• Keine Ergebnisse gefunden

Einheit 6: Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR, Teil 5/8)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Einheit 6: Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR, Teil 5/8)"

Copied!
35
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Einheit 6:

Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR, Teil 5/8)

Gesellschaftsrecht im Überblick

Univ.-Professor Dr. Timo Fest, LL.M. (Pennsylvania)

(2)

Übersicht zur heutigen Veranstaltung Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

Persönliche Haftung der Gesellschafter I. Einführung

II. Innenverhältnis

III. Außenverhältnis

(3)

I. Einführung

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

• Eine Regelung betreffend die Haftung der Gesellschafter einer GbR enthält nur § 708 BGB.

• Die Vorschrift ist keine Anspruchsgrundlage, sondern modifiziert lediglich den Maßstab des Vertretenmüssens nach § 276 I 1 BGB.

• Der Vorschrift liegt folgender Gedanke zugrunde:

„Parteien, die miteinander einen Gesellschaftsvertrag einzugehen beabsichtigen, … sich gegenseitig so

nehmen wollen, wie sie einmal seien, dass jeder Teil von vornherein die Individualität des anderen ins Auge fasse und daher nur verlange, das er in den gemein- schaftlichen Angelegenheiten die Sorgfalt wie in den eigenen Angelegenheiten übe“ (Mugdan, Mot. II

S. 985).

(4)

I. Einführung

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

• Eine Regelung betreffend die Haftung der Gesellschafter einer GbR enthält nur § 708 BGB.

• Die Vorschrift ist keine Anspruchsgrundlage, sondern modifiziert lediglich den Maßstab des Vertretenmüssens nach § 276 I 1 BGB.

• Der Vorschrift liegt folgender Gedanke zugrunde:

„Parteien, die miteinander einen Gesellschaftsvertrag einzugehen beabsichtigen, … sich gegenseitig so

nehmen wollen, wie sie einmal seien, dass jeder Teil von vornherein die Individualität des anderen ins Auge fasse und daher nur verlange, das er in den gemein- schaftlichen Angelegenheiten die Sorgfalt wie in den eigenen Angelegenheiten übe“ (Mugdan, Mot. II

S. 985).

Diese Motive lassen erkennen, dass § 708 BGB nur das Innenverhältnis zwischen den Gesell- schaftern betrifft. Eine Regelung der persönlichen

Haftung der GbR-Gesellschafter im Außenver-

hältnis enthalten die §§ 705 ff. BGB nicht.

(5)

I. Einführung

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

Zur Illustration:

Außen-GbR

Gesellschafter sind A, B und C

Gläubiger der GbR

Innenverhältnis

Anwendung von § 708 BGB

Verbindlich- keit der GbR z. B. § 433 II

BGB

Eröffnet den Zugriff aber nur auf das Gesellschaftsvermögen

Persönliche (Außen-)Haftung

auch der Gesellschafter?

Mit dem gesamten Privatvermögen

(6)

II. Innenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

1. Allgemeines zu § 708 BGB

• Die von der Vorschrift vorausgesetzte Anspruchs- grundlage im Innenverhältnis der Gesellschafter ist

§ 280 I 1 BGB, das Schuldverhältnis ist der Gesell- schaftsvertrag.

• Die Haftungserleichterung ist Gegenstand z. T. er- heblicher rechtspolitischer Kritik. Diese besteht im Wesentlichen darin, dass …

 es insbesondere bei sog. Publikumsgesellschaf- ten an einer persönlichen Verbundenheit der Ge- sellschafter fehlt und

 die Vorschrift grds. auch bei der oHG ( § 105 III

HGB) und der KG ( § 161 II HGB) gilt.

(7)

II. Innenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

1. Allgemeines zu § 708 BGB

• Die von der Vorschrift vorausgesetzte Anspruchs- grundlage im Innenverhältnis der Gesellschafter ist

§ 280 I 1 BGB, das Schuldverhältnis ist der Gesell- schaftsvertrag.

• Die Haftungserleichterung ist Gegenstand z. T. er- heblicher rechtspolitischer Kritik. Diese besteht im Wesentlichen darin, dass …

 es insbesondere bei sog. Publikumsgesellschaf- ten an einer persönlichen Verbundenheit der Ge- sellschafter fehlt und

 die Vorschrift grds. auch bei der oHG ( § 105 III HGB) und der KG ( § 161 II HGB) gilt.

Daher ist es derzeit von praktisch größter

Bedeutung, dass § 708 BGB dispositiv ist.

(8)

II. Innenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

2. Regelungsgehalt des § 708 BGB

• Enthält der Gesellschaftsvertrag keine abweichende Vereinbarung, ist im Rahmen des Vertretenmüs-

sens nach § 280 I 2 BGB auch § 708 BGB zu prüfen.

• Die Prüfung erfolgt in zwei Schritten:

(1) Hat der Gesellschafter (einfach) fahrlässig

gehandelt? In Ansehung von § 277 BGB kann die Erleichterung des § 708 BGB den Gesell- schafter nur von der Haftung wegen (einfacher) Fahrlässigkeit entlasten.

(2) Als Vergleichsmaßstab ist die Sorgfalt zu be-

stimmen, die der Gesellschafter in eigenen An-

gelegenheiten anzuwenden pflegt.

(9)

II. Innenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

2. Regelungsgehalt des § 708 BGB

• Enthält der Gesellschaftsvertrag keine abweichende Vereinbarung, ist im Rahmen des Vertretenmüs-

sens nach § 280 I 2 BGB auch § 708 BGB zu prüfen.

• Die Prüfung erfolgt in zwei Schritten:

(1) Hat der Gesellschafter (einfach) fahrlässig

gehandelt? In Ansehung von § 277 BGB kann die Erleichterung des § 708 BGB den Gesell- schafter nur von der Haftung wegen (einfacher) Fahrlässigkeit entlasten.

(2) Als Vergleichsmaßstab ist die Sorgfalt zu be- stimmen, die der Gesellschafter in eigenen An- gelegenheiten anzuwenden pflegt.

Die Entlastung (§ 280 I 2 BGB) gelingt dem Gesellschafter nur, wenn er in der konkreten Angelegenheit im Rahmen (einfacher) Fahrlässig-

keit höhere Sorgfalt hat walten lassen, als sie in

seinen eigenen Angelegenheiten üblich ist.

(10)

II. Innenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

2. Regelungsgehalt des § 708 BGB

• Das Haftungsprivileg nach § 708 BGB gilt nur in Bezug auf die „Erfüllung der ihm (Anm.: dem Gesellschafter) obliegenden Verpflich-tungen“.

• Keine Anwendung findet das Haftungsprivileg somit auf Schädigungen, die „bei Gelegen-

heit“ begangen werden, also in keinem en-

gen objektiven Zusammenhang mit den

Verpflichtungen als Gesellschafter stehen.

(11)

II. Innenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

2. Regelungsgehalt des § 708 BGB

Bsp. 1: Die Freunde A, B und C beschließen gemeinsam Lotto zu spielen. Jeder soll wöchentlich 3 Euro geben, der Tippschein

„Reih um“ ausgefüllt und abgegeben werden. Nach einigen erfolglosen Wochen ist A an der Reihe. Er vergisst jedoch den ausgefüllten Tippschein abzugeben. Haben B und C Ansprüche gegen A, wenn der Tippschein gewinnt?

Bsp. 2: Die Hobbyfußballer D, E und F bilden eine Fahrgemein- schaft zu den Auswärtsspielen ihrer Mannschaft. D fährt mit

seinem Pkw, E und F leisten einen Beitrag zum Benzin. Als D eine rote Ampel überfährt, wird F bei der Kollision mit einem anderen Fahrzeug verletzt. Kann er von D auch dann Scha- densersatz verlangen, wenn D die eigenübliche Sorgfalt be- achtet hat?

(12)

II. Innenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

3. Sonderfall: Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis

• Die zur Geschäftsführung befugten Gesellschafter haben nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht zur Geschäfts-

führung (siehe Einheit 4).

• Daher legt es der Wortlaut des § 708 BGB nahe, auch Pflicht- verletzungen im engen objektiven Zusammenhang mit der

Geschäftsführung dem Haftungsprivileg des § 708 BGB zu unterstellen.

Bsp.: Die Gesellschafter A und B sind jeweils alleine zur Ge- schäftsführung befugt. A beabsichtigt für die GbR die Maschi- ne X zu erwerben. Aus Fahrlässigkeit versäumt er seine (un-

geschriebene) Pflicht, B über diese Absicht zu informieren. Als A wenige Tage später die Maschine für die GbR erwirbt, pro-

testiert B. Ist A der GbR zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er die eigenübliche Sorgfalt beachtet hat?

(13)

II. Innenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

3. Sonderfall: Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis a) Lösungsansatz von RG, JW 1930, 705

• Der Fehler in der Geschäftsführung habe zur Folge, dass die GbR den Erwerb nicht gegen sich gelten lassen

müsse. Gebunden werde ausschließlich der Gesellschafter selbst.

• Der GbR entstehe daher kein Schaden, weshalb es auf

§ 708 BGB nicht ankomme.

Bewertung:

 Innen- und Außenverhältnis sind zu trennen. Demnach berührt der Fehler in der Geschäftsführung die Vertre- tungsmacht nicht. Die GbR muss das Geschäft also ähnlich einem Missbrauch der Vertretungsmacht nach

§ 164 I 1 BGB gegen sich gelten lassen.

(14)

II. Innenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

3. Sonderfall: Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis b) Lösungsansatz von RGZ 158, 302 ff.

• A hat seine Befugnis zur Geschäftsführung überspannt; er hätte das Geschäft unterlassen müssen.

• Als Geschäftsführer ohne Geschäftsführungsbefugnis hafte er wie ein Geschäftsführer ohne Auftrag nach § 678 BGB.

• Auf das sog. Übernahmeverschulden finde § 708 BGB keine Anwendung.

Bewertung:

 Dem Rückgriff auf die GoA steht entgegen, dass A – im Außenverhältnis – aufgrund der ihm zustehenden

Vertretungsmacht handelte. Er hat lediglich eine Pflicht im Innenverhältnis verletzt. Insoweit liegt keine

Geschäftsführung „ohne“ Auftrag“ vor; vielmehr hat A lediglich seine bestehende Befugnis überspannt.

(15)

II. Innenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

3. Sonderfall: Überschreitung der Geschäftsführungs- befugnis

c) Lösungsansatz von BGH, NJW 1997, 314

• Aus dem im Innenverhältnis pflichtwidrigen Ge- schäft wird allein die Gesellschaft nach

§ 164 I 1 BGB berechtigt und verpflichtet.

• Die §§ 677 ff. BGB sind nur außerhalb vertrag- licher Beziehungen (hier: Gesellschaftsvertrag) anwendbar.

• Gesellschafter A haftet aber gegenüber der

(Außen-)GbR nach § 280 I 1 BGB. Maßgeblich

ist, ob er schuldhaft Pflichten im Zusammenhang

mit der Geschäftsführung verletzt hat. Insoweit

das Privileg des § 708 BGB anzuwenden.

(16)

III. Außenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

1. Einführung

• Die persönlichen Gläubiger eines Gesellschafters sind von den Gläubigern der Gesellschaft zu unterscheiden.

Erstere können in das Privatvermögen der Gesellschafter vollstrecken, letztere – im Ausgangspunkt – nur in das Gesellschaftsvermögen.

• Den

§§

705 ff. BGB ist jede Verpflichtung zur Kapital- erhaltung fremd, d. h. Gesellschafter können nicht nur jeden Gewinn entnehmen, sondern sich auch ihre Ein- lagen zurückgewähren lassen.

• Aufgrund eines ggf. derart „geplünderten“ Gesellschafts-

vermögens gewinnt die Frage an Bedeutung, ob die Ge-

sellschafter auch den Gesellschaftsgläubigern mit ihrem

gesamten Privatvermögen haften.

(17)

III. Außenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

2. Regelungslücke in den §§ 705 ff. BGB

• Die §§ 705 ff. BGB enthalten keine Regelung der persönlichen Haftung der Gesellschafter im Außenverhältnis.

• Ist aus historischer Sicht konsequent, da auch die Außen-GbR bei der Ausarbeitung des BGB als nicht (teil-)rechtsfähige

Gesamthandsgemein-schaft angesehen wurde.

• Aber: Durch die Anerkennung der (Teil-)Rechts-

fähigkeit der Außen-GbR ist nachträglich eine

(planwidrige) Regelungslücke entstanden.

(18)

III. Außenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

2. Regelungslücke in den §§ 705 ff. BGB

• Solange der Gesetzgeber untätig bleibt, ist die Rspr.

in den methodologischen Grenzen zur Rechtsfort- bildung befugt.

• Grundlage hierfür ist der allgemeine Grundsatz des bürgerlichen Rechts und Handelsrechts, dass

„derjenige, der als Einzelperson oder in Gemein- schaft mit anderen Geschäfte betreibt, für die

daraus entstehenden Verpflichtungen mit seinem Vermögen haftet“.

• Dieses Konzept liegt den §§ 128 ff. HGB

zugrunde, die zu Lasten der Gesellschafter einer

Außen-GbR analog anzuwenden sind.

(19)

III. Außenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

3. Konzept der §§ 128 ff. HGB

Anspruchsgrundlage für die persönliche Außen- haftung der Gesellschafter ist § 128 Satz 1 HGB.

• Die Vorschrift enthält zwei Voraussetzungen:

(1) Der Haftungsadressat muss Gesellschafter einer oHG, einer Außen-GbR (analog) oder Komplementär einer KG ( § 161 II HGB) sein.

(2) Außerdem muss nur eine „Verbindlichkeit der Gesellschaft“ bestehen.

 Diese Voraussetzung lässt erkennen, dass die

§§ 128 ff. HGB eine akzessorische Haftung der Gesellschafter für

Verbindlichkeiten der Gesellschaft enthalten.

(20)

III. Außenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

4. Umfang der persönlichen Haftung

• Die persönliche Haftung der Gesellschafter einer Außen-GbR analog § 128 Satz 1 HGB umfasst die „Verbindlichkeiten der Gesell- schaft“.

• Der Wortlaut enthält keine Unterscheidung nach dem Rechtsgrund der Verbindlichkeit.

Er umfasst gleichermaßen a) rechtsgeschäftliche und

b) gesetzliche Verbindlichkeiten.

(21)

III. Außenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

5. Verbindlichkeit der Gesellschaft

a) Rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten

• Bei Anwendung der sog. Lehre von der Doppelver-

pflichtung wurde rechtsgeschäftliches Handeln im Namen der Gesellschaft dahingehend ausgelegt, dass sowohl die Gesamthand als auch die Gesellschafter persönlich be- rechtigt und verpflichtet wurden (siehe Einheit 5). Hiernach wurde die persönliche Haftung der Gesellschafter im

Außenverhältnis unmittelbar durch das Rechtsgeschäft begründet.

• Seit Anerkennung der (Teil-)Rechtsfähigkeit der Außen- GbR wird ausschließlich die Außen-GbR selbst berechtigt und verpflichtet. Die Gesellschafter haften ausschließlich akzessorisch nach §§ 128 ff. HGB.

(22)

III. Außenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

5. Verbindlichkeit der Gesellschaft b) Gesetzliche Verbindlichkeiten

• Unerlaubte Handlungen werden ganz über- wiegend durch Realakte begangen.

• Die Außen-GbR selbst ist nicht handlungsfähig.

Sie handelt durch natürliche Personen, insbe- sondere ihre geschäftsführenden und vertre- tungsbefugten Gesellschafter.

• Deren Realakte werden der Außen-GbR jeden- falls seit Anerkennung der (Teil-)Rechtsfähigkeit analog § 31 BGB zugerechnet, wenn sie „in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtung“

begangen werden (BGHZ 154, 88, 94 unter Auf-

gabe von BGHZ 45, 311, 312).

(23)

III. Außenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

5. Verbindlichkeit der Gesellschaft b) Gesetzliche Verbindlichkeiten

• Unter Geltung der sog. Lehre von der Doppelver- pflichtung hafteten die (übrigen) Gesellschafter nicht persönlich für unerlaubte Handlungen eines Gesell- schafters.

Ändert § 128 Satz 1 HGB das Ergebnis?

Verneinend Altmeppen, NJW 2003, 1553 ff.:

 Das Deliktsrecht begründe eine Sonderbeziehung zwischen zwei Personen. Haften könne daher nur der Handelnde.

 § 128 HGB (1987) sei Art. 112 ADHGB (1861) nach- gebildet. Damals habe noch keine § 31 BGB ver-

gleichbare Regelung existiert, weshalb Art. 112 ADHGB keine deliktischen Verbindlichkeiten umfasst habe.

(24)

III. Außenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

5. Verbindlichkeit der Gesellschaft b) Gesetzliche Verbindlichkeiten

Bejahend hingegen BGHZ 154, 88 ff.:

 Bei der oHG umfasst § 128 Satz 1 HGB auch delik- tische Verbindlichkeiten. Da die GbR durch bloße Aus- weitung ihrer Geschäftstätigkeit zur oHG werden

kann (§§ 105 I, 1 II HGB), dürfen keine Unterschiede in der Haftungsverfassung bestehen.

 Die durch eine unerlaubte Handlung geschädigten Per- sonen können sich – im Gegensatz zu rechtsgeschäft- lichen Verbindlichkeiten – ihren Schuldner nicht aus- suchen. Es wäre unbillig, würde bei dem Handeln für die Außen-GbR nur das (ggf. geplünderte) Gesell-

schaftsvermögen haften.

(25)

III. Außenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

5. Verbindlichkeit der Gesellschaft b) Gesetzliche Verbindlichkeiten

Bejahend hingegen BGHZ 154, 88 ff.:

 Bei der oHG umfasst § 128 Satz 1 HGB auch delik- tische Verbindlichkeiten. Da die GbR durch bloße Aus- weitung ihrer Geschäftstätigkeit zur oHG werden

kann (§§ 105 I, 1 II HGB), dürfen keine Unterschiede in der Haftungsverfassung bestehen.

 Die durch eine unerlaubte Handlung geschädigten Per- sonen können sich – im Gegensatz zu rechtsgeschäft- lichen Verbindlichkeiten – ihren Schuldner nicht aus- suchen. Es wäre unbillig, würde bei dem Handeln für die Außen-GbR nur das (ggf. geplünderte) Gesell-

schaftsvermögen haften.

„Es gibt keinen überzeugenden Grund, diese Haftung (Anm.: § 128 Satz 1 HGB)

auf rechtsgeschäftlich begründete Verbindlichkeiten zu beschränken.“

(BGHZ 154, 88, 94)

(26)

III. Außenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

6. Rechtsfolgen

Die Rechtsfolge des § 128 Satz 1 HGB (analog) setzt sich aus drei Elementen zusammen:

a) Haftung

(„Die Gesellschafter haften …“)

b) Persönliche Haftung

(„Die Gesellschafter haften … persönlich“) c) Gesamtschuldnerische Haftung

(„Die Gesellschafter haften … als Gesamtschuldner“)

(27)

III. Außenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

6. Rechtsfolgen a) Haftung

• Ist die Verbindlichkeit der Gesellschaft eine

Geldschuld, haften auch die Gesellschafter auf Geld.

• Ist die Gesellschaft aber z. B. verpflichtet, ein

Grundstück aus ihrem Gesellschaftsvermögen zu übereignen und zu übergeben ( § 433 I 1 BGB), kann der Gesellschafter diese Leistung nicht

ohne weiteres erbringen.

• Die damit aufgeworfene Frage nach dem Inhalt der Haftung der Gesellschafter beantwortet der Wortlaut des § 128 Satz 1 HGB nicht. Der

Begriff „haften“ ist insoweit nichtssagend.

(28)

III. Außenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

6. Rechtsfolgen a) Haftung

• Nach der sog. Haftungstheorie erschöpft sich die Haftung der Gesellschafter bei Nicht-Geldschulden auf die Leistung einer entsprechenden Geldsumme.

 Diese Theorie bricht mit der charakteristischen Akzessorietät der Haftung.

 Ist die Verbindlichkeit der Gesellschaft eine Gattungs- schuld (§ 243 I BGB), entbindet die Haftungstheorie die Gesellschafter ggf. von dem Mehraufwand, einen geschuldeten Gegenstand bei Dritten zu beschaffen.

• Vorzugswürdig erscheint daher die sog. Erfüllungs-

theorie, nach der die Verbindlichkeit der Gesellschafter auch bei Nicht-Geldschulden grds. inhaltsgleich mit der Verbindlichkeit der Gesellschaft ist.

(29)

III. Außenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

6. Rechtsfolgen a) Haftung

• Nach der sog. Haftungstheorie erschöpft sich die Haftung der Gesellschafter bei Nicht-Geldschulden auf die Leistung einer entsprechenden Geldsumme.

 Diese Theorie bricht mit der charakteristischen Akzessorietät der Haftung.

 Ist die Verbindlichkeit der Gesellschaft eine Gattungs- schuld (§ 243 I BGB), entbindet die Haftungstheorie die Gesellschafter ggf. von dem Mehraufwand, einen geschuldeten Gegenstand bei Dritten zu beschaffen.

• Vorzugswürdig erscheint daher die sog. Erfüllungs-

theorie, nach der die Verbindlichkeit der Gesellschafter auch bei Nicht-Geldschulden grds. inhaltsgleich mit der Verbindlichkeit der Gesellschaft ist.

Unter Anwendung der Erfüllungstheorie wandelt sich die Haftung der Gesellschafter nur aus- nahmsweise in eine Geldschuld, wenn ihre Leistung nicht denselben Erfolg bewirken würde,

wie die der Gesellschaft. Dies ist namentlich anzunehmen bei unvertretbaren Handlungen,

insbesondere Duldungs- und Unterlassungs- pflichten sowie der Abgabe einer Willens-

erklärung (z. B. §§ 873 I, 925 I BGB).

(30)

III. Außenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

6. Rechtsfolgen

b) Persönliche Haftung

• Nach

§

128 Satz 1 BGB (analog) haften die Gesell- schafter „persönlich“ für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft.

• Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet den (Gesellschafts-)Gläubigern also nicht nur das Gesell- schaftsvermögen, sondern unter den Vorausset-

zungen der

§§

128 ff. HGB auch das Privatvermö- gen jedes einzelnen Gesellschafters.

• Hierdurch wird das fehlende Gebot der Kapital-

erhaltung kompensiert. Werte, die aus dem Gesell-

schaftsvermögen in das Privatvermögen der Gesell-

schafter überführt werden, sind der Haftungsmasse

nicht entzogen.

(31)

III. Außenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

6. Rechtsfolgen

c) Gesamtschuldnerische Haftung

• Für das Verhältnis der Gesellschafter untereinander ordnet § 128 Satz 1 BGB eine Gesamtschuld i.S.d.

§§ 421 ff. BGB an.

• Was gilt im Verhältnis zwischen der Gesellschaft einerseits und den Gesellschaftern andererseits?

 Die Haftung ist akzessorisch und bei Anwendung der Erfüllungstheorie also grds. inhaltsgleich (s. o.).

 Die Gläubiger dürfen die Leistung nur einmal fordern.

 Aber: Der Ausgleich nach § 426 BGB ist im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern unpassend.

Erg.: Daher haften die Gesellschafter und die Gesell- schaft nicht als, sondern „wie Gesamtschuldner“.

(32)

III. Außenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

7. Entgegenstehende Vereinbarungen

• Der Haftung nach § 128 Satz 1 HGB „entgegenstehende Ver- einbarungen“ sind Dritten gegenüber nach § 128 Satz 2 HGB unwirksam. Gemeint sind nur Vereinbarungen in dem Gesell- schaftsvertrag.

• Hiervon unberührt ist die Möglichkeit eines Ausschlusses der persönlichen Haftung durch Vereinbarung zwischen dem Gesellschafter und dem Gesellschaftsgläubiger.

• Hierbei handelt es sich um einen antizipierten Erlass (§ 397 I BGB), der mit Einzelwirkung zugunsten eines Gesellschafters abgeschlossen werden kann (§ 423 BGB).

• Bei dem Erlass muss es sich grds. um eine Individualver- einbarung handeln. Ein Ausschluss in AGB ist nur bei sog.

Publikumsgesellschaften mit § 307 I 1 BGB vereinbar, da die Gläubiger bei diesen keine persönliche Haftung der Gesell- schafter („Anleger“) erwarten.

(33)

III. Außenverhältnis

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

7. Entgegenstehende Vereinbarungen

Bsp.: Die A-GbR führt gemäß ihrem Gesellschaftsvertrag im Rechtsverkehr den Zusatz „mbH“. Genügt dies, um die

persönliche Haftung der Gesellschafter auszuschließen?

• Bloße Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag ist den Gläubigern gegenüber nach

§

128 Satz 2 HGB

unwirksam.

• Die bloße Kenntnis der Gläubiger, dass die Gesell- schafter nicht persönlich haften wollen, genügt für einen Ausschluss der Haftung nicht.

• Erforderlich ist der (von den Gesellschaftern zu erbrin-

gende) Nachweis, dass die Gläubiger den darin ent-

haltenen Antrag auf einen antizipierten Erlassvertrag

angenommen haben (

§

151 Satz 1 BGB). Dieser Nach-

weis kann i.d.R. nicht erbracht werden.

(34)

Lesehinweise zur Vertiefung:

Einheit 6: GbR (Teil 5/8)

• BGHZ 154, 88 ff. (persönliche Haftung der

Gesellschafter für deliktische Verbindlichkeiten)

• BGH, NJW 1997, 314 ff. (Pflichtverletzung im Rahmen der Geschäftsführung)

• OLG Karlsruhe, NJW-RR 1988, 1266 ff.

(Lottogemeinschaft)

Fleischer/Danninger, NZG 2016, 481 ff.

(rechtspolitische Kritik an § 708 BGB)

Bitter/Heim, Gesellschaftsrecht, § 5 IV

Koch, Gesellschaftsrecht, §§ 7, 8 IV

Windbichler, Gesellschaftsrecht, § 8 III

(35)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Gesellschaftsrecht im Überblick

Univ.-Professor Dr. Timo Fest, LL.M. (Pennsylvania)

sekfest@law.uni-kiel.de

Aktuelle Hinweise finden Sie nicht nur auf der Homepage des Lehrstuhls,

sondern auch auf facebook:

http://fb.me/LehrstuhlFest und twitter:

@FestTimo

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

 Handelt es sich um eine Maßnahme der Geschäftsführung? Oder liegt ein Grundlagengeschäft vor?.. Gerichtliche Beschlusskontrolle a) Formelle Beschlusskontrolle..

Vase, Rosenthal, Kobaltblumen, wohl Björn Wiinblad, H-12cm..

• Enthält der Gesellschaftsvertrag keine Regelung der Geschäftsführung, gilt § 712 I BGB dem Wortlaut nach auch nicht für die Entziehung der kraft Geset- zes bestehenden Befugnis

„(1) Zur Bezeichnung des Berechtigten sind im Grundbuch anzugeben: … c) bei der Eintragung einer Gesellschaft bürger- lichen Rechts nach § 47 II GBO zur Bezeichnung der

„(1) Zur Bezeichnung des Berechtigten sind im Grundbuch anzugeben: … c) bei der Eintragung einer Gesellschaft bürger- lichen Rechts nach § 47 II GBO zur Bezeichnung der

Beeinträchtigungen oder Gefährdungen sind im Rahmen des Vorhabens ebenfalls nicht zu erwarten, da es keine Hinweise auf einen sehr häufig genutzten Kernlebensraum

• Dies zeigt sich daran, dass die Gesellschaft im Rechtsverkehr einen eigenen Namen führt und die Gesellschafter gegenüber Dritten im Namen der Gesellschaft handeln.. • Die

Mit dieser 8. Auflage kündigt sich nun ein Abschied ganz anderer Art an: Die Bemühungen zur grundlegenden Reform des Personengesellschaftsrechts haben inzwischen sehr konkrete