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Endodontie, 02/2021

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Academic year: 2022

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EDITORIAL

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Endodontie 2021;30(2):119–120

Die Pulpa – mal wieder! Oft genug ist sie ja schon weg und es gibt andere Dinge, die Probleme ma- chen. Manchmal muss sie weg, das lässt sich dann schon irgendwie halbwegs unproblematisch re- geln – meistens jedenfalls. Und in beiden Fällen fängt dann endlich „richtige“ Endodontie erst an:

Feilen und Füllen. Oder wie die amerikanischen Kollegen und Kolleginnen etwas umfassender und vollständiger (und manchmal auch ehrlicher) zu sagen belieben: „drill – fill – bill“.

Aber nix hat heutzutage noch Bestand: Das klassische „Entweder-oder“, „Vitalerhaltung oder Exstirptation?“, gilt auch für die Behandlung der erkrankten Pulpa nicht mehr, das “Vielleicht“ eta- bliert sich in unterschiedlichen Varianten mehr und mehr als dritte Kategorie. Die Versuche und Entwicklungen zur Regenerativen Endodontie sind sicher hinlänglich bekannt: Die Pulpa wird einfach (?) durch Pulpa ersetzt, der tote Zahn lebt wieder! Ein interessanter und sehr vielverspre- chender Ansatz, bislang allerdings mit begrenzter klinischer Evidenz und limitiertem Indikations- spektrum. Oder aus Anwenderperspektive: Mal klappt‘s, mal nicht.

Die andere Variante ist ebenfalls seit einiger Zeit auf dem Vormarsch: die Pulpotomie, der Ver- such, zumindestens einen Teil der Pulpa zu retten, vital und funktionsfähig zu erhalten. Dass das funktionieren kann, ist nichts wirklich Neues oder Aufregendes. Zigtausende Pulpen traumatisierter Frontzähne verdanken dieser Therapieoption ihr Überleben bis ins hohe Alter, zigtausend trauma- tisierte Frontzähne den Abschluss ihres Wur- zelwachstums und ebenso viele jugendliche Pa- tientinnen und Patienten den Erhalt vitaler, funktionsfähiger und nicht nach Pulpanekrose und/oder Wurzelkanalbehandlung verfärbter Frontzähne. Kein schlechtes Ergebnis!

Das Neue: Es geht nicht mehr um Frontzähne mit frisch traumatisch exponierter jugendlicher, d. h. vorhersagbar regenerationsfähiger und

„überlebenswilliger“ Pulpa, sondern um Zähne al- ler Gruppen, inklusive der Molaren mit vermeint- lich irreversibel entzündeter Pulpa! Also um Zähne mit – neben der Pulpanekrose – einer der „klassi- schen“ und unumstrittensten Indikationen zur vollständigen Wurzelkanalbehandlung, der Pulp- ektomie! Die ausführliche Stellungnahme der DGZ/DGET zeigt, dass dies tatsächlich in einer unerwartet hohen Anzahl von Fällen zu funktio- nieren scheint. Schön! Totgesagte leben länger!

Denkt man dies aber einmal konsequent zu Ende, ergibt sich als Erstes die Erkenntnis, dass un- sere Terminologie nicht stimmt: Wenn die Pulpa nach einer Pulpotomie vital bleibt, kann sie defini- tiv nicht irreversibel entzündet gewesen sein, je- denfalls nicht vollständig. Bleibt als Zweites die unschöne (und im 21. Jahrhundert vielleicht auch deprimierende) Erkenntnis, dass unsere Diagnos- tik wohl doch größere Schwächen und Fehler auf- weist: Wir waren offenbar bislang nicht der Lage, eine eindeutige und korrekte therapieleitende Be- urteilung des Entzündungsstatus und der Regene- rationsmöglichkeiten der Pulpa vorzunehmen.

Dritte Erkenntnis: Wir sind es auch heute immer noch nicht!

Das Dilemma dauert also an. Im Prinzip ken- nen wir es doch alle von der direkten Überkap- pung der Pulpa: Wir wissen seit Ewigkeiten – ge- nauer, spätestes seit Philipp Pfaff, dass sie funktionieren kann! Auch für diese Variante der Vitalerhaltung liegen genügend Studien mit ho- hen Erfolgsquoten vor. In (unverdienten) Misskre- dit haben die direkte Überkappung die nicht selte- nen Misserfolge aufgrund inkorrekter Indikation gebracht: Kein Bock auf oder keine Zeit für eine

Keine halben Sachen?

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mit aussagekräftigen Gruppengrößen, und die fal- len nun mal nicht vom Himmel.

Langfristig liegt der Schlüssel zur Etablierung optimaler evidenzbasierter Konzepte zur partiellen oder vollständigen Vitalerhaltung oder zur voll- ständigen (und evtl. sogar partiellen?) Revitalisie- rung nur in einer Verbesserung unserer diagnos- tischen Möglichkeiten, und hier bedarf es neben der Optimierung und der Umsetzung bis zur klini- schen Anwendung vielleicht auch ganz neuer An- sätze und Ideen. Ohne diese – und der Beitrag von Bürklein et al. zeigt, dass wir hiervon in der Tat noch meilenweit entfernt sind – werden wir auch weiterhin bei unserer Pulpatherapie mehr oder weniger orientierungslos in einem (immerhin etwas gelichteten) Nebel herumstochern.

Die Vision: Am Anfang steht die präzise thera- pieleitende Diagnostik – es folgt die sorgfältige Asepsis – und dann triumphiert die Biologie!

Die Beiträge dieser ENDODONTIE-Ausgabe können das Problem leider mal wieder nicht lösen.

Hoffentlich geben sie wenigstens einige Anregun- gen zum Nachdenken und zur Evaluation der eigenen Praxis.

Ihr Prof. Dr. Michael Hülsmann Wurzelkanalbehandlung, also versuchen wir doch

noch mal eine Überkappung – vielleicht geht es ja noch mal/diesmal gut? Und auch hier dasselbe Problem: limitierte Möglichkeiten einer therapie- leitenden präzisen und differenzierenden Pulpadi- agnostik mit konsequenterweise und absoluter Sicherheit prognostizierbarer, nicht unbedeuten- der Häufigkeit von Fehlschlägen. Sollten wir es also nicht doch lieber gleich lassen und bei unserer klassischen WKB bleiben? Der Nachteil eines Scheiterns eines jeglichen Versuchs der Vital- erhaltung liegt auf der Hand: Wir haben es dann mit einer bakteriellen Infektion des Endodonts und nicht selten auch einer periapikalen Parodon- titis zu tun, die endodontische Erfolgsquote fällt deutlich (ca. 10–15 %!) geringer aus als bei einer Pulpektomie bei vitaler Pulpa.

Selbstverständlich spielt wie bei jeder Therapie- option auch die klinisch-praktische Umsetzung eine nicht zu unterschätzende Rolle: Ein Vitalerhaltungs- versuch ohne Kofferdam und aseptische Arbeits- techniken ist ein Widerspruch in sich, da kann und darf es keine Diskussionen geben! (P.S.: Wie viele der fehlgeschlagenen Überkappungen wurden ei- gentlich unter Kofferdam durchgeführt?).

Es ist abzusehen, dass es im nächsten Schritt eine langjährige Diskussion über das optimale Pul- potomiematerial geben wird: Anstelle von Pfaffs Goldplättchen finden sich momentan kalzium- silikatbasierte Sealer und Pasten in der Polepo- sition, aber wer weiß, was da noch kommt. Die Geschichte der Pulpotomiematerialien für das Milchgebiss (s. Beitrag Herffs) verdeutlicht die Problematik und Langwierigkeit solcher Prozesse, schließlich erwarten wir klinische Langzeitstudien

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