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01/2021Nicht wenige Persönlichkeiten, die heute im kollektiven Gedächt- nis verankert sind, waren von ih- rer Ausbildung her ursprünglich Juristen – doch wir erinnern uns heute in ganz anderer Hinsicht an sie. Das mag bei Politikern wie Abraham Lincoln, Mahatma Gandhi oder Nelson Mandela noch weniger verwundern, da sich Staat und Recht seit jeher nahestehen. Bei den Dichtern erstaunt es schon eher, dass et- liche unter ihnen ein juristisches Studium absolviert haben oder zumindest damit in Berührung gekommen sind. Um nur einige berühmte Beispiele zu nennen:
Balzac, Flaubert, Goethe, Hand- ke, Heine, Kafka, Ovid, Proust, Rilke, Schlink, Scott, Storm, Tols- toi. Drei weniger bekannte Bei- spiele aus ganz anderen Fachge- bieten sollen hier kurz vorgestellt werden (leider – infolge der his- torischen Umstände – vorliegend einmal ganz abgesehen von den Juristinnen):
Abenteurer … und ursprünglich Jurist: Der Basler Johann Lud- wig Burckhardt (1784–1817).
Nachdem er sich nach Studien- abschluss längere Zeit vergeb- lich um einen Posten im diplo- matischen Dienst bemüht hatte, bereiste im Auftrag der African Association, verkleidet als mus- limischer Händler und unter dem Decknamen Scheich Ibrahim, den Orient. Er wurde auf seinen
Reisen unter anderem zum Wie- derentdecker der Felsenstadt Petra im heutigen Jordanien und des grossen Tempels von Abu Simbel in Ägypten.
Soziologiepionier … und ur- sprünglich Jurist: Eigentlich hät- te Max Weber (1864–1920) in die akademischen Fusstapfen seines Lehrers Theodor Momm- sen (Altertumsforscher, Literatur- nobelpreisträger – und übrigens auch er ursprünglich Jurist) treten sollen. Stattdessen verlegte er sich auf die damals noch jungen Sozialwissenschaften und avan- cierte dort mit seinem Hauptwerk
«Wirtschaft und Gesellschaft»
aus heutiger Sicht zum Klassiker, indem er zum Beispiel wegwei- send die Formen von Herrschaft und Macht analysierte oder Be- griffl ichkeiten wie den heute stan- dardsprachlich gebräuchlichen
«Idealtypus» prägte.
Friedenspapst … und ursprüng- lich Jurist: Papst Benedikt XV.
(1854–1922) tat sich während seines Pontifi kats von 1914 bis 1922 vor allem durch seine ve- hementen Stellungnahmen ge- gen das Blutvergiessen im Ers- ten Weltkrieg hervor. Dass er, nach langen Vorarbeiten, mit dem Codex Iuris Canonici von 1917 erstmals ein offi zielles, systemati- sches, modernes Gesetzbuch für die lateinische katholische Kirche erlassen konnte, nachdem bis
dahin noch behelfsweise mittel- alterliche Zusammenstellungen als Rechtsgrundlagen gegolten hatten, gerät darüber oft in Ver- gessenheit.
Worin könnte das Phänomen
«… und ursprünglich Jurist» be- gründet liegen? Vielleicht ist es nur reine Wahrscheinlichkeits- rechnung, da in der im Mittelal- ter grundgelegten Dreiteilung der höheren Studien an Universitäts- fakultäten in Theologie, Medizin und Jurisprudenz zwangsläufi g auch die Letztere mit der Zeit einmal berühmte Persönlichkei- ten hervorbringen musste, auf welchen Gebieten auch immer.
Vielleicht aber eignet sich die Ju- risterei sowohl als Wissenschaft als auch als Handwerk beson- ders dazu, um die Grundlagen des menschlichen Zusammen- lebens besser zu verstehen, den Umgang mit Sprache zu schulen, analytisches Denken zu entwi- ckeln, die Problemlösungsfä-
higkeit zu fördern und sich – in grösseren Zusammenhängen – von einem fi xen Standpunkt aus in der Welt zurechtzufi nden.
Das alles lässt sich, einmal ver- innerlicht, auch auf etliche ande- re Gebiete übertragen und dort mit Gewinn nutzen. So vermag unter glücklichen Umständen der juristische Dilettant durch seine Fertigkeiten und mit einer gewissen Portion Narrenfreiheit mitunter auf einem berufsfrem- den Feld vieles zu leisten, was Egon Friedells (auch ein wenig scherzhaft gemeintes) Diktum bestätigt: «Nur beim Dilettanten decken sich Mensch und Beruf.»
Unter den Juristen jedenfalls gibt es hierfür einige sehr interessante Beispiele.
… und ursprünglich Jurist
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Forschungsbeauftragter Recht am Liechtenstein-Institut
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