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Ein arabischer Piüt.
Von
A. Soeln und H. Stumme.
Im Joumal of the Eoyal Asiatic Society of Great Britain and
Ireland, New series vol. 23 (1891) p. 293—310 hat Dr. Hartwig
Hirschfeld einen Piüt veröfFentlicht, den ein Jude in arabischer
Sprache verfasst hat. Das Gedicht ist aus einer von Dr. L. Loewe
hinterlassenen Handschrift abgedrackt, welche liturgische Gesänge
nach dem Ritual magrebinischer Juden enthält, üeber das Alter
der Handschrift erfahren wir nichts ; Hirschfeld will aus dem ersten
Vers des Gedichtes den Schluss ziehen, dass dasselbe am Ende des
16. Jahrhunderts verfasst sei. Man wird ihm darin Eecht geben
müssen; auf eine Anfrage an Herm Dr. Dalman in Leipzig vrarde
uns der dankenswerthe Bescheid, dass die 1500 Jahre, von denen
im ersten Verse die Eede ist, in der That bloss vom Jahre 69
u. Z. gerechnet sein können.
Das Gedicht ist, wie es im Codex steht, in Jiebräischen Buch¬
staben abgedrackt; über die Orthographie hat bereits Hirschfeld,
p. 306—307 gehandelt. Manche scheinbare Unregelmässigkeiten,
welche dort angeführt sind, erledigen sich jedoch, wenn der Cha¬
rakter der Sprache in Betracht gezogen wird. Einzelnes davon
werden wir unten anführen, wie ebenso die sprachlichen An¬
merkungen Hirschfeld's, welche als Appendix seiner Uebersetzung
folgen, berühren.
Zimächst interessirte uns die Sprache des Gedichtes ; es lässt
sich in der That nachweisen, dass der Dialekt, in welchem es ab¬
gefasst ist, der marokkanische ist. Da der eine von uns eben
Studien über den marokkanischen Dialekt unter der Feder *) hatte,
der andere seine Sammlungen aus Tunis veröffentlichte -), so war
das Interesse an der Sprache des Piüt eines dreihundert Jahre
1) A. Socin, Znm arabisclien Dialekt von Marokko. Des XIV. Bandes der Abhandlungen der philologisch-historischen Classe der Königl. Sächsischen Gesellscbaft der Wissenschaften Mo. III. Leipzig 1893.
2) Hans Stumme , Tunisische Märchen und Gedichte. 2 Bände. Leipzig 1893. — Von demselben erscheint demnächst: Tripolitanisch-tunisische Be¬
duinenlieder,
Sooin u. Stumme, Ein ardbiteher Piüt. 28
alten Textes, der sehr viele Eigenthümlichkeiten der heutigen Volks¬
sprache aufweist, selbstverständlich. Wir beschlossen daher, da es
uns nicht zweckmässig erscheinen wollte, bloss Bemerkungen und
Zusätze zu dem Gedichte zu veröffentlichen, den ganzen Piüt noch
einmal abdrucken zu lassen, jedoch in arabischen Lettem statt der
hebräischen, im übrigen aber ganz unverändert bis auf die Cor¬
rectur einiger offenbarer Fehler, die wir aber dann ausdrücklich
verbessem. Zunächst ist freilich der Text in seiner jetzigen Form
sicher entstellt. Einige Einzelheiten legen übrigens die Vermuthung nahe, dass das Gedicht ursprünglich nach mündlicher Ueberlieferang
aufgeschrieben worden ist, und dass der Schreiber in Bezug auf
die schriftliche Darstellung des Gehörten nicht immer wusste, wie
er schreiben sollte; namentlich in Bezug auf die Bezeichnung der
Vocale durch sog. literae serviles verfuhr er nicht immer con¬
sequent. Auch käme die Frage in Betracht, ob das Gedicht voll¬
ständig überliefert und ob die jetzige Reihenfolge der Strophen
die ursprüngliche sei. Verschiedene Wiederholungen (vgl. Str. 18
und 25) legen die Vermuthung nahe, dass wir den Piüt nicht in
seiner ursprünglichen Gestalt besitzen ; auch mögen einzelne Strophen
ausgefallen sein; denn die Uebergänge zwischen denselben sind oft
hart, und namentlich gegen den Schluss hin scheint einiges zu
fehlen •).
Besonders auff&llig schien uns von Anfang an die. Aeusserung Hirschfeld's (p. 294): „there is no metre at all". Dieses Urtheil
kam uns von vornherein unglaublich vor. In Bezug auf die Technik
des Reimes ist das Gedicht ja ganz consequent aufgebaut: der
Grundreim findet sich in allen vierten Versen sämmtlicher zwei¬
unddreissig Strophen, während je die drei ersten Verse derselben
unter einander reimen. Gerade in den Endzeilen der Strophen,
die auf in (ahü) ausgehen, liegt eine Vocalverlängerung vor, die
nur auf Rechnung des metrischen Tonfalls zu setzen ist; übrigens
findet sich eine derartige Pienescription auch in den anderen Zeilen
von Strophen, die auf geschlossene Silben ausgehen^). Ein solches
Gedicht sollte nun nicht metrisch aufgebaut sein ? Dass man auch,
bei Liedern, die in der Volkssprache abgefasst sind, stets nach dem
Metram zu fragen hat, hat neben anderen E. Sachau in seinen Ara¬
bischen Volksliedem ^) aus Mesopotamien mit vollem Recht ins
Licht gesetzt. Nur ging Sachau bei jenen Gedichten so zu Werke,
1) Vgl. Socin, Kurdische Sammlungen. St. Petershurg 1890, a, S. XXXVIIL 2) Ueher solche Fälle von iL>jtj^ oder ^y^'J vgl. F. P(raetorius) im Liter. Centralblatte No. 42 (1893) hei Gelegenheit der Besprechung von Stumme's Tunis. Märchen (speciell über Band I, Seite XV, Z. 22 fF. des be¬
sprochenen Werkes).
3) Berlin 1889; Seito 15. — Vgl. besonders auch Socin in ZDMG. 46, S. 340, Z. S4ff.
6
24 Soctn u. Stumme, Ein arabischer Piüt.
dass er das Consonantengerippe der von ihm metrisch hergestellten
Verse vielfach mit Vocalen der klassischen Sprache versah. Dies
hat bei Mauwäls und dergleichen, die theilweise unter starkem
Einfluss der Schriftsprache stehen , ja seine volle Berechtigung :
wesentlich anders liegt die Sache bei Gedichten, die in der Volks¬
sprache unter keinem belangreichen Einfluss der Schriftsprache ab¬
gefasst sind. Dass dies letztere bei dem vorliegenden Piüt zutrifft,
war von vornherein wahrscheinlich; ein marokkanischer Jude des
16. Jahrhunderts wird kaum eine umfangreiche Büdimg in der
arabischen Schriftsprache besessen haben. In der That stellte sich
auch nach metrischer Emendation die fast völlige Volkstbümlichkeit
des Sprachtypus, der dem Piiät zu Grunde liegt, heraus.
Stumme gab seine timisischen Gedichte nach einem anderen
Princip als Sachau seine mesopotamischen, — nämlich nach dem
Recitationsmetrum. Oft liegt nämlich einem volksmässigen Sprech¬
metrum irgend ein anderer Rh3rthmus zu Grunde, welch letzterer,
weil er zu complicirt war , im Bewusstsein des Volkes verloren
ging. So ist beispielsweise zu einer schlicht rhythmischen Reci¬
tation das ausserordentlich beliebte Versmass Küma - - .i | -[-])
wegen der beiden zusammenstossenden Tonsilben nicht geeignet.
Wo ein solcher Zwiespalt — wir meinen: zwischen Grundmetrum
und Sprechmetrum — vorhanden ist, hat man eben entweder die
Gedichte im letzteren zu veröffentlichen (dann erhält man ein
relativ getreues Bild des Volksdialektes) , oder man thut es im
Grundmetrum.
Am leichtesten hat es aber der Untersucher vulgärarabischer
Metren dann, wenn das Grundmetriun so schlicht und einfach war,
dass es vom Volke imverändert beibehalten werden konnte. Solche
Metren weisen z. B. die Nummern 115, 117, 123 u. a. m. der
Stumme'schen Sammlung (Tun. Märch. etc.) auf Betrachten wir
z. B. Gedicht 115, so finden wir , dass es dem Volke durchaus
nicht in den Sinn gekommen ist, die schlichten Trochäen ('ändi
warda fök elbir) , das urspriingliche Metrum , irgendwie zu ver¬
ändern.
Grundmetrum und Recitationsmetrum ist nun auch bei dem
hier besprochenen Piüt dasselbe. Dass dies so sein würde , ver¬
mutheten wir übrigens von Anfang an; denn bei einem magrebi¬
nischen Juden kann man kaum Vorliebe für complicirte und geradezu
unpraktische altarabische Metren voraussetzen.
Das Metrum des vorliegenden Piüt ist nun ein jambisches
(mit Ausnahme von Str. 6, 7, 8 u. 9) und zwar eins von 8 Jamben,
mit gelegentlicher Hyperkatalexe. Auffalligerweise ist dieses Vers¬
mass auch eines der beliebtesten bei den provenzalischen Troubadours.
Wir können daher wohl als sicher annehmen, dass über Spanien,
1) Vgl. H. St(umme) bei Gelegenbeit der Besprechung von Ren^ Basset, I/Insurrection algerienne de 1871 im Literar. Centralblatt (1893) No. 30.
Soctn «. Stumme, Ein arabischer Piüt. 25
welches die meisten Metra von den Provenzalen entlehnte, dieses
Metnmi nach Nordafrika gewandert ist. Betrachten wir z. B. ein
Gedicht von Guillaume IX, Comte de Poitiers (s. Karl Bartsch,
Chrestomathie Provenzale, Elberfeld 1880, Spalte 32):
Pos de chantar m'es pres talens, farai un vers don sui dolens;
no serai mais obediens en Peitau ni en Lemozi.
Qu'era m'en irai en eissül, en guerra laissarai mo fill, en gran paor et en perill e faran li mal sei vezi.
Hier stimmt nicht nur das Metrum mit dem des Piüt überein,
sondem sogar auch die Anwendung der Reime : die Verse 1, 2
u. 3 reimen untereinander, und das ganze Gedicht hat in allen
vierten Versen der Strophen den Reim i, also Lemozi (Str. 1),
vezi (2), dann cozi, Angevi, mesqui u. s. w.
Die Prage nach der Caesur ist bei solchen kurzen Metren
eine müssige ; bei längeren wäre eine Untersuchung in dieser Richtung
natürlich unumgänglich nöthig. — Das Metrum des Gedichtes ist
also das folgende: xixixixi (x);
und zwar treffen wir dieses in allen Strophen mit Ausnahme von
6, 7, 8 u. 9, die ihrerseits trochäisch sind und das Metram
j X ! X ^ X (X)
aufweisen. Was den Dichter veranlasst hat, in den erwähnten
4 Strophen plötzlich mit dem Metnun zu wechseln, können wir
nicht ausfindig machen ').
Das Erkennen des Metrums ^) wurde dem Herausgeber des
1) Wir wollen an dieser Stelle nicht verfehlen, Herrn Professor E. Sievers fiir mannigfaltige Belehrung auf diesem Gehiete der Metrik unsern Dank zu sagen.
2) Auch andere Herausgeber solcher Gedichte haben bisweilen unterlassen, das Metrum in Betracht zu ziehen, so beispielsweise selbst Fleischer, der das Metrum des von ihm in ZDMG. 18, S. 329 ff. veröffentlichten jüdisch-arabischen Ge¬
dichtes aus dem Magreb nicht erkannt hat. Aber freilich gab es damals, — vor 29 Jahren, — nur schlechte und dürftige magrebinische Grammatiken.
Das betr. Gedicht nun ist im Metrum X-X-|X-X-lX - (X) ver¬
fasst, — einem Metrum, das wie fast alle accentuirenden (s. Sachau, Volksl. S. 4, Z. 4 V. u.) dipodisch ist und sich in einer grossen Anzahl der jetzt im Drucke befindlichen Tripolit.-tunis. Beduinenlieder von Stamme vorfindet, auch in dessen Tunis. Märchen , S. XIII , Anm. 2, schon erwähnt ist. — Das Fleischer'sche Lied ist folgendermassen zu lesen:
abjät Olli hadär fimtit esbfja, Ii shät be'ömra 'ärrabbi-lmüglid;
kSn^t ma'ä umhä fiddär mrubb^'a, wudjär mehälletfn mselmfn wihäd.
reaüha limselmfn sbljä nakfja, ksl hädi {isära tibka 'änd lihfid etc.
26 Socin u. Stumme, Ein arabischer Piüt.
Piüt durch zwei UmstÄnde erechwert. Einestheils war er mit den
Eigenthümlichkeiten des betreflFenden Dialektes nicht, genügend ver¬
traut; so ist seine Uebersetzung von jJls» ^
von oLc L« (27, 1) verfehlt; die richtige Passung des Wortes iSiTS-i
(18, 2 und p. 310) ist ihm ebenfalls entgangen. Andemtheils
darf aber auch die Redaetion, in welcher ein solches Gedicht vor¬
liegt, nicht für absolut zuverlässig angesehen werden; die schriftliche
Ueberlieferung solcher Gedichte rührt ja oft von Abschreibem her,
welche das Metrum nicht mehr beachten und willkürliche Aen¬
derungen innerhalb des Verses (durch Umstellen, Streichen oder
Einsetzen) zum Zwecke des leichteren Verständnisses vornehmen.
Es güt daher, bei einer kritischen Herausgabe das Metram als das
Gebieterische zu betrachten und dessen Ansprüchen durch muthige
Textveränderungen gerecht zu werden. Wir nahmen nun den Text
vor und versuchten mittelst unsrer Kenntnisse des marokkanischen
Arabisch einen metrisch - transcribirten Text herzustellen. Wir
können behaupten, dass dies uns gar nicht schwer gefallen ist;
denn dass es sich um Sfüssige Jamben (bezw. Trochäen, s. o.)
handelte, ergab sich ja, wie ei-wähnt, auf den ersten Blick. Wo
sich aber ein Vers nicht im Versmasse darstellen lassen wollte,
da traf es sich eben auch meistens, dass man am Ausdracke An¬
stoss nehmen konnte. So ist Str. 1, 1 ft^..»«,*.'>j i_äJI sperrig und äjl^o Ji\jjM.MS>' erscheint besser, wie eben auch in der Regel gesagt
wird. Ferner ist ■ t-. (24, 3) vollkommen genügend, —
vyir sehen nicht ein, warum der Dichter noch ^laUN gesetzt und
das Metram verletzt haben sollte. Ujc**. (2, 2) giebt dera Verse
zwei unnöthige Silben; es ist gewiss zu streichen: der Schreiber
hat es jedenfalls von einer andern Stelle (31, 2) her in Erinnerung
gehabt. Die Silben (j (34, 2) sind ebenfalls überflüssig. —
Einschieben möchten wir dagegen Str. 2, 3; 4, 1 u. 19, 2 ein
welches an der letzten Stelle, nach dem feminin. Subjecte von
V. 1, beinahe nothwendig erscheint. — Als Veränderungen an
Wörtern dürfte sich gleichfalls rechtfertigen : Str. 19,3 äU! Js-lc ^
an Stelle von aJJ (dagegen bleibt Str. 20, 1 natürlich aJJ stehen,
und auf dieses scheint der Schreiber gesehen zu haben).
Den von uns in gedachter Weise, — und mit Berechtigung —
veränderten') Text legte der Eine von uns, natürlich arabisch
1) Wir wollen natürlich nicht hehaupten, dass wir durch unsere Trans¬
scription die metrische Silbenvertheilnng, die der Dichter dem Piüt gab, stets unanfechtbar genau reproducirten; es kann vielmehr wohl der Fall sein, dass sich der Dichter Strophe 26, V. 4 als wudklk naliset sewoi minnähu und Str.
27, V. 3 als filhfn zrSt libnehä ukslet gedacht hat. Aber das Metrum würde dies ja in keiner Weise stören.
Soein u. Stumme, Ein arabischer Piüt. 27
geschrieben, einem Marokkaner zum Vorlesen vor. Dieser Marok¬
kaner ist Sidi Muliammed Büselham, z. Z. Lektor am k. Seminar
für Orient. Sprachen zu Berlin. Sidi B. stammt aus Tanger und
hat an Lerchundi's Vocabulario (der ihn öfters citirt) eifrig mit¬
gearbeitet. Es ergaben sich wirklich nur unbedeutende Differenzen
zwischen der von uns fixirten und der nach der Lesimg Sidi B.'s
zum Vorschein kommenden Sübengruppirung; vom lautlichen Stand¬
punkte war natürlich die Aussprache der Vocale und Consonanten
oft genug verschieden, — vrir hatten ja aber auch keineswegs den
kühnen Gedanken gehabt, den tangerischen Dialekt gleichsam er¬
rathen zu können!
Unser Transscriptionstext giebt also die Aussprache wieder,
die von Sidi B. dem von uns metrisch emendirten arabisch ge¬
schriebenen Text gegeben wnrde. Wo das Metrum nun die Tilgung
eines Vocals der B.'schen Lesung erfordert, ist derselbe mit A, E,
J u. s. w. bezeicimet '), — wo dagegen das Metrum die Ein¬
schiebung eines Vocals in die B.'sche Lesung erfordert, ist derselbe
cursiv gedruckt worden. Wo sich eine Differenz zwischen der
Wortfassung des hier arabisch gedruckten (den Hirschfeld'schen
hebr. gedruckten also mit der S. 26 erwähnten Reserve, genau
reproducirenden) und des von B. gelesenen metrisch-emendirten
vorfindet, ist dies zu bemerken nicht für nöthig gehalten worden,
da ja beide Texte zur Vergleichung neben einander stehen. Unsere
Accente bezeichnen den metrischen Ton, — selbstverständlich nicht
die Accentuirung B.'s, der den ihm vorgelegten Text natürlich als
Prosa las. — Mit ^ bezeichnen wir den Laut z (= ts), mit den
Laut des franz. j ; d für tjo vl. Jis ist emphat. d wie in Aegypten
und Syrien. Diphthonge geben wir als au, ai, ei u. s. w. oder,
werm betont, als aü, ai, ei u. s. w., specielle Zeichen (die ja frei¬
lich wünschenswerth erscheinen) konnten wir aus typographischen
Gründen nicht anwenden. Wo Sidi B. eine Kürze in offener Silbe
sprach, die aber der Metrik nach den Accent haben muss, wandten
wir einen gravis an (auch für Endvocale, obwohl diese ja ancipites
sind, s. Socin, ZDMG. 46, S. 352 ff.). Es kommt eben in der
Vulgärpoesie vor, dass offene kurze Silben in der Hebung stehen
können , — so vgl. Socin , 1. c. 360, 22: äbujä , schliesslich wohl
doch Z. 26 Msalet; Sachau, Volksl. S. 25, No. HI, V. 2 bilädi;
Stumme, Tun. Märch., Ged. 22, V. 6 'äla ialek u. a. m.
1) Wie In solchen Pällen zu sprechen ist, hieibt dem Leser überlassen.
Man könnte z. B. in Fällen wie 10, 2 uddinja unnare folgendermassen lesen:
uddi'njaunnäre (diphthongisch). Fälle wie 9, 4 um^lk (cf. Socin, ZDMG. 46, S. 367, Z. 38 ff.) mag man mit vollständiger Unterdrückung des Vocals der Copula oder mit kurzem u sprechen; einen metrischen Silbenwertb haben diese r nicht
6 *
28 Soctn u. Stumme, £tn arabischer Piüt.
piüt*') bil'arabija delhabdäla*:
„k6m U l^ii^ nisteriähu, Ihabib allähu elijähu*.'
1. IjmästäSer mjä min dük esnin, wänä nissäria-ldäk laljnin, ibes^Br elbwä^* ^) ma'älbenin, iböSSerhüm befökkänähu.
2. finhäs* bla'zär* hafid limäm,
^ilmide mäsa bin 'ämräm*, huw-slijäh* 'alih esläm bitrik allähw sljärähu
3. kllbi mätrud u'äkli §äjäk, räni mahsür fijid läljläjlk, dimä mahkur byr^ä lahkäjäl:, rühi ^ublä idä ^ilV^hu.
1) Büselham kannte natürlich dieses, sowie alle übrigen hebräischen (im Folgendon mit Stern bezeichneten Wörter) nicht; wie die Juden Marokkos die¬
selben aussprechen, können wir nicht ganz genau feststellen. Wir geben die Aussprache, die wir vermuthen.
2) Im Grundtext (GT.) D mit Punkt statt ohne Punkt; ebenso bei diesem Pronomen Str. 4, 2; 9, 3; 15, 3; 17, 1; 28, 2; 34, 1.
3) Wahrscheinlich ist die hebräische Aussprache PISN gemeint.
4) GT. inSDSODa, was eine Unform ist; der gewöhnliche Infinitiv lautet i^\SJi. — In ähu vermuthen wir Beimformen für ähum, s. oben S. 23, Anm. 2;
ebenso am Ende der Strophen 2, 6, 6, 9, 11. Am Schlüsse von Str. 16 steht ahu sogar als Beimform statt der zweiten Person.
5) Hier folgt im GT. der Eefrain IHNb« 3"'an (sollte es nicht vielleicht wie oben liabib allähu elijähu heissen?). Bisweilen findet sich bloss a''2n;
bisweilen, z. B. nach Str. 1 ist der Befirain ganz ausgelassen.
6 *
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/Soctn u. Stumme, Ein arabitcher Piüt. 29
4. bin 61'azär* huwä jitsämma, heddön läg^äb min dik-elümma, fäk^U zimri uküzbi* ^imma, kad gär 'alä isim rabbähu.
5. jäljki ') lound jakd^ ahmär, auw-^t^ernäm fywüst elkmär, auw-6sseXär fik^it nuwär, bijäd al^äre füounähu;
6. aüw-elhüVa m'ä eSSaüla, aiiw-eSSä'ra bi^emäla *), kädia- iSärfa räbb elküdra, 'älem biXemi' kullähu;
7. aüw-elküljli filjakd^,
aüw-ezmärrAd en hU man'd^,
aü sIräXS filbijüt, aü djämänte fiSrikähu.
1) üeber den Ausdruck jähhi im Sinne von „er gleicbt" vgl. Lercbundi, Vocab. S. 682 b ^^^X> remedar a. Die syriscben Beduinen gebrauchen tegü, tigil in der Bedeutung „wie", (vgl. Wetzstein in ZDMG. 22, 160) wie pers.
Dozy S. I, 311a; Landberg, Proverbes et Dictons S. 362.
2) GT. pTlNb.
8) GT. NbNWiO Nba N-irib iin. Hier sind T und 0 entschieden
vertauscht. NbS gehört wohl eng mit dem folgenden Worte zusammen, und zwar ist das b das des Artikels. Man findet den Artikel vor Wörtem, die mit einem Zischlaut anfangen, oft irrthUmlich gesetzt
4) GT. NtOnO''.
5) en ist Belativpronomen für el, wie auch im Tunisischen.
6) Die Schreibung mit j weist auf eine sehr starke ImSle hin. — Im Dialekt von Mogador bt im Allgemeinen die ImSle viel weniger aufiallig, als in dem von Tanger.
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JI/J ii' OfcxJb *) jJjM ^Jl _j5'Läj^^ ^5 JaiL/sLoJ ijt
30 Socin u. Stumme, Ein arabischer Piüt.
jjjJu liXjl jj^yi 35t 8. aü lewlzz idä idrul,
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er* ^'.55 .^tj U (_jjJ!
Lkii «JLö _yäli er* 'ry*^'
U.**! v_äJL:> ab! j-!-''^
Uii jÜj UaJOj LJ öt ^ *) \Js>-y$U \^yS>
^ _j.jiLs\jj>a
aüw-essididä jahrdi,
aü sultän idä juljrui, aü lekmäre fibrüäiähu.
9. hdwa wä^ed mInel'äSra, li mä räw-elmdt elhärra, ülä däku dik elgämra.
um61k elmd| lä min iaähu.
10. nutülbu mnälla Ijälek 6smä, elärd uddinja unnärc wülmä, iljärre^nä min häd-e^dälma.
lä läh illä hü sübhänähu.
LüjO! *)Oj_kÜ^ Lä;^v*X! Lä*a*i 11. §ba'nä laksifa ukütr eddika,
Läjj LUjI Oji^j LiXs
LjCUS' ^!
y^ e/Vi
fuknä byzhdte* ümna ribka,
kemä fakkit es|er* hammälka*
umärdol}ai * ubni 'ammähu*.
LUi^aj LS>l;jj LäA.**^3Ci 12. laksifa rinahä b'ainina.
Li*s y^'M^jij _^1*^ f'"'!)^
Lulc _jJjj>iAj ij_j^?vj !uX»jji
_^L^Oj.*v jLjAvj
lumäm jinä'lu ui§i|mu fina, widä nei^dzu idljld 'alina.
wusbär lillähu sübhänähu.
1) Die Schreibung T'DN beweist klar, dass i>.**v = lX*.! ist; vgl.
Stumme, Tun. Mär. S. XIX, Anm. 2.
2) GT. nS-'N.
3) GT. inNT-na.
4) GT. "31 statt "z^; ebenso auch Str. 21, 1.
5) Wir vermuthen, dass in diesem Worte keine Verbalform vorliegt.
Soctn u. Stumme, Ein arabischer Piüt. 31
ftjSJJi L« t5Li jIam
^»jjc^* Ljti3
^iAaäJü i^jXiLw bLxj
^ÜL$^^^ o^t o>.ajLou
13. ;ebär ja wüddi mä ^indim!
däbä ^sem'u rüm ^iiihedim, ujä'la Sänkum wifad^im ba'näi^ alla sübjjänähu.
IiAjI lijj^Ji »^i tj_^ 14. hüwä allä-lmOindc 6bda,
j e-^AftjJ! tj_jJ>
SiXjlI jLu LäXbj (j^^
!y »tit tj y[Li>']üLÄj^
jjj_^t »tit ^
Oj.g-J ijLIaLo j^Jt v_0aJLs>-
OjJLJ u^jiXs ^^iuJ L/«
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uJ i,!^iAÄ£ L^I ^LSj
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v_ÄjJuol Lj jJlJü)
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oUil^Uj _jjj-ki5 Ls^jJLj'Li
*)_j^L«.**o! ^i Ü!
hüwä-lmügi| fikiiUe §idda, hüwä, jfuknä min jäd elä'da.
lä läh illä hü sub^iänähu.
15. bismilla räbbi ölmü&ud, hlif glijäh* suliän lihud, mä jktm lim^är fiddk liblüd agir*) idä 'alä amrähu.
16. ukäm um§ä ilä sarfi|*
ukäl lehä 'andök nebi^, räddini, wä§ by^id' feni^, ubärk^ allä mä dzdl minnähu.
17. kälitlu jä däk-6ssadik,
mä 'andj illä seffä min dkik, näkldh umud^u bi-tahklk änä wubni jünä* ismahu.
1) In GT. steht üher dem D ein überflüssiges Teschdid.
2) Vgl. Socin, Z. Dial, von Mar. S. 22, Anm. 2 (und hier 22, 4).
3) Wir vermutheten , dass statt dieses Wortes ^..Ä^' zu lesen sei (vgl.
1. Königo 17, 12); in dieser Form wurde auch Büselham der Vers vorgelegt.
Nachträglich fanden wir bei Wetzstein ZDMG. 22, S. 138 das Wort iLftw«
„eine kleine Hand voll"; darnach sind wir bei der Lesung des GT. geblieben.
4) GT. iri7:SD"'IS.
/Soctn u. Stumme, Ein arabitcher Piüt.
^'trV^ ^JLjt (its 18. wlfäl lehä kümi ta"änuii,
^ji^ ^_^jt; rl44ini i^) eX&dt-Vell6km ;
^yliiXc, ^L«*a9 |»y> Ifönii fissä'a ^'a^^äkm,
j^ÜLsUjjo 8^! iLc «Jojjli5 weir6k 'alalia sübljänähu!
^ uiuJUcj va«-k*Lä 19. fiHfine käm^ u'ämlet mölla,
bUjj gj-k-ij i)>-^ uhuwa kfel uSbä' wu^mölla,
^U:ü 8^ u^läb min 'änd aUä ji^'äla,
jS'\Jms> qj« LiSj LJUj jimli-liifnä min ^ijärähu.
UL^ ÖL* L 8iU 20. tulbd nuä jä hail^emä'a,
LcLU LjuiA^ \^y9 en hdwa jähdinä littä'a,
LcLmu^» ^.aAJ ^'Llji ujä^i elmesil} fissä'a,
\^y3> jLi«.Jj wulmböSSer hdwa glijähu*!
|,L«jJ q<hW 4ir^ Is.^* ib^ßinä min bin lumäm,
f'^jJt jy^*)Lc '^j^ß biz^dj* labwä|* 'alihum släm,
l»L«-J jj*'!} '-d^O^S uhärün lila'zär limäm,
j{t**»-ii L*«yo LjiXkAÄwj usidna mdsa ujiS'ajähu*.
Lyol L>L5> o«jia3 22. sem'd qussö^ häd-6nnebi,
^^-k-iij^ \»iy^ hüw-ilijähu* hät^i^hi*,
^jij »bb v_äJL5^ j^ja». hm , 2) ijeiif rabbi,
_^!j>«Lj jpAfi l-* mäJkdn lim^är ager bamrähu.
tö tic jL«LS> »tJt «LLcy 23. wa'täh alläh ämär ») 'alä dä,
1) Bier fehlt angenscheinlich eine Silhe; man könnte ä, Süf (siehe) oder wäi (denn) conjiciren.
2) Mach andem magrehinischen Dialekten könnte man hier und Str. 34,1;
3S, 2 hin en (vgl. S. 29, Anm. 5) conjiciren.
S) Wir vermuthen, dass das H des GT. Uherflüssig sei; der Schreiber mag den hebräischen Artikel im Sinn gehaht haben; ausserdem hat er 1 statt 1 geschrieben.
Socm u. Stumme, Ein arabischer Piüt, 33
jah46r fybri^e müa ebda,
wulaü ikunu 61f bil'ädda»), alläh elmüla yauwimähu.
tjut &JLw« vü^-J^aS jlkA^
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ab!! La.J! Jo^!^! SiS>
24. nehäl* keri^* lam kän meSä,
Elgurbän iiibülu l'aSä, tebi^ kem Ijläk allä unSä;
h|a jbis elwäd wumSä f hälähu.
25. rähä fitrik ukäl lehä, rüti hMn' mäs juk^ilhä, kümi fissä u'ät^akljä, weirök 'alalia sübhänähu.
26. 'a&n^t edkik uSi'le^ när, 'amlöj kursä kad*) dwär dinär, s|ahlät elmu^ uiä kläm el'är, wudkike näkse^ Swoi minnähu.
27. jä Xwäd mä'äd elkürsa 'ämle^, wudkik fuwähd e&Xifna 'amre^, filhin ierä^ lebnä ukäle^, häd-6rrä^el nebij-allä hü.
1) bü'adda ist Reimform für (AjJLj.
2) GT. inbNnB.
3) GT. Nlön.
4) JOi im Sinne von „so gross als" wird in Südmarokko gidd gesprocben, vgl. Socin, S. 40, 18; daher vielleicht die Schreibung T'p.
5) GT. ITibTSy wie V. 1; unsere naheliegende Conjectur beseitigt das zweimalige Vorkommen desselben Reimworts.
Bd. XLVIU. S
34 Socin tt. Stumme, Ein arabischer Piüt.
|.Laaä*^' i'-^ 28. fi^äl temänj-ijäm au 'äSra,
I _J «Jüj oliijJ L oLcj inä| jä leXwäd ben dik-elimra,
Lj \a«-JLs5 o».aL>a^j u'aijetfe^ nkäl^ jä häsra,
iJLö 'iy'jji ukbäba irä^ l'and elijähu.
l^J.^ Lj vi^^Ls, o^i>Lii>.>x 29. u'aijet^t ukäl^ jä sidi,
j^^iX^jS xijj oL« mä|li jünä ibni fendi,
(^tX-j/ Lj (JT;**« L^t ijLi ukäl lehä sebn ja kibdi,
j.«!. -.; jJ^Lä käder rabbi i'eijiSähu.
bUfl J.Ü95 «xJjjJ Lng 30. gatta lulid ukäm usalla,
bSL«Äj »bU ^j^. Läji wubkä jiddän-a' Ulla jfäla,
blji! iwJj Lj jJb! jLi ukäleld jä räbb eniälla,
^Li-oü j^'^*^ kädfer entäja*) t'eijiSähu.
i_r^Li Lj %jt^s lXmjj 31. zid fi'omru jä gäls 'alkiirsi,
Lx^t *)o^ijj biz^ut* nebina sidna mdSi*,
^ — «.Jj !jL>«*Äj btj ikdme däba J^sära wimsi
^L+jI JCUJ «wJjj, bLc 'alä riilih la'änd immähu.
C>\yMjt^^ ^^ß^^. j-ijL/« 32. mäzälehd jsaUi wisgäd,
oljip Lj LkxÄj iXJjjJj ululid inhaija jä leiwäd,
oL»äj |,Lä jJö bLcj u'äla käddu käm uk'äd,
_j^L*jt vXjolI L*k/o »OiJjH; bLcj u'ärri^llih m§a-l'änd immähu.
1) GT. -iNnib.
2) GT. lässt auf eine Form ärUl sehliessen, die jedoch weder für Tanger, noch für Mogador bezeugt ist; dagegen ist sie bei Höst, Nachrichten von Marokko und Fez, S. 220 unten belegt.
3) Ueber □ steht in GT. ein überflüssiges Teschdid.
4) üeber T steht in GT. ein Punkt, der dem 3 gelten soll.
Socin u. Stumme, Ein arabischer Hiit. 35
ULjy« \^'^y 33
.jä mülänä Ijaijl mü|äna,
w>J ^ ^i:'';^ kema haiji|T ibni ,jüna*.
LUS ^j-ä.»*^ liLjLyO, umikaile jiSfa' fina.
^t.\**S f»'*^^^ jalikem Söfäre* fijidähu.
^j^t «S'lö Vi;'-^< a***
34. bin L ju(Jröb däk-e§s5fär*.
jUäj ^ V' ly jinim'ü lihüd minkiill kilär.
jläJÜ obLs i_j-LÄj »ilLXAj.j wibdaü ji^laii fibläd lekfär,
^[u]i* ^ytS «'*'.! (••t^bi u5U^i umfelk edöm jin^kmu minnähu.
«-r^j^ tt^f ii') 35. äJ;aü tci'aü 'aiibe küUsi,
y^'^. hm i jifikät'u bfeni* mU§i*,
i^i^i '^>'rif^ bt/* däbä ma'ätterike jimSi,
_j.3>LJL<j j-JvXÄJ uiä min jäkdEr ikellemähu.
Ljljj »bS ^ J-^J^ 36. nutülbu min-allä rabbäna.
Lx/sLa** q^ojI v'y*^ ikärrEb ezmane fijämäna,
LuJUiu »J-y/i*^ ij^i wurraü IjeSd'a bi'ainäna.
_j^ULi^jyw3 LjUj »tjjj biwü^he rabna sübhänähu.
Uebersetzung.
Piüt in arabischer Sprache beim Ausgang des Sabbats zu
sprechen: Wie sehr sehne ich mich und erhoffe dich, du gott-
geliebter Elia!
1. Fünfzehnhundert solche Jahre sind es her, dass ich auf
jenen Wohlthäter warte; Vätern und Söhnen wird er frohe Bot¬
schaft bringen, ihnen frohe Botschaft bringen von ihrer Befreiung.
2. Pinehas, der Sohn Eleazars, der Enkel des Hohenpriesters,
der Schüler Moses des Sohnes Amrams, Elia ist er — Heil über
ihn ! — auf dem Pfade Gottes war ihr Wandel.
3. Mein Herz ist bedrängt und mein Geist voller Sehnsucht,
ich bin bedrückt in der Gewalt der Menschen , stets verachtet
wegen meines Hoffens auf Erfüllung der Wahrheiten ; mein Inneres
befiillt Angst, ob ich ilm erljlicken werde.
3* •
36 Socin u. Stumme, Ein arabiseher Piüt.
4. Der Sohn Eleazars heisst er; er hat den Zom über jenes
Volk beschwichtigt; er hat Zimri mid Chozbi') getödtet, damals als
er so sehr eiferte für den Namen des Herm.
5. Seine Farbe gleicht dem rothen Rubin oder der vollen
unter den (verschiedenen) Phasen des Monds, oder Bäumen in der
Fülle von weissen und rothen Blüthen, in ihrer Pracht,
6. oder der Huk'a ^) und der Schaula oder dem Sirius , mit
seiner Schönheit, den Gott, der Allmächtige, vermag glänzen zu
lassen, er, der alle seine Sterne insgesammt kennt,
7. oder dem dunkelsten unter den Rubinen, oder dem Smaragd,
der so berühmt ist, oder einer Lampe in den Gemächem, oder
einem Diamant in seinem Leuchten,
8. oder einer Gans ^) , wenn sie einberschreitet , oder einem
Löwen, wenn er zomig ist, oder einem König, wenn er auszieht,
oder dem Mond in seinen Stationen.
9. Er ist einer von den zehn, welche den bittem Tod nicht
empfinden, und nicht jene Pein durchkosten mussten, und zu denen
der Todesengel nicht kam.
10. Wir bitten Gott, den Schöpfer des Himmels, der Erde
und Welt, des Feuers und des Wassers, er möge uns befreien aus
dieser Finstemiss; es giebt keinen Gott ausser ihm; er sei ge¬
priesen !
11. Wir haben genug Schmach und grosse Bedrängniss er¬
lebt; erlöse uns um der Verdienste unserer Stammmutter Rebekka
vrillen, wie du befreit hast die Königin Esther und Mardochai nebst ihren Volksgenossen !
12. Die Schmach haben wir mit unsem Augen gesehen; die
Andersgläubigen verfluchen und schmähen uns, und wenn wir
vorübergehen, vergewaltigen sie uns; drum harre auf Gott; er sei
gepriesen !
13. Harre aus, mein Preund, traure nicht! Bald vrirst du
hören, dass Rom zerstört ist; ihr werdet gross und ruhmvoll da¬
stehen mit der Hilfe Gottes; er sei gepriesen!
14. Er ist Gott, der stets da ist; er ist der Helfer in jeder
Noth; er wird uns befreien aus der Macht der Feinde; es giebt
keinen Gott ausser ihm; er sei gepriesen!
15. ,Im Namen Gottes, des Herra der Schöpfung", so schwor
Elia, der König der Juden; kein Regen solle in diesen Gegenden
fallen, ausser wenn er es beföhle.
16. Da machte er sich auf und begab sich zu einem Weibe
in Sarepta und sprach zu ihr: ,Ich will bei dir übemachten; er¬
fülle mein Verlangen ! Ich bin matt vor Hunger ; dann soll der
Segen Gottes nicht von dir weichen*.
1) Numeri 25, 14 und 15.
2) Gewöhnlich Hak'a vgl. ZDHG. 45, 601; Schaula ebd. 605.
3) Sollte etwa ein Schwan gemeint sein?
Soctn u. Stumme, Ein arahiacher Piüt. 37
17. Sie sprach zu ihm: ,0 du gerechter Mann! ich habe
nur ein wenig Mehl; wir wollen es verzehren; dann werden wir
unfehlbar sterben, ich imd mein Sohn, mit Namen Jona".
18. Er sprach zu ihr: «Auf, gieb mir zu essen, erfülle mein
Verlangen ! Ich bin fast todt vor Hnnger ; beeile dich und befreie
mich von dieser Qual; und Gott soll dirs lohnen; er sei gepriesen!"
19. Sofort ging sie ans Werk und buk ein Brot in der
heissen Asche; er ass, und wurde vollständig satt; dann erbat er
von Gott, dem Höchsten, er möge die Schüssel mit seinen reichen
Gaben füllen.
20. Erbittet von Gott , o ihr alle , dass er uns leite zur
Frömmigkeit und dass bald der Messias komme, dessen Herold
Elia ist!
21. Er vdrd uns von den Andersgläubigen befreien um der
Verdienste unserer Väter willen, Heil über sie! und um der Ver¬
dienste Aarons und des Hohenpriesters Eleazar, und des hehren
Mose und Jesaia willen.
22. Vemehmt die Geschichte des Propheten und zwar Elias
des Tischbiters ; er schwor im Namen Gottes des Herm, kein Regen
solle fallen, ausser wenn er es beföhle.
23. Und Gott gab ihm Macht darüber; er ist zugegen bei
jeder Peier der Beschneidung; auch wenn tausend an der Zahl da
wären, steht ihm Gott der Herr zur Seite
24. Als er an den Bach Krit ging, brachten ihm die Raben
das Abendbrot, gekochte Speise von allem möglichen, was Gott
geschaffen und hervorgebracht hat; schliesslich wurde der Bach
trocken, und er ging seines Weges.
25. Er traf sie unterwegs und sprach zu ihr: ,Ich bin hungrig,
(der Hunger) will mich tödten; beeile dich und befreie mich von
dieser Qual; und Gott soll dirs lohnen; er sei gepriesen!"
26. Sie knetete Mehl und zündete Feuer an; sie bereitete
einen Brotkuchen, der nur den Umfang eines Denars hatte. Sie
fand das Sterben süsser, als die Schande zu sagen (ich habe nichts),
drum nahm sie etwas von dem Mehl -).
27. 0 liebe Zuhörer! jetzt machte sie ein zweites Brot nicht
mehl', sondern sie schüttete das Mehl in eine Schüssel; alsbald
lief sie zu ihrem Sohn und rief: „Dieser Mann muss ein Prophet
Gottes sein!"
28. Nach Verlauf von acht bis zehn Tagen starb, o liebe
Zuhörer! der Sohn jener Frau; da rief sie und sprach: ,0 Jammer!"
und lief direet zu Elia.
29. Sie rief und sprach: „0 Herr! Jona ist gestorben, mein
1) Vgl. Buxtorf, Synagoge jndaica (Frankfurt und Leipzig 1729), S. 120;
Eisenmenger, Entdecktes Judentlium I, S. 685; Schröder, Satzungen und Ge¬
bräuche des talmudiseh-rabbinischen Judenthums, S. 337.
2) Wir sind absichtlich von Hirschfeld's Uebersetzung abgewichen.
38 Socin u. Stumme, Ein arabischer Piüt.
einziger Sohn!" Er antwortete: ,Sei geduldig, gute Frau! Gott
kann ihn wieder ins Leben rufen."
30. Er deckte den Kleinen zu und begann zu beten, richtete
demüthige Bitten an Gott den Höchsten und sprach zu ihm: ,0
Herr, der du dich uns offenbarst, du kannst ihn wieder ins Leben
rufen.
31. Gieb ihm noch längeres Leben, o du, der du auf dem
Throne sitzest, um der Verdienste des Propheten, unseres hehren
Moses willen! Er möge sich jetzt erheben und wandeln und auf
seinen Püssen zu seiner Mutter gehen!"
32. Während er noch betete und niederkniete, da wurde der
Kleine wieder lebendig, liebe Zuhörer! Er setzte sich aufrecht
hin und ging auf seinen Püssen zu seiner Mutter.
33. 0 Herr! bringe unsere Todten zum Leben, wie du den
kleinen Jona wieder ins Leben gerufen hast, und Michael möge
für uns sprechen ; er möge die Posaune in die Hand nehmen !
34. Wenn er jene Posaune bläst, dann werden sich die Juden
aus den entferntesten Gegenden versammeln und sich bemächtigen
der Länder der Ungläubigen , und an dem König der Edomiter
wird Rache genommen werden.
35. Kommt doch und seht, wie wunderbar sich alles gestaltet,
wenn die Söhne Moses sich (von den Andersgläubigen) absondern;
er (der Messias) wird dann seines Weges dahergezogen kommen,
und es giebt niemand, der ihm dazwischen reden könnte.
36. Wir erbitten von Gott , dem Herm , er möge uns diese
Zeit erleben lassen , damit wir die göttliche Hilfe mit unsern
eigenen Augen sehen im Angesichte des Herrn; er sei gepriesen!
Zum Schlüsse möchten wir Herrn Dr. Hii-schfeld unsem Dank
aussprechen , dass er durch die Veröffentlichung des vorstehenden
Gedichtes die spärliche Litteratur, die wir über den jüdisch-
magrebinischen Dialekt besitzen, wesentlich bereichert und uns für
unsere weiteren Studien interessantes Material geliefert hat.
39
Die apologetische Schrift des Salomo b. Adret
gegen einen Muhammedaner.
Salomo b. Adret, der angesehenste Rabbiner seiner Zeit, der
das Judenthum gegen die Angriffe christlicher Zeitgenossen , be¬
sonders gegen diejenigen Raymund Martins vertheidigte, verfasste
auch eine Schrift gegen , einen Muhammedaner, der über die
Religionen ein Buch geschrieben', welche von Perles in seiner
Arbeit über Salomo b. Adret ') herausgegeben wurde -). Dieser
bisher unbekannt gebliebene Schriftsteller ist Abü Muhammed
Ahmed b. Hazm, gegen dessen Kitäb al-milal wa-l-nihal die
Schrift Ibn Adrets gerichtet ist, wie dies aus der folgenden Ver-
o-leichung der bei Ibn Adi-et theils auszüglich, theils wörtlich an¬
geführten Stellen mit den Worten Ibn Hazms im Kitäb al-milal •')
hervorgeht.
Ibn Adret, S. N. n73 mnincn yn nso "»a ms imbao nbnm
mDTn -^-Q piNT bNi inbD üv mDin i?^ rmni bN icon on"i»
Ihn Hazm, Milal, Bl. 86 a heisst es, nachdem I. H. die biblische
Erzählung Gen. XXXVIII mitgetheilt hat: Ij^ j JV._t_r>Oi jls
1) E. Salomo b. Abrabam b. Adereth. Sein Leben und seine Schriften.
Breslau 1863. Dass Adret zu lesen sei, hat Kaufmann, „Die Sinne" S. 19, nachgewiesen.
2) Beilage I mmn by laniB bN??:©-' b? IKNU. Ueber diese
Schrift handelt Perles S. 57. 77, Note 1. 18. 83. Graetz , Geschichte der Juden VU, 8. 179fr. Steinschneider, Polem. und apol. Lit. S. 363.
3) Für die bier mitgetheilten Stellen habe ich die HS. Nr. 216 N. F.
der k. k. Hofbibliothek in Wien benützt.
Von Martin Schreiner.
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