Die segenssprechung über Mohammed im bittgebet
und in der bitte
Von Fritz Meier, Basel
1. Im bittgebet
Das islamische ritualgebet (saläh) wird entweder „richtig" oder
„falsch" durchgefiihrt. Es ist gültig oder ungültig. Es wird nieht
„erhört", sondern, wie gewöhnlich gesagt wird, „angenommen" (maq¬
büla). Im christlichen Sprachgebrauch der kopten bezeichnet das
gleiche arabische wort (saläh), wie unser orare und „beten", die gebete
schlechthin, die liturgischen und die privaten. $allä 'alä kann bei den
kopten „beten fiir jemand" heissen, aber auch „konsekrieren" oder
„segnen", zum beispiei wasser oder öl". Die nächtlichen „gebete" (saläh)
und „lesungen" (qirä'a) des patriarchen sollen dem umayyaden HiSäm
(105-125/724-743) in Damaskus eine quelle des friedens gewesen
sein. Er wollte sie „hören"". Man „betete" (sallä) das evangehum'. Man
wirft dem patriarchen Dionysius vor: Du hältst abgesondert mit deinen
gefahrten die messe (tuqaddis). Er entgegnet: Wir unterlassen nicht zu
beten (salätanä), weder nachts noch tags* — messe und gebet also eins.
Einige zeilen weiter: Sie sollen ihre gebete beten (yusallü salawätihim)
und ihre messen lesen (yuqaddisü qiMasaiihim)" — gebet und messe
also zweierlei. Aber auch eindeutig bittgebete können gemeint sein:
Höre meine saläh und erhöre mein du'ä'^ — offenbar ein hendiadyoin.
Diese christlichen salawät werden von Gott gehört und erhört und ange¬
nommen. Im arabischen westen, aufder iberischen halbinsel, war snläh
die arabische Übersetzung von messe. Pedro de Alcalä (1505) gibt in sei-
' Severus ibn al MuqafTa': Alexandrinische Patriarchengeschichte. Ed. Chr. F.
Seybold. Hamburg 1912, 67, 18; 179, 10.
^ Ib. 145, 7-9.
' lb. 57, 9.
* Ib. 29, 9-10.
= Ib. 29, 22-23.
" H. A. Winkler: Salomo und die Marina. Stuttgart 1931, 98, pu.
Die segenssprechung über Mohammed im bittgebet und in der bitte 365
nen handbüehem ( Vocabulista und Arte) fiir die christliche mission unter
den moriscos fiir messe: galä, pl. galaguat (= saläh, pl. salawät)^, und fiir
den satz „ich gehe in die kirehe, um die messe zu hören" : ani namxi la
gimie bex nazmdä a calid (= ana amSi ilä l-^ämi' likay asma'a ssaläh)'^.
Diese spanische gleichung zeigt vielleicht besser als die koptischen bei-
spiele, worum es beim islamischen ritualgebet geht.
Das ritualgebet kann vorn und hinten eingerahmt sein von segens-
sprechungen über Mohammed, von der ta^liya^, wie ich kurz sagen will
(in den texten meist assaläh 'alä n-nabi). Die tasliya im sogenannten
bittgebet der eröfihung (du'ä' al-iftitäh) vor dem ritualgebet wurde nur
ausnahmsweise als pflieht betrachtet, so von einem sonst unbedeuten¬
den hanbaliten Abü Bakr b. Abi Magd b. Mugähid as-Sa'di ad-Dimaäqi
al-Mi^ri (gest. 804/1402)'". Anders die tasliya&m schluss des ritualge-
bets, wo sie, ganz am ende, im sogenannten „letzten" oder „zweiten
taSahhud" gesprochen wird und möglicherweise schon von Mohammed
in den letzten jähren seines lebens, zwischen 5/627 und 11/632, näm¬
lich nach der offenbamng von sure 33,56, hingesetzt worden ist. Sure
33,56 lautet: „Gott und seine engel segnen den profeten. 0 die ihr
glaubt, segnet auch ihr ihn und grüsst ihn, so schön ihr könnt!"" Die
jünger Mohammeds fragten, wie denn nun ihre segenssprechung zu lau¬
ten habe, und bekamen darauf die formel zu hören, die jetzt im letzten
taSabhud steht'^ und die, weil Abraham darin vorkommt, setläh ibrähi-
' Petri Hispani de lingua Arabica libri duo. Ed. Paul de Lagarde. Göttingen
1883, 312, 7-9. Robert Ricard: Remarques sur VArte et le Vocabulista de Fr.
Pedro de Alcalä. In: Memorial Henri Basset. Paris 1928, 2, 232.
" Petrus Hispanus 31, 21-22. Ricard 234.
' In dieser form (der 2. Stammform) faUen die wurzeln §lw „beten" und §ly
„braten" zusammen. Edmond Douttä glaubt, darin eine spur zu erkennen, dass die araber ursprünglich auch brandopfer dargebracht hätten; Magie et reli¬
gion dans VAfrique du Nord. Algier 1908, 453, 1-2. — Im arabischen Sprachge¬
brauch ist der Infinitiv tasliya für unsere segenssprechung nicht beliebt. Man dachte an wa-ta.?liyat ^ahim „und schmoren in einem höUenbrand" (sure 56,94) Aber saläh würde hier zu missverständnissen fiihren.
Sahäwi: Ad-daw' al-lämi' li-ahl al-qam at-täsi'. Kairo 1353-1355, 11, 67, 7-8, aus Maqrizis 'Uqüd.
" Der persische begriff duröd/durüd-i Sarif „die heilige tasliya" kann diese
koranische formel bezeichnen, so bei Muhammad Husayn-i Tasbihi: Rasm-i qui
u dastärbandi dar Päkistän. In: Hunar u mardum nr 171 (jähr 2535 k), 34. Er
kann aber auch eine andere formel bezeichnen, etwa „o Gott, segne und grüsse den herrn der Schöpfung Mohammed und seine familie! ", so bei 'Iwad-i Buhäri:
Tar§uma-i (älibin wa idäh-i sälikin. Ed. M. Molä. In: Farhang-i Iränzamin 8,
1339, 130/sonderdruck 39 (fa^l 3).
Muslim, §aläh 17, bd 1, 305-306. Buhäri, tafsir zu sure 33,56.
366 Fritz Meier
miyya oder wegen ihrer Vollständigkeit auch saläh tämma „volle tas-
liya"^^ heisst. Mohammed soll sie als armenabgabe des ritualgebets und
ein ritualgebet ohne sie als fiir Gott „unannehmbar" bezeichnet haben'*.
Der damals noch nicht 15-jährige profetengenosse Sahl b. Sa'd as-
Sä'idi will gehört haben: Kein ritualgebet hat, wer nicht den sogen über
den profeten spricht'^, was etwas merkwürdig anmutet in der 3. person.
Das ritualgebet sei nicht fertig ohne tasliya, interpretierte man, oder
man müsse wenigstens einmal im leben den sogen über Mohammed ge¬
sprochen haben oder sprechen, damit das gebet gültig sei'*. Die pflicht-
stufe ist nämlich sowohl in der sunna als auch in der schia" strittig. Ist
die tasliya im letzten taiahhud blosse empfehlung oder unabdingbare
pflieht? Für eine pflieht hielt sie Säfi'i (gest. 204/820)'*. Andere Hessen
es bei der blossen empfehlung bewenden. Dem sonst so eifrigen Ver¬
ehrer des profeten, dem mähkiten kadi 'Iyäd (gest. 544/1149) maehte
man es zum Vorwurf, dass sogar er auf dieser seite stand'*.
Hier soll jedoch vom bittgebet {du'ä') gehandelt werden, und dieses
steht nicht im rang eines „pfeilers des islams". Kultische reinheit ist
dazu nicht erforderlich. Es wird zwar, so Gott will, auch angenommen,
man sagt aber viel häufiger und fach- und sachgerechter „erhört"
{mu^äb). Mohammed soll nun den erfolg auch eines bittgebets von der
segenssprechung über ihn abhängig gemacht haben. In einzelheiten
weichen seine sätze voneinander ab. Einprägsam ist eine formuherung,
die die tasliya dreifach mit dem bittgebet verknüpft: „Behandelt mich
nicht wie der reiter sein wassergefäss! Will er losziehen, so hängt er
sein trinkgehänge an und fiillt noch ein gefäss mit wasser. Wenn er es
dann zum waschen braucht, wäscht er sich damit. Wenn er es zum trin-
'^ Sa'räni: Af-tabagät al-kubrä. Kairo 1954, 2, 73, unten (nr. 318). Braulio Justel Calabozo: La Hidäya de al-Rayräyi {un Espejo de Prineipes medieval).
Madrid 1983, arab. 77/span. 166. — Doch kann saläh tämma auch appeUativisch
„voUständiger segen" gebraucht werden; Sahäwi: Al-qawl al-badi'fi ssaläh 'alä l-habib aS-Safi'. Medina-Beirut o.j. 50, 19.
'* Däraqutni: Sunan. Kairo 1966, 1, 355.
Ibn Mäga, tahära 41, bd 1, 140.
Ibn al-Qa9?är bei kadi 'lyäcj: AS-Sifä bi-ta'rif huqüq al-musfafä. Kairo 1977, 2, 632.
" Tüsi: Al-istibsärfimähtulifaminal-ahbär.Na^aio.i. 1,341-344. Tahdibal- ahkäm. Nagaf 1378-1382,"2, 139, 159, 320; 2, 140, 158, 318.
K. al-umm. Bulaq 1321-1326, 1, 102. 'Iyäd: Sifä, 2, 628-630. Nawawi: Al- adkär, al-muntahab min kaläm sayyid al-abrär. Beirut 1973, 63. Erörtert von Ibn Qajfyim al-öawzij^ya: öalä' al-afhäm fi ssaläh wa-s-saläm 'alä hayr al-anäm.
Kuweit-Beirut 1977, 185fi".
"* Muhibbi: Huläsat al-atar fi a'yän al-qam al-hädi 'aSar. Kairo 1284, 3, 186.
Die segenssprechung über Mohammed im bittgebet und in der bitte 367
ken braucht, trinkt er davon. Wenn nicht, leert er es aus. Setzt mich
vielmehr in die mitte, an den anfang und an den schluss des
bittgebets!""" Ähnlich und doch anders die fassung: „Immer wenn du
deinen Gott um etwas bittest, beginn mit dem lob Gottes, bringe dann
als zweites die segenssprechung über deinen hochgelobten profeten vor!
Setze deine segenssprechung über ihn an den anfang, in die mitte und
an den schluss deines bittgebets! Entfalte in deinem lob für ihn seine
grossartigen ruhmestitel! Dadurch wirst du einer, dem sein bittgebet
erhört wird."^' Mit einer zwiefachen Verkettung, einer einklammerung
des bittgebets durch die tasliya am anfang und am schluss, begnügt sich
ein drittes wort: „Wem ein anliegen der religion oder der weit zu schaf¬
fen maeht, der spreche viel den segen über mich, denn Gott geniert sieh,
seinem knecht etwas abzuschlagen, wenn dessen bittgebet zwischen
zwei segenssprechungen über mich steht, einer vor und einer nach der
bitte. "^^ Kürzer: „Ein bittgebet zwischen zwei segenssprechungen wird
nicht zurückgewiesen."^' Zugegebenermassen nicht von Mohammed,
sondem von dem syrischen frommen Abü Sulaymän ad-Däräni (gest.
215/830) stammt die gleiche Weisheit mit einer begründung: „Wer Gott
um die erfiillung eines anliegens bitten möchte, beginne mit der segens¬
sprechung über den profeten, bitte dann Gott um sein anliegen und
schliesse mit der segenssprechung über den profeten, denn die bitte,
den profeten zu segnen, wird immer angenommen, und Gott ist zu edel¬
mütig, das, was dazwischen steht, zurückzuweisen."^* Und dieser
Mit Varianten. Ahmad b. Ma'add b. Tsä b. Wakil at-Tugibi al-Uqli§i (aus Ucles in Spanien, gest. 550/1155 in Qü§ aufder rückkehr von Mekka, Maqqari:
Analectes sur I'histoire et la litterature des Arabes d'Espagne. Publ. par R. Dozy
u.a. Leiden 1855-61, 1, 872-873, einiges bei Yäqüt: Geogr. Wb. Ed. F. Wü¬
stenfeld. Leipzig 1866-70, s.v. Uqliä, 1, 339): Anwär al-ätär fi fadl aß- saläh 'alä n-nabi al-muhtär, 40 hadite, bei Bärizi: Tawtiq 'urä l-iniän, hs. Sprenger
127b,200a-b (Ahlwardt nr 2569). Ihn al-Qayyim: Öa/ä', 212. Subki: Tabaqät
aS-Säfi'iyya al-kubrä. Ed. Tanähi und Hulw. Kairo 1964-1976, 1, 176. Sahä¬
wi: Al-qawl al-badi' fi ssaläh 'alä l-habib aS-Safi'. Medina-Beirut o.j. 221-222.
Kuhni: Al-usül min al-Käfi. Teheran 1375-77, 2, 492. Ibn al-öawzi: Bustän al-
wä'i?in wa-riyäd as-sämi'in. Kairo 1934, 305. Gekürzt zu „am anfang und am
schluss" bei Jlubayäi: Al-baraka fi s-sa'y wa-l-haraka. Kairo 1354, 172. E. W.
Lane: Arabic-English Lexicon. London 1863-93, qadah.
2' Sahäwi: Qawl, 221.
Ibn al-öawzi: Bustän al-wä'izin, 295.
2' Sahäwi: Qawl, 223.
^* Gazzäh: Ihyä' 'ulüm ad-din. Kairo 1957, 1, 309. Ibn al-Qa3^m: öalä', 212.
Sahäwi: Qawl, 223 und 233, var. Muhammad b. Sulaymän al-öazüli: Dalä'il
al-hayrät, einleitung (vor den ahzäb). Dazu einige ausfiihrungen in dem kom-
mentar des Muhammad al-Mahdi b. Ahmad b. 'Ali b. Yüsuf al-Fäsi al-Qa^ri
368 Fritz Meier
könnte sie von öa'far a^-^ädiq (gest. 148/765) haben, der sie schon vor
ihm mit fast den gleichen werten ausgesprochen hatt«^^. Noch früher
und vereinfacht zu der forderung nur einer einzigen tasliya steht diese
fassung aber sogar schon in einem ganz ähnlichen wort des sehr alten
muslims Abü d-Dardä' (gest. 32/652): „Wenn ihr Gott um etwas bittet,
so beginnt mit der segenssprechung über den profeten, denn Gott ist zu
edelmütig, von zwei anliegen, um die er gebeten wird, eins zu erfiillen
und das andere zurückzuweisen"."'' Er soll es aber als ipsissimum ver¬
bum des profeten zitiert haben mit der wendung „segenssprechung über
mieh", nicht „über den profeten"^'. Es lässt sich zeigen, dass überra¬
schenderweise der älteste der drei frommen, Abü d-Dardä', der wahr¬
scheinlichste Urheber des spmches ist. Es gibt andere sätze, die den
segen über Mohammed im bittgebet nur einmal fordern, sätze, die viel¬
leicht eher aussieht haben, von ihm selbst zu stammen. So etwa: „Wenn
einer von euch um etwas betet, beginne er mit dem lob und preis Gottes,
spreche dann den segen über den profeten und bete dann um das, was er
will."^" Ibn Qayyim al-öawziyya fasst die drei möghchkeiten zusam¬
men:
1) Segenssprechung über den profeten nur einmal : nach dem lob Gottes
und vor der eigentlichen bitte
(gest. 1109/1698): Matäli' al-masarrät bi-^aW Dalä'il al-hayrät. Kairo 1970,
36-38. Der kommentator ist bei C. Brockelmann: Geschichte der arabischen
Litteratur [GAL]. Leiden 1937-49, 2, 253/S 2, 360 nicht mit dem richtigen ver¬
fassemamen eingeordnet. Der Verfasser ist Muhammad al-Mahdi, der S 2, 703
einen eigenen artikel hat. Das dictum Däränis wird oft zitiert, so auch von 'Abd-
a^^amad at-Tihämi Gannün (gest. 1352/1934): An-nasaq al-gäli wa-n-najas al-
'äli Sarh nasihat Abi l-'Abbäs al-Hiläli. Kairo 1973, 590. Der erste teil wird auch als wort des profeten ausgegeben und in folgenden zwei formen überliefert: „Die segenssprechung über den profeten wird nie zurückgewiesen" (gemeint ist die bitte an Gott, Mohammed zu segnen, und das gute werk, das in der segensspre¬
chung liegt). „Alle werke können angenommen oder zurückgewiesen werden,
nur die segenssprechung über mich nicht, die nur angenommen, nie zurückge¬
wiesen wird"; Muhammad Tähir b. 'Ali al-Hindi al-Fattani: Tadkirat al-mawdü- 'ät. Bombay 1343, 89.
'''' Kulini: Al-usül min al-Käfi, 2, 494, nr 16. Erweitert um das gebot, den
segen aueh über die familie Mohammeds zu sprechen, wie in manchen andem
fällen auch. Der spmch fmdet sich nicht im artikel über Ga'far bei Abü Nu'aym:
Hilyat al-awliyä'. Kairo 1932-1938, 3, 192-206.
Sahäwi: Qaivl, 233. Ibn ad-Dayba': Tamyiz af-fayyib min al-habit fimä
yadür 'alä alsinat an-näs min al-hadit. Kairo 1324, 119-120. Ahmad b. al-Mubä¬
rak (al-Lamati): Al-ibriz (fi manäqib sayyidi 'Abdal'aziz). Kairo o.j., 329 (im 11.
kapitel).
" Ihyä' 1, 309.
^* Ibn al-Qayyim: Öalä', 211.
Die segenssprecliung über Moiiammed im bittgebet und in der bitte 369
2) Segenssprechung zweimal : am anfang und am schluss des bittgebets
3) Segenssprechung dreimal: am anfang, in der mitte, am schluss'"
Sein lehrer Ibn Ta3Tniyya (gest. 728/1328), der mit allen auswüchsen
der frömmigkeit streng ins gericht ging, erkennt die tasliya als ein lega¬
les, ja vorgeschriebenes gebet an Gott zu gunsten Mohammeds an und
sieht daher kein hindernis gegen eine tasliya im bittgebet. Lieber dies,
sagt er, als beschwörungen Gottes „beim ansehen i^äJi) des profeten"
und dergleichen, wofür sich gar nichts gesetzliches anfuhren liesse'".
Davon wollte er nichts wissen. Der hinweis verrät, dass die tasliya im
bittgebet die rolle einer beschwörung übemommen hat. Zwischen den
vielen bittgebeten mit tasliya, die Abü Tälib al-Makki (gest. 386/996) in
seiner Sammlung am leser vorüberziehen lässt, guckt noch eines mit
einer echten beschwömngsfomiel hervor: „0 Gott, ich bitte dich bei
deinem profeten Mohammed, bei deinem freund Abraham" usw." Das
islamische gebetsieben hat beides, die tasliya und die schwurfonnel,
neben- und sogar miteinander bis auf den heutigen tag bewahrt, obwohl
das eine das andere ersetzen könnte und vor dem strengsten auge des
gesetzes, wie wir eben gehört haben, nur die tasliya unanfechtbar ist.
Angebliche Sprüche Mohammeds verdeutlichen die notwendigkeit,
die bittgebete mit einer segenssprechung über ihn zu versehen, durch
kräftige bilder. Nach einer zayditischen überliefemng soll er die segens¬
sprechung als den „passierschein eures bittgebets" {^awäz du'ä'ikum)
bezeichnet haben'^. Prof et, imame und kahfen lassen einem bittgebet
ohne diesen pass keine chance. Das bittgebet, so sagen sie, brauche
gewissermassen den schuh der tasliya, um überhaupt hochzukommen
und den himmel zu erreichen. Ohne diesen auftrieb oder ausweis flattere
es einem um den köpf bleibe zwischen himmel und erde hängen (mu'al-
laq), angehalten {mawqüf), vom himmel abgesperrt {mahbüb), werde auf
eine wölke zurückversetzt (tur^a'u 'alä sahäba), ein schleier oder ähnli¬
ches (hi^äb) versperre ihm den weg nach oben. Der schleier werde erst
zerrissen, wenn der segen über Mohammed gesprochen werde".
2» Öalä' 211.
'" Ibn Taymiyya: Qä'ida ^alila fi t-tawasml wa-l-wasila. Beirut 1979, 150- 151.
" Qül al-qulüb. Kairo 1932, 1, 12, 12.
'" Yahyä b. al-IJusayn Abü Tälib: Taysir al-matälib fi amäli l-imämAbi Tälib, Beirut 1975, 353. Eine andere lesart hat „beschützerin" [muhnza) statt „pass";
Sahäwi: Qawl, 128, 4. Mit der arabischen schrift zusammenhängender Wechsel
von ^wz und hrz.
'' Ismä'il b. Ishäq al-öahdami: Faäl assaläh 'alä n-nabi. Beirut 1977, 69.
Kulini 2, 491, 493. Ibn Bäbawayh: Tawäb al-a'mäl wa-'iqäb al-a'mäl. Nagaf
370 Fritz Meier
Die sitte, das bittgebet nicht ohne tasliya auf die reise zu schicken,
scheint sich denn auch schon früh einen platz in der praxis erobert zu
haben. Im folgenden einige wahllos herausgegriffene beispiele schon
vom 1./7. jahrhundert an:
Muslim b.'Aqil bat vor seiner Hinrichtung in Kufa im jähr 60/680 Gott um Ver¬
gebung, sprach den segen über Mohammed, die andern profeten und die engel
und ersuchte Gott, zwischen der partei der 'aliden und den verräterischen kufiern die entscheidung zu fällen'''. Al-Hasan al-Ba§ri (gest. 110/728) rief in
Zeiten der not Gott an und sprach den segen über Mohammed, bevor er seine
bitte vortrug^'. Er betete angesichts der persönlichen bedrohung durch den gou¬
vemeur Haggäg: 0 der du meinen mf hörst . . . bei khy's, th, ys'^ und dem wei¬
sen koran, segne^' Mohammed und die famüie Mohammeds, die reinen, ver¬
schone mich mit seinem (sc. des Haggäg) bösen und dem bösen jedes boshaften, bewahre mich vor Haggäg, seiner partei, seinen gesinnungsgenossen und seinen Soldaten . . . Und segne, o Gott, unsem herrn Mohammed, das siegel der profe¬
ten, und grüsse ihn aufs beste!'" Hier haben wir die zwiefache tasliya. Mit einer einzigen tasliya und langer prädikation soll öa'far as-^ädiq (gest. 148/765) in seinen nöten" und soll auch imam Ridä im (gest. 203/818) in seinem fluchgebet
1972, 155. Uqliäi bei Bärizi: Tawtiq 'ura l-iman, hs. Sprenger 127 b, 200 a-b.
'Iyäd: Sifä, 2, 635. Ibn al-öawzi: Bustän, 305. Nawawi: Adkär, 108. Muhammad
b. Müsä b. an-Nu'män (gest. 683/1284, Brockelmann: GAL. 1, 384-385):
Misbäh af-zaläm fi l-mustagitin bi-hayr al-anäm, bei Bärizi, hs. Sprenger 127 b, 48a. Subki: Tabaqät, 1, 176. Ibn al-Qayyim: öalä', 212. Yäfi'i: Al-iriäd wa-t- tafriz fifa4l dikr alläh ta'älä wa-tiläwat kitäbihi l-'aziz. Kairo 1378, 236 (kp. 7).
Sahäwi: Qawl, 222-224. Mugir ad-din al-Hanbali: Al-uns (oder ins) al-^alil bi-
tärih al-Quds wa-l-Halil. Amman 1973, 1, 223. Muhammad §iddiq Hasan Hän
Malik Bhöpäl: Nuzul al-abrär bil-'ilm al-ma'tür min al-ad'iya wa-l-adkär. Kon¬
stantinopel 1301, 166. — In einem missratenen sehiitischen hadit, in dem von einem bittgebet zuerst gar nicht die rede ist, reicht die segenssprechung über den profeten allein nicht aus. Es braucht als Schrittmacher noch den segen auf
„die leute seines hauses". Die auslassung dieses Zusatzes schafft siebzig schleier
zwischen der segenssprechung (sie) und dem himmel, und Gott wimmelt das
bittgebet (sie) des unterlassungssünders ab; Ibn Bäbawayh: Tawäb al-a'mäl, 157, apu-ult.
'* Abü 1-Farag al-I?fahäni: Maqätil at-tälibiyyin. Kairo 1949, 107, unten.
Tabari: Annales. Leiden 1879-1901, II, 267, 16-18. In Magä«i/ist die doxologie falsch abgesetzt. „Seine profeten, gottgesandten und engel" gehört zum gebet, nicht zur doxologie.
Ibn al-öawzi: Al-Ifasan al-Basri. Ed. SANDtJBl. Kairo 1931. (Rasä'U nä¬
dira.), 41.
'° Krjfptogramme der suren 19, 20 und 36.
" Lies §alli.
'** Ibn al-öawzi: Ifasan, 42.
'" Sahäwi: Qawl, 219 (verbunden mit schwüren „bei jedem namen, den du
dir in deinem buch gegeben hast" u.ä., wie auch sonst oft).
Die segenssprecliung über Mohammed im bittgebet und in der bitte 371 gegen den kalifen Ma'mün gebetet haben'"'. Eine recht alte anweisung über das verhalten am grab Mohammeds in Medina, mitgeteilt von Ibn 'Abdrabbih (gest.
328/940), schreibt vor, dass man nach der begrüssung des profeten, Abü Bakrs und 'Umars sich nach Mekka umwenden und zuerst den segen über den profeten und erst dann die gewünschten bittgebete sprechen solle*'.
Besonders willkommen sind beispiele auf stein oder holz, da hier nur selten spätere bände den ursprünglichen Wortlaut verfälscht haben. In einer insehrift
vom jähr 363/974 auf holztafeln wendet sich der zwölferschiitisehe böyide
'Adud ad-dawla Abü Sugä' Fannä-Husraw nach der basmala an Gott mit der
bitte: 0 Gott, segne Mohammed und seine familie und lass meinen glauben zur Vollendung gelangen, mache meine rechte band zur besten rechten, lass meine intention zur besten intention und mein werk zum besten werk gedeihen! 0 Gott
... 0 Gott, segne Mohammed und seine familie und erspare mir sorgen, die
mich ablenken könnten, stelle mich an für das, wonach du mich dereinst fragen wirst usw''^. Auf stein wären unzählige grabinschriften zu nennen, in denen die hinterbliebenen nach der tasliya nicht für sich, sondern für den verstorbenen
um erbarmen beten. Typus: 0 gott, segne den profeten und erbarme dich des
soundso! Angeblich aus Syrien schon um 200/815-816: Basmala. 0 Gott, segne
Mohammed und die famihe Mohammeds, wie du gesegnet hast Abraham und die
famihe Abrahams, du bist hochgelobt und preiswürdig. Ich bitte dich, o Gott, vergib 'Abdalwadd (?) b. Yahyä seine Sünden, die alten und die neuen, erleuchte sein grab, öffne ihm weit den eingang (ins paradies) und lass sein gesieht erblü¬
hen . . Aber gut bezeugt erst später, und zwar aus dem niltal, das diese formel eifersüchtig hütete und nie exjiortierte, wenn man dem Repertoire, chronologique d'epigraphie arabe so weit folgen darf Sie erscheint dort ziemlich dicht bis ins 6./12. jh. und vereinzelt in Oberägypten noch im 8./14. jh.*'', tritt aber ausser
*" Ibn Bäbawayh: Ahbär ar-Ridä. Nagaf 1970, 2, 170-171/ Ibn Sahrääüb:
Manäqib äl Abi Tälib. Nagaf 1956, 3, 456.
" Ibn 'Abdrabbih: Al-'iqd al-farid. Kairo 1353/1935, 4, 286, unten/übers.
Muhammad Shafi': A Description of the Two Sanctuaries of Isläm by Ibn 'Abd
Rabbihi (f 940). In: 'Aäabnäma. A Volume of Oriental Studies Presented to Edward
G. Broume. Cambridge 1922, 434, unten.
Repertoire chronologique d'epigraphie arabe. Le Caire 1931 ff. 5, nr 1831. Es folgt in der gleichen insehrift noch eine lange tasliya-lit&nei auf Mohammed und die zwölferschiitischen imame, wie sie auch sonst mehrfaeh belegt ist. Ich lese statt anbih durch Verwandlung des b in ein t intahi.
'" Repertoire 1, nr 114.
'''' Ich stütze mich auf das Repertoire , in dem noch nicht der ganze inschriften- bestand der zeit aufgenommen ist. Die letzten ausläufer der ßalli-wa-rham-ioT- mel sind bd 13, nr 4923 von 689/1290 aus Assuan und bd 15, nr 5635 von 733/
1333 aus Täfa in OberägjTsten. In bd 1 1, nr 4276 sind ein beispiei aus Ankara
und nr 4293 und 4294 zwei beispiele aus Mosul, letztere mit wa-gfir und wa-
taqabbal statt wa-rham, alle aus dem 7./13. jh. verzeichnet. Reine igfir-, irham- und <a'a«a/-bitten ohne vorausgehende tasliya sind aus der wüste Harra und aus türkischen gegenden, aber auch sonst bezeugt. Das ist der ursprüngliche stand der dinge, der sich in Arabien bis ins I ./7 . jh. zurückverfolgen lässt; R6p. 1, nr 20 und 21.
26 ZDMG 130/2
372 Fritz Meier
auf der inselgruppe Dahlak im Roten Meer**" weder in Jerusalem oder Qayra¬
wän noch sonst im mittelmeergebiet auf. Aus Oberägypten 279/892: Basmala. 0
Gott, segne Mohammed, den profeten und seine famihe und grüsse sie und
erbarme dich der Fätima, tochter des Abdalläh b. Tähir b. Sulaymän . . .*" Aus
Ägypten 287/900: Basmala. 0 Gott, segne Mohammed und die familie Moham¬
meds mit dem besten segen und dem vollkommensten gruss (tahiyya) und er¬
barme dich der umm walad des al-Qäsim b. Muhammad b. Härün, habe Wohlge¬
fallen an ihr, vergib ihr . . .*" Aus Fustät 290/903: Basmala. 0 Gott, segne
Mohammed und die familie Mohammeds mit dem besten segen, den du über den
gesprochen hast, dessen rang du geehrt, dessen vorzüglichkeit du gesichert und dessen anteil an deinen reichlichen gaben und mächtigen grüssen du ihm ganz
gegeben hast, und erbarme dich des al-Miswar b. Muhammad b. Härün und ver¬
gib ihm . . .*' Überall also die captatio benevolentiae der tasliyawor dem persön¬
lichen gebet**.
**" GiovANNA Ventrone: Tre Stele provenienti daüe Dahlak in una collezione privata romana. In: Studi in onore di Francesco Gabrieli nel suo ottantesimo com- pleanno. Roma 1984, 833-835.
Repert. 2, nr 761.
*" Rep. 3, nr 812.
*' Rep.3,nT 834.
** Adolf Grohmann: Beiträge zur arabischen Epigraphik und Papyruskunde.
In: Islamica 2 (1926), 223-224 (=R^. 6, nr2142), verweist für die formel auf G.
Salmon: Notes d'epigraphie arabe, William Wright: Kufic Tombstones in the
British Museum, und M. Lanci: Trattato delle sepolcrali iscrizioni. Heute wäre auf das Repertoire chronologique 2, nr 761, und die folgenden bände zu verweisen.
Beide elemente, aus denen sie besteht, die tasliya und das gebet, kommen ein¬
zeln sehon in älteren grabschriften vor und haben sich vielleicht unter dem ein¬
fluss der bittgebetstheologie in der zweiten hälfte des 3./9. jh. zusammengefun¬
den. Auf dem begrenzten räum einer insehrift kommen aber auch das bekenntnis
zu Mohammed und das bittgebet oft nahe zueinander zu stehen. Vgl. Rep. 2, nr
454, 457, 560, 603. Nr 454 lautet: Es gibt keinen gott ausser Gott, und Moham¬
med ist sein knecht und gesandter. „Er (Gott) ist es, der seinen gesandten mit der rechtleitung und der wahren religion geschickt hat, um ihr zum sieg zu ver¬
helfen über alles, was es sonst an rehgion gibt — auch wenn es den heiden zuwi¬
der ist" (sure 9,33). Gott segne und grüsse ihn! 0 Gott, erbarme dich seiner (sc.
des verstorbenen), bei deiner barmherzigkeit, und lass bei ihm milde walten, bei deinem edelmut! — Steht in umgekehrter reihenfolge das gebet für den verstor¬
benen voran, so folgt die tasliya meist in der 3. person: Gott segne Mohammed!
und schliesst gewöhnlich die insehrift. Schon auf einem grabstein vom jähr 127/
745 aus der Umgebung von Assuan; William M. Randall: Three engraved sto¬
nes from the Moritz Collection at the University of Chicago. In: The Macdonald Pre¬
sentation Volume. Princeton 1933, 328-329. Zwei weitere beispiele Rep. 2, nr 659 (jahr 263/877), und 4, nr 1473 (jabr 344/955). Nr 659: 0 Gott, vergib ihm, ver¬
zeih ihm und lass ihn zu seinen entschwundenen vorfahren und seinen reinen
Vätern gelangen! Und Gott segne Mohammed, den profeten, und die leute seines
grossen hauses, die frommen! — In einigen fällen wird Gott bei Mohammed
beschworen, gnädig zu sein; Rep. 1, nr 221 und 225. Nr 221: O Gott, erbarme dich seiner Vereinsamung, erheitere ihm die Verlassenheit, festige seine spräche
Die segenssprecliung über Mohammed im bittgebet und in der bitte 373 Ta'älibi (gest. 429/1038) stellt den stillsten seiner zeit eine tasliya vor, die mit
der Wendung beginnt: Gott segne Mohammed, mit dessen erwähnung die bittge¬
bete am besten eröffnet werden und mit dessen segnung (passiv) am besten um
den erfolg der ansuchen gebeten wird*". Im fernen westen, an der atlantikküste
Dukkälas, spraeh einmal ein frommer Ibrähim b. Müsä, bekannt als A^äsäy
(gest. um 615/ 1218), vor vielen menschen tausendmal die basmala, tausendmal
die hamdala und tausendmal den segen über Mohammed und betete dann tau¬
sendmal gegen einen ungerechten Steuereinnehmer oder gouvemeur der
gegend. Noch am gleichen tag fiel dieser in ungnade''". Ein sehr frommer mann
und grosser Wohltäter von Granada, Muhammad b. Muhammad b.'Abdarrah¬
män at-Tamimi Ibn al-Halfäwi (gest. 715/1315) wiederholte in seinen bittgebe¬
ten im anschluss an das ritualgebet bei jeder bitte, die er an Gott richtete, die
segenssprechung über Mohammed, den er sich zum mittler nahm^'. Nach einer
legende fand schon Josef errettung aus der gmbe, in die ihn seine brüder gewor¬
fen hatten, dank einem gebet, das ihn Gabriel lehrte und das folgendermassen lautete: 0 schaffer alles geschaffenen, o Wiederhersteller alles zerbrochenen,
usw., ich bitte dich: segne Mohammed und die familie Mohammeds und gib mir
aus meiner läge und aus meiner enge befreiung und ausgang, beschere mir,
woher ich es versehe und nicht versehe^^. Anekdotisch und anonym: Ein par-
flimhändler aus Karh (Bagdad), der viel gutes tat und für zuverlässig bekannt war, geriet in schulden und schämte sich, vor die leute zu treten. Er blieb zu
hause, begann bittgebete und den segen über Mohammed zu sprechen und die
religiösen pflichten zu erfüllen und kam dann durch die hilfe des profeten zu¬
reeht^'. Ein anderer, den schwere not bedrängte, klagte es seinem seheich. Der scheich erblickte im träum den profeten. Der profet verriet ihm ein mittel, das
ehrlich angewandt in jedem fall helfe. Der mann solle hundertmal „preis sei
Gott", hundertmal „lob sei Gott", hundertmal „Gott ist gross", hundertmal „o Gott, segne Mohammed, den illiteraten profeten", hundertmal „es gibt keinen gott ausser Gott, ihn allein, er hat keinen teilhaber", sagen, zwölf verbeugungs- einheiten verrichten, hernach ein bittgebet sprechen, dann zwei verbeugungs- einheiten verrichten, dann die letzten fünfzig verse von sure 2 rezitieren, dann
viemndzwanzig Verbeugungseinheiten verrichten und anschliessend folgendes
bittgebet sprechen . . . Der mann tat das, und die drangsal, unter der er gelitten hatte, verschwand"''. Mit nicht weniger grobem geschütz fuhr ein berberischer
bei dem verhör, öffne seiner seele die tore des himmels und setze ihn hinein, bei
Mohammed! Gott segne und grüsse ihn! ... 0 Gott, erspare ihm jeden sehrek-
ken diesseits des paradieses usw. (Die Übersetzung prfes de Mahomet ist falsch.) Abü Mandür 'Abdalmalik at-Ta'älibi: Sihr al-baläga wa-sirr al-barä'a.
Damaskus 1350, 12, 7-8.
Tädili: At-taSawwuf ilä ri^äl at-taßatoufuf. Ed. Adolphe Faure. Rabat
1958, 437.
°' Ibn al-Hatib: Al-ihäla fi tärih Öarnäta. Kairo 1973-76, 3, 272.
Ta'labi: Qi^as al-anbiyä'. Kairo 1325, 72.
Ihn an-Nu'män (gest. 683/1284): Misbäh az-zaläm fi l-mustagitin bi-hayr al-anäm fi l-yaqa^a wa-l-manäm (Brock. GAL 1, 385), bei Bärizi: Tawtiq 'urä l-
imän, hs. Sprenger 127b, 12b.
^* Ibn al-Hägg: Al-mudhal. Kairo 1929, 4, 129.
26*
374 Fbitz Meier
?üfi, namens Muljammad b. Ahmad (gest. 1251/1835), aus dem Süs auf. Er
behauptete, eine dreihundertmalige segenssprechung vor dem bittgebet ge¬
währleiste erhörung, und zementierte diesen „himmelzwang", indem er die ta?-
%a tausendmal, in vierpaketen (300 -I- 200 + 300 + 200), und dazwischen jedes¬
mal das bittgebet sprach''^'*. Ein mauretanischer tigäni des 13. /19. jh. begrün¬
dete die Zusammensetzung der tigänischen ordenslitanei (wird), in der den bit¬
ten um Sündenvergebung die tasliyät folgen, gewaltsam mit der Weisheit aus
dem hadit, dass mit der segenssprechung die sperre für das bittgebet vor dem himmel weggeräumt werden müsse''^. In Wirklichkeit haben die beiden bestand¬
teüe nichts miteinander zu tun, oder sind anders, gerade umgekehrt, miteinan¬
der verknüpft, wie ein anderer tigäni sagt: Die bitte um Vergebung soll erst die nötige reinheit für die segenssprechung schafien"''. Aus neuster zeit: Ein hal- wati, der das lehrgedicht Bulgat al-mund wa-muStahä muwaffaq sa'id des Musta¬
fä 1-Bakri (gest. 1162/1749) kommentierte, erklärt das lob und den dank, den der dichter Gott am anfang spendet, sofistisch als eine art bittgebet, da nach sure 14,7 Gott danksagungen mit nur um so mehr gaben vergelte''*, und rechtfer¬
tigt die darauffolgende tasliya des gedichts damit, dass ja „die erhörung unserer
bittgebete an unsere segenssprechung über unsern herrn und gebieter Moham¬
med geknüpft {mawqüj)" sei. Der kommentar ist 1315/1897-98 geschrieben''".
Muhammad al-Muhtär as-Süsi: Al-ma'sül. Casablanca ab etwa 1960, bd 6,
213.
''* 'Ubayda b. Muhammad a§-Sagir b. Anbüga aä-Sinqit.i at-Tiäiti (gest. 1284/
1867): Mizäb ar-ralynia ar-rabhäniyyafi t-tarbiya bit-tariqa at-ti^äniyya (verfasst 1268/1850). (Kairo?) 1973, 61. Der mrrf der tigäniyya besteht aus lOOmal istig- fär, 100 mal tasliya und 100 mal haylala (= tahlll). Er umfasste von 1196/1782 bis 1200/1786 nur die beiden ersten teile, dann erst kam noch die haylala dazu;
'Ali Haräzim b. al-'Arabi Barräda al-Magribi al-Fäsi: öawähir al-ma'äni wa-
bulüg al-amäni. Neudr. Beirut 1383, 1, 51. Ein anderes werk des autors bei
Abun-Nasr: The Tijaniyya. Oxford: Univ. Pr. 1963, 191 (Ibn Anbuj; Ibn Anbüg auch im textinneren des Mizäb 195,1). 'Ubayda ist der bruder des Verfassers des Al-^ayS al-kafil (Abun-Nasr 195: Tashiti und al-Jaish al-kafil).
Muhammad al-'Arabi (b.) as-Sä'ih aä-Sarqi al-'Umari at-Tigäni (gest.
1309/1892): Bugyat al-mustafid li-Sarh Munyat al-murid. Kairo 1959, 344, 11- 18. Ich benutzte daneben noch eine andere kairener ausgäbe, ohne jahr und mit Al-^ayS al-kafil am rand.
Schon öa'far as-Sädiq soll zu dem vers gesagt haben: „Wenn Gott dir ein glück beschieden hat, dessen bestand und dauer dir am herzen fiegt, so tobe und danke einfach recht viel dafür!" 'AbdaUäh b. Muhammad aä-Sabräwi: Al-ithäf
bi-hubb al-aSräf Kairo 1318, 54. Brockelmann: GAL 2, 281, S 2, 390 hat
Subräwi, Zirikli: Al-a'läm. fab'a 2. Kairo 1954-9. 4, 274 richtig Sabräwi. Das verlangen Sahäwi: Daw' lämi'. Kairo 1353, 11, 209, und 'Abbäs b. Muhammad
b. Ahmad Ibn as-Sayyid Ridwän al-Madani: Muhtasar Fath rabb al-arbäb bi-mä
uhmila fi Lubb al-lubäb min wä^ib al-ansäb. Kairol926, 30 (mit hinweis auf
unsem autor).
''" Sulaymän b. Yünus b. 'Ali al-Öuhani aä-Säfi'i al-Halwati: Fayd al-malik al- hamid wa-fath al-quddüs al-ma^id bi-Sarh Bulgat al-murid wa-muStahä muwaffaq sa'id, na?m sa3ryidi Mustafa f-Bakri fi ädäb a^-^üfiyya 'atä t-tariqa al-halwa-
Die segenssprechung über Mohammed im bittgebet und in der bitte 375
Natürhch wurden daneben unzähhge bittgebete ohne tasliya zum himmel ge¬
schickt und sind, soweit man den Überlieferungen trauen darf, trotzdem erhört worden. Dieser tatbestand allein schon gibt, wenn ich so sagen darf, dem Parla¬
ment der theologen reeht, das nur in der wünschbarkeit (istihbäb), nicht in der notwendigkeit der tasliya im bittgebet einig war (a^mäaf.
Die Wirkung der tasliya wurde hoch veranschlagt. Man erkannte ihr
sogar eine gewisse Selbsttätigkeit zu, nicht im sinne einer direkten
beeinflussung der dinge, sondem im sinne einer frömmigkeitsleistung,
die als solche von Gott belohnt wird. Das anliegen kann in diesem fall
unausgesprochen bleiben. Die tasliya genügt. In diese richtung deutet
das angebliche wort Mohammeds: Wer täglich hundertmal den segen
über mich spricht, dem erfüllt Gott hundert anliegen, siebzig des jen¬
seits und dreissig des diesseits'"'. Noch schärfer ein anderes: Wem ein
anliegen zu schaffen macht, der spreche viel den segen über mich, denn
dies löst die knoten, hebt kummer und sorge auf und vermehrt den
lebensunterhalt"^. Unter diesem gesichtspunkt interpretieren die isla¬
mischen schriftgelehrten eine bekannte erzählung aus dem hadit
anders, als man von aussen gesehen zunächst erwarten würde. Es
heisst darin: Einer sagte zu Mohammed, er spreche viel den segen über
ihn, und fragte ihn, wie viel er davon ihm widmen solle, ein viertel?
Mohammed: Soviel du willst. Je mehr, um so besser für dich. Der mann
steigerte sein angebet: die hälfte? zwei drittel? und sagte schliesslich:
Ich widme dir all mein segensprechen. Darauf Mohammed: Damit bist
du deiner sorgen enthoben und deine Sünden werden dir vergeben. Der
gewöhnliche leser, der sich im islam etwas auszukennen glaubt, wird
unter dem, was der mann dem profeten „widmen" {fa'ala) will, das ver¬
dienst für die segenssprechungen verstehen, denn dem profeten den
lohn für ein frommes werk zu schenken, ist ein hundertfach bezeugter
brauch. Ausnahmsweise wird der satz zwar so verstanden*', die gel-
tiyya. Am rand: Tuhfat al-ahyär bi-Sarh al-Istigfärlahü aydan. Kairo 1320. Buch
und Verfasser fehlen bei SarkIs und Brockelmann. Mustafä l-Bakris ur^za
und ein anderer kommentar sind verzeichnet bei Brock. 2, 349-350.
Sahäwi: Qawl, 221.
Ibn al-Qayyim: Öalä\ 239. Kulini: U^ül, 2, 493, nr 9.
Ibn al-öawzi: Bustän, 300; etwas anders 304. Sahäwi: Qawl, 219. Nicht im
namen Mohammeds und abweichend bei Muhammad b. Ahmad aä-§ahir bi-1-
Manla in einem sammelband As-safina al-qädiriyya. Tunis 1305/neudr. Tripo¬
li-Beirut o.j., 60.
Sa'räni : Lawäqih al-anwär al-qudsiyya fi bayän al- 'uhüd al-muhammadiyya.
Kairo 1961, 285. Abü 1-Mawähib aä-Sädili (gest. 882/ 1477-1478) wih diese
deutung im träum von Mohammed selbst erfahren haben; Sa'räni, ib. 288. Die
376 Fritz Meier
tende auffassung ist aber die, dass der mann an die stelle seines bittge¬
bets oder seiner bittgebete (makän du'ä'ihi) die segenssprechung über
Mohammed treten liess, seine bittgebete durch segenssprechungen
ersetzte, nur noch für Mohammed betete und dadurch oder dafür aller
sorgen ledig wurde**. So klingt auch die anweisung, innerhalb von vier¬
zig tagen vierzigmal öazülis DaläHl al-hayrät durchzulesen, die ja nichts
anderes sind als eine sanunlung von taifliyät. Dann würden einem die
deutungen in Sahäwis Qawl 139 schwanken hin und her. Was heisst das:
Gemeint ist die tasliya in wirklidikeit und gemeint ist der lohn der tasliya oder etwas ähnliches wie der lohn dafiirl — Eine nicht ganz befriedigende erklämng gab öa'far a^-Sädiq. Man fragte ihn, was das heisse: Ich gebe dir aUe meine
segenssprechungen? Er antwortete: Der mann setzt ihn (den profeten) jedem
ansuchen voran; er bittet Gott um nichts, ohne mit dem profeten begonnen und den segen über ihn gesprochen zu haben. Erst dann bittet er Gott um seine eige¬
nen bedürfnisse; Kuhni: Usül, 2, 492, nr 4; 493, nr 12. — Für die praktische
anwendung ein beispiei aus 'Ali 5aräzim: öawähir al-ma'äni, 2, 167-168:
Ahmad at-Tigäni (gest. 1230/1815) empfahl zur abwehr von allerlei kümmernis- sen eines von beiden: entweder (erstens) nach jedem ritualgebet oder wenig¬
stens am morgen und am abend je 1000 mal yä lafif, oder (zweitens) nach jedem ritualgebet je 100 mal die salät al-fätih oder wenigstens 100 mal am morgen und 100 mal nachts, und verschenken des Verdienstes dafür an den profeten. Dies bewirke, dass Gott einen aus den kümmemissen befreie, und zwar in kürzester frist, auch aus schulden, geldnöten und familienlasten. Noch besser sei, beide Übungen durchzuführen. Gegen alle Schwierigkeiten helfe wirksam häufiges got-
tesgedenken und häufiges segensprechen üher Mohammed, fürs diesseits und
fürs jenseits.
^* Ibn Taymiyya: Qä'ida §alila 43-44. Ibn al-Qayyim: öalä', 228. Sahäwi:
Qawl, 119, 139. 'Iyäd: Sifä, 651, anm. 8 (interpretiert: Wie viel zeit soll ich für die segenssprechung über dich verwenden?) . Hafägi zu Sifä 652, anm. 2 (folgert:
Die tasliya enthebt einen der notwendigkeit, noch etwas fiir sich selbst zu erbit¬
ten), öahdami 30-31. In einzelheiten gehen die queUen auseinander. Ibn al-
öawzi: Bustän, 298, verdeutlicht die gängige interpretation mit folgender
abwandlung: Der mann fragt: Welches bittgebet ist das beste? Profet: Die
segenssprechung über mich. — Soll ich ein drittel meines gottesdienstes zur
segenssprechung über dich machen? — Dann bist du rechtgeleitet. — Zwei drit¬
tel? — Dann bist du beschützt. — Soll ich meinen ganzen gottesdienst zur segens¬
sprechung über dich machen? — Wer seinen ganzen gottesdienst zur segensspre¬
chung über mich macht, dem erfüllt Gott alle wünsche des diesseits und des jen¬
seits. Anders, aber gerade so deutlich und im gleichen sinn Ibn Abi Hagala: Daf
an-naqma fi ssaläh 'alä nabi ar-rahma, hs. Escorial 1772, 18a: Ubayy — der
mann wird hier genannt — hatte ein bittgebet, mit dem er sich von Gott allerlei erbat. Er fragte den profeten, ob er ihm ein viertel davon zu einer segensspre¬
chung über ihn machen solle, usw., und sagte schliesslich: Ich widme dir meine ganze saläh. Der Verfasser (oder seine quelle) interpretiert: Das heisst: Ich
mache mein ganzes bittgebet (du'ä') zu einer segenssprechung über dich.
Die segenssprechung über Mohammed im bittgebet und in der bitte 377
wünsche erfüllt und die sorgen genommen"*. Einen ähnlichen, direkten
erfolg versprach sich von solchen litaneien der Sädili al-'Arabi ad-Dar-
qäwi (gest. 1239/1823). Er riet jedem muslim, bei unübersteiglichen
Schwierigkeiten des lebens, im Zwiespalt der entscheidungen, unent¬
wegt entweder ritualgebete zu verrichten, koran zu lesen, den segen
über den profeten zu sprechen oder studien obzuliegen. Dann werde,
falls er ein guter muslim sei, Gott selber eingreifen und für einen glückli¬
chen ausgang sorgen"". Als Hääim, der herr von Tazerwalt, zu beginn
des 13. /ende des 18. jh. Tiznit belagerte, ging der näsiri Mahammad
(sie) Wä'aziz (gest. 1248/1833) in der stadt herum und sprach vor
jedem haus eine anzahl von malen den segen über den profeten, damit
Gott alles beschütze"'. Auf niedrigerer stufe tun das die ait Wäryäger im
Rif. Wenn sie regen haben wollen, umschreiten sie dreimal die moschee
des dorfes oder ein heiligengrab, schlachten ein schaf oder eine ziege
und beten die fätiha. Hilft das nicht, so sprechen die religiöseren nach
dem abendgebet in der moschee tausendmal den segen über den profe¬
ten, wobei jeder zählt und nach jedem hundert einen kieselstein vor sich
hinlegt"*. Eine etwas abgeschwächte form der gleichen hoffnung gibt
der tasliya zwar die hauptwirkung, belässt dem bittgebet aber noch
nachhelfende richtungsfunktion. Ein beispiei dafür liefert 'Umar b. 'Ali
al-Fäkihäni (gest. 731/1331) in seinem Al-fa^r al-munir von einem
scheich Müsä d-Darir aus seiner zeit. Dieser Müsä befand sich in einem
schiff auf dem meer. Das fahrzeug geriet in einen wütenden stürm,
genannt al-iqläbiyya*'^\ und drohte unterzugehen. Im träum befahl ihm
der profet, zusammen mit den mitfahrenden tausendmal zu rezitieren:
„0 Gott, segne Mohammed so, dass du uns dadurch aus allen schrecken
und gefahren errettest, uns dadurch alle wünsche erfüllst, uns dadurch
von allen Übeltaten reinigst, uns dadurch auf die höchsten stufen hebst
°° Al-'Abbäs b. Ibrähim: Al-i'läm hi-inan halla MarräkvA wa-Agmät min al-
a'läm. Rabat 1974 ff, 5, 53 und 98, oben. Ibn al-Muwaqqit: As-sa'äda al-ahadiyya fi t-ta'rif hi-maSähir al-hadra al-marräku.äiyya. Lith. Fes 1336/1918, 2, 30.
Muhammad al-Muhtär as-Süsi: Ma'sül, 13, 285. Derselbe: Munyat al-mutatal-
li'in ilä man fi z-zäwiya al-iligiyya min al-fuqarä' al-munqati'in. Tetuan 1379,51.
Justinard: Sidi Ahmed au Moussa. In: Arch. Maroc. 29 (1933), 218.
Rasä'il. Fes 1318, 199, 8-16.
Süsi: Ma'sül, 12, 94.
"' Edward Westermarck: Ritual and Belief in Morocco. London 1926/
neudr. New York 1968, 2, 257.
Nicht bei Kahane-Tietze: TTie Lingua Franca in the Levant.\]rheina,l95S.
Iqläba ist in Mekka das abschlussfest fiir die völlige durchrezitierung des korans
dureh den schüler; C. Snouck Hurgronje: Mekka. Haag 1888-92, 2, 146.
Aqlaba heisst „über den häufen werfen, umdrehen".
378 Fritz Meier
und uns dadurch zum äussersten ziel alles guten im leben und im tod
gelangen lässt!" Man folgte dem rat, und schon nach etwa dreihundert
malen legte Gott den wind, dank der segenswirkung (baraka) der
tasliya^". Der konsekutivsatz „so, dass du dadurch" ist im arabischen
ein asyndetischer relativsatz zu einem effizierten objekt, wörtlich also:
„segne Mohammed ein segnen, durch das du". Die verdreht anmutende
Wendung zu Gott als dem Subjekt des relativsatzes will der angedeute¬
ten theologischen forderung gerecht werden, nichts durch die dinge
selbst, sondern alles nur von Gott durch die dinge tun zu lassen. Sie ist
aber in dieser form der tasliya allgemein üblich und für unsere begriffe
etwa gleichwertig, wie wenn dastünde: „ein segnen, das uns errettet".
Ein al-Hasan b. 'Ali al-Uswäni, vielleicht der 723/1323 oder 724/1324
verstorbene kadi von Edfu" , hielt diese formel, tausendmal wiederholt, für ein unfehlbares mittel in jeder lage'^. Sie hat sich unter der bezeich¬
nung „tasliya der errettung" (salät an-na^äh) weit verbreitet und bis in
neueste zeit erhalten. Als Ahmad b. Muhammad b. Muhammad ad-Dar'i
dem kriegerischen Muhammad ad- Daw' al-Bagäri al-Magräwi (gest.
1327/1909) den gottesnamen „der zwingherr" (al-^abbär) als wort des
gottesgedenkens „einpflanzen" (talqin) wollte, sagte ihm der profet im
träum oder in einer vision: Verschieb das, bis wir uns wiedersehen (na§-
tami' marra uhrä) ! Aber befiehl ihm, täglich vierzigmal die segensformel der errettung über mich zu sprechen!"'^
Schliesslich hatte man in der tigäniyya eine besondere tasliya zur
beschleunigung (ta'mil) des erhörens eines gebets. Man sprach sie sie¬
benmal vor und siebzigmal nach einer litanei. Diese tasliya lautete: „0
Gott, segne schön und grüsse schön den herrn der schönen und führer
der strahlenden, Mohammed, den gesandten Gottes — Gott segne und
grüsse ihn!"'*
Ibn Abi Hagala: Daf an-naqma fi (sie) ssalah 'atä nabi ar-rahma, hs. Esco¬
rial 1772, 33b-34a. Sahäwi: Qawl, 219-220. Aus Ibn al-Mulaqqin (gest. 804/
1401) zitiert bei Muhammad as-Sayyid at-Tigäni (nicht bei Brockelmann): ^i-
fawz wa-n-na^äh fl l-hi^ra ilä. Iläh, O.o. (Där al-fikr), o.j. (2. aufl.), 238.
" Udfiiwi: At-fäli' as-sa'id al-^ämi' asmä' nu^abä' asSa'id. Kairo 1966, 207.
Ibn Hagar al-'Asqaläni: Ad-durar al-kämina fi a'yän al-mi'a at-tämina. Hydera-
bad-Deccan 1348-50, 2, 29.
Sahäwi: Qawl, 220.
" Muhammad al-Muhtär as-Süsi: Al-ma'sül, 15, 266-267.
'* Ahmad b. al-hägg al-'AyyäSi Sukayrig/Skirag (gest. 1363/1944): KaSf al-
hi^äb 'amman taläqä ma'a ,^-Sayh at-Ti^äni min al-ashäb, O.o. 1961, 411, 1-3:
salätan muhassanatan/muhsanatan . . . salämän muhassanan/muhsanan . . .
sayyid al-muhassanin/muhsanin wa-imäm al-muha^^alin.
Die segenssprechung über Mohammed im bittgebet und in der bitte 379
2. Gegen die pest
Wenn segenssprechungen über Mohammed ganz allgemein gegen
note (SadäHd) empfohlen werden, so ist doch ihre Verwendung gegen
Seenot, wie im vorgenannten fall bei Fäkihäni, nicht einfach logisch
daraus abgeleitet. Es brauchte vielmehr noch eine besondere Weisung,
den träum mit dem profeten. Genau so steht es mit der Verwendung
gegen die pest. Wir geben ihr einen besonderen abschnitt, weil wir darü¬
ber ausführlichere berichte besitzen: die monografie Daf an-naqma fi s-
saläh 'alä nabi ar-rahma des Ahmad b. Yahyä b. Abi Hagala (gest. 776/
1375)"' und subsidiär die Schilderungen des Maqrizi (gest. 845/1442).
Ibn Abi Hagala konzentriert sich auf die pest von 764/1363. Er lässt
keinen zweifel, dass man damals nicht ohne weiteres darauf verfiel, sich
mit der ta^Hyd dagegen zu wehren, und erzählt im maqämenstil, wie es
gekommen ist: Die seuche setzte im gumädä II 764/märz-april 1363 in
Kairo und Umgebung ein. Einen monat später erfuhr Ibn Abi Hagala
von einem Sams ad-din Muhammad b. Hatib Yabrüd, dass ihm ein from¬
mer gesagt habe, viel segenssprechung über Mohammed vertreibe die
pest. Ibn Abi Hagala machte sich den wink zu eigen und wiederholte
dauemd die formel: „0 Gott, segne Mohammed und die familie Moham¬
meds so, dass du uns dadurch vor den schrecken und gefahren
beschützt und uns dadurch von allen Übeltaten reinigst!" Also fast die
gleiche formel wie die etwas ältere gegen seenot, nur kürzer. Ibn Abi
^agala verbreitete sie in Kairo und fand bei einem seiner freunde
besonders lebhafte Zustimmung, was den nutzen gegen die pest betraf,
wurde aber von einem faqih um einen theologisch stichhaltigen beweis
dafür gebeten. Ibn Abi Hagala gibt zu, dass ein ausdrücklicher hadit
dafür nicht beigebracht werden könne, zählt aber fünf Überlieferungen
auf, durch die sich die Verwendung der tasliya gegen die pest rechtferti¬
gen lasse'". Sahäwi, der die schrift Ibn Abi Hagalas vor sich hatte,
untersucht diese überliefemngen und lässt davon nur eine einzige gel¬
ten". Es ist ziemlich der gleiche hadit, den wir schon vorhin kennen
gelemt haben, nur dass hier der name des marmes, der sieh mit Moham¬
med unterhält, genaimt wird: Ubayy b. Ka'b. Als Ubayy dem profeten
rücht nur einen teil, sondem alle seine vielen segenssprechungen zu
„widmen" bereit war, versicherte ihm der profet: Dann bist du deiner
Brockelmann: GAL S 2,6, nr 10. Hs. Escorial 1772.
Daf 4a-5a.
Qawl 220-221.
380 Fritz Meier
sorgen enthoben und deine Sünden werden dir vergeben'*. Schon Ibn
Abi Hagala selbst hielt diesen beweis fur den stärksten, nämlich fast für
einen schriftbeweis, da sorgen ja die furcht vor der pest umfassen könn¬
ten'". Er ist sich auch bewusst, dass der hadit die beabsichtigte Wirkung
'" Tinnidi, qiyäma 23, bd 4, 636-637. Öahdami, 31-32, var. 'Iyäd: Sifä, 2, 651-652. Ibn Taymiyya: Qä'ida ^alila, 152. Ibn al-Qayyim: öalä', 228. Bärizi, hs. Sprenger 127 a, 97 a. Ibn an-Nu'män bei Bärizi, hs. Sprenger 127 b, 48a. Sa¬
häwi: Qawl, 118-119. Sa'räni: Lawäqih al-anwär al-qudsiyya. Kairo 1961, 288,
und andere, zum beispiei 'Abda^^amad at-Tihämi Gannün: An-nasaq al-gäli
wa-n-nafas al-'äli Sarh nasihat Ahi l-'Abbäs al-Hiläli. Kairo 1973, 24, wo deutlich von einer Schenkung des „blattes der tasliya" an den profeten und von einer Übertragung der tasliya auf das blatt des profeten die rede ist. Es spricht Ahmad
b. 'All al-Haätüki (gest. 1046/1636) zu 'Abdarrahmän b. Muhammad al-Fäsi
(gest. 1036/1626). Wir kommen hier noch einmal kurz auf die schon flüchtig
gestreifte frage zurück, was unter dieser „widmung" der segenssprechungen zu verstehen sei. Die beiden hadite, der anonyme und der mit Ubayy b. Ka'b, sind in verschiedenen fassungen überliefert, aber in allen einander zu ähnlich, als dass sie auseinandergerissen werden könnten. Gewisse Wortlaute legen ein ver¬
schenken des lohnes fur die segenssprechungen sehr nahe, so etwa: Solf ich dir ein drittel meiner segenssprechung über dich widmen (^a'ato)? Ich spreche viel den segen über dich. Wie viel soll ich dir von meiner saläh widmen? Oder: Soll ich dir ein drittel meiner saläh über dich widmen? In all diesen Sätzen ist von
vornherein von segenssprechungen über Mohammed die rede, und daraus oder
damit soll dann etwas gemacht werden. Man kann aber nicht gut aus einer saläh 'alayka eine saläh 'alayka machen, da das endprodukt einer Verwandlung etwas
anderes als das ausgangsprodukt sein muss. Das andere extrem, eben die Ver¬
wandlung, also nicht das „geben", wird nahegelegt durch andere Wortlaute, wie etwa: Soll ich die hälfte meiner saläh zu bittgebeten fur dich machen {^a'ala)^
Oder: Ich bin übereingekommen, ein drittei meiner saläh zu bittgebeten für dieh zu machen. Hier ist deuthch von einer Verwandlung die rede. Die erklärer haben sich für diese saläh als ausgangspunkt die lösung einfallen lassen, es seien damit bitteebete {du'ä') gemeint (Ibn Taymiyya: Qä'ida, 44, 4-5; 152, 14-15. Albäni
in öahdami 32, anm. 1). Diese sollten in segenssprechungen über Mohammed
verwandelt werden. Man könnte auch an vigilien denken oder an überpllichtige ritualgebete überhaupt, an deren stelle segenssprechungen gesetzt werden soll¬
ten. Der haken dabei ist aber das 'alayka. Segenssprechungen „über dich" kön¬
nen nicht gut ritualgebete sein, und wenn sie bittgebete für den profeten wären, ergäbe sich wieder die fatale gleichung „endprodukt = ausgangsprodukt". Ich
möchte daher fragen, ob nicht in diesen segenssprechungen über Mohammed,
die den ausgangspunkt büden, auch andere profeten und heilige oder andere
menschen eingeschlossen gewesen sein körmten und der fragesteller vielleicht
wissen wollte, ob er den segen dabei nicht in stärkerem masse oder ganz
Mohammed allein widmen sollte, denn in der älteren zeit war man mit segens¬
sprechungen über andere als Mohammed weitherziger als später. Ich wieder¬
hole: meine frage betrifft die hadite mit saläh 'alayka am anfang. Die hadite ste¬
hen bei Sahäwi: Qawl, 118-120, einiges 139. Vgl. auch Kulini 2, 491, anm. 3.
'" Daf 4b, 14-15.
Die segenssprechung über Mohammed im bittgebet und in der bitte 381
von zwei Voraussetzungen abhängig macht, nämlich dass man erstens
den segen auf Mohammed vielfach spreche tmd zweitens alle diese
segenssprechungen, vielleicht sogar das verdienst für dieses fromme
werk, ganz Mohammed widme. Ibn Abi Hagala weiss aber ausserdem
noch zu berichten, dass damals in Kairo ein frommer den profeten im
traiun sah und von ihm ein bittgebet lemte, das drei segenssprechungen über ihn enthielt, eine am anfang, eine in der mitte und eine am schluss,
also wie es die strengsten hadite vorschreiben*"*. Der träumer habe es
beim erwachen in seine handfiäche eingeschrieben gefunden, und die
pest sei darin genannt gewesen*'.
Ibn Abi Hagala erwähnt mehrfach die ausnahmestellung Medinas,
das nach einer Weissagung Mohammeds nie von der pest befallen
werde*^. Diese Stellung habe es auch in der weltweiten pest von 749/
1348 gehalten. Die seuche sei wohl naeh Mekka gedrungen, aber nicht
nach Medina*'. Ibn Abi Hagala gibt im letzten kapitel (59b-76b) eine
liste sämtlicher pestepidemien, die das islamische gebiet bis auf 764/
1363 heimgesucht hatten, in chronologischer reihenfolge mit allen Jah¬
reszahlen. Für einige wenige fälle aus der ältesten zeit verweist er auf
die Verzeichnisse in Ibn al-öawzis MudhiS (Beirat 1973, 64-65) und
Nawawis Adkär (Beirat 1973, 139, bäb at-ta'ziya) sowie in dessen kom¬
mentar zu Muslim (anfang)**. Ibn Abi Hagala verlängert aber das regi¬
ster bis auf rand 30 falle, wobei nicht alles wirkliche pest gewesen zu
Sahäwi, 221 hat gekürzt und gerade die segenssprechungen am anfang und
am schluss weggelassen.
Do/ 56 a-b.
Daf 5 a. Dass pest und anticluist Medina nicht beträten, gehört zum alten fyadUhestemd ; Concordance et indices de la tradition musulmane. Leiden 1936-69.,
IV 3 b, tä'ün. Der spruch wird von öähi?: K. al-buldän. Ed. §älih Ahmad al-
'Ali. In: Magallat kulliyyät al-ädäb, Bagdad 1970, 486, zitiert. Muhammad b.
'Abdalläh az-Zarkaäi: I'läm as-sä^id bi-ahkäm al-masä^id. Kairo 1384, 253-255.
Muhammad b. Muhammad ar-Ru'ayni al-Magribi al-Makki al-Hattäb (gest.
954/1547) scluieb zwei bücher darüber: Al-biSära al-hani'a bi-anna t-tä'ün lä yadhul Makka wa-l-Madina und Al-qawl al-matin anna t-tä'ün lä yadhul al-balad al-amin, sowie eine schrift 'Umdat ar-räwin fi ahkäm at-tawä'in; Ahmad Bäbä:
Nayl al-ibtihäg, am rand von Ibn Farhün: Ad-dibä§ al-mudahhab. Kairo 1330,
338.
Daf 59 b. Im jahr 1830-31 wütete die pest aber in beiden städten, in
Medina allerdings nur drei tage. Um dem hadit doch recht zu geben, wollte man in der pest des hadites eine besondere art sehen; H. T. Norris: The Pilgrimage of Ahmad, Son of the Little Bird of Paradise. Warminster 1977, 42, 46.
"* Die alten pestfälle stammen aus einem verlorenen werk des geschichts-
schreibers Abü l-Hasan 'Ali b. Muhammad al-Madä'ini (gest. 235/850 oder frü¬
her) und aus Ibn Qutaybas Ma'ärif. Kau-o 1960, 601-602.
382 Fritz Meier
sein scheint**. Zwei der epidemien waren universal: die pest von 449/
1057*** und die von 749/1348. Die von 749/1348 verheerte bekanntlieh
weite teile Europas, und Ibn Abi Hagala meint, dass sie die menschheit
auf die hälfte habe zusammenschrumpfen lassen*". Er war damals in
Damaskus und schildert die religiösen massnahmen, die man dort im
rabi' I/juni ergriff, um das Unglück zu bannen. Er vergisst nicht anzu¬
merken, dass der prediger in der standbitte (qunüt) des ritualgebets wie
üblich den segen über den profeten sprach*'. Am 13. rabi' I war ein drei¬
tägiges fasten anberaumt. Am freitag darauf seien alle, auch die nicht¬
muslime, hinaus in die wüste gezogen und hätten dort unter tränen das
ende der pest erfleht. Trotzdem habe sie noch bis anfang 750/märz-
april 1349 fortgedauert.
Ibn Abi IJagalas bericht über die pest von 749/1348 wird ergänzt
durch Maqrizi**. Er gibt einen noch besseren begriff von dem ausmass
der Verheerungen, die die seuche anrichtete, und deutet auch die ein¬
sehneidenden wirtschaftlichen folgen und gesellschaftlichen Verände¬
rungen, die Verödungen und besitzerweehsel, die die katastrofe mit sieh
brachte, an*". Seine naehriehten erstrecken sich auch auf Nordafrika.
Ibn Haldün (gest. 808/1406) verlor damals in Tunis seine eitern"". Der
Weiterführung der liste von 761/1360 bis 1349/1517 bei Michael W.
Dols: The Black Death in the Middle East. Prineeton 1977, 305-314. Für den hin¬
weis auf dieses buch habe ieh Ewald Wagner zu danken.
^^"^ Der Verfasser bezeiehnet zuerst eine pest von 448/1056 als weltumspan¬
nend (66 b, 11-12). Sie wird aber von den historikem nicht einmal erwähnt, und
später (74b, 8-10) verweist er selbst auf die merkwürdige Übereinstimmung in
der endzahl 49 bei den Jahreszahlen der beiden grossepidemien. Die pest von
449/1057 verheerte Mittelasien und den norden Irans, besonders Ädarbäygän, drang aber nach Süden bis in den Irak. Sie war nicht so weit verbreitet und hin¬
terliess nicht solche Schäden wie die pest von 749/1348. Reeht ausführhch refe¬
riert über 449/1057 Maqrizi: Itti'äf al-1/.unafä bi-ahbär al-a'imma al-fäfimiyyin al-hulafä. Kairo 1967-73, 2, 235.
Daf 75 a, 4-5. Andere, ungünstigere Schätzungen veranschlagten die Ver¬
luste auf sieben zehntel der menschheit; Marcus Joseph Müller: Ibnulkhatibs Bericht über die Pest. In: Sitzungsberichte der bayer. Akademie der Wissenschaf ten 2 (1863), 9/22.
Über qunüt s. EI^ kunüt. Nawawi: Adkär, 58. Eine vereinzelte alte stimme lehnte das qunüt als unstatthafte neuemng (bid'a) ab, die weder beim profeten noch bei seinen vier nachfolgern zu beobachten gewesen sei; Nasä'i, tatbiq 32, bd 2, 203-204.
** Maqrizi: As-sulük li-ma'rifat duwal al-mulük. Kairo 1956-73, II, 3, 759, 770-791.
*" Vor allem 785.
Robert Brunschvig: La Berberie orientate sous les Hafsides. Paris 1940- 1947, 2, 385. Weiteres über die pest ib. 2, 374-375.
Die segenssprechung über Mohammed im bittgebet und in der bitte 383
schwarze tod erfasste auch den äussersten westen, und der moderne
historiker Südmarokkos, Muhammad al-Muhtär as-Süsi (gest. 1383/
1963), der Ibn Haldün"' und uns unzugängliche dokumente seiner enge¬
ren heimat gelesen hat, wagt die Vermutung, dass damit eine wichtige
politische erscheinung im Anti-Atlas, die Zweiteilung der dortigen ber-
berbevölkerung in zwei ligen oder allianzen (leff; arabisch laffAiff,
nihla) in Zusammenhang stehen könnte. Er hält es nicht fiir unmöglich —
betont aber, dass er es nicht beweisen könne — dass unter dem druck
vorstossender araberstämme naeh westen herber der Sahara damals in
die berge des Anti-Atlas abgedrängt worden seien, wo die schwarze pest
von 749/1348 die bevölkerung stark gelichtet habe. Die ankömmlinge
aus der Sahara einerseits und die eingesessenen herber anderseits hät¬
ten damals ganz natürlich eine front gegeneinander gebildet und diese
habe sich in der folge aus einer ethnischen in eine rein politische ver¬
wandelt und sich bis in die neueste zeit in dem gegensatz zwischen den
beiden allianzen tägüzült (iguzülen u. ä.) und tahggät (aogg''a u. ä.) gehal¬
ten"^. Süsi hatte diesen verschlag schon 1365/1946 an einen europäer
Vgl. Ibn Khaldün: The Muqaddimah. Transi. Franz Rosenthal. New
York 1958. (Bolhngen Series. XLIII.), 1, 64.
"^ Rigiyyät. Casablanca 1377, 3, 166-169. Süsi kommt öfters auf die aUianzen
zu sprechen in seinem werk Al-ma'sül. Casablanca ab etwa 1960, 3, 104; 263;
288-289; 338; 339; 349-350; 356-357. 4, 38. 6, 271. 14, 11 1-1 12; 267. 16, 25- 26; 171. 18, 156-157. 19, 147-149; 250; 253; 265; 277. 20, 189; 246; 247; 255- 256; 268-269. Weiter in Hilal Öazüla. Tetuan 1943-44,3, 25; 72; 73; 93; 94; 96- 97; 139; 154-155; 157-158; 1^8. Tlig qadiman wa-haditan [verfeisst 135^/1939,
gedruckt postum Rabat 1966) 238-240, 266-268, 279-284. Von französischer
literatur sei hier nur genannt: G. Salmon: Les institutions berberes, In: Arch.
Maroc. 1 (1904), 143-145. Segonzac: Coewde r./4t/.a«. Paris 1910,260, 409,
453. Robert Montagne: LAghbar et les hautes-vallees du Grand-Atlas. In:
Hesp6ri8 7 (1927), 10-29. Un magasin collectif de VAnti-Atlas. L'agadir des
Ikounka. Paris 1930, 14. Le developpement du pouvoir des caids de Tagontaft (Grand-Atlas). In: Memorial Henri Basset. Paris 1928, 2, 169-184. La limite du Maroc et du Sahara atlantique. In: Hesperis 11 (1930), 115-116. Les Berberes et
le Makhzen dans le. Sud du Maroc. Paris 1930, 162, 182, 185-190, 199-216. Un
episode de la „siba" berbere au XVIIF siecle d'apres la „Rihla" de Sidi Mohammed ez-Zerhouni de Tasaft ( trad. Justinard) . In: Hesp6ris 28 (1941), 91 -93. La civi¬
lisation du desert. Paris 1947, 261. Justinard: Sidi Ahmed ou Moussa. In: Arch.
Maroc. 29 (1933), 59, 64-70, 72, Fawaid aljamma bi isnadi 'ouloumi al oumma, Abcnizid Sidi Abderrahmän ben Mohammed le Jazouli, le Tamanarti, le Mghafri.
Trad. Justinard. Chartres 1953, 116. Smile Laoust: Contribution ä une etude
de la toponymie du Haut Atlas. In: REI 14 (1940), 35, nr 515 (iguzülen); 53, nr
592 (tauggat). Laoust schreibt tagizült/taguzült und aogg'a. Justinard ver¬
langt ahoggoua, da die texte immer h hätten (Arch. Maroc. 29 [1933], 59
anm. 1). E. Lfivi-PROVENgAL: Histoire de l'Espagne musulmane. Paris 1967, 3,
171-172, anm. 1, fand als älteste stelle fiir das fachwort to/jflbn Bassäm: Ad-ia-
384 Feitz Meier
geschrieben, der ihn danach gefragt hatte. Es könnte Justinard oder
Robert Montagne gewesen sein. Montagne hatt« selbst eine ähn¬
liche these fiir die entstehung der diehotomie schon 1930 vorgelegt,
aber von der pest nichts gesagt. Er hielt die aogg''a fiir die alteingeses¬
senen und die iguzülen für die zuwanderer"'. Eine vage Überlieferung
der zu den iguzülen gehörigen Halen im Anti-Atlas, dass sie unter dem
druck saharischer stämme aus dem Südosten eingewandert seien"*, ist
aber verschieden deutbar, je nachdem ob darunter eine erste land-
nahme in ältester zeit oder das hier gemeinte nachdrängen zu verstehen
ist. Süsi hält umgekehrt die iguzülen für die einheimischen und die
aogg"a für die eindringhnge. Dafiir seheint zu sprechen, dass der heu¬
tige leff der iguzülen vor allem ein leff der bergler ist"*. Die Zweiteilung
der berberischen geselischaft beschränkt sich aber nicht auf den süden
Marokkos, sondem zieht sich durch die gesamte stammesbevölkerang
von Marokko und Algerien hindurch, nur dass liga im norden nicht leff,
sondem goff (arabisch soff) heisst"". Ausserdem geht die trennungslinie
oft mitten durch die stämme hindurch, so dass auch die kleinen einhei¬
ten in zweiheiten zerfallen. Und die beiden gegenparteien heissen lange
nicht überall iguzülen und aogg"a, sondern tragen örtlich verschiedene
namen. Die aufteüung einer geselischaft in zwei lager reicht zudem weit
über die herber hinaus. Im öarb, „mitten im berberischen Marokko",
teilen sich arabische stämme in zwei goffe, die sieh sufyän und banü
Mälik nennen. Montagne erinnert weiter an die beiden parteien gun-
blätiyya und yazbakiyya im Libanon, an die kalb und qays"' und an
ausätze zu verwandten grappierangen bei den heutigen beduinen des
hira fi mahäsin ahl-al-^azira. Kairo 1942, I, 2, 169, 2, und im gleichen Zusam¬
menhang Ibn 'Idäri: Al-bayän al-mugrib fi ahbär mulük al-Andalus wa-l magrib.
Ed. Lßvi-PROVENgAL. Paris 1930, 3 (= 2), 171, 7, in einem zitat aus Ibn
Ilayyän (gest. 469/1076), also aus dem 5./11. jh.
"' Les Berberes et le Makhzen 215.
"* Seoonzac: Au Coeur de l'Atlas, 556.
Laoust: Contribution, 35, nr 515.
"" E. Daumas: Moeurs et coutumes de VAlgerie. Paris 1858, 222-224. Päraud:
Tebessa. In: Revue africaine 18 (1874), 451. Michaux-Bellaire in: Arch.
Maroc. 17 (1911), 6. Villes et Tribus du Maroc. Casablanca et les Chäouia. Paris 1915,2, 133-134. Ville et Tribus du Maroc. Rabat et saregionIII, Les Tribus. P arie.
1920, 124; 152-153. Montagne: Les Berberes et k. Makhzen, 196. Derselbe: La
civilisation du desert, 261. RenS Maunier: Melanges de sociologie nord-afri- caine. Paris 1930, 65, anm. 1; 79; 155; 172. Und viele andere.
"' Montagne: La civilisation du desert, 241-242. Zu gunblätiyya und yazba-
kijrya vgl. Henri Lammens: La Syrie. Precis historique. Beirut 1921, 2, 101.
Die segenssprechung über Mohammed im bittgebet und in der bitte 385
Nagd"*. Aus arabischer vorzeit grüssen 'adnän und qahtän. Die kurden
kennen zwei konföderationen, die früher „rechts" und „hnks" hiessen"",
und auch die pathanen stehen nicht auf einem, sondem auf zwei
heinen'"". Gerade die Zweiteilung zeigt die Zusammengehörigkeit, das paar bildet das ganze. Aber alle diese dualismen haben ihre geschichtli¬
chen anknüpfungspunkte. Die französische theorie will einen solchen
einfach in einem neuzuzug aus der wüste finden, Süsi, ergänzend, noch
im sog eines durch die schwarze pest von 749/1348 entstandenen
vacuums. Beides ist unbewiesen. Der für Ursache und Wirkung in der
gesehiehte aufgeschlossene Jean Brignon gibt aber zu, dass die mitte
des 8./14. jh. im gefolge der schwarzen pest eine verändemng in der
bevölkerangsstmktur Marokkos mit sich gebracht habe, und erwähnt
immerhin eine landflucht und die fortsetzung des nomadenstroms von
Südosten nach nordwesten"" : Der andalusische gelehrte Ibn al-Hatib
(gest. 776/1374) behauptet, die zeltbewohnenden und nomadischen
araber in Ifriqiya und anderswo seien gesund geblieben wegen der
frischen luft, in der sie lebten'"^.
Ibn al-Hatib ist es aueh, der damals der islamischen theologie einen
rippenstoss versetzte. Er gab eine genaue beschreibung der pest und
wagte es, dem religiösen Vorurteil, nämlich einem satz des profeten,
entgegenzutreten, dass es keine ansteckung gebe"". Er legte gewissen
schriftgelehrten, die in ihrem blinden eifer für den hadit von anstek-
kungsgefahren nichts hatten wissen wollen, den tod unzähliger men¬
schen zur last und rief ihnen das gebot der vemunft in erinnerung, reli¬
giöse Überlieferungen ex auditu, die der sinneswahmehmung und dem
augenschein widersprächen, umzudeuten'"''. Obwohl auch er die pest
Montagne: Notes mr la vie sociale ei politique de l'Arabie duNord. In: REI 6 (1932), 66-67.
M. M. VAN Bruinessen: Agha, Shaikh and State. Diss. Utrecht 1978, 73-
76.
Barth: Segmentary opposition and the theory of game: a study of Pathan organisation. In: Journal of the Royal Anthropological Institute 89 (1959), 5-21
(zitiert bei Bruinessen 75, anm. 47).
"" Jean Brignon, Abdelaziz Amine u.a.: Histoire du Maroc. Casablanca
1967, 153-154. Vgl. die fronten zwisehen herbem der berge und berbern der
ebene im 18. und 19. jh. ib. 262-267.
'"^ M. J. MtJLLER: Ibnulkhatibs Bericht, 7, unten/19, unten.
Mt)LLER, ib. Concordance et indices de la tradition musulmane IV, 159a, lä 'adwä.
'"'' Mt)LLER, ib. 7-8/20. Teilübersetzungen bei Max Meyerhof in Thomas
Arnold und Alfred Guillaume: The Legacy of Islam. Oxford 1931, 340.
Daraus G. E. v. Grunebaum: Der Islam im Mittelalter. Zürich: Artemis 1963,