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Hornig Eike-Christian (2021): Das Gras ist auf der anderen Seite immer grüner ... . Gastkommentar. Lie-Zeit Nr. 98, September 2021.

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09/2021

Politische Parteien sind die zen- tralen Organisationen der reprä- sentativen Demokratie. Sie ver- binden die Gesellschaft mit dem politischen Entscheidungssystem.

Die Besetzung von Staatsämtern wird durch den Wettbewerb zwi- schen Parteien entschieden. Wen die Parteien ins Rennen schi- cken, ist ihnen überlassen. Je wichtiger das Staatsamt, desto wichtiger auch die Frage: «Wer solls machen?» Ein Manager, eine Versöhnerin, eine Expertin, der Nachwuchs oder lieber ein «alter Haudegen» …?

Für die Öff entlichkeit ist es oft verwunderlich, ja unverständlich oder gar nervig, was in den Par- teien passiert und wer am Ende langer Auswahlprozesse präsen- tiert wird. Schnell heisst es dann:

keine Erfahrung, kein Charisma, keine Visionen etc. Stattdessen sehen wir Egotrips und Querelen auf off ener Bühne. Die deutsche CDU und CSU machen dies ge- rade vor. Auch die Parteien in Liechtenstein tun sich immer wie- der schwer mit der Besetzung von Posten und Kandidaturen, zuletzt die Freie Liste.

Klar ist, dass in den Parteien bei der Vergabe von Kandidaturen und potentiell auch Ämtern die

Freundschaft aufhört. Persönliche Ambitionen spielen eine grosse Rolle. Rivalitäten, Intrigen und Geltungsbedürfnis können starke Motoren von Karrieren sein. Und mehr als früher engagieren sich Menschen heutzutage in Partei- en aus Karrieregründen. Parteien fördern diese Ambitionen sogar durch gezieltes Mentoring und Seminare. Liegt hier ein Fehler im System vor?

Nein, denn Rivalitäten um Po- sitionen, off ene Wettbewerbe, Schlagabtausch und Kampfkan- didatur (und auch Nachtreten von Verlierern) sind Zeichen eines freien Landes, so kräftezehrend sie auch sein mögen. Dass Kan- didaturen nicht durch Geburt, Reichtum, Verbindungen oder Bekanntheit vorbestimmt sind, ist eine Errungenschaft. Hier passt das, was James Madison in den Federalist Papers Nr. 10 in Bezug auf die Spaltung durch Interes- sengruppen beschreibt: Man kann die Ursache entfernen oder ihre Folgen kontrollieren. Das Erstere würde aber der Zerstörung der Freiheit gleichkommen.

Tatsächlich kann die Personalpoli- tik von Parteien sogar demokrati- sche Prinzipien stützen. Die gros- sen europäischen Volksparteien

besetz(t)en häufi g Kandidaturen nach Proporz, etwa von Regi- on oder Bekenntnis. Geschlecht spielt erst neuerdings eine Rolle.

Die entscheidende Grundmelodie hierbei ist (oder eher war) der Aus- gleich von gesellschaftlichen Inte- ressen schon in der Partei. Dies wiegt umso mehr im Kontrast zu rechtspopulistischen Parteien, wo persönliche oder familiäre Verbin- dungen zählen.

Zum Bild gehört auch, dass viel über Reformen der Parteien nach- gedacht wird. Während die Beset- zung von Ämtern per Los wenig vielversprechend ist, stehen eher Transparenz und Öff nung von Ent- scheidungen im Vordergrund. Im- mer häufi ger kommt es in Europa zu Urwahlen durch die Parteibasis.

Auch wenn dies nicht alle Proble- me löst, so erhöht dies den Wert der Parteimitgliedschaft und wirkt dem Eindruck von Hinterzimmer- Politik entgegen.

Zugleich sollte die Schar- nier-Funktion der Parteien disku- tiert werden. Berlusconi in Italien war politisch erfolgreich, weil er wirtschaftlich erfolgreich war, so- zusagen der Anti-Politiker. Auch Grillo ist ein Anti-Politiker, wenn auch mit anderer Legitimati- on. In Deutschland führt der

Weg zu einer Kandidatur über die sogenannte «Ochsentour», d.h. eine lange Parteikarriere.

Die Parteien testen die Personen auf ihre Verlässlichkeit. Das Anti- Parteiische in Italien und das Ma- xi-Parteiische in Deutschland sind Extremfälle mit entsprechenden Folgen.

Und in Liechtenstein? Hier sind es oft Persönlichkeiten aus dem wei- teren Parteiumfeld, welche von Findungskommissionen den Part- eigremien zur Kandidatur vorge- schlagen werden. Dabei überwie- gen Erneuerung und strukturelle Off enheit gegenüber vorherigem (partei-)politischem Engagement und «Stallgeruch». Dass die Re- gierungsmitglieder im Regelfall nicht auch noch der Partei vorsit- zen, wirkt zudem integrierend wie entlastend. Mit Verlaub, in der Sicht von aussen als Deutscher ist das nicht so schlecht. Aber das Gras ist auf der anderen Seite ja immer grüner …

Das Gras ist auf

der anderen Seite immer grüner…

DR. EIKE-CHRISTIAN HORNIG

Forschungsbeauftragter Politik am Liechtenstein-Institut

GASTKOMMENTAR

tiert werden. Berlusconi in Italien war politisch erfolgreich, weil er wirtschaftlich erfolgreich war, so- zusagen der Anti-Politiker. Auch Grillo ist ein Anti-Politiker, wenn auch mit anderer Legitimati- on. In Deutschland führt der

DR. EIKE-CHRISTIAN Forschungsbeauftragter Politik am Liechtenstein-Institut

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