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Funktionelle Dyspepsie

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Academic year: 2022

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Von einer funktionellen Dyspepsie spricht man, wenn mit Hilfe der üblichen Diagnostik keine Ursache der Beschwerden im Oberbauch gefunden werden kann. Liegen keine Warn- symptome vor, empfiehlt sich zunächst ein pragmatisches Vorgehen, das heisst, vor weiterer, invasiverer Diagnostik sollten alle therapeutischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden.

T H O M A S F R I E L I N G

Die Grundlagenwissenschaft hat mehrere Erklärungsmodelle für die funktionelle Dyspepsie vorgeschlagen. Von Abweichun- gen der Motorfunktion, der viszeralen Perzeption oder der zen- tralen Reizverarbeitung ist unter anderem die Rede. Die Dia- gnostik und Therapie werden durch die grosse Anzahl der Symptome, die geringe Korrelation zwischen Symptom und Dysfunktion und die Überlappung mit anderen funktionellen Erkrankungen erschwert.

Neben diätetischen Ansatzpunkten sollten bei der medikamen- tösen Behandlung alle verfügbaren therapeutischen Strategien genutzt werden (Prokinetika, Spasmolytika, Entschäumer, Laxanzien, trizyklische Antidepressiva). Phythopharmaka können einen Teil der vermuteten Pathomechanismen der funktionellen Dyspepsie verbessern. Wesentlicher Kernpunkt der Therapie bleibt aber ein intaktes Arzt-Patienten-Verhältnis.

Bei therapierefraktären Patienten ist der Kontakt zu Zentren mit Erfahrung bei funktionellen Verdauungskrankheiten hilfreich.

Was ist eine funktionelle Dyspepsie?

Mit dem Begriff «Dyspepsie» wird ein Spektrum von Beschwer- den zusammengefasst, die der Patient im Oberbauch, das heisst zwischen Umbilicus und Processus xiphoideus und seitlich

begrenzt durch die Medioklavikularlinie, lokalisiert. Diese Symptome sind Ausdruck der subjektiven Empfindung des Patienten. Sie beinhalten Schmerzen beziehungsweise Unbe- hagen («discomfort»), für die der Arzt eine Ursache im Gastro- duodenalbereich vermutet.

Zu den dyspeptischen Beschwerden gehören epigastrische Schmerzen, manchmal von brennender Qualität, postprandia- les Völlegefühl, frühe Sättigung, Blähungen im Oberbauch, epi- gastrisches Brennen, Übelkeit, Erbrechen und Luftaufstossen.

Erkrankung oder Befindlichkeitsstörung?

Im Gegensatz zum Reizdarmsyndrom (IBS) ist eine eigene Krankheitsentität für die funktionelle Dyspepsie bis heute nicht gesichert. Beim Reizdarmsyndrom (IBS) besteht eine überzu- fällige Häufung von bestimmten Symptomen («cluster of sym- ptoms). Dies konnte für die funktionelle Dyspepsie bisher in epidemiologischen Studien nicht gezeigt werden. Nach der zur- zeit gültigen Definition (Rom III) besteht eine funktionelle Dys- pepsie immer dann, wenn ein oder mehrere Symptome wie

■ postprandiales Völlegefühl

■ frühe Sättigung

■ epigastrische Schmerzen

■ epigastrisches Brennen und keine strukturellen Verände- rungen (einschliesslich Gastroskopie) vorliegen (1). Diese Kriterien sollten für die letzten drei Monate mit Beginn mindestens sechs Monate vor Diagnosestellung erfüllt sein.

Funktionelle Dyspepsie

Das Therapiearsenal sollte ausgeschöpft werden

ARS MEDICI 19 2007

965

F O R T B I L D U N G

■■

■ Zu den dyspeptischen Beschwerden gehören «epi- gastrische Schmerzen», «epigastrisches Brennen»,

«postprandiales Völlegefühl» und ein Gefühl der

«frühen Sättigung».

■ Eine Gastroskopie bei funktioneller Dyspepsie ist dann sinnvoll, wenn der Patient älter als 55 Jahre ist, bei neu aufgetretenen Beschwerden oder bei Alarmsymptomen.

M M M

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(2)

Wie gehe ich in der Praxis vor?

In der Praxis hat sich ein pragmatisches Vorgehen bewährt, das aus einem Sechs- Punkte-Management (2) besteht:

1. Anamnestisch eindeutige Zuord- nung der Symptome zum oberen Gastrointestinaltrakt

2. Ausschluss Alarmsymptome (vgl. Abbildung)

3. Ausschluss ASS- und NSAR-Ein- nahme

4. Probatorische Therapie mit Proto- nenpumpenhemmern (Ausschluss Refluxerkrankung)

5. Helicobacter-pylori-Eradikation 6. Gastroskopie.

Dieses Vorgehen entspricht im Wesent- lichen auch einer kürzlich publizierten deutschen Empfehlung (3). Hiernach sollten alle Patienten mit neu aufgetrete- ner Dyspepsie, mit Alarmsymptomen be- ziehungsweise älter als 55 Jahre gastro- skopiert werden (Abbildung).Bei allen anderen Patienten ist zunächst eine pro- batorische Protonenpumpenhemmer- Therapie beziehungsweise die nichtin- vasive Helicobacter-pylori-Testung mit Eradikation gerechtfertigt.

Die frühe Endoskopie lohnt sich aber häufig, da sie die Patienten vor Tumor- ängsten befreien, die Patientenzufrie- denheit steigern und die Arztbesuche und Kosten senken kann (4).

Diätetische Massnahmen beinhalten mehrere kleinere Mahlzeiten und das Vermeiden von Fett und scharfen Ge- würzen. Die medikamentöse Therapie sollte, auch in Kenntnis der oben ange- gebenen Einschränkungen, symptomen- orientiert sein. Hierbei muss die gesamte Palette der verfügbaren Wirkprinzipien ausgenutzt werden (siehe Tabelle). Neu- erdings werden vermehrt Phytophar- maka (z.B. Iberogast®) eingesetzt. Hier haben Untersuchungen am Tier und Menschen eine Stärkung der postpran- dialen Fundusrelaxation und eine Stei- gerung der antralen Motilität nachge- wiesen. (5, 6). Auch Probiotika lindern möglicherweise bei postinfektiöser funk-

tioneller Dyspepsie, ähnlich wie beim postinfektiösen Reizdarmsyndrom (7), die Beschwerden.

Allgemein ist bei der Therapie der hohe Plazeboeffekt von über 60 Prozent zu be- rücksichtigen, den man sich durchaus zunutze machen kann (8). Die hohe Pla- zeborate dürfte auch der Grund für die hohe Rate an subjektiver Besserung unter der Magenstimulation bei der Gastroparese sein, ohne dass eine Ver- besserung der Magenentleerung erzielt wird. Der Magenschrittmacher («gastric pacing») ist daher keine etablierte Thera- pieoption.

Wesentlicher Kernpunkt der Therapie bleibt weiterhin die intakte Arzt-Patien-

ten-Interaktion.

Literatur unter www.allgemeinarzt-online.de

Prof. Dr. med. Thomas Frieling Med. Kinik II, Klinikum Krefeld D-47805 Krefeld

Interessenkonflikte: keine

Diese Arbeit erschien zuerst in

«Der Allgemeinarzt» 6/2007.

Die Übernahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autor.

F O R T B I L D U N G F O R T B I L D U N G

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ARS MEDICI 19 2007 Tabelle: Medikamentöse Therapie* bei der funktionellen

Dyspepsie je nach vorherrschenden Symptomen Schmerzen, Brennen, Unbehagen

■Antazida, Sucralfat

■H2-Blocker

■Protonenpumpenhemmer

■Eradikation H. pylori Völlegefühl

■Domperidon (Motilium®)

■Metoclopramid (Paspertin®) Meteorismus

■Phytotherapeutika (Iberis amara/

Kamille/Kümmel/Fenchel/Anis/

Minze/Melisse/Analgetika/Asa- foetida)

■Probiotika

Psyche (Schmerzschwellenanhebung, Stimmungsaufhellung)

■Amitriptylin (Saroten®)

■lmipramin (Tofranil®)

■Trimipramin (Surmontil®)

■Doxepin (Sinquan®)

■Johanniskraut Bauchschmerzen

■Trospiumchlorid (Spasmo-Urgenin®)

■Mebeverin (Duspatalin®)

■Pfefferminzöl

■Nitrate

■trizyklische Antidepressiva (anticholinerger Effekt)

*Die Zulassungen sollten beachtet werden

Alter < 55 Jahre Endoskopie

nichtinvasive HA-Testung und Eradikation empirische PPI-Therapie (4–8 Wochen)

Endoskopie

■ neu auftretende Dyspepsie

■ Alter > 55 Jahre

■ Alarmsymptome

(Blutung/Anämie/Gewichtsverlust/

Dysphagie/persist. Erbrechen/fami- liäre Tumorbelastung)

Dyspepsie

Funktionelle Dyspepsie

Strukturelle Dyspepsie

■ GERD

■ Ulkus

■ Pankreas

■ Galle

■ …

Strukturelle Dyspepsie

■ Herz

■ Muskel

■ … Abbildung: Diagnostik bei Dyspepsie

Referenzen

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