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Archiv "Akute Perikarditis" (14.02.1980)

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ÜBERSICHTSAUFSATZ

Einleitung

Der Herzbeutel, der das Herz mit ei- nem viszeralen und einem parietalen Blatt umgibt, bewirkt Abgrenzung des Herzens gegen die Umgebung, Lagekonstanz und Begrenzung der diastolischen Erweiterungsfähigkeit der Herzhöhlen. Zwischen den von Serosa überzogenen Perikardblät- tern besteht ein schmaler, flüssig- keitsgefüllter Spalt, der eine freie Bewegung des Herzens ermöglicht.

Wie bei allen serösen Häuten des Organismus können Entzündungen die Perikardblätter befallen. Makro- skopisch lassen sich fibrinöse, serö- se, hämorrhagische und purulente Perikarditis unterscheiden, wobei im zeitlichen Ablauf Übergänge von ei- ner Form in die andere oder auch Kombinationen vorkommen.

Ursachen akuter

Herzbeutelentzündungen

Am häufigsten sind Begleitentzün- dungen des Perikard über Infarktbe- zirken, wenn die gesamte Ventrikel- wand infarziert ist (transmurale In- farkte). Unter den Krankheitsformen, bei denen die Herzbeutelentzün- dung das Krankheitsbild bestimmt, sind die sogenannten idiopathi- schen oder unspezifischen oder be- nignen Perikarditiden, bei denen der Definition nach eine spezielle Auslö- sung bisher nicht bekannt ist, am verbreitetsten. Ein Teil dieser Fälle ist vermutlich virusbedingt. An zwei-

ter Stelle folgen der Häufigkeit nach Perikarditiden als Begleitkrankhei- ten von gesicherten Virusinfektio- nen, allerdings sehr selten als allei- nige Manifestation einer solchen In- fektion. Bakteriell verursachte For- men sind auch unter Berücksichti- gung der tuberkulösen Ätiologie in den letzten 20 Jahren seltener ge- worden. Weitere Formen sind rheu- matische, allergische, tumoröse, traumatische und urämische Peri- karditiden sowie zahlreiche weitere Formen mit selten vorkommenden Einzelursachen (Tabelle 1).

Anamnese

und klinische Symptomatologie Anamnestische Daten sind häufig eher auf die Grundkrankheit bezo- gen und deshalb für die spezielle Diagnostik einer Perikarditis wenig hilfreich. Das gilt zum Beispiel für Viruskrankheiten, Tuberkulose, Tu- moren oder Kollagenkrankheiten so- wie das rheumatische Fieber. Das wichtigste spezielle perikardbezoge- ne Symptom ist der Schmerz in der Herzregion, der durch fibrinöse Auf- lagerungen entweder zwischen den Perikardblättern oder an der Außen- schicht des parietalen Blattes zu- stande kommt. Er ist in seiner Ent- stehung dem Schmerz der Pleuritis vergleichbar und hat auch eine ähn- liche subjektive Charakteristik. Ty- pisch sind wechselnde Ausprägung in Abhängigkeit von Körperlage und Atemphase, vorwiegende Lokalisa- tion hinter dem Brustbein und im

Die Herzbeutelentzündung kommt als häufige Begleitma- nifestation schwerer Grund- krankheiten zum Beispiel bei Herzinfarkt, Urämie, viralen und bakteriellen Infektionen vor. Sie wird nicht seiten über- sehen, weil die Symptoma- tik der zugrundeliegenden Krankheit überwiegt. Wichtig- ste Zeichen sind Perikardrei- ben und typische elektrokar- diographische sowie röntge- nologische Veränderungen.

Das bedrohlichste Symptom ist eine Herztamponade durch Drucksteigerung im Perikard.

Die therapeutischen Verfah- ren richten sich nach der Grundkrankheit. Bei Herztam- ponade kann die entlastende Punktion lebensrettend sein.

Ein Teil der Fälle geht in ei- ne konstriktive Verlaufsform über, die einer operativen Be- handlung zugänglich ist.

linken vorderen Thoraxbereich mit gelegentlicher Ausstrahlung in die Zwerchfellregion. Die klinisch wich- tigste Unterscheidung ist die vom Schmerz des frischen Herzinfarktes, der durch Unabhängigkeit von Kör- perlage und Atemphase bestimmt ist und eher mit Beklemmungsgefühl, Angsterscheinungen und der Emp- findung einer Enge um die Brust ver- bunden ist.

Stärkere Flüssigkeitsansammlungen im Herzbeutel im Zusammenhang mit einer serösen Entzündung, die eine Behinderung der Herzfüllung auslösen, verursachen Dyspnoe, Op- pressionsgefühl und Tachykardie.

Objektive Zeichen

Das klassische Zeichen einer akuten Perikarditis ist das Perikardreiben, das als kratzendes Zwei- oder Drei- phasengeräusch in Systole sowie in Früh- und Spätdiastole mit wech- selnder Intensität, gelegentlich auch nur systolisch oder nur diastolisch

ENTZÜNDUNGSSERIE:

Akute Perikarditis

Paul Schölmerich, Ursel Theile und Bärbel Hoppe

Aus der II. Medizinischen Klinik und Poliklinik (Direktor: Professor Dr. med. Paul Schölmerich) der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 7 vom 14. Februar 1980

369

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Tabelle 1: Übersicht über Ur- sachen akuter Perikarditiden

O Idiopathische Perikarditis Q Infektiöse Perikarditis (Tu-

berkelbakterien, pyogene Erreger, Vi ren, Rickettsien, Pilze, Parasiten, Spirochä- ten usw.)

• Perikarditis bei Herzinfarkt

(I)

Allergische Perikarditis (Serumkrankheit, Postperi-

kardiotomie-Syndrom, Postmyokardinfarkt-Syn- drom, Arzneimittelallergie, usw.)

O Rheumatische Perikarditis

• Perikarditis bei sogenann- ten Kollagenkrankheiten (primär chronische Polyar- thritis, Morbus Reiter, Mor- bus Sjögren, Morbus Felty, Morbus Bechterew, Lupus erythematodes dissemina- tus, Sclerodermia diffusa, Dermatomyositis, Panarte- riitis nodosa)

(/)

Perikarditis bei Stoffwech- selstörungen (renale Insuf- fizienz, Addison-Krise, dia- betisches Koma, Choleste- ri nperi kard itis)

()

Traumatische und post- operative Perikarditis O Tumorperikarditis q Perikarditis bei dissezie-

rendem Aortenaneurysma Aktuelle Medizin

Perikarditis

nachweisbar ist (Abbildung 1). Nicht selten ist das Geräusch nur an ganz umschriebenen Stellen hörbar. Ge- legentlich kommt es nur bei tiefer Inspiration oder tiefer Exspiration zur Darstellung oder nur bei Links- oder Rechtsseitenlage oder aufrech- ter Körperhaltung. Es entsteht im Zusammenhang mit fibrinösen Auf- lagerungen zwischen den Perikard- blättern oder an der Außenschicht des parietalen Herzbeutelanteiles.

Auch bei ausgedehnten Ergüssen ist es nicht selten noch hörbar. Bei Ver- dacht auf eine akute Perikarditis muß es gesucht werden. Die Diffe- rentialdiagnose gegenüber dem Ge- räusch einer isolierten Pleuritis kann schwierig sein. Dieses Geräusch si- stiert meist bei Atemstillstand. In Einzelfällen kann aber bei einer Me- diastinaipleuritis die Herzbewegung trotz Atemstillstand ein pleurales Reiben hörbar machen.

Elektrokardiographische Abweichungen

Bei der gelegentlichen Unsicherheit der Zuordnung eines Reibegeräu- sches zu Pleura oder Perikard sind elektrokardiog raphische Abwei- chungen um so wichtiger. Sie kom- men nur zur Ausprägung, wenn das Myokard im subepikardialen Be- reich mitbefallen ist. Durch Über- greifen der Entzündung des viszera- len Blattes auf die darunter gelege- nen Myokardschichten ergibt sich eine Außenschichtschädigung, wel- che sich in der exsudativen Phase als ST-Überhöhung in zwei oder drei Extremitätenableitungen und ebenso in den Brustwandableitun- gen äußert. Diese ST-Überhöhung persistiert nur wenige Tage, nicht selten nur 24 Stunden. Sie bildet sich dann unter Ausprägung eines häufig spitz negativen T zurück, das je nach Ausprägung der myokardia- len Beteiligung in dieser Form persi- stieren oder sich wieder weitgehend verlieren kann (Abbildung 2).

Die elektrokardiographische Diffe- rentialdiagnose stellt sich beson- ders gegenüber dem frischen Herz- infarkt. Die Unterschiede liegen beim transmuralen Infarkt in gleich-

zeitigen Veränderungen des QRS- Komplexes (Typenwandel, deutliche Q-Zacke, R-Verlust in den Brust- wandableitungen) und in der stren- geren Begrenzung des Krankheits- prozesses auf umschriebene Bezir- ke der Vorder-, Hinter- oder Seiten- wand, so daß ST-Überhöhungen in

zwei Extremitätenableitungen sich häufig mit ST-Senkung in einer drit- ten kombinieren. Auch in den Brust- wandableitungen findet sich bei In- farkt selten eine von V1 bis V6 rei- chende ST-Überhöhung. Schwieri- ger sind Schichtinfarkte abzugren- zen, bei denen QRS-Veränderungen fehlen. Die ST-Abweichungen be- schränken sich hierbei aber in der Regel auf zwei bis drei Brustwand- ableitungen.

Ein weiteres Unterscheidungsmerk- mal ist die Beobachtung, daß bei einer Perikarditis die Negativierung des T erfolgt, wenn die ST-Überhö- hung wieder geschwunden ist, wäh- rend beim Infarkt das T häufig schon negativ wird, wenn ST noch bogen- förmig überhöht erscheint.

Röntgenologische Befunde

Röntgenologisch faßbare Abwei- chungen der Herzsilhouette entste- hen erst, wenn die intraperikardiale Flüssigkeitsmenge 200 bis 300 ccm überschritten hat. Charakteristisch ist oft eine Bocksbeutelform (Abbil- dung 3), sofern das Perikard eine gewisse Festigkeit behalten hat.

Führt eine chronische Entzündung zu Strukturveränderungen des Peri- kard, so stellt sich eher eine dreiek- kige Konfiguration mit breiter Aufla- gerung der Herzsilhouette auf dem Zwerchfell dar (Abbildung 4). Hier ist die Differentialdiagnose gegenüber einer primär myokardial bedingten Herzvergrößerung bedeutsam. Diese wird in der Regel mit einer vor allem perihilär sichtbaren Lungenstauung einhergehen, während die Diskre- panz zwischen Herzvergrößerung und normaler Fülle der Lungengefä- ße beziehungsweise Fehlen intersti- tieller Flüssigkeitsansammlungen eher für eine exsudative Perikarditis spricht. Bei Durchleuchtung fällt die verminderte Randpulsation auf, die auch kymographisch gesichert wer- den kann. Vor Einführung der Ultra- schall-Echokardiographie waren als röntgenologische Nachweisverfah- ren Herzhöhlenszintigraphie, kar- dioangiographische Darstellung der Herzhöhlen oder Katheterausta-

370 Heft 7 vom 14. Februar 1980

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(3)

Abbildung 1: Typische Registrierung von Perikardreiben mit hochfrequenten,

„kratzenden" Geräuschen in allen Phasen von Systole und Diastole, vor allem nach der Vorhofaktion und in der Systole sowie protodiastolisch

Perikarditis

stung oder aber Luft- bzw.

Kohlensäureinjektion in den Herz- beutel bei Punktion von Ergüssen üblich. Sie sind heute weitgehend durch die Anwendung des Ultra- schallverfahrens abgelöst worden.

Ultraschallechokardiographie Eine einfache und den Patienten nicht belästigende diagnostische Untersuchungsmethode stellt die UI- traschallechokardiographie dar. Mit Hilfe der verschiedenen Techniken, die hier nicht im einzelnen abgehan- delt werden können, lassen sich durch Nachweis echofreier Zonen zwischen äußerem Perikardblatt und Ventrikelwand größere Flüssigkeits- volumina leicht erkennen. Eine Än- derung der Einfallsrichtung der Ul- traschallwellen erlaubt eine Abta- stung des Perikardraumes über dem linken und rechten Ventrikel.

Bemerkenswert ist das Phänomen, daß das Herz im flüssigkeitsgefüllten Herzbeutel Lageänderungen erlei- det, die als „swinging heart" be- zeichnet werden (Abbildung 5).

Hämodynamische Folgewirkungen Fibrinöse Entzündungen rufen in der Regel keine Veränderung der Herzleistung hervor. Die wesentlich- ste und klinisch wichtigste Folgeer- scheinung einer exsudativen Peri- karditis kommt durch eine Flüssig- keitsansammlung im Perikard und damit einhergehende Drucksteige- rung im Herzbeutel zustande. Flüs- sigkeitsansammlungen von mehr als 200 bis 300 ccm vermögen je nach der Dehnbarkeit des Perikards eine mehr oder weniger schwere Beein- trächtigung der Füllung der Herz- kammern und damit eine Verminde- rung der Auswurfleistung zu bewir- ken. Ein gesteigerter Füllungsdruck, erkennbar an stark gefüllten, im Ste- hen oder Sitzen noch sichtbaren Ju- gularvenen, stellt einen Kompensa- tionsversuch des Kreislaufs dar, die Herzfüllung und damit das Auswurf- volumen in einer tolerablen Höhe zu halten. Bei weiterer Zunahme des intraperikardialen Drucks durch Ver-

größerung der Flüssigkeitsmenge stellt sich eine so starke Abnahme der Kammerfüllung ein, daß infolge reduzierter Auswurfleistung der ar- terielle Druck abfällt, in schweren Fällen bis zum Schock, unter Um- ständen mit letalem Ausgang. Dieser Zustand wird als Herztamponade be- zeichnet (Tabelle 2).

Die wesentliche Aufgabe des Haus- arztes liegt darin, diese Entwicklung möglichst frühzeitig zu erkennen, wobei Verminderung der Pulsampli- tude, systolischer Blutdruckabfall, Pu lsus paradoxus, Tachykardie, kal- te Extremitäten durch Zentralisation des Kreislaufs, Tachypnoe, Angstge- fühl, Oppression und Zyanose Leit- symptome sind. Vom Blutungs- oder

Volumenmangelschock unterschei- det sich dieser Zustand durch die prominenten Jugularvenen.

Therapie der Herztamponade Das Vollbild dieser sogenannten Herztamponade kann augenblick- lich durch eine entlastende Punk- tion des Herzbeutels beseitigt wer- den. Die Technik ist nicht schwierig, wenngleich nicht ohne Komplika- tionsmöglichkeiten. Der sicherste Zugang erfolgt von einem Punkt links vom Processus xyphoides un- ter dem Ansatz der Rippe, wobei die Nadel hinter dem Processus xypho- ides in der Richtung auf die rechte Schulter unter dem Sternum vorge-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 7 vom 14. Februar 1980

371

(4)

I

II --A---

VL

VF

v2

V3

V5

v6

26.7. 27.7. 3.8.

Abbildung 2: Ablauf einer akuten Perikarditis im EKG mit geringer ST-Überhöhung in Ableitung I und V 4 — V 6. Am folgenden Tag bei geringer ST-Überhöhung deutli- che Negativierung des T in Ablei- tung 1 und II und V 4 — V 6. Eine Woche später geringe Rückbil- dung der Negativierung des T

vi

v^-

ramm. Irantram irnum

Perikarditis

führt werden muß. Besteht ein aus- gedehnterer Erguß, so wird man in der Regel nach wenigen Zentime- tern beim Vorschieben der Nadel un- ter Aspiration Exsudat gewinnen.

Ein zweiter Zugang ist bei größeren Ergüssen in der Herzspitzenregion möglich, wenn die durch den Erguß bedingte absolute Herzdämpfung über den Normbereich hinaus nach links ausgedehnt ist. Man kann zwei Zentimeter einwärts von der Grenze der absoluten Herzdämpfung mit der Nadel eingehen und die Nadel in Richtung auf die Thoraxmitte vor- schieben. Weitere Zugangsmöglich- keiten sind im vierten Interkostal- raum links und rechts vom Sternum in Sonderfällen gegeben. Wenn in der Praxis keine Erfahrungen mit ei- ner der genannten Methoden vorlie- gen, sollte man, außer in Notfällen, mit Rücksicht auf mögliche Verlet- zung von Koronargefäßen, Perfora- tion der Wand des rechten Vorhofs oder rechten Ventrikels oder, bei apikalem Zugang, Verletzungen der Lunge mit Auslösung eines Pneu- mothorax, die Punktion der Klinik überlassen. Hier kann durch Armie- rung der Nadel mit einem EKG-Kabel die mögliche Berührung des Myo- kard leichter erfaßt und die Punktion auf diese Weise sicherer gestaltet werden.

Spezielle Formen akuter Perikarditiden

Idiopathische Perikarditis

In einem Teil der Fälle geht dem plötzlichen Auftreten einer idiopa- thischen Perikarditis ein katarrhali- scher Infekt der oberen Luftwege zwei bis drei Wochen voraus. Diese Tatsache legt eine infektallergische Genese nahe. Ein Teil der Fälle ist wahrscheinlich, wie schon erwähnt, virusbedingt. Klinisch stehen Fieber, retrosternaler Schmerz, Perikardrei- ben, serofibrinöse Ergüsse, typische EKG-Veränderungen im Vorder- grund (Abbildung 6). Die Mehrzahl der Fälle verläuft benigne mit ra- scher Rückbildung und folgenloser Ausheilung. Andere Krankheitsver- läufe sind durch Rezidive, gelegent- lich über Monate, gekennzeichnet.

In Einzelfällen ist ein Übergang in eine konstriktive Form beobachtet worden. Bemerkenswert ist, daß nicht selten umschriebene pneumo- nische lnfiltrate und eine fibrinöse oder seröse Pleuritis gleichzeitig nachgewiesen werden können.

Virusperikarditiden

Perikarditiden kommen bei zahlrei- chen Viruskrankheiten als Begleit- phänomene, selten als dominante Erscheinungen vor. Am häufigsten findet man sie bei Coxsackieinfek- tionen, die mit oder ohne Myalgie (Bornholmsche Erkrankung) einher- gehen können. Virusgrippe, Polio- myelitis, Masern, Röteln, Mumps können in absteigender Häufigkeit eine perikardiale Symptomatik zei- gen. Selten wird, außer bei- Cox- sackieinfektion, das klinische Bild dadurch beherrscht. In Einzelfällen können Herztamponade, selten auch Übergang in konstriktive Perikarditi- den vorkommen (vgl. Abbildung 7).

Eitrige Perikarditis

Eine frühzeitige Antibiotikatherapie, zum Beispiel bei hilusnahen Pneu- monien oder septischen Erkrankun- gen mit hämatogener Streuung, hat die Zahl eitriger Perikarditiden sehr stark reduziert. In den wenigen Fäl- len, die noch beobachtet werden, sind Pneumokokken, Staphylokok- ken oder Streptokokken häufigste Ursache. Im Rahmen einer schwer verlaufenden bakteriellen Infektion müssen persistierende Tachykardie, Jugularvenenstauung und arterieller Druckabfall an einen hämodyna- misch wirksamen Perikarderguß denken lassen. Perikardreiben, ty- pische EKG-Veränderungen sowie röntgenologische Untersuchungen, neuerdings vor allem die Ultraschall- untersuchung, erlauben die Abgren- zung von einer bakteriell induzier- ten, isolierten Myokarditis.

Tuberkulöse Perikarditis

Mit der verminderten Häufigkeit tu- berkulöser Lungenerkrankungen ist die Zahl der tuberkulösen Perikardi- tiden gleichfalls deutlich zurückge- gangen. Charakteristisch ist eine

372 Heft 7

vom 14. Februar 1980 DEUTSCHES ARZTEBLATT

(5)

Aktuelle Medizin Perikarditis

Abbildung 3: Typische Bocksbeutelform der Herzsilhouette bei einer Patientin mit akuter idiopathischer Perikarditis

Abbildung 4: Kymographische Aufnahme einer Herzsilhouette nach Punktion des Perikardergusses, wobei pulsatorische Bewegungen sowohl des parieta- len PerikardS wie auch des Flüssigkeitsspiegels kymographisch erfaßt sind

langsame Entwicklung mit Neigung zu ungewöhnlich großen Perikard- ergüssen, die gelegentlich mehrere Liter serös-sanguinolenten Exsuda- tes umfassen können. Die gesteiger- te Dehnbarkeit des diffus entzünde- ten äußeren Perikardblattes erklärt die Tatsache, daß eine ausgeprägte Herztamponade selten vorkommt, wohl aber eine Einflußstauung an einer Erhöhung des Jugularvenen- druckes erkennbar ist. Die Sympto- matologie ist für eine Tuberkulose häufig charakteristisch. Es finden sich subfebrile Temperaturen, hohe BSG, Gewichtsverlust, Schweißnei- gung und Müdigkeit. Retrosternale Schmerzen treten weniger in den Vordergrund. EKG-Veränderungen lassen die für die frische Phase der perikarditistypischen ST-Überhö- hungen seltener erfassen, weil die Initialphasen der Perikarditis kli- nisch nicht bemerkt werden. Die Diagnose wird oft erst aufgrund röntgenologischer Symptome (gro- ße Herzsilhouette ohne Lungenstau- ung) erfaßt. Sie ist durch Erreger- nachweis aus dem Exsudat zu si- chern, wenn dieser nicht gelingt, durch bioptischen Nachweis.

Perikarditis bei rheumatischem Fieber und sogenannten Kollagenkrankheiten Eine rheumatische Perikarditis kommt praktisch nur im Rahmen ei- ner rheumatischen Karditis mit Be- teiligung von Endo- und Myokard vor. Dabei steht in der Regel die Symptomatik des rheumatischen Fiebers mit Karditis im Vordergrund.

Die zusätzliche Beteiligung des Peri- kard kann auskultatorisch nachge- Wiesen werden. Meist handelt es sich um fibrinöse Auflagerungen oh- ne größeren Erguß oder gar Herz- tamponade. Ein Übergang in eine konstriktive Form ist nicht sicher nachgewiesen.

Unter den sogenannten Kollagen- krankheiten verursacht der Lupus erythematodes häufig intermittie- rend auftretende fibrinöse Perikardi- tiden, die sich mit Pleuritiden kombi- nieren. Seltener werden akute Peri- karditiden bei der primär chroni- schen Polyarthritis erfaßt, obwohl, ähnlich wie beim Morbus Bechte-

374 Heft 7 vom 14. Februar 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(6)

Perikarditis

Abbildung 5; M-mode-Echokardiogramm bei Perikarderguß. PE = Perikarderguß im Bereich der Vorder- und Hinterwand.

RV = rechter Ventrikel, SI = Septum interventriculare, MK = Mitraiklappe

rew, in autoptischen Kontrollen sich fast immer Adhäsionen der Perikard- blätter finden.

Allergische Perikarditis

Unter den allergischen Perikarditi- den spielen das sogenannte Post- myokardinfarktsyndrom und das Postkardiotomiesyndrom eine große Rolle. Zwei bis acht Wochen nach Infarkt oder im Anschluß an eine Kardiotomie können in etwa fünf bis zehn Prozent der Fälle oft unter stär- keren Allgemeinerscheinungen wie Fieber, Gelenkschmerzen, Pleu rabe- teiligung auch Perikardreiben, sel- ten größere Perikardergüsse auftre- ten. Ätiologisch wird ein autoallergi- scher Prozeß angenommen.

Allergische Perikarditiden im Rah- men einer Allgemeinreaktion auf Serumgabe, jodhaltige Kontrastmit- tel oder Arzneimittel sind in Einzel- fällen berichtet.

Infarktperikarditis

Etwa zwei bis drei Tage nach Auftre- ten eines transmuralen Infarktes wird in einem Drittel aller Fälle vor- übergehend Perikardreiben gehört.

Eine zusätzliche Beeinträchtigung der Herzfunktion wird in der Regel nicht ausgelöst. In Einzelfällen per- sistiert das Reiben ein bis zwei Wo- chen. Unter einer Antikoagulanzien- therapie kann sich ein hämorrhagi- scher Erguß mit Tamponade bilden, so daß eine solche Therapie unter- brochen werden muß.

Urämische Perikarditis

Statistisch besteht keine deutliche Beziehung zwischen der Höhe der Retention harnpflichtiger Substan- zen und dem Auftreten einer urämi- schen Perikarditis, die meist fibrinö- ser Natur ist. Serös-hämorrhagische Ergüsse kommen aber vor, verein- zelt sogar unter dem Bild einer Herz-

tamponade. Autoptisch finden sich fast immer ausgedehnte Adhä- sionen.

Weitere Sonderformen akuter Perikarditiden

Die Literatur läßt eine große Zahl von Einzelverursachungen akuter Perikarditiden erkennen, auf die hier nicht eingegangen werden kann.

Dazu gehören traumatische Perikar- ditis durch stumpfe oder perforie- rende Brustkorbverletzung, Perfora- tion von Fremdkörpern vom Öso- phagus her, Perforation des Myo- kard bei Katheterisierung oder nach Schrittmacherapplikation. Ebenso vermögen Röntgenbestrahlungen zu Perikardadhäsionen zu führen.

Eine große Rolle spielen primäre und sekundäre Herz- und Perikard- tumoren, besonders solche, die in der Nachbarschaft des Herzens an- gesiedelt sind, sowie maligne Hämo- blastosen.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 7 vom 14. Februar 1980

375

(7)

Fieber

Substernaler Schmerz EKG-Veränderungen Leukozytose Perikardreiben Brüsker Beginn

Röntgenologische Verbreitung der Herzsilhouette

Pleurabeteiligung Infekt der oberen Luftwege Dyspnoe

Senkungsbeschleunigung Rezidive

■11■31■1 94%

1■■■■11MEM 91%

IMM I■ 89%

11■••■111 1 87%

69%

1■11i■ 68%

66%

Mi alM 58%

M■Mai■ 55%

ifflI■1113. 55%

MiMii■I 49%

311 1 37%

Abbildung 6: Symptomatologie der idiopathischen Pe karditis

Tabelle 2: Ursachen einer

• Spezifische infektbedingte Perikarditis

• Unspezifische (idiopathi- sche) Perikarditis

• Perikard- und Herztumo- ren

(t)

Thoraxtrauma

• Antikoagulanzientherapie bei Perikarditis

(;)

Perforation der Ventrikel- wandung

O Perforation eines Aorten- aneurysmas in das Peri- kard

gaZiaviligigän.

Perikarditis

Differentialdiagnose der akuten Perikarditis

Die wichtigsten Differentialdiagno- sen sind Herzinfarkt, Pleuritis, Pneu- mothorax und mediastinales Em- physem. Auf die Abgrenzungen von Herzinfarkt und Pleuritis ist bereits eingegangen worden. Der Pneumo- thorax läßt in der Regel einen plötzli- chen Beginn mit Schmerz und Atem- not erkennen. Die physikalischen Zeichen erlauben bei größerer Luft- ansammlung im Pleuraraum die Dia- gnose durch Erfassung von hyper- sonorem Klopfschall und abge- schwächtem Atemgeräusch bei auf- gehobenem Stimmfremitus. Bei Ver- dacht auf ein mediastinales Emphy- sem findet sich meist Knistern unter der Haut bei der Palpation. Die Dia- gnose ist darüber hinaus durch rönt- genologische Untersuchung mög- lich.

Folgeerscheinungen akuter Perikarditiden

Die Mehrzahl akuter Perikarditiden heilt mit umschriebenen oder ausge- dehnten Verklebungen beider Peri- kardblätter ab, oft auch unter Adhä- sion des äußeren Perikardblattes an der mediastinalen Pleura, der vorde- ren Thoraxwand oder der Zwerch-

felloberfläche. Wesentliche hämody- namische Folgeerscheinungen wer- den dadurch nicht bedingt, obwohl bei Durchleuchtung oder auch rönt- genkymographisch die Bewegungs- amplitude der Herzkonturen regio- nal eingeschränkt sein kann und ge- legentlich sogar systolische Einzie- hungen an der vorderen Thorax- wand sichtbar werden. Klinische Be- deutung haben nur zwei Folgewir- kungen: der chronische Perikarder- guß mit einer mehr oder weniger ausgeprägten Behinderung der Fül- lung und damit der Auswurfleistung des Herzens sowie die konstriktive Perikarditis.

Chronischer Perikarderguß

Unter den Fällen mit chronischem Perikarderguß finden sich viele, bei denen eine definierte Ursache nicht angegeben werden kann. In Einzel- fällen kommen aber bei Kollagen- krankheiten einschließlich der pri- mär-chronischen Polyarthritis, bei Tuberkulose, Urämie, Neoplasien und auch nach Thoraxtrauma oder Strahleneinwirkung im Thoraxbe- reich chronische Perikardergüsse vor. Auch die sogenannte Choleste- rinperikarditis sowie das Chyloperi- kard neigen zu persistierenden Er- gußbildungen (Tabelle 3).

Konstriktive Perikarditis

Die konstriktive oder chronisch kompressive Perikarditis kann als Folgeerscheinung zahlreicher Ein- zelformen manifest werden (Tabelle 4). Sie ist durch eine Begrenzung der diastolischen Füllungsfähigkeit des Herzens gekennzeichnet und leicht an der Jugularvenenstauung mit dem sogenannten doppelten Venenkollaps, dem Perikardzusatz- ton und ausgeprägten Zeichen einer Einflußstauung vor dem rechten Herzen, persistierender Leberver- größerung mit Aszites sowie weitge- hend therapierefraktärem Verhalten gegenüber der sonst bei Herzinsuffi- zienz meist wirksamen Glykosid- und Diuretikatherapie gekennzeich- net. Der arterielle Druck ist in der Regel niedrig, die Blutdruckamplitu- de klein, die Peripherie schlecht durchblutet. Im Gegensatz zur myo- kardial bedingten Herzinsuffizienz ist auffällig, daß trotz der so ein- drucksvollen Stauungszeichen kei- ne Orthopnoe besteht und der Pa- tient in Flachlagerung keine stärke- ren Beschwerden als im Sitzen hat.

Röntgenologisch ist die Herzsilhou- ette meist normal groß, gelegentlich verkleinert oder auch vergrößert, in ihrer Begrenzung manchmal bizarr verformt. Eine Verkalkung der zu-

376

Heft 7 vom 14. Februar 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(8)

Aktuelle Medizin

Perikarditis

Laborwerte BSG t

Leukozytose > 10 000/mm 3 777.77:77.7.77.77=7.7.7.77.7.771 Subjektive Befunde

Schmerz Objektive Befunde

Perikardreiben Dyspnoe Temperatur Tachykardie Venendruck lt Pulsus paradoxus Pleuraerguß Perikarderguß Perikard-Konstriktion

2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1 3 14 15 16 17 1 1 10 1 Patienten

Abbildung 7: Symptomatologie von 17 Fällen mit gesicherter Virusperikarditis

grundeliegenden Schwiele des Herzbeutels kommt nur in der Hälfte aller Fälle vor (Abbildung 8). Die Be- wegungsamplitude des Herzens er- scheint reduziert oder völlig aufge- hoben. Elektrokardiographisch be- stehen häufig Niederspannung und T-Negativierung, in einem Drittel der Fälle eine absolute Arrhythmie. In Einzelfällen bewirken Eiweißverlust über den Darm und die Niere ne- phrotische Konstellationen. In der Klinik lassen sich Diagnose und Operationsindikation durch Zusatz- untersuchungen sichern, unter de- nen die Druckmessung im Herzen charakteristische, wenn auch nicht spezifische Abweichungen ergibt.

Typisch ist ein frühdiastolischer, kurzzeitiger Abfall des Ventrikel- drucks auf Normalwerte oder auf ein wenig oberhalb der Norm gelegenes Druckniveau mit raschem Anstieg auf einen hohen enddiastolischen Druck, der in seiner Höhe sich ebenso im diastolischen Pulmonal- arteriendruck, im Pulmonalkapillar-

druck, im mittleren Vorhofdruck rechts sowie im Druck in der Vena cava spiegelt. Alle diese Drücke lie- gen in einem fast gleichen Druckni- veau.

Differentialdiagnostisch sind Herz- amyloidose, Endokardfibrose, aber auch die sehr viel häufigere diffuse Myokardfibrose abzugrenzen, die ähnliche Druckabläufe auslösen.

Therapie

der einzelnen Perikarditisformen Die therapeutischen Verfahren las- sen sich nur unter Berücksichtigung der speziellen Ätiologie erörtern.

Die idiopathische Perikarditis ver- läuft in der Mehrzahl der Fälle beni- gne. Es ist in der Regel eine sympto- matische Therapie mit Antiphlogisti- ka (zum Beispiel Indometacin 3mal 25 mg oder Oxyphenbutazon 3mal 100 mg täglich bis zum Abklingen

der Erscheinungen) indiziert. Bei Rezidiven sind Kortikosteroide zweckmäßig, wobei 50 mg täglich für 2 bis 3 Wochen gegeben werden sollen und dann die Dosis alle drei Tage um täglich 5 mg reduziert wer- den kann (Abbildung 9).

Bei Virusperikarditiden macht das Fehlen wirksamer Virostatika eine Therapie problematisch.

Glücklicherweise ist Spontanhei- lung in der Mehrzahl der Fälle paral- lel zum Abklingen der Grundkrank- heit die Regel. In Einzelfällen kom- men aber auch hier bei persistieren- den Erscheinungen am Perikard Kortikosteroide in der oben angege- benen Dosis in Frage, möglichst nicht in den ersten Tagen der Er- krankung, in denen eine Verstär- kung der Virusvermehrung, eventu- ell sogar eine bakterielle Superinfek- tion drohen. Bei stärkerem Erguß sind Punktion und gegebenenfalls länger wirksame Drainage indiziert.>

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 7 vom 14. Februar 1980 377

(9)

Tabelle 3: Ursachen einer chronischen Perikarditis

Tabelle 4: Ursachen einer konstriktiven Perikarditis

• Chronisch-idiopathischer Perikarderguß

• Tuberkulöse Perikarditis

• Cholesterin-Perikarditis

43

Chyloperikard

• Urämische Perikarditis

43 Neoplastische Perikarditis

• Perikarditis bei Kollagen- krankheiten

• Tuberkulose

49

Bakterielle Erkrankungen

• Thoraxtrauma

43 ldiopathische Perikarditis O Pilzerkrankungen

• Parasitäre Erkrankungen

ei

Strahleneinwirkung

(;)

Cholesterin-Perikarditis O Rezidivierendes Hämoperi-

kard

(1) Herz-und Perikardtumoren Perikarditis

Abbildung 8: Röntgenaufnahme eines Falles mit konstriktiver Perikarditis im frontalen Strahlengang mit Herzkatheter

Die purulente Perikarditis ist Domä- ne der Antibiotikatherapie, wobei die Erregerempfindlichkeit für die Wahl des Antibiotikums maßgeblich ist. Meist läßt sich im Zusammen- hang mit der Aufklärung der Grund- krankheit, zum Beispiel einer Pneu- monie, einer Mediastinitis oder ei- nes septischen Prozesses, der Erre- gernachweis führen.

Ist die Antibiotikatherapie innerhalb von zwei bis drei Wochen nicht im- stande, die klinischen Symptome der purulenten Perikarditis, insbe- sondere die Einflußstauung, zu be- seitigen, so ist eine Perikardektomie zur Vermeidung einer Constrictio in- diziert.

Die seltene tuberkulöse Perikarditis macht, wie bei der tuberkulösen Pleuritis, eine klassische Dreierthe- rapie notwendig. Sie besteht zur Zeit aus Isoniacid (300 mg täglich), Ri- fampicin (500 mg täglich) und Ethambutol (1 bis 1,5 g täglich).

Nach sechs- bis neunmonatiger Be- handlung kann auf eine Zweierthe- rapie übergegangen werden. Es ist mit Sorgfalt darauf zu achten, daß eventuelle Zeichen einer Constric- tio, die nach einigen Monaten mani- fest werden können, wenn die The- rapie nicht wirksam ist, durch eine Perikardektomie beseitigt werden, unter Umständen also schon in der relativen Frühphase der Erkran- kung.

Rheumatische und allergische Peri- karditiden sind die Domäne der Kor- tikosteroidtherapie (50 mg täglich für 3 Wochen, dann Dosisreduktion um 10 mg Tagesdosis im Abstand von einer Woche), wobei ein rheu- matisches Fieber zugleich einer Pe- nicillinprophylaxe bedarf. Hier gel- ten die gleichen Empfehlungen wie bei der rheumatischen Endokarditis (siehe Heft 31/1979, Seite 2008). Es wird empfohlen, 10 Tage lang 3mal 2 Millionen Einheiten Penicillin zu inji- zieren und anschließend bis zum Ab- klingen akuter Erscheinungen 3mal 1 Million weiter zu geben. Die Pro- phylaxe soll in vierwöchentlichen Gaben von 1,2 Millionen Benzathin- Penicillin bestehen.

378 Heft 7 vom 14. Februar 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(10)

j2,

Röntgen

Leukozyten

40- 39 - 38 37-

140- 120- 100- 80-

150.-

100-

5800 12800 16900

Schmerz

60/95 80/118 11/30 45/80

VD=Venenclruck in mm H 2 0 g Temp-

Puls= •—•—•—•

50- 36

7771

1 5 mg

30- 20- 10 l- Therapie mit Decortin

71 1 . 1 71 .

10 15 20 25 30 35 50 Tage

1171 11

40 45 BSG mm n.W.

Temp. C' Puls/min. VD 200i-

Aktuelle Medizin

Perikarditis

Abbildung 9: Verlaufskurve eines Falles mit idiopathischer Perikarditis unter einer Therapie mit Kortikosteroiden

Die urämische Perikarditis bedarf in der Regel keiner spezifischen Thera- pie außer bei Ergußbildung, bei der Punktion oder Drainage notwendig sind. Die Prognose hängt von der der Grundkrankheit ab.

Die Infarktperikarditis ist in der Mehrzahl der Fälle nur wenige Tage nachweisbar und hat keine speziel- len therapeutischen Implikationen.

Wichtig ist lediglich, daß die Anti- koagulantientherapie unterbrochen wird, da eine Hämorrhagie in den Herzbeutel droht.

Unter den zahlreichen weiteren Peri- karditisformen lassen sich chroni- sche Perikardergüsse durch operati- ve Fensterung oder Perikardektomie beseitigen. Das gilt auch für die Cholesterinperikarditis oder das Chyloperikard.

Bei konstriktiver Perikarditis ist, so- fern der Jugularvenendruck kon-

stant oberhalb von 150 mm Wasser gelegen ist und Lebervergrößerung, Aszites und stärkere Beeinträchti- gung der Leistungsfähigkeit beste- hen, eine Perikardektomie dringlich indiziert. Sie ist mit einem verhält- nismäßig geringen Risiko imstande, die Erscheinungen einer Einfluß- stauung vor dem rechten Herzen zu beseitigen und die Herzleistung weitgehend zu normalisieren. Die In- dikation sollte nicht zu spät gestellt werden, da unter Umständen eine Myokardatrophie nach operativer Entpanzerung zu akuter Herzdilata- tion führen kann. Die Indikation ist Aufgabe klinischer Untersuchung.

Literatur

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Anschrift für die Verfasser:

Professor Dr. med.

Paul Schölmerich

Direktor der II. Medizinischen Universitätsklinik und Poliklinik der Universität Mainz

Langenbeckstraße 1 6500 Mainz

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 7 vom 14. Februar 1980

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