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EDITORIAL Chefredakteur Dr. Rafael Ball Direktor der ETH-Bibliothek Zürich

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www.b-i-t-online.de 21 (2018) Nr. 5 online

Bibliothek. Information. Technologie.

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EDITORIAL

Chefredakteur Dr. Rafael Ball Direktor der ETH-Bibliothek Zürich

„Wissenschaftliche Bibliotheken haben eine großartige Zukunft“

(Dr. Achim Bonte, Generaldirektor der SLUB)

Diese Ausgabe von b.i.t.online erreicht Sie, liebe Leserinnen und Leser, rechtzeitig zur Buchmesse. Aber warum soll denn dieser Termin so wichtig sein, wird sich der ein oder andere von Ihnen vielleicht jetzt fragen und ich versuche gern eine Antwort darauf.

Die Buchmesse ist und war schon immer ein wichtiger Anlaufpunkt für Bibliothekarinnen und Bibliothekare, für Informationsspezialisten und seit der digitalen Wende auch für Interessenten der digitalen Plattformen, die zunehmend ins Geschäft der klassischen Verlage drän- gen. Damit ist die Buchmesse noch immer ein Zeiger der aktuellen Entwicklungen in der gesamten Publika- tionsindustrie. Dazu zählen auch Bibliotheken und ihre Verantwortlichen. Man trifft auf der Buchmesse also nicht nur alle Akteure des Publikationsmarktes, sondern diskutiert auch dessen Entwicklungen. Deshalb sind wir mit dieser Ausgabe von b.i.t.online auch präsent auf der Buchmesse.

Besonders empfehlen möchte ich diesmal unser Sommerinterview mit dem neuen Generaldirektor der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek, der SLUB in Dresden. Dr. Achim Bonte stand uns Rede und Antwort und wir wollten natürlich wissen, wie es mit der sächsischen Vorzeigebibliothek weitergeht, was kommt und was bleibt. Er hat uns spannende Einblicke in seine Sicht der Bibliothek, der Verantwortung für Wissen- schaft und Gesellschaft gegeben und einen radikalen Hinweis, wie es mit der Zukunft des Lesens und des Buches seiner Meinung nach weitergeht.

Aber auch Tageaktuelles beschäftigt uns auf der Buch- messe, und das umso mehr, als sich im Wissenschafts- management und der Publikationspolitik die Dinge geradezu überschlagen.

Denn in diesen Tagen wird nicht nur der gesamte Markt für wissenschaftliche Literatur aufgerüttelt, sondern ge- radezu auf den Kopf gestellt. Die neueste Erfindung ist der sogenannte Plan S. Hier haben sich elf Forschungs- förderer aus Europa (wenn auch nicht die wichtigsten) zusammengetan und verschärfen die Open Access Transformation dahingehend, dass bis 2020 alle öffent- lich geförderten wissenschaftlichen Publikationen in Gold Open Access Zeitschriften publiziert werden müs- sen. Im Plan S steht der Buchstabe S für Sanktionen.

Das meint, dass man alle Wissenschaftler, die sich nicht an diese Regel halten, bestrafen wird. Damit ist Plan S kein Plan mehr, sondern eine Kriegserklärung – und zwar eine Kriegserklärung an alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die täglich in ihren Labors, den Hörsälen und Seminarräumen harte und gute Arbeit für die Gesellschaft leisten und nun gezwungen werden, ihre Veröffentlichungen in Gold Open Access Journalen zu publizieren. Dabei wird aber völlig übersehen, dass es in vielen Disziplinen überhaupt keine vernünftigen Gold Open Access Journale gibt, in denen Forscher pub- lizieren können. Der Plan S ist deshalb eine Kriegserklä- rung der Forschungsförderer an die Wissenschaft. Er ist zugleich ein irres Geschenk an die großen Verlagsmono- pole, die sich bereits jetzt die Hände reiben und fleißig Gold Open Access Journale etablieren, für die sie dann saftige Article Processing Charges erheben können. Der Plan S fördert nicht Open Access, sondern pervertiert den Gedanken des freien Zugangs zu Forschungs- information. Der grüne Weg als einziger wirklicher Non-Profit-Weg der Veröffentlichung wird nicht mehr akzeptiert. Die noch gestern hoffnungsfroh aufgebauten Repositorien der Hochschulen stehen schon bald auf dem Abstellgleis der Wissenschaftsgeschichte, während sich die kommerzielle Publishingindustrie ins Fäustchen lacht. Man könnte fast meinen, der Plan S stamme nicht von Forschungsförderern, sondern sei ein genialer Schachzug von Elsevier und Co. Damit haben die Open Access Technokraten den Bogen endgültig überspannt.

Die Open Access Revolution frisst nun ihre Kinder.

Es wird Zeit, dass wieder Vernunft, Realitätssinn und Augenmaß einziehen und die Wissenschaftler gegen jene aufbegehren, die mit dem Hebel der Fördergelder die Macht im Wissenschaftssystem übernommen haben und die Bedingungen diktieren.

Die Frankfurter Buchmesse ist eine Plattform auch für diese grundlegenden Diskussionen. Wir von b.i.t.online möchten mit unseren Podiumsdiskussionen am Mitt- woch und Freitag zur Debatte beitragen und laden Sie schon jetzt herzlich ein. Wir sehen uns auf der Buch- messe.

Herzlich Ihr Rafael Ball

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