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Einheit 4: Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR, Teil 3/8)

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Einheit 4:

Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR, Teil 3/8)

Gesellschaftsrecht im Überblick

Univ.-Professor Dr. Timo Fest, LL.M. (Pennsylvania)

(2)

Übersicht zur heutigen Veranstaltung Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

Geschäftsführung

I. Außen- und Innenverhältnis

II. Geschäftsführung und Handlungsformen III. Grundlagengeschäfte

IV. Gesetzliche Regelung

V. Abweichende Vereinbarungen

VI. Rechte und Pflichten geschäftsführender

Gesellschafter

(3)

I. Außen- und Innenverhältnis Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

• Jede Außen-Gesellschaft verfügt über ein Innen- verhältnis und ein davon zu unterscheidendes Außenverhältnis.

• Das Außenverhältnis betrifft das nach außen gerichtete Handeln der Gesellschaft „im Rechts- verkehr“ mit Dritten. Hierzu zählen insbesondere Akte der Stellvertretung ( §§ 164 ff. BGB).

• Das Innenverhältnis umfasst sämtliche Vor-

gänge im Inneren der Gesellschaft. Hierzu zäh-

len insbesondere Maßnahmen der Geschäfts-

führung.

(4)

I. Außen- und Innenverhältnis Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

• Jede Außen-Gesellschaft verfügt über ein Innen- verhältnis und ein davon zu unterscheidendes Außenverhältnis.

• Das Außenverhältnis betrifft das nach außen gerichtete Handeln der Gesellschaft „im Rechts- verkehr“ mit Dritten. Hierzu zählen insbesondere Akte der Stellvertretung ( §§ 164 ff. BGB).

• Das Innenverhältnis umfasst sämtliche Vor- gänge im Inneren der Gesellschaft. Hierzu zäh- len insbesondere Maßnahmen der Geschäfts-

Innen-Gesellschaften haben kein Außenverhältnis, sondern

nur ein Innenverhältnis.

(5)

II. Geschäftsführung und Handlungsformen Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

• Die Geschäftsführung umfasst sämtliche nach

innen gerichteten Maßnahmen, die (i.d.R. nur mittel- bar) der Förderung des gemeinsamen Zwecks die- nen sollen.

• Die Geschäftsführung erfordert zwei Arten von Handlungen:

1. Realakte, z. B. den Entwurf von Geschäfts-

briefen entsprechend den Vorgaben von § 37a HGB

2. Abgabe von Willenserklärungen, namentlich

die Stimmabgabe bei der internen Willensbildung

durch Beschluss der Gesellschafter

(6)

II. Geschäftsführung und Handlungsformen Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

Bsp.: Die Gesellschafter A, B und C beschließen einstimmig, dass die X-GbR das Grundstück mit der Fl.-Nr. 1234 für 300.000 Euro erwerben soll. Wie vollzieht sich der Erwerb?

X-GbR

Gesellschafter A, B und C

Veräußerer

§§ 433 ff.

BGB

§§ 873 I, 925 I BGB

(7)

II. Geschäftsführung und Handlungsformen Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

Bsp.: Die Gesellschafter A, B und C beschließen einstimmig, dass die X-GbR das Grundstück mit der Fl.-Nr. 1234 für 300.000 Euro erwerben soll. Wie vollzieht sich der Erwerb?

X-GbR

Gesellschafter A, B und C

Der Beschluss ist eine Maß- nahme der Geschäfts- führung. Seine Wirkung ist auf das Innenverhältnis der

Gesellschaft beschränkt.

Veräußerer

§§ 433 ff.

BGB

§§ 873 I, 925 I BGB

Der beschlossene Erwerb muss im Außenverhältnis

vollzogen werden. Dies ist eine Frage der Stellver-

(8)

III. Grundlagengeschäfte Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

• Sog. Grundlagengeschäfte sind keine Maßnah- men der Geschäftsführung.

• Sie dienen nicht der Verwirklichung des gemein- samen Zwecks, sondern berühren bzw. verändern die Grundlagen der Gesellschaft. Hierzu zählen insbesondere:

 Änderungen des Gesellschaftsvertrags (z. B. Zweck, Beiträge)

 Aufnahme neuer Gesellschafter

 freiwillige Auflösung der Gesellschaft

(9)

III. Grundlagengeschäfte Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

• Sog. Grundlagengeschäfte sind keine Maßnah- men der Geschäftsführung.

• Sie dienen nicht der Verwirklichung des gemein- samen Zwecks, sondern berühren bzw. verändern die Grundlagen der Gesellschaft. Hierzu zählen insbesondere:

 Änderungen des Gesellschaftsvertrags (z. B. Zweck, Beiträge)

 Aufnahme neuer Gesellschafter

 freiwillige Auflösung der Gesellschaft

 Aufteilung der Geschäftsführungsbefugnis

Diese Grundlagen können – unabhängig von der Ausgestaltung der Geschäfts- führungsbefugnis – nur mit Zustimmung

aller Gesellschafter geändert werden.

(10)

IV. Gesetzliche Regelung Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

1. Gesamtgeschäftsführung

• Nach § 709 I Hs. 1 BGB steht die Geschäfts- führung den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu (sog. Gesamtgeschäftsführung).

• Dies hat – wie § 709 I Hs. 2 BGB klarstellt – zur Folge, dass jede Maßnahme der Zustim- mung aller Gesellschafter bedarf.

• Dies bedeutet im Umkehrschluss (und analog

§ 115 I Hs. 2 HGB), dass eine Maßnahme zu

unterbleiben hat, wenn nur ein Gesellschafter

seine Zustimmung verweigert.

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IV. Gesetzliche Regelung Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

2. Beschluss

• Die nach § 709 I Hs. 2 BGB grds. erforderliche

„Zustimmung aller Gesellschafter“ erfordert einen Beschluss der Gesellschafter.

• Die Beschlussfassung hat keine Regelung in den

§§ 705 ff. BGB erfahren. Enthält der Gesell-

schaftsvertrag keine näheren Bestimmungen, gelten allgemeine Grundsätze.

• Diese werden von der Erkenntnis bestimmt, dass der Beschluss ein mehrseitiges Rechtsgeschäft ist. Er besteht aus den Stimmen der Gesellschafter, die ihrerseits empfangsbedürftige Willenserklärun- gen sind.

(12)

IV. Gesetzliche Regelung Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

3. Gerichtliche Beschlusskontrolle

• Der Beschluss der Gesellschafter unterliegt einer gerichtlichen Kontrolle.

• In Anlehnung an diese ist folgender Prüfungs- aufbau üblich:

a) Formelle Beschlusskontrolle (1) Zuständigkeit

(2) Verfahren (3) Form

b) Materielle Beschlusskontrolle

c) Rechtsfolgen von Beschlussmängeln

(13)

IV. Gesetzliche Regelung Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

3. Gerichtliche Beschlusskontrolle a) Formelle Beschlusskontrolle

(1) Zuständigkeit

 Handelt es sich um eine Maßnahme

der Geschäftsführung? Oder liegt ein

Grundlagengeschäft vor?

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IV. Gesetzliche Regelung Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

3. Gerichtliche Beschlusskontrolle a) Formelle Beschlusskontrolle

(2) Verfahren

In Bezug auf jede einzelne Stimme ist zu prüfen:

• Handelt es sich um einen Gesellschafter, dem

(auch) die Geschäftsführung obliegt? Ist der Gesell- schafter nach § 712 BGB von der Geschäftsführung ausgeschlossen?

• Unterliegt der Gesellschafter (nur) im Einzelfall auf- grund persönlicher Beteiligung im Einzelfall einem Stimmverbot?

• Aufgrund der Treuepflicht verdichtet sich das Stimm- recht zu einer Stimmpflicht. Enthaltungen sind

ausgeschlossen. Mangels Formzwang können Stimmen auch stillschweigend abgegeben werden.

(15)

IV. Gesetzliche Regelung Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

3. Gerichtliche Beschlusskontrolle a) Formelle Beschlusskontrolle

(2) Verfahren

In Bezug auf jede einzelne Stimme ist zu prüfen:

• Handelt es sich um einen Gesellschafter, dem

(auch) die Geschäftsführung obliegt? Ist der Gesell- schafter nach § 712 BGB von der Geschäftsführung ausgeschlossen?

• Unterliegt der Gesellschafter (nur) im Einzelfall auf- grund persönlicher Beteiligung im Einzelfall einem Stimmverbot?

• Aufgrund der Treuepflicht verdichtet sich das Stimm- recht zu einer Stimmpflicht. Enthaltungen sind

ausgeschlossen. Mangels Formzwang können Stimmen auch stillschweigend abgegeben werden.

Die Geschäftsführung ist ein

uneigennütziges Gesellschafterrecht.

Nur in Ausnahmefällen kann die Treue- pflicht die Gesellschafter zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten

verpflichten (siehe Einheit 3).

(16)

IV. Gesetzliche Regelung Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

3. Gerichtliche Beschlusskontrolle a) Formelle Beschlusskontrolle

(2) Verfahren

In Bezug auf den Beschluss als solchen ist zu prüfen:

• Erfolgte die Ladung mit einer im Einzelfall angemessenen Frist?

• War der Ladung eine für jeden Beschluss ausreichende Tagesordnung beigefügt?

• Berechnung der Mehrheit erfolgt (nur) im Zweifel nach § 709 II BGB

• Sind bei der Stimmauszählung auch ungül-

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IV. Gesetzliche Regelung Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

3. Gerichtliche Beschlusskontrolle a) Formelle Beschlusskontrolle

(3) Form

• Nach § 130 I 1 AktG bedürfen nur Beschlüsse der Hauptversammlung einer AG notariellen Nieder- schrift.

• Für die GbR – Gleiches gilt für die oHG, KG und

GmbH – sind derartige Formalakte nicht vorgesehen.

• Daher sind sowohl die Stimmabgabe als auch der

Beschluss als solcher formfrei, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag eine bestimmte Form vor-

schreibt.

• Ob ein Verstoß gegen diese Form die Nichtigkeit des jeweiligen Rechtsgeschäfts begründet, wäre nach

§ 125 Satz 2 BGB („im Zweifel“) durch Auslegung zu ermitteln.

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IV. Gesetzliche Regelung Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

3. Gerichtliche Beschlusskontrolle b) Materielle Beschlusskontrolle

• Gegenstand der sog. materiellen Beschlusskontrolle ist der Beschlussinhalt.

• Die verfassungsrechtlich geschützte unternehmerische Handlungsfreiheit (Art. 12 I 1, 2 I GG) gewährleistet den Gesellschaftern das Recht, selbst zu entscheiden, auf welche Art und Weise sie den gemeinsamen Zweck för- dern und erreichen wollen.

• Dementsprechend enthalten die §§ 705 ff. BGB (auch) keine besonderen Regelungen über den Beschlussinhalt.

• Aber: Der Beschluss ist ein Rechtsgeschäft.

• Verstößt der Inhalt gegen gesetzliche Regelungen (z. B.

die Treuepflicht, den Grundsatz der Gleichbehandlung der Gesellschafter), ist der Beschluss fehlerhaft.

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IV. Gesetzliche Regelung Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

3. Gerichtliche Beschlusskontrolle

c) Rechtfolgen von Beschlussmängeln

Ein fehlerhafter Beschluss ist rechtswidrig. Hieraus folgt:

(1) Das Geschäft darf nicht vollzogen werden (sog. Vollzugs- verbot analog § 115 I Hs. 2 HGB). Wird das Geschäft gleich- wohl vorgenommen, handeln die am Vollzug beteiligten Ge- sellschafter rechts- und pflichtwidrig.

(2) Ein rechtswidriger Beschluss ist nach § 134 BGB grds.

nichtig.

Ausweislich des Wortlauts ist § 134 BGB (nur) eine Aus- legungsregel. Danach tritt die Nichtigkeit nicht ein, wenn sich aus der verletzten Vorschrift anderes ergibt. Dies liegt insbesondere bei Verfahrensfehlern nahe, z. B. bei der Berücksichtigung ungültiger, für das Abstimmungsergebnis aber irrelevanter Stimmen.

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IV. Gesetzliche Regelung Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

3. Gerichtliche Beschlusskontrolle

c) Rechtfolgen von Beschlussmängeln

Ein fehlerhafter Beschluss ist rechtswidrig. Hieraus folgt:

(1) Das Geschäft darf nicht vollzogen werden (sog. Vollzugs- verbot analog § 115 I Hs. 2 HGB). Wird das Geschäft gleich- wohl vorgenommen, handeln die am Vollzug beteiligten Ge- sellschafter rechts- und pflichtwidrig.

(2) Ein rechtswidriger Beschluss ist nach § 134 BGB grds.

nichtig.

Ausweislich des Wortlauts ist § 134 BGB (nur) eine Aus- legungsregel. Danach tritt die Nichtigkeit nicht ein, wenn sich aus der verletzten Vorschrift anderes ergibt. Dies liegt insbesondere bei Verfahrensfehlern nahe, z. B. bei der Berücksichtigung ungültiger, für das Abstimmungsergebnis aber irrelevanter Stimmen.

Bei einer GbR kann jeder Gesellschafter die Fehlerhaftigkeit eines Beschlusses im Wege der

Feststellungsklage (§ 256 I ZPO) gerichtlich feststellen lassen. Die Klage ist gegen die übrigen Gesellschafter zu richten, es sei denn, der Gesellschaftsvertrag bestimmt die (Außen-)

Gesellschaft zum richtigen Beklagten.

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V. Abweichende Vereinbarungen Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

• Die Regelung der Geschäftsführung in § 709 BGB ist – ausweislich der §§ 710, 711 BGB – disposi- tiv.

• Von ihr kann durch Vereinbarung in dem Gesell- schaftsvertrag abgewichen werden.

• Anlass hierzu ist i.d.R. die Überzeugung der Gesell- schafter, die Gesamtgeschäftsführung ( § 709

BGB) sei „schwerfällig“.

• Stattdessen sind verbreitet:

1. Einzelgeschäftsführung

2. Geschäftsführer mehrerer

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V. Abweichende Vereinbarungen Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

1. Einzelgeschäftsführung

Die Einzelgeschäftsführung kann mittels zwei Gestaltungen verwirklicht werden:

a) Regelung nach § 710 Satz 1 BGB

1

Ist in dem Gesellschaftsvertrag die Führung der Geschäfte einem Gesellschafter … über-

tragen, …“

b) Regelung nach § 711 Satz 1 BGB

1

Steht nach dem Gesellschaftsvertrag die

Führung der Geschäfte allen oder mehreren

Gesellschaftern in der Art zu, dass jeder allein

zu handeln berechtigt ist, …“

(23)

V. Abweichende Vereinbarungen Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

1. Einzelgeschäftsführung

Die Gestaltungen weisen einen wesentlichen Unterschied auf:

• Das Recht zum Widerspruch bzgl. einer Maßnahme der Ge- schäftsführung steht nicht jedem Gesellschafter kraft seiner Mitgliedschaft zu; es ist selbst Teil der Geschäftsführungs- befugnis.

• Daraus folgt:

Nur bei § 711 Satz 1 BGB sind insgesamt mehrere Gesell- schafter zur Geschäftsführung befugt, d. h. jeder von ihnen kann einer Maßnahme eines anderen widersprechen.

Im Unterschied dazu sind bei § 710 Satz 1 BGB alle übri- gen Gesellschafter von der Geschäftsführung ausge-

schlossen. Ihnen steht daher kein Widerspruchsrecht zu.

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V. Abweichende Vereinbarungen Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

1. Einzelgeschäftsführung

a) Regelung nach § 710 Satz 1 BGB

• Nach dem eindeutigen Wortlaut kann die Übertra- gung nur an „Gesellschafter“ erfolgen.

• Hinter dieser Beschränkung der Organisationsfreiheit steht das Prinzip der Selbstorganschaft. Danach darf die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft nicht von der Mitwirkung gesellschaftsfremder Dritter ab- hängig sein.

• Bei der teleologischen Auslegung ist mit § 710 Satz 1 BGB nur die Gestaltung unvereinbar, dass die Geschäftsführung ausschließlich einem gesell-

schaftsfremden Dritten übertragen werden soll.

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V. Abweichende Vereinbarungen Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

1. Einzelgeschäftsführung

a) Regelung nach § 710 Satz 1 BGB

• Die Übertragung der Geschäftsführung an einen gesellschaftsfremden Dritten ist mit § 710

Satz 1 BGB nur dann vereinbar, wenn neben ihm noch ein Gesellschafter zur Geschäftsfüh- rung befugt ist.

• Die Übertragung der Geschäftsführung an den Dritten erfolgt (außerhalb des Gesellschaftsver- trags) durch einen Anstellungsvertrag (§ 675 I BGB).

• Die Übertragung kann weitreichend bis hin zu einer Generalermächtigung für alle anfallenden Geschäfte erfolgen.

(26)

V. Abweichende Vereinbarungen Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

1. Einzelgeschäftsführung

a) Regelung nach § 710 Satz 1 BGB

• Die Übertragung der Geschäftsführung an einen gesellschaftsfremden Dritten ist mit § 710

Satz 1 BGB nur dann vereinbar, wenn neben ihm noch ein Gesellschafter zur Geschäftsfüh- rung befugt ist.

• Die Übertragung der Geschäftsführung an den Dritten erfolgt (außerhalb des Gesellschaftsver- trags) durch einen Anstellungsvertrag (§ 675 I BGB).

• Die Übertragung kann weitreichend bis hin zu einer Generalermächtigung für alle anfallenden

Für den Dritten ist die Geschäftsführung daher kein originäres, sondern ein derivatives Recht. Für die

Entziehung dieser Geschäftsführungsbefugnis gilt

§ 712 I BGB nicht. Nach Lit. kann er auch ohne sachlichen Grund durch bloße Weisung (§ 675 I BGB bzw. § 108 GewO) von der Geschäftsführung ausgeschlossen werden. Der BGH verlangt hierfür

einen sachlichen Grund.

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V. Abweichende Vereinbarungen Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

1. Einzelgeschäftsführung

b) Regelung nach § 711 Satz 1 BGB

• Bei der Gestaltung nach § 711 Satz 1 BGB kann jeder geschäftsführende Gesellschafter der Vornah- me eines Geschäfts durch einen anderen wider- sprechen (s. o.).

• Der Widerspruch begründet nach § 711 Satz 2 BGB eine Unterlassungspflicht. Dies lässt erkennen,

dass der Widerspruch vor der Vornahme des Ge- schäfts erklärt werden muss.

• Um den Widerspruch erklären zu können, müssen die übrigen geschäftsführenden Gesellschafter

Kenntnis von der bevorstehenden Geschäftsvor- nahme haben.

• Welche Vorkehrungen trifft das Gesetz?

(28)

V. Abweichende Vereinbarungen Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

1. Einzelgeschäftsführung

b) Regelung nach § 711 Satz 1 BGB

• Das allen Gesellschaftern zustehende Kontroll- recht nach § 716 BGB erschöpft sich in dem status quo.

• Die Auskunfts- und Rechenschaftspflicht nach

§ 713 i.V.m. § 666 BGB ist nur repressiv.

• Die somit bestehende „Lücke“ schließt eine dem geschäftsführenden Gesellschafter im Vorfeld der Maßnahme obliegende (ungeschriebene) In- formationspflicht gegenüber den übrigen ge- schäftsführenden Gesellschaftern.

(29)

V. Abweichende Vereinbarungen Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

1. Einzelgeschäftsführung

b) Regelung nach § 711 Satz 1 BGB

• Das allen Gesellschaftern zustehende Kontroll- recht nach § 716 BGB erschöpft sich in dem status quo.

• Die Auskunfts- und Rechenschaftspflicht nach

§ 713 i.V.m. § 666 BGB ist nur repressiv.

• Die somit bestehende „Lücke“ schließt eine dem geschäftsführenden Gesellschafter im Vorfeld der Maßnahme obliegende (ungeschriebene) In- formationspflicht gegenüber den übrigen ge- schäftsführenden Gesellschaftern.

Wird die Informationspflicht verletzt, ist die Vornahme des Geschäfts grds. pflichtwidrig.

Die Pflichtwidrigkeit kann aber dadurch geheilt werden, dass der geschäftsführende Gesellschafter

die geschuldeten Informationen nachträglich erteilt und kein Widerspruch erklärt wird.

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V. Abweichende Vereinbarungen Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

2. Geschäftsführung mehrerer

• Durch Vereinbarung in dem Gesellschafts- vertrag kann die Geschäftsführung auch

„mehreren Gesellschaftern übertragen“ wer- den.

• Diese Gestaltung hat nach § 710 Satz 1 BGB zur Folge, dass die übrigen Gesell- schafter von der Geschäftsführung ausge-

schlossen sind. Ihnen steht daher auch kein

Recht zum Widerspruch hinsichtlich einzel-

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V. Abweichende Vereinbarungen Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

2. Geschäftsführung mehrerer

Die in § 710 Satz 2 BGB angeordnete entsprechende Anwendung von § 709 BGB umfasst drei Aussagen:

(1) Nach § 710 Satz 2 i.V.m. § 709 I BGB steht die Ge- schäftsführung den dazu berechtigten Gesellschaftern grds. nur gemeinschaftlich zu.

(2) Das Erfordernis der Einstimmigkeit kann – wie von

§ 710 Satz 2 i.V.m. § 709 II BGB vorausgesetzt – und wird i.d.R. durch die Mehrheit ersetzt (sog. Mehrheits- klausel).

(3) Die Anforderungen an die Mehrheit (z. B. absolute oder relative Zahl der Gesellschafter, Orientierung an Gewinn- und Verlustanteilen) können in dem Gesell- schaftsvertrag ausgestaltet werden. Nur im Zweifel gilt

§ 710 Satz 2 i.V.m. § 709 II BGB.

(32)

V. Abweichende Vereinbarungen Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

5. Geschäftsführung mehrerer

Enthält der Gesellschaftsvertrag – wie üblich – eine sog. Mehrheitsklausel, wird die gerichtliche Be-

schlusskontrolle um zwei Prüfungspunkte er- gänzt:

(1) Bestimmtheit der Mehrheitsklausel

 Ist die Mehrheitsklausel unwirksam, gilt in-

soweit § 709 I BGB. Der Vertrag im Übrigen bleibt wirksam ( § 139 BGB a. E.).

(2) Wirksamkeit des konkreten Beschlusses

(33)

V. Abweichende Vereinbarungen Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

2. Geschäftsführung mehrerer

Zusätzliche Prüfungspunkte bei Mehrheitsklauseln:

(1) Bestimmtheit der Mehrheitsklausel

Durch Mehrheitsklauseln unterwirft sich die Minderheit – abwei- chend von § 710 Satz 2 i.V.m. § 709 I BGB – der Mehrheit.

Hierfür ist es – zum Schutz der Minderheit – erforderlich, dass die Beschlussgegenstände hinsichtlich derer die Mehrheit ausreichen soll, bestimmt zu bezeichnen (sog. Bestimmtheitsgrundsatz).

Hierzu bedarf es eines Katalogs, wobei die abstrakte Bezeich- nung der einzelnen Beschlussgegenstände erforderlich und aus- reichend ist.

Eine (nur) allgemeine Mehrheitsklausel (d. h. ohne Bestim- mung der Beschlussgegenstände) ist nicht unwirksam, sondern lediglich (restriktiv) dahingehend auszulegen, dass sie nur „ge- wöhnliche“ Beschlussgegenstände umfasst.

(34)

V. Abweichende Vereinbarungen Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

2. Geschäftsführung mehrerer

Zusätzliche Prüfungspunkte bei Mehrheitsklauseln:

(2) Wirksamkeit des konkreten Beschlusses

Soll auf Grundlage einer Mehrheitsklausel in unentzieh- bare Rechte der Gesellschafter eingegriffen werden, differenziert die Rspr.:

• Der Eingriff in „schlechthin unentziehbare“ Rechte ist stets unzulässig.

• Im Unterschied dazu ist der Eingriff in (nur) „relativ unentziehbare“ Rechte ausnahmsweise zulässig, wenn …

der Beschlussgegenstand von der Mehrheits- klausel umfasst ist (s. o.) und

der Eingriff nicht treuwidrig erfolgt.

(35)

VI. Rechte und Pflichten gf. Gesellschafter Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

• Mit dem Recht zur Geschäftsführung – sei es aufgrund Gesellschaftsvertrags, sei es aufgrund Anstellungs-

vertrags (s. o.) – geht die Pflicht zur Geschäftsfüh- rung einher.

• Die Rechtsstellung der geschäftsführenden Gesellschaf- ter wird in § 713 BGB durch die Verweisung auf die

§§ 664-670 BGB ergänzt. Im Einzelnen:

 Sie haben Ansprüche auf Vorschuss (§ 669 BGB) und Aufwendungsersatz (§ 670 BGB).

 Sie sind grds. zur Befolgung von Weisungen (§ 665 BGB), Auskunft- und Rechenschaft (§ 666 BGB) sowie zur Herausgabe des Erlangten (§ 667 BGB) verpflichtet.

(36)

VI. Rechte und Pflichten gf. Gesellschafter Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

• Mit dem Recht zur Geschäftsführung – sei es aufgrund Gesellschaftsvertrags, sei es aufgrund Anstellungs-

vertrags (s. o.) – geht die Pflicht zur Geschäftsfüh- rung einher.

• Die Rechtsstellung der geschäftsführenden Gesellschaf- ter wird in § 713 BGB durch die Verweisung auf die

§§ 664-670 BGB ergänzt. Im Einzelnen:

 Sie haben Ansprüche auf Vorschuss (§ 669 BGB) und Aufwendungsersatz (§ 670 BGB).

 Sie sind grds. zur Befolgung von Weisungen (§ 665 BGB), Auskunft- und Rechenschaft (§ 666 BGB) sowie zur Herausgabe des Erlangten (§ 667 BGB) verpflichtet.

Für angestellte Geschäftsführer (s. o.) gilt aufgrund des Anstellungsvertrags (§ 675 I i.V.m.

§§ 665-670 BGB) i.d.R. Vergleichbares.

(37)

Lesehinweise zur Vertiefung:

Einheit 4: GbR (Teil 3/8)

• BGHZ 170, 283 ff. (Mehrheitsklausel)

Bitter/Heim, Gesellschaftsrecht,

§ 5 V 2

Koch, Gesellschaftsrecht, § 6 I-III

Windbichler, Gesellschaftsrecht, § 7

(38)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Gesellschaftsrecht im Überblick

Univ.-Professor Dr. Timo Fest, LL.M. (Pennsylvania)

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