrechtlich als autokephal anerkannte. Damit konnte sich fast 30 Jahre nach der politischen Unabhängigkeit von Moskau auch die Orthodoxe Kir- che der Ukraine, allerdings ohne die Krim, vom großen Bruder in Moskau emanzipieren. Rechne- risch, könnte man sagen, hat Russ- land durch die Besetzung der Krim und die Intervention in der Ost- ukraine zwar mit Gewalt 15 Pro- zent der Ukraine gewonnen, aber dafür die Herzen von 85 Prozent der Ukrainer verloren.

Bei den nicht orthodoxen Kir- chen ging das Pendel, was die Krim betraf, in die entgegengesetzte Richtung. Moskau hatte die prote- stantischen und katholischen Kir- chen auf der Krim mit Schikanen derart unter Druck gesetzt, dass ih- nen über kurz oder lang nur ein Wechsel unter die Jurisdiktion ei-

ner in Russland befindlichen Kir- chenleitung übrigblieb. Bei den protestantischen Kirchen erfolgte dieser Schritt schneller, weil diese keine weltweite Oberhoheit ken- nen, wie etwa die katholische.

So gehören die neun deutschen lutherischen Gemeinden auf der Krim seit dem 1. Januar nicht mehr zur Synode der 1992 gegründeten Deutschen Evangelisch-Lutheri- schen Kirche der Ukraine (DEL- KU), sondern zur Evangelisch-Lu- therischen Kirche Europäisches Russland (ELKER), neben der Evangelisch-Lutherischen Kirche Ural, Sibirien und Ferner Osten (ELKUSFO) eine der beiden Diöze- sen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland (ELKR). Dieser Schritt war der Kirche nicht leicht gefallen, nicht nur, weil der An- schluss der Krim an Russland völ- kerrechtlich umstritten war, son- dern auch, weil die Rechte von nicht orthodoxen Kirchen im gro- ßen Russland wesentlich geringer sind als in der Ukraine.

Zum Jahresbeginn wurde der Re- gionalrat der lutherischen Gemein- den auf der Krim durch den Be- schluss des Konsistoriums zu einer Propstei der ELKER. Erster Propst wurde der Pastor der Gemeinden der Krim, Sergej Matjuch. Zur neu-

en Propstei gehören die Gemein- den in Simferopol, Ewpatorija, Feo- dosija, Jalta, Sudak, Kertsch, Arm- jansk, Perwomajsk und Krasnope- rekopsk.

Seit dem Anschluss der Krim an Russland 2014 ist die Zahl der Krimdeutschen zurückgegangen, viele von ihnen sind in den letz- ten Jahren nach Deutschland oder auf das ukrainische Festland aus-

oder weitergewandert. Dabei hat- te es im ersten Jahr des Anschlus- ses zunächst eine Euphorie unter den Krimdeutschen gegeben, die sogar dazu geführt hatte, dass ei- nige Familien aus Deutschland wieder an die Riviera Russlands, an die mediterrane Südküste der Krim zurückgekehrt waren.

Eine erste Ernüchterung be- wirkte jedoch, dass die kirch- lichen Immobilien nicht zurück - gegeben wurden, obwohl Russ- lands Präsident Wladimir Putin dieses versprochen hatte. So er- hielt die Gemeinde in Ewpatori- ja Ende 2018 vom Ministerium für Eigentums- und Landbezie- hungen der Republik Krim eine Absage bezüglich der Rückgabe ihrer historischen Kirche. Das Gebäude gehört derzeit der Ar- mee und zerfällt, zudem gibt es Gerüchte über einen Verkauf an eine Privatperson. Und dies trotz der großen Versprechun- gen von 2014 und des Föderalen Gesetzes Nr. 327-FZ, kritisiert Matjuch auf seiner Facebook- Seite. Auch die Katharinenkir- che in Jalta wird weiterhin usur- piert, und zwar von einem Krim- deutschen, der sich weigert, die Kirche an die rechtmäßige Kir- che zurückzugeben.

Entspannt hat sich dagegen die Lage der deutschen Protestanten im Rest der Ukraine. Die dortige Synode der DELKU, deren Zen- trum sich in Odessa befindet, hatte 2015 erstmals mit Sergej Ma- schewskij einen Russlanddeut- schen zu ihrem Bischof gewählt.

Dieser hatte nach seiner Wahl sämtliche Beziehungen zur Mutter- kirche in Bayern und zum Gustav- Adolf-Werk abgebrochen und eini- ge Pastoren entlassen, Gemeinden enteignet, Synodale eingeschüch- tert, Autos verkauft und wohl auch vor körperlichen Übergriffen nicht zurückgeschreckt. Erst am 9. Okt- ober 2018 entzogen Vertreter einer, wie es hieß, „großen Mehrheit der Gemeinden“ dem bisherigen Bi- schof Maschewskij das Vertrauen und die Vollmachten und setzten ihn ab. Neuer Leiter der Kirche wurde interimsmäßig für ein Jahr Pawel Schwarz, ein 36-jähriger Pfarrer der Deutschen Evangelisch- Lutherischen Auferstehungsge- meinde Charkiw, der Studium und Ausbildung in Polen absolviert hat und gar kein Deutsch spricht. Ihm zur Seite steht Pfarrer Alexander Gross, der von Maschewski entlas- sen worden war und aktuell die Gemeinden in Peterstal und Neu- burg bei Odessa leitet. Bodo Bost

AfD: Bürgen zur Kasse bitten

Berlin – Der Bundestag hat einen Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Flüchtlingsbürgen zur Kasse bitten – Erstattungsforderungen durchsetzen“ an den Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen.

Wie es in dem Antrag heißt, seien im November 2018 bei den Jobcen- tern 2500 an sogenannte Verpflich- tungsgeber („Flüchtlingsbürgen“) adressierte Erstattungsbescheide mit der Rückforderung von ausge- legten Leistungen registriert gewe- sen. Daraus habe sich eine Forde- rungssumme von rund 21 Millio- nen Euro ergeben. Als Verpflich- tungsgeber gilt, wer sich den Be- hörden gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen. Wer das getan hat, muss dem Staat fünf Jahre lang sämtliche Mittel erstat- ten, die dieser für den Lebensunter- halt des Ausländers aufgewendet hat. Laut Bundesarbeitsministe- rium wird die Agentur für Arbeit eine Weisung herausgeben, anhand derer die Jobcenter im Einzelfall entscheiden können, welche Be- scheide nicht eingetrieben werden müssen. Die AfD-Fraktion will ver- hindern, dass der Staat die Kosten für diese Bürgschaften übernimmt.

Sie fordert daher, ausgesetzte Voll- streckungsmaßnahmen wieder in Gang zu setzen und alle anhängi- gen Bürgschaften konsequent zu

vollstrecken. J.H.

MELDUNGEN

A K T U E L L

Es ist das erklärte Ziel der Regierung, dass in Österreich keine

Asylanträge mehr gestellt werden

Am 1. März wurde es in ein Ausreisezentrum umgewandelt:

Das vormalige Erstaufnahme - zentrum in Traiskirchen

Bild: pa

Die Krim gehört nun zu sei- nem Amtsbereich: Der Bischof der ELKER und Erzbischof der ELKR Dietrich Brauer

Bild: Bischof brauer

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Nr. 10 – 8. März 2019

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MELDUNGEN

855 Terrorismus- Verfahren

Karlsruhe – Nach Angaben des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof leitete seine Behörde im vergangenen Jahr 305 Ermittlungsverfahren ein, die ei- nen Bezug zum internationalen, nichtislamistischen Terrorismus aufwiesen. 855 Ermittlungsver- fahren hatten einen Bezug zum is- lamischen Terrorismus und 132 Ermittlungsverfahren einen Bezug direkt zur Terrororganisa- tion Islamischer Staat. Sechs Er- mittlungsverfahren hatten Bezug zu Rechtsterrorismus in Deutsch- land, ein Ermittlungsverfahren Bezug zu Linksterrorismus in Deutschland und ein Ermittlungs- verfahren hatte Bezug zu interna- tionalem Linksterrorismus. Insge- samt 263 Ermittlungsverfahren wurden wegen „minderer Bedeu- tung“ an Staatsanwaltschaften der Länder abgegeben. J.H.

Laut einem „Bundeslagebild Kri- minalität im Kontext von Zuwan- derung 2017“ des Bundeskrimi- nalamtes (BKA) wurden allein im Erfassungsjahr 2017 und unter Berücksichtigung allein der aufge- klärten Fälle – also nur einem ge- ringen Ausschnitt aller tatsächlich verübten Straftaten fast 40 000 Deutsche Opfer kriminel- ler Handlungen durch Immigran- ten. Dies sind rechnerisch deut- lich über 100 Geschädigte pro Tag.

Bei 5258 der aufgeklärten De- likte durch Asylbewerber handelt es sich um Vergewaltigungs- und in 447 Fällen um Tötungstatbe- stände. Gerade bei ersteren dürfte es sich nur um einen verschwin- denden Anteil der tatsächlich ver- übten Straftaten handeln, da nur ein geringer Teil dieser Delikte zur Anzeige gebracht wird, die Polizei diese in vielen Fällen nicht mehr ordnungsgemäß aufnimmt und die Aufklärungsquote ausge- sprochen unzureichend ist. Auch bei den Morden kommt es allem Anschein nach zu einer staatlich gewollten Verschleierung, etwa wenn Funde weiblicher Leichen in unmittelbarer Nähe sonst abge- legener Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber bei schauer- licher bis fehlender Beweiserhe- bung als „ungeklärte Todesfälle“

aus der Tötungsstatistik herausge- halten werden. Kriminalitätshäu- fungen im Umfeld von derartigen

oder ähnlichen neuralgischen Or- ten werden von der Polizei auch sonst nicht gesondert erfasst. In einem Punkt wird die Statistik ehrlicher: Asylanten, deren Antrag bewilligt wurde, werden seit 2017 erstmals als ausländische Straftä- ter miterfasst – zuvor fielen sie als Personen mit einem „sonstigen er- laubten Aufenthalt“ schlicht aus der Statistik heraus. Nur das grün regierte Baden-Württemberg griff auch im Jahr 2017 weiterhin zu diesem Trick. Die Toten und Ver- letzten des Breitscheidplatzes in Berlin tauchen hingegen aufgrund der formalen Vorgaben trotz einer angeblich klaren Täterschaft auch weiterhin in keiner entsprechen- den Zahlensammlung auf.

Die Zahl der deutschen Opfer ist deutlich mehr als sechsmal so hoch wie die Gesamtzahl an Aus- ländern, die in dieser Zeit Strafta- ten durch Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit erlitten hat- ten. Nur 15 Prozent sämtlicher Straftaten gegen Asylbewerber gingen von Deutschen aus, wobei dies im Jahr zuvor sogar nur zehn Prozent waren. Insgesamt gab es 312 Delikte gegen Asylunterkünf- te, von denen aber nur 46 eine Ge- waltkomponente enthielten – bei den meisten handelte es sich um sogenannte Volksverhetzung. Sexu- alstraftaten unter Beteiligung von Personen mit deutschem Pass ge- gen Asylbewerber gab es ganze 74.

Kein einziger Asylbewerber be-

ziehungsweise „Flüchtling“ wur- de durch Deutsche getötet.

Allein für das Erfassungsjahr 2017 wurden unter den Zuwande- rern ohne die Berücksichtigung ausländerrechtlicher Verstöße

167 268 Tatverdächtige registriert, das heißt, deutlich mehr als ein Zehntel aller frisch Immigrierten wurde durch einen abgeschlosse- nen Kriminalfall aktenkundig.

Unter ihnen befanden sich zu

knapp 90 Prozent männliche Per- sonen und zu zwei Dritteln unter 30-Jährige. Bei einem Drittel von ihnen handelte es sich um Mehr- fachtäter, wobei diese Gruppe für mehr als zwei Drittel aller Strafta-

ten verantwortlich zeichnete. Im Vergleich zu ihrer Gesamtzahl stark überrepräsentiert waren Maghrebiner, darunter Marokka- ner um das Vierfache, Algerier um das gut Dreifache und die

deutlich weniger große und für ihr Herkunftsland nicht sehr re- präsentative Gruppe der Tunesier sogar um fast das Siebenfache.

Auffällig überrepräsentiert waren zudem Kaukasier, darunter Geor- gier um etwa das Dreifache, sowie Schwarzafrikaner, Guineer bei- spielsweise ebenfalls um das Dreifache, aber auch zigeunerdo- minierte Gruppen vom Balkan so- wie Türken.

Auffallend ist die Häufung von oft besonders gewalttätig verüb- ten Sexualstraftaten durch Afgha- nen, Pakistaner, Syrer und Iraker sowie Somalis, Eritreer und Schwarzafrikaner, während hier die zigeunerischen Gruppen unterrepräsentiert sind. Während insgesamt 41 Prozent der Opfer von Immigranten Deutsche wa- ren, liegt dieser Anteil bei den Vergewaltigungsstraftaten bei 72 Prozent. Dies hat demnach of- fenbar weniger mit der Verfüg- barkeit solcher Personen für die Täter zu tun als mit der Erwar- tung, von den Familien der Opfer weniger durch körperliche Ge- walt zur Rechenschaft gezogen zu werden als bei Übergriffen auf Ausländer – ein immer wieder augenfälliger und vielfach bestä- tigter Tatbestand, der die funda- mentalen Unterschiede von Deut- schen und Immigranten im Um- gang mit Gewalt und Rechtssy- stem deutlich herausstellt.

Thomas W. Wyrwoll

Bundeskriminalamt lüpft den Vorhang

BKA legt Zahlen zu den von Zuwanderern begangenen Verbrechen vor

Kein rechtes Netz im KSK

Berlin – Die Bundesregierung widerspricht den Ende vergange- nen Jahres aufgekommenen Me- dienberichten, nach denen das Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr (KSK) im Verdacht ste- he, von einem rechtsextremen Netzwerk durchsetzt zu sein. Dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) lägen keine Erkenntnisse vor, dass im Umfeld des KSK solche Netzwerke existieren oder im Ent- stehen seien, teilte sie auf Anfrage der Linkspartei mit. Der MAD habe keinen „erkannten Extremisten“ im KSK festgestellt. Allerdings seien bei fünf KSK-Soldaten extremisti- sche Einstellungen festgestellt wor- den, ohne dass dies für die Einstu- fung als Extremist ausgereicht hät- te. In den Berichten war von einer Gruppe von Soldaten, die geplant haben soll, Politiker und linke Akti- visten zu töten, die Rede. In Vorbe- reitung auf den „Tag X“ seien zu- dem Waffenlager angelegt und Treffpunkte verabredet worden.J.H.

A

fD-Chef Jörg Meuthen und Alice Weidel, Vorsit- zende der Bundestags- fraktion gelten nicht unbedingt als beste Freunde. Beim Landes- parteitag in Baden-Württemberg traten beide allerdings gemein- sam auf und bezogen eindeutig und nicht gegensätzlich Posi- tion. „Sucht Euch ein anderes Spielfeld für Eure Neurosen“, hatte Meuthen, der die Partei rechts, aber im bürgerlichen La- ger haben will, den „komplett rücksichtslosen Radikalen“ in der AfD zugerufen und dafür stehende Ovationen, aber auch Buh-Rufe erhalten. Alice Weidel warf einigen Mitgliedern darü- ber hinaus „Egoismus und blan- ke Dummheit“ vor, die der Prü- fung des Verfassungsschutzes noch Anhaltspunkte lieferten.

Das Treffen in Heidenheim deutete an, in welchem Span- nungsverhältnis sich die AfD be- findet. Meuthen und auch der Co-Vorsitzende Alexander Gau- land fürchten, durch die Beob- achtung des Verfassungsschut- zes bürgerliche Unterstützer zu verlieren. Weidel mahnt dies schon länger an und ist deshalb auch öfter vom rechten Partei- flügel kritisiert worden.

Dessen Wortführer, der Thü- ringer Björn Höcke, vermied es

tunlichst, sich in die Ausein- andersetzung im Ländle einzu- mischen. Denn seine dortigen Anhänger, allen voran die Land- tagsabgeordneten Emil Sänze und Stefan Räpple, lieferten ei- nen überaus polternden Auftritt ab, sodass selbst Unterstützer anschließend erklärten, „dies sei eindeutig zu viel“ gewesen. Sän-

ze unterlag in einer Kampfkan- didatur seinem Intimfeind und Fraktionskollegen Bernd Gögel deutlich und beschuldigte die- sen später öffentlich, Partei- freunde „in Nazisprech“ zu dif- famieren. Gögel hatte in seiner Bewerbungsrede den rechten Flügel hart attackiert. Wer sich nicht an die Regeln halte und ei-

ne Revolution wolle, müsse die Partei verlassen. „Wir haben euch jede Möglichkeit einge- räumt, diese Voliere zu reinigen“, rief er in Anspielung auf den

„Flügel“. „Wenn ihr dazu nicht in der Lage seid, dann dürft ihr euch nicht wundern, wenn der Vermieter den Kammerjäger holt.“ Sänze zeigte sich nach sei- ner Niederlage unversöhnlich.

„Ich sehe nicht, wie die Wunden heilen können“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur, „Ich sehe kein Angebot.“

Parteichef Meuthen erklärte hingegen, mit dem neuen Vor- stand könne die Partei gut leben.

Die kommenden Monate könn- ten auch für ihn spannend wer- den. Denn nach der Europawahl im Mai sowie den Landtagswah- len in drei mitteldeutschen Län- dern muss die AfD einen neuen Bundesvorstand wählen. Bisher galt der 57-jährige Meuthen flü- gelübergreifend ebenso als Kompromisskandidat wie der 21 Jahre ältere Gauland. Letzte- rer hat kürzlich offengelassen, ob er noch einmal kandidieren möchte. In Sozialen Netzwerken rufen Anhänger des „Flügels“

bereits dazu auf, „den kommen- den Parteitag zur Entschei- dungsschlacht“ zu machen.

Peter Entinger

Niederlage des »Flügels«

AfD-Parteitag wählte Bernd Gögel zum Vorsitzenden im Ländle

D E U T S C H L A N D

Bernd Gögel Bild: Imago

Das Bundeskriminalamt geht in seinem Bundeslagebild offiziell von 1,4 Millionen Einwanderern im Zuge der Öffnung der Grenzen zwischen 2015 und 2017 aus, räumt aber selber ein, dass gerade das ursprüngliche Erfassungssys- tem sehr zu wünschen übrig ließ.

Nach amtlichen Zahlen kamen 2017 47434 Syrer, während es im Vorjahr 89 161 waren, 21043 Iraker (Vorjahr 45 901) und 12 346 Afgha- nen (Vorjahr 48 622). Danach folg-

ten Eritreer, Türken, Iraner, Nigeri- aner, Somalier sowie Tschetsche- nen und andere Staatsangehörige der Russischen Föderation.

Die drei Hauptherkunftsländer überwogen mit einem Anteil von zusammen 43 Prozent auch weiterhin, traten aber gegenüber den 64 Prozent von 2015 deutlich zurück, wobei allerdings zu be- denken ist, dass gerade das ur- sprüngliche Erfassungssystem sehr zu wünschen übrig ließ. Da-

für kamen nun mehr Türken, Bal- kan-Bewohner und Maghrebiner als früher. Insgesamt sollen rund 565 000 oder 35 Prozent der Asyl- suchenden zwischen 2015 und 2017 Syrer gewesen sein, 13 Pro- zent Afghanen, zwölf Prozent Ira- ker, über sieben Prozent Albaner aus Albanien und dem Kosovo, drei Prozent sonstige Balkan-Be- wohner, drei Prozent Eritreer, ähn- lich viele Kaukasier und etwas we- niger „Schwarzafrikaner“ und

Maghrebiner sowie 1,7 Prozent Somalis. Rund die Hälfte der An- tragsteller stammte also nach eige- nen Angaben aus Ländern, in de- nen zu dieser Zeit nirgends Krieg herrschte.

46 Prozent der Immigranten be- zeichneten sich als Kinder, Heran- wachsende oder Jugendliche, wo- bei offensichtlich ein großer Teil dieser Angaben falsch war, was von den Behörden aber toleriert wurde. Realistischer dürfte die

Angabe sein, dass rund drei Vier- tel der Einwanderer unter 30 Jah- re alt sind. Allerdings ließen sich auch mehrfach Mittdreißiger in deutschen Medien als Minderjäh- rige darstellen, ohne dass irgend- einer der Berichterstatter daran Anstoß genommen hätte. Insge- samt handelt es sich bei zwei Drit- teln um männliche Personen, le- diglich bei den Kindern nähern sich die Zahlen beider Geschlech-

ter an. T.W.W.

Zahlen des Bundeskriminalamtes zur Einwanderung von 2015 bis 2017

Kann im Internet kostenlos her- untergeladen werden:

„Bundes lage bild Krimi nalität im Kon text von Zu - wan de rung 2017“

Bild: BKA

(4)

4

Nr. 10 – 8. März 2019

Seit fast drei Jahrzehnten tobt zwi- schen Griechenland und Makedo- nien ein erbittert ausgefochtener Streit um das Erbe des antiken Makedoniens.

Diese Erbstreitigkeiten wären allen Beteiligten erspart geblie- ben, hätten es die Griechen bei der Haltung ihrer Vorfahren belas- sen. Die Makedonen des Alter- tums galten ihren griechischen Zeitgenossen als „Barbaren“, die alles andere als einen Teil der griechischen Kulturwelt bildeten.

Erst um 500 v. Chr. gelang es den makedonischen Königen, von den Griechen bei deren Olympischen Spielen zugelassen zu werden, in- dem sie für ihre Familie eine grie- chische Abstammung konstruier- ten – den gemeinen Makedonen wurde dieses Recht freilich nicht zuteil.

Die antiken Quellen besagen, dass die nördlichen Nachbarn der Hellenen „kein Griechisch“ spra- chen, also keine Griechen waren.

Die vereinnahmungsfreudige grie- chische Forschung von heute macht daraus großzügig eine „un- zulängliche Beherrschung des

Griechischen“, obwohl die altgrie- chischen Dialekte damals stark ausgeprägt waren und dennoch niemand wegen seines Zungen- schlags aus dem Griechentum ausgeschlossen wurde. Die weni- gen Sprachzeugnisse des Makedo- nischen legen hingegen nüchtern betrachtet nahe, dass es sich bei ihm um eine eigenständige, wohl aber mit dem Griechischen ver- wandte und von

griechischen Ein- flüssen durch- setzte Balkan- sprache gehan- delt hat. Mit der unter Philipp II.

und seinem Sohn

Alexander dem Großen einsetzen- den Verbindung Makedoniens mit den griechischen Staaten und nicht zuletzt infolge des gemeinsa- men Feldzuges von Angehörigen beider Völker tief hinein nach Asien und Afrika kam es dann wohl erstmals zu größeren Vermi- schungen.

Ob die Alt-Makedonen dabei ganz im Griechentum aufgegan- gen sind oder ob es ein längeres eigenständiges Überleben make-

donischer Volksteile gab, ist man- gels Quellen schwer zu klären.

Durch die Einwanderung von Sla- wen und deren Vermischung mit der Vorbevölkerung kam es jeden- falls später zur Herausbildung der heutigen Slawischsprachigen, zu denen auch die Makedonier zäh- len. Dabei dürften im Umfeld Ma- kedoniens sicher auch Nachfah- ren von Makedonen einbezogen worden sein.

Wenn Griechen letzteres in Abre- de stellen, so kann man dies getrost als politi- sche Esoterik be- zeichnen. Umge- kehrt ist es ebensowenig haltbar, wenn makedonische Autoren die slawische Einwanderung leugnen oder allenthalben das Überleben

„makedonischer“ Traditionen be- ziehungsweise die Existenz archä- ologischer und kunstgeschicht- licher Quellen für den ungebro- chenen Gebrauch altmakedoni- scher Symbole bis in die Gegen- wart behaupten, ohne dass ihre Belege dann später für eine Unter- suchung zugänglich sind.

Der Name „Makedonien“ geriet unter den Osmanen in Vergessen- heit – die von ihnen unterjochten Ostsüdslawen sahen sich als Bul- garen. Wiedereingeführt wurde er von den Griechen, die mit einer ausgedehnten Makedonien-Propa- ganda die benachbarten Slawen für das Griechentum zu gewinnen trachteten. Bald wollten Serben den Topos zur Schwächung ihrer bulgarischen Konkurrenten nut- zen, während pro-bulgarische ma- kedonische Kämpfer gegen die Türken ihn aus taktischen Grün- den zur Verschleierung ihrer poli- tischen Verortung wählten. Bulga- risch gesinnte Makedonier errich- teten schließlich am Ende des Zweiten Weltkriegs mit deutscher Hilfe den ersten makedonischen Staat der Neuzeit. Wirklich popu- lär wurde die Bezeichnung aber erst im Jugoslawien Josip Broz Ti- tos, als man die Eigenständigkeit der Makedonier gegenüber den Bulgaren, im Rahmen eines inner- staatlichen ethnischen Ausgleichs aber auch gegen die Serben beton- te und ein neues Makedoniertum auf allen Ebenen planmäßig aus- baute. Thomas W. Wyrwoll

S

o wie das antike makedoni- sche Erbe zwischen Make- donien und Griechenland ist die Verortung der heutigen makedonischen Kultur zwischen Makedonien und Bulgarien um- stritten. Zwar war Bulgarien der erste Staat, der die Unabhängig- keit Makedoniens von Jugoslawi- en anerkannte, doch betrachtete man in Sofia die Makedonier gleichzeitig als ethnische Bulga- ren. In Skopje hielt man dem ent- gegen, dass man sehr wohl ein ei- genes Volk sei und zu diesem auch Volksgruppen im Westen Bulgariens gehörten. Den sich daraus entwickelnden für beide Seiten gefährlichen Konflikt legte man erst durch einen Freund- schaftsvertrag bei, der im Januar 2018 ratifiziert wurde.

Das heutige Makedonische ist Teil eines Dialektkontinuums mit dem Bulgarischen, das sich recht

gut von den Sprachen der übri- gen Südslawen abgrenzen lässt.

Der ausgeprägte Unterschied zwischen den beiden Schriftspra- chen beruht neben der Heranzie- hung der serbischen Reform- schrift Vuk Karadžic’ für das Ma- kedonische vor allem darauf, dass

zu ihrer Standardisierung weit voneinander entfernte Dialekte herangezogen wurden, während die einzelnen Regionalidiome an sich recht fließend ineinander übergehen. Sprachliche Isoglos- sen und damit eine Grenze zwi- schen makedonischen und bulga- rischen Dialekten finden sich

teils im Bereich der gemeinsa- men Staatsgrenze und teils öst- lich davon an der Ostgrenze Bul- garisch- oder Pirin-Makedoniens beziehungsweise der zur Ägäis auslaufenden Westgrenze Thra- kiens.

Neben der im Kern politischen Abgrenzung des Makedonischen zum Bulgarischen ist unter Sprachwissenschaftlern fast nur der Übergangssprachbereich des Torlakischen wirklich strittig, dessen Sprecher in Südserbien, Nordmakedonien, Westbulgarien, Südkosovo und Ostalbanien sich in unterschiedlicher Weise als Serben, Bulgaren und Makedo- nier, im Falle der abgewanderten katholischen Kraschowaner im Banat meist als Kroaten und im Falle der moslemischen Goranen im Kosovo als eigene, aber zu- nehmend slawisch assoziierende Gruppe betrachten. T.W.W.

Zeitzeugen

D

ie heutige Identität der slawi- schen Makedonier beruht zu einem hohen Maße auf archäolo- gischen Ideologien. Ironischer- weise waren es in der ersten Hälf- te des 19. Jahrhunderts gerade Griechen, die ihre slawischen Nachbarn durch historische Pro- pagandaschriften wie etwa einem Alexander-Roman in makedoni- scher Sprache und griechischer Schrift zu Nachfahren der vorge- blich mit ihnen verwandten alten Makedonen machen und so für sich gewinnen wollten.

Dieser auf die Antike verwei- sende Makedonismus wurde von makedonischen Intellektuellen, aber auch von Forschern und Pro- pagandisten anderer an der Re- gion interessierter Staaten aufge- griffen. Hierbei wurde der haar- sträubende Versuch unternom- men, Makedonien zur „Urheimat der Slawen“ zu erheben und so die heutige makedonische Spra- che zu erklären.

Wirklich volkstümlich wurde die Wurzelsuche aber erst im Ju- goslawien Josip Broz Titos, als man neben dem Aufbau einer makedonischen Sprach- und

Schriftkultur viel Mühe auf eine nationalmakedonische Archäolo- gie verwandte. In den 1970er und 1980er Jahren sollten dabei die ei- senzeitlichen „Paeonier“ Vorfah- ren der Makedonier gewesen sein, wofür man in Belgrad sogar die „illyrische Hypothese“ aufgab, mit der man bisher eine Serben und Kroaten verbindende pan-ju- goslawische Ursprungsideologie konstruiert hatte.

Im unabhängigen Makedonien wandelte sich dieser archäologi- sche Nationalmythos über die Zwischenstufe einer „paeonisch- makedonischen Symbiose“ mit dem Wahlsieg der IMRO-Volks- parteiim Jahr 2006 hin zu einer nach staatsoffizieller Lesart rein altmakedonischen Grundlage des Makedoniertums. Bald überzog ein gigantisches Kunstprogramm Skopje mit pseudoantiken Bau- ten und Statuen. Ljubtscho Geor- gijewski nannte diese Megaver- kitschung „vulgär“, sprach von der „größten Geschichtsfäl- schung des Balkans“ und beklag- te zu Recht eine Spaltung der Ge- sellschaft in Alexander-Jünger und Slawophile. T.W.W.

Iwan Michajlow– Der in Makedo- nien geborene Führer der make- donisch-bulgarischen Aufstands- bewegung IMRO (Innere Mazedo- nische Revolutionäre Organisa- tion) bekämpfte die Sowjets, Grie- chenland und Jugoslawien, auf dessen König er als Rache für ei- nen von diesem angeordneten Mord an seinen Angehörigen ein tödliches Attentat verüben ließ.

Als Verbündeter Deutschlands und der kroatischen Ustascha ging er ins Exil nach Rom, wo er 1990 im Alter von 96 Jahren starb.

Alexander der Große– Der Sohn Philipps II. hatte als jener über seine Mutter griechische Vorfah- ren und setzte zur Durchsetzung seiner Politik zum Großteil auf Gewalt. Seine Brutalität machte ihn zu einem unter Zeitgenossen umstrittenen Herrscher, seine Er- oberungen bis nach Indien, Inner- asien und in die Sahara hinein aber ließen ihn zum Heroen schwacher Staaten der Gegenwart wie Griechenland und Makedo- nien werden.

Ljubtscho Georgijewski – Der Gründer der IMRO-Volkspartei war von 1998 bis 2002 Minister- präsident Makedoniens und trat 2003 aus seiner Partei aus, nach- dem diese sein Bekenntnis zum Bulgarentum kritisiert hatte. Als Mitglied der bulgarischen Regie- rungspartei GERB streitet der klu- ge Kopf weiter für eine Vereini- gung seiner beiden Vaterländer.

Michail Tatartschew – Der aus Makedonien stammende über- zeugte Bulgare organisierte den slawischen Ilinden-Aufstand ge- gen die Türken. Er sollte Präsident des vom Deutschen Reich ange- dachten Staates Makedonien wer- den. Dazu kam es aber aufgrund des Vormarsches der Roten Armee nicht mehr. Fast 60 Jahre nach sei- nem Tod im italienischen Exil wurde sein Leichnam 2010 nach Sofia überführt.

Philipp II. – Der makedonische König schuf durch eine Militärre- form die Grundlagen für den Auf- stieg des antiken Makedoniens zur Großmacht und bezog die benach- barten Griechenstaaten vor allem durch geschickte Diplomatie in sein Herrschaftssystem ein. Auf ihn gehen der Feldzug gegen Per- sien und die gesellschaftliche Ver- zahnung mit Griechenland zu- rück.

Streit mit Bulgarien

Wo die heutige makedonische Kultur zu verorten ist

Streit mit Griechenland

Wer der legitime Erbe des antiken Makedoniens ist

Auf der Suche nach den

Wurzeln

Seit fast drei Jahrzehnten tobt der Streit

Stein des Anstoßes: Denkmal Alexanders des Großen in Skopje, jetzt umbenannt in „Reiter auf Pferd“ Bild: Wassia Atanassowa

In Sofia hält man die Makedonier für ethnische Bulgaren

Archäologische Volkskonstruktion

M A K E D O N I E N

Bild: Omicroñ'RBild: Wassia Atanassowa

Bild: Konstantin Pavlov

Chefredakteur:

Dr. Jan Heitmann

Verantwortliche Redakteure: Politik, Wirtschaft, Berlin, Mensch & Zeit: Hans Heckel; Kultur, Lebensstil, Leserbriefe:

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WO C H E N Z E I T U N G F Ü R DE U T S C H L A N D

DA S OS T P R E U S S E N B L AT T

(5)

Nr. 10 – 8. März 2019

5

Eine Jahrhundert- ausstellung

Von V ERA L ENGSFELD

D

arf man so früh im Jahrhundert von einer Jahrhundertausstellung sprechen? Man darf, denn es handelt sich um eine Schau, die so nie wieder zu bewundern sein wird.

Die rund 100 Exponate in der Gemälde- galerie sind aus Museen und Privatbesitz aus Europa und den USA zusammen- getragen: der National Gallery, dem British Museum in London, dem Louvre in Paris, dem Prado in Madrid, der National Gallery in Washington und natürlich aus Italien, wo die beiden Renaissance-Künstler her- kommen.

Andrea Mantegna und Giovanni

Bellini sind ein Künstlerpaar, wie es selten in der Geschichte zu finden ist. Mantegna entstammt einer Tischlerfamilie in Padua, Bellini wurde, wenn auch als wahr- scheinlich uneheliches Kind, in die berühmte Malerfamilie Jacobo Bellinis hineingeboren. Während Mantegna schon früh durch sein außerordentliches Talent auffiel, wurde Bellini von seinem Vater gefördert, bis er das Malerhandwerk beherrschte. Am Anfang des Rundgangs hängt ein Frühwerk Mantegnas, das von seinem Genie zeugt. Das Bildnis des Heiligen Markus hat er mit 17 Jahren gemalt. Es verblüfft durch seine Raum- illusion. Von Mantegnas Selbstbewusstsein zeugt, dass er seinen Namen auf einem gemalten Papierzettel am unteren Bildrand platzierte. Es war sicherlich seinem frühen Ruhm zu verdanken, dass Mantegna in die venezianische Künstlerfamilie Bellini einheiraten durfte.

Er wurde nicht nur Ehemann seiner Schwester, sondern Bellinis großes Vorbild.

Bellini setzte sich intensiv mit dem Werk Mantegnas auseinander. Er eignete sich seinen Malstil an, übernahm dessen Kompositionen. Das ging bis zum Abpausen von ganzen Figurengruppen, die dann zu einem eigenen Gemälde wurden. Erstmals hängen Original und Kopie von „Die Darbringung Christi im Tem- pel“ nebeneinander. Dabei ist zu sehen, dass es bei Bellini nicht beim bloßen Kopieren geblieben ist. Er entwickelte einen eigenen, prägenden Malstil:

Leuchtende Farben, stimmungsvolle Land- schaften, feierliche Kompositionen werden zu seinem Markenzeichen.

Die Wege der beiden Künstler trennten sich. Mantegna wurde zum Hofmaler der Markgrafen von Mantua berufen, Bellini zum gefragtesten Maler seiner

Heimatstadt Venedig. Aber die beiden bleiben in Verbindung. Mantegnas letztes Werk, ein Fresko, wurde von Bellini vollendet.

Bis zum 30. Juni ist die Ausstellung zu sehen.

Berlins Bildungsverwaltung löst gegen den Willen von Eltern, Schülern und Lehrern zum Sommer den Leiter der Friedrich-Bergius-Schule ab. Die Se- kundarschule ohne Oberstufe gilt bis- lang als gelungenes Beispiel im Kampf gegen Schulschwänzerei, auch die Berufsorientierung gilt als vor- bildlich. Vor allem fällt die Schule aber dadurch auf, dass überdurch- schnittlich viele Schüler gute Ab- schlüsse erzielen:

Erreicht hat die Schule dies, obwohl die Bedingungen wie vielerorts in Berlin nicht sonderlich günstig sind.

Zwei Drittel der Kinder kommen aus nichtdeutschen Elternhäusern, über die Hälfte der Kinder stammt aus Fa- milien, die Sozialtransfers erhalten.

Ein Teil des Erfolgsrezeptes der Ber- gius-Schule lautete bisher: klare Re- geln, die konsequent durchgesetzt werden. Schüler, die beispielsweise morgens zu spät kommen, müssen sich erst einmal beim Hausmeister melden, um dann den Schulhof sau- berzumachen. Die Schüler dürfen zu- dem auch keine Mobiltelefone zum Unterricht mitbringen, ebenso ist das Kaugummikauen unerwünscht. Soll- ten Schüler unentschuldigt fehlen, dann informieren die Lehrer gleich morgens die Schulleitung. Diese setzt sich dann sofort mit den Eltern in Ver- bindung. An der Bergius-Schule ist es damit erfolgreich gelungen, die Schul- schwänzerei zu bekämpfen.

Obwohl die Regeln an der Schule streng sind, liegen seit Jahren deutlich mehr Anmeldungen vor, als es über- haupt Plätze gibt. Angestoßen hat die Entwicklung ganz maßgeblich der Schulleiter Michael Rudolph. Der in- zwischen 65-Jährige würde gern weiter arbeiten, die Bildungsverwaltung lehnt sein Ansinnen allerdings ab und will den erfolgreichen Schulleiter ab dem Sommer in die Pension schicken. In diesem Zusammen-

hang wird über ein

„dienstliches Ge- spräch“ zwischen Ru- dolph mit einem ho- hen Beamten der Ber- liner Bildungsverwal- tung berichtet. Dabei

soll gegenüber dem Schuldirektor auch ein „Missfallen“ über Äußerungen in der Presse zur Rede gekommen sein.

Das Verhältnis zwischen der Bil- dungsverwaltung und dem Schuldirek- tor ist bereits seit dem letzten Jahr an- gespannt. Im Juni 2018 fiel die Schule bei der Berliner Schulinspektion durch und bekam „erheblichen Ent- wicklungsbedarf“ attestiert. Die In- spektoren bemängelten unter ande- rem, es würde zu viel Frontalunterricht geben und der Unterricht sei zu „leh- rerzentriert“. Nachholbedarf sah die Bildungsverwaltung auch bei der Um- setzung des „Inklusionsgedankens“.

Die Leiterin der Berliner Schulinspek- tion kritisierte seinerzeit auch, die Schule habe „keinen demokratischen

Ansatz“, es gebe an ihr „keine Partizi- pation“.

Neben der Bergius-Schule gibt es auch schon seit längerer Zeit einen zweiten Fall, bei dem der Vorwurf ge- äußert wurde, dass eine erfolgreiche Schule auf die pädagogische Linie der Bildungsverwaltung gebracht werden soll. Dabei geht es um die Johanna- Eck-Schule in Tempelhof. Der Schule wurde in der Vergangenheit beschei- nigt, sie kümmere sich mit großem Erfolg um sogenannte Flücht- lingskinder. In Anwe- senheit von Bildungs- senatorin Sandra Scheeres (SPD) war die Schule im Jahr 2015 mit dem Helga-Moericke-Preis für Soziales Lernen ausgezeichnet worden.

Die Begleitumstände sind im Fall der Tempelhofer Sekundarschule etwas komplizierter als bei der Friedrich- Bergius-Schule: Die Schulleiterin Mengü Özhan-Erhardt ist erst im Jahr 2017 ins Amt gekommen. Ein Teil der Lehrer hatte sich gegen sie positioniert und von ihr sogar „eine professionelle Einsicht in die eigene Inkompetenz“

gefordert. Im Raum steht aber auch der Vorwurf, an der Schule sei es in der Vergangenheit zu Unregelmäßigkeiten gekommen.

Im Kern scheint es allerdings auch bei der Tempelhofer Schule darum zu gehen, dass die vorgegebene Linie der

Bildungsverwaltung befolgt wird.

Die bisherige Besonderheit der Schule ist das Sprachlernkonzept für die aus- ländischen Kinder.

An der Johanna-Eck-Schule gibt es Klassen, die sich nur aus Kindern soge- nannter „Willkommensklassen“ zu- sammensetzen. Gemeint sind damit Schüler, die ohne Deutschkenntnisse an die Schule kommen. Diese blieben an der Tempelhofer Schule über Jahre in eigenen Klassen zusammen, damit sie zunächst richtig Deutsch beherr- schen, bevor sie in eine Regelklasse überwechseln.

An anderen Berliner Schulen ist es dagegen üblich, dass Kinder bereits nach einem Jahr Sprachunterricht in die Regelklasse überwechseln. Dieses Vorgehen orientiert sich ganz am Ge- danken einer möglichst schnellen Inte- gration. In der Praxis scheint es aber so, dass bei vielen Kindern die Deutsch- kenntnisse zu gering sind, um in den Regelklassen bestehen zu können.

Das Sprachlernkonzept der Tempel- hofer Schule war im Gegensatz dazu so erfolgreich, dass es noch vor einiger Zeit von der Bildungsverwaltung gelobt wurde. Allerdings hat das Tempelhofer Beispiel auch gezeigt, welche Bemü- hungen nötig sind und welche Kosten entstehen, wenn die Sprachvermittlung für Immigrantenkinder gelingen soll.

Die Sprachlernklassen binden nämlich viele Lehrerstunden, die im übrigen Schulbetrieb dann fehlen.

Norman Hanert Soll in den Ruhe- stand geschickt werden, obwohl er seine Schule mit großem Geschick geleitet hat:

Michael Rudoph, Direktor der Friedrich-Bergius- Schule

Bild: Imago

D

ie Kreuzberg beabsichtigen,Grünen in Berlin- im Bezirk im großen Stil Straßen umzubenennen. Unter dem Titel „Entmilitarisierung des öffentlichen Raums“ wollen sie die „Umbenennung aller nach Generälen und Schlachten be- nannten Straßen und Plätze“

durchsetzen.

Neben den großen Straßenzü- gen York-, Gneisenau- und Blü- cherstraße wären davon die Horn-, Möckern-, Katzbach-, Großgörschen-, Eylauer-, Groß- beeren- sowie Obertrautstraße und vermutlich viele andere be- troffen. Zur Begründung des An- trages in der Bezirksverordneten- versammlung Friedrichshain- Kreuzberg wird argumentiert, die Straßennamen seien heute nicht mehr angebracht angesichts der

„tiefen Partnerschaft zwischen den ehemaligen Erbfeinden Frankreich und Deutschland“.

Konsequenterweise wäre dann auch eine Umbenennung des gan-

zen Bezirks fällig. Das 1821 einge- weihte Nationaldenkmal auf dem Kreuzberg ist in Form eines Eiser- nen Kreuzes gehalten, das Karl Friedrich Schinkel nach dem Or- den schuf, den der preußische König anlässlich der Befreiungs- kriege 1813 stiftete.

Wären diese Straßennamen tat- sächlich ein Hindernis für die Freundschaft zwischen Frank- reich und Deutschland, dann gä- be es gewiss in Frankreich eine Debatte um die Umbenennung zahlreicher Plätze und Straßen.

Bezirksbürgermeisterin Monika Hermann (Grüne) begrüßte den Vorstoß, nannte das Vorhaben aber „sehr ehrgeizig und kom- plex“. Kritik kommt vom Vorsit-

zenden der örtlichen CDU, Timur Husein: „Die Generäle sind ver- diente Patrioten, die dazu beigetra- gen haben, Preußen und andere deutsche Länder von der französi- schen Fremdherrschaft zu befreien ... Wenn wir nicht wissen, woher wir kommen, wissen wir nicht, wer wir sind und wohin wir wol- len.“

Gneisenau war Preußens König wegen seines Eintretens für die Wehrpflicht zunächst suspekt.

Später reformierte er die Armee und fungierte bei Belle Alliance (Waterloo) als Stabschefs Blüchers.

York verweigerte den Königsbefehl und schloss die Konvention von Tauroggen, die den Weg zum preu- ßisch-russischen Bündnis ebnete.

Die Umbenennungen dürften am Widerstand der Anwohner scheitern. Die Bezirksversamm- lung Kreuzberg hat in der Vergan- genheit viele skurrile Beschlüsse gefasst. Am 27. April 1983 erklärte sie den Bezirk zur „atomwaffen- freien Zone“. Frank Bücker

Die Befreier sollen weg

Grüne wollen Generale der Befreiungskriege aus Stadtbild tilgen

Erfolgreich, aber nicht auf Linie

Zwei Schulen mit Vorbildcharakter fielen 2018 bei der Berliner Schulinspektion durch

Keine P&R-Plätze

Berlin will Pendler ganz in Züge zwingen

I

mmer mehr Menschen pen- deln aus dem brandenburgi- schen Umland an ihren Arbeits- platz nach Berlin. 2018 pendelten 321 000 Beschäftigte von Bran- denburg nach Berlin. 20 Jahre zuvor waren es noch 160 000. In der umgekehrten Richtung sind 186 000 Arbeitnehmer unter- wegs. 1998 wa-

ren es noch 96 000. Der rot- rot-grüne Senat will den Anteil der Autofahrer

an der Mobilität der Hauptstadt nun wieder reduzieren.

An den Berliner S- und Regio- nalbahnhöfen stehen 44 Park

&Ride-Anlagen mit 5140 Plätzen bereit. Der Senat, besonders die Grünen, wollen erreichen, dass die Menschen gar nicht mehr Auto fahren. Harald Moritz von den Grünen: „Unser Ansatz muss sein, die Menschen möglichst vor der Haustür abzuholen, da- mit sie gar nicht erst ins Auto

steigen müssen, um den näch- sten Bahnhof zu erreichen.“ Die parteilose, von den Grünen ge- stellte Verkehrssenatorin Regine Günther hat der „autogerechten Stadt“ insgesamt den Kampf an- gesagt (siehe auch S. 12).

SPD, Linkspartei und Grüne haben im Berliner Abgeordne- tenhaus einen Antrag einge- bracht, in dem es heißt: „Park&Ri- de“ könne „zur Verbesserung der Pendlersituation nur einen gerin- gen Beitrag leisten, da der Flä- chen- und Finanzierungsbedarf in der Regel in keinem angemes- senen Verhältnis zur Zahl der Nutzer steht“. Die Erschließungs- kosten betrügen rund 10 000 Eu- ro pro einzelnem Stellplatz. In Brandenburg gibt es an 116 Bahnhöfen 22 000 P&R-Plätze. Je- der zehnte Pendler bekäme dort demnach einen Stellplatz.

Frank Bücker

Zahlreiche Straßen in Kreuzberg sollen umbenannt werden

»Menschen vor der Haustür abholen«

Fasten für die

»Klimarettung«

D

ie zwischen Aschermittwoch und Ostersonntag von from- men Christen praktizierte Fasten- zeit wird von der evangelischen und katholischen Kirche in Berlin unter dem Motto „Fasten für das Klima“ politisiert. Eigentlich fa- sten die Gläubigen, um an den Leidensweg Christi zu erinnern.

Der zeitweilige Verzicht auf Nah- rungsaufnahme soll der Besin- nung, der inneren Einkehr und dem Gebet dienen. Nun soll die Fastenzeit der „Klimarettung“ die- nen. Dazu gibt die Kirche eine Broschüre unter dem Titel „So viel du brauchst“ heraus. Die Bro- schüre könnte laut Kritikern ebenso gut von den Grünen oder Greenpeace publiziert worden sein. Ein Blick in den dort vorge- gebenen Wochenplan scheint die Kritik zu bestätigen, wo dem Le- ser nahegelegt wird: „Ich wasche meine Hände unter kaltem Was- ser“, „Ich rühre den Kuchenteig von Hand“, „Ich prüfe den Wech- sel zu einem Ökostromversorger“

oder „Ich probiere ein veganes

Rezept aus“. F.B.

Bildungsverwaltung hält fest an vorgegebenen Regeln

P R E U S S E N / B E R L I N

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