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Archiv "Gefährliche Metaboliten von Triazinen im Boden?" (28.04.1995)

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MEDIZIN KURZBERICHT

Wolfgang Zwickenpflug Elmar Richter

Gefährliche Metaboliten von Triazinen im Boden?

Anwendung der Triazine

Triazine sind weltweit die am meisten in der Landwirtschaft einge- setzten Herbizide, welche das Wachs- tum von Kulturpflanzen gegenüber anderen Pflanzenarten erfolgreich re- gulieren können. Das am häufigsten verwendete Triazin-Derivat ist das Atrazin [2-chloro-4-(N-ethylamino)- 6-(isopropylamino)-s-triazin]. Dar- über hinaus werden häufig noch Sima- zin, Propazin, Cyanazin und Terbuty- lazin eingesetzt.

Abbau von Triazinen

Ursprünglich ging man davon aus, daß unter normalen Bedingungen und nach sachgemäßer Anwendung diese Substanzen innerhalb weniger Monate in ihrem Ausbringungsgebiet weitgehend abgebaut werden. Als we- sentlicher Abbauschritt der Triazine

Grenzwerte in der Bundesrepublik,

der Europäischen Union und in den USA

Mit der Einführung der neuen Trinkwasserverordnung vom 1. Okto- ber 1989 wurden in der Bundesrepu- blik die Grenzwerte für Pestizidrück- stände so festgesetzt, daß für jede Einzelsubstanz ein Grenzwert von 0,1 lig pro Liter und für die Gesamt- summe der Pestizide von 0,5 pg pro Liter in einer Probe nicht überschrit- ten werden darf (9). In der EU wur- den diese Werte in Anlehnung an die Trinkwasserverordnung übernom- men und für jedes Triazin oder dessen Metabolit 0,1 lag pro Liter und deren Gesamtkonzentration 0,5 pg pro Liter als Grenzwert festgelegt.

Im Vergleich dazu gelten in den USA für das Trinkwasser sogenannte

wurde die Entalkylierung zu ihren Desalkylderivaten angesehen. Zu- sätzliche Metaboliten, die durch den Ersatz des Chloratoms durch eine Hy- droxylgruppe oder durch Bildung ei- ner Amid- oder Säurefunktion in der N-Alkylseitenkette entstehen, wur- den ebenfalls gefunden (1, 3).

In den letzten Jahren wurden je- doch vermehrt Rückstände von Tria- zinen im Spurenbereich in unter- schiedlichen landwirtschaftlichen Produkten entdeckt.

Dabei konnten neben den Aus- gangsverbindungen auch die schon angesprochenen Hauptabbauproduk- te, die Desalkylverbindungen, nach- gewiesen werden.

Seit dem Jahr 1989 ist in der Bun- desrepublik das Ausbringen des Her- bizides Atrazin untersagt worden. Im Sommer 1994 wurde eine Wiederzu- lassung von Atrazin in der Bundesre- publik durch die Europäische Union (EU) diskutiert.

„maximum contaminant level", die für Atrazin 3,0 !Lig pro Liter und für Si- mazin 4,0 pg pro Liter erlauben. Für Cyanazin wurde ein vorläufiger Grenzwert („health advisory level") von 1,0 µg pro Liter eingeführt. Das Triazin Propazin wurde dagegen neu- erdings vom amerikanischen Markt genommen.

In verschiedenen Gegenden der Bundesrepublik werden für Triazin- verbindungen punktuelle Überschrei- tungen nach den in der Trinkwasser- verordnung vorgegebenen Grenzwer- ten im Grundwasser registriert. Die Ursache solcher Überschreitungen ist in vielen Fällen nicht zweifelsfrei be- stimmbar und wenn überhaupt, dann nur durch Nachweis der unveränder-

Walther-Straub-Institut für Pharmakologie und Toxikologie (Vorstand: Prof. Dr. med. Wolf- gang Forth) der Ludwig Maximilians-Univer- sität München.

ten Ausgangsverbindungen. Das liegt daran, daß die Strukturen der hauptsächlichen Abbauprodukte ver- schiedener Triazine identisch sein können. So kann etwa der Metabolit Desisopropylatrazin nicht nur unter Desalkylierung, also dem Wegfall der Isopropylamino-Seitenkette vom Atrazin allein gebildet werden, son- dern auch von Cyanazin unter Verlust der Isopropylnitrilgruppe und von Si- mazin unter Abspaltung der Ethyl- gruppe, sowie von Terbutylazin unter Abgang der Tertiärbutylgruppe (6, 8).

Wenn auch die Strukturen der bisher gefundenen Abbauprodukte bekannt sind, bereitet deren quantita- tive Bestimmung, besonders in Boden und Wasserproben, erhebliche analy- tische Schwierigkeiten (4, 5). Zudem ergeben sich immer neuere Erkennt- nisse über andere Abbauwege von Triazin-Herbiziden. So konnte unter anderem gezeigt werden, daß bei eini- gen Triazinen, zum Beispiel dem Cyanazin, eine Nitrosierung im Bo- den in nicht unerheblichem Umfang stattfinden kann (10).

Vorerst ist die toxikologische Be- deutung dieser Nitrosoverbindungen noch völlig ungeklärt. Nitrosamine gehören ohne Zweifel zu den stärk- sten krebserzeugenden Stoffen. Von mehr als 300 bisher getesteten N- Nitrosoverbindungen erwiesen sich 90 Prozent als kanzerogen.

Deshalb müssen in der Umwelt neu gefundene Nitrosamine in jedem Fall auf ihre mögliche Kanzerogenität geprüft werden (2).

Das Beispiel zeigt außerdem, daß es einer laufenden Anpassung der Analytik an neuere Erkenntnisse bedarf. Für das Trinkwasser bedeutet dies, daß durch den Nachweis zusätz- licher, neuer Metabolite der Ge- samtanteil an Triazinen einschließ- lich ihrer Metaboliten noch häufiger die Grenzkonzentrationen der Trink- wasserverordnung überschreiten könnte.

Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 17, 28. April 1995 (55) A-1249

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MEDIZIN

Resümee

Die Diskussion über die Grenz- wertproblematik wird solange aktuell bleiben, bis über die langfristige Bela- stung des Menschen durch Triazin- Herbizide oder deren Metaboliten ausreichendes Datenmaterial vorhan- den ist. Wünschenswert wäre in die- sem Zusammenhang die Bestimmung der tatsächlichen Aufnahme dieser Substanzen durch den Menschen. Die sich heute hierfür etablierenden Me- thoden des Biomonitorings, die zu ei- ner Risikoabschätzung des Menschen bei anderen chemischen Substanzen herangezogen werden, konnten bis- her auf diese Problematik noch nicht angewendet werden (7). Es darf nicht außer acht gelassen werden, daß für das Verständnis über den vollständi- gen Abbau und die etwaigen Trans- portvorgänge in der Natur, sowie der daraus möglichen entstehenden Kon- fliktsituation des Menschen, noch ein weiterer Aufklärungsbedarf besteht.

KURZBERICHT / FÜR SIE REFERIERT

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärzteb11995; 92: A-1249-1250 [Heft 17]

Literatur

1. Beynon KJ: The analysis of crops and soils for the triazine herbicide cyanazine and some of its degradation products. Pestic Sci 1972; 3: 389-400

2. Eisenbrand G, Köhl W: N-Nitrosoverbin- dungen. In: Marquardt H; Schäfer SG eds:

Lehrbuch der Toxikologie. Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich: BI-Wiss-Verlag, 1994; 481-491

3. Lee HB, Stokker YD: Analysis of eleven triazines in natural waters. J Assoc Off Anal Chem 1986; 69: 568-572

4. Lerch RN, Donald WW: Analysis of hy- droxylated atrazine degradation products in water using solid phase extraction and high performance liquid chromatography.

J Agric Food Chem 1994; 42: 922-927 5. Muir DCG, Baker BE: A method for rou-

tine semiquantitative determination of hy- droxy-s-triazines in soll. J Agric Food Chem 1978; 26: 420-424

6. Pereira WE, Rodstad CE: Occurrence, distribution and transport of herbicides and their degradation products in the low- er Mississippi River and its tributaries. En- viron Sci Technol 1990; 24: 1400-1406

7. Schnell FC: Hemoglobin adducts of pesti- cides. In: Saleh MS, Blancato JN, Nauman CH eds: Biomarkers of human exposure to pesticides. ACS symposium series 362.

Washington DC: American Chemical So- ciety, 1994; 133-157

8. Thurman EM, Meyer MS, Zimmermann LR, Perry CA, Goolsby DA: Formation and transport of deethylatrazine and de- isopropylatrazine in surface water. Envi- ron Sci Techno11994; 28: 2267-2277 9. Trinkwasserverordnung: Empfehlung des

Bundesgesundheitsamtes zum Vollzug der Trinkwasserverordnung. Bundesgesund- heitsblatt 1989; 32: 290-295

10. Zwickenpflug W, Richter E: Synthesis and occurrence of nitrosated cyanazine in soll.

J Agric Food Chem 1994; 42: 2333-2337

Anschrift für die Verfasser

Dr. rer. biol. hum.

Wolfgang Zwickenpflug Prof. Dr. med. vet.

Elmar Richter

Walther-Straub-Institut für Pharmakologie und Toxikologie Nußbaumstraße 26

80336 München

Gastrale Metaplasie im Duodenum

rückbildungsfähig

Unter dem Einfluß eines ver- mehrten Säureausstoßes aus dem Ma- gen in den Zwölffingerdarm kommt es dort zu Umbauvorgängen im Sinne einer gastralen Metaplasie, die es er- möglicht, daß Helicobacter pylori aus der Antrumschleimhaut sich auch auf den Bulbus duodeni ausbreitet.

Die Autoren konnten zeigen, daß diese gastrale Metaplasie der Dünn- darmschleimhaut rückbildungsfähig ist, wenn die Helicobacter-pylori-In- fektion durch eine antibiotische The- rapie zur Ausheilung gebracht wird.

Die Autoren kommen zu dem Schluß, daß für die Ausbildung der gastralen Metaplasie möglicherweise doch die Infektion mit dem Bakteri- um verantwortlich zu machen ist, da eine Rückbildung der gastralen Meta- plasie und der entzündlichen Schleim- hautveränderungen nur unter der

Eradikationstherapie, nicht jedoch in

einer Kontrollgruppe beobachtet wurde.

Khulusi S, Mendall MA, Badve S, Patel P, Finlayson C, Northfield TC: Effect of Helicobacter pylori eradication an gastric metaplasia of the duodenum. Gut 1995;

36: 193-197

Departments of Medicine and Histopa- thology, St. George's Hospital, London, SW 17 ORE.

Prävalenz der

Zylinderzell-Metapla- sie der Speiseröhre

Die Zylindermetaplasie der Spei- seröhre gilt als Ausheilungsstadium einer Refluxösophagitis. Sie stellt eine präkanzeröse Kondition für das Adenokarzinom der Speiseröhre dar, wobei die Abgrenzung zum Kardia- karzinom häufig schwierig ist. Da das Kardiakarzinom weltweit zunimmt, kommt der Früherkennung der Zylin- dermetaplasie und einer konsekuti- ven, konsequenten Überwachung die-

ses Patientenkollektivs eine entschei- dende Bedeutung zu.

Die Autoren führten bei 142 Pati- enten, die endoskopiert wurden, eine gezielte Befragung nach gastroöso- phagealen Refluxsymptomen durch und entnahmen Gewebeproben aus dem Bereich des ösophagokardialen Übergangs oder der Schleimhaut- grenze zwischen Plattenepithel und Zylinderepithel. Bei 26 Patienten (18 Prozent) fand sich eine Zylindermeta- plasie der Speiseröhre ohne makro- skopisch erkennbaren Barrett-Öso- phagus. Offensichtlich ist die Zylin- derzellmetaplasie häufiger als bislang angenommen Dies könnte die Zu- nahme von Karzinomen im Bereich des gastroösophagealen Übergangs in den USA und Europa erklären. W

Spechler S J, Zeroogian J M, Antonioli D A, Wang H H, Goyal R K, Prevalence of metaplasia at the gastro-oesophageal junction. Lancet 1994; 344: 1533-36.

Center for Swallowing Disorders Departments of Medicine and Pathology Beth Israel Hospital and Harvard Medi- cal School, Boston, Massachusetts, USA

A-1250 (56) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 17,28. April 1995

Referenzen

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