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Archiv "Katastrophenhilfe: Haiti am Abgrund" (22.01.2010)

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A 64 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 3

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22. Januar 2010

KATASTROPHENHILFE

Haiti am Abgrund

Nach dem Erdbeben in dem Karibikstaat ist die Hilfsbereitschaft auf inter- nationaler Ebene groß.

Doch die Unterstützung kommt nur schleppend an.

W

enige Tage nach dem ver- heerenden Erdbeben in Haiti gingen den Medien die Superlative aus. Ein „Jahrhundertbeben“ habe den verarmten Karibikstaat am Abend des 12. Januar erschüttert. Es handele sich um das schwerste Un- glück in der Geschichte der Organi- sation der Vereinten Nationen, hieß es aus deren Hauptsitz in New York.

Die gesamte Führungsspize der UN- Stabilisierungsmission MINUSTAH kam bei dem Beben der Stärke 7,3 auf der Richterskala ums Leben, als die UN-Zentrale zusammenbrach, ebenso mehrere Minister aus dem Kabinett von Präsident René Préval.

Der Präsidentenpalast wurde in wei- ten Teilen zerstört.

Gut eine Woche nach dem Beben wurden knapp 30 000 Leichen ge- borgen. Zu diesem Zeitpunkt waren Helfer jedoch noch nicht in die ent- legenen Landesteile vorgedrungen, die zum Teil noch schwerer ver- wüstet wurden als die Hauptstadt Port-au-Prince. Schätzungen gehen deshalb von mehr als 100 000 Toten im ganzen Land aus.

Angesichts der unbeschreibli- chen Bilder aus dem Karibikstaat lief auf internationaler Ebene un- mittelbar eine immense Hilfskam- pagne an. Die Europäische Union, die UNO und die US-Regierung sagten jeweils Millionenfonds zu.

Zu den Tausenden Helfern zählen auch deutsche Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks und nicht- staatlicher Organisationen. Gesund- heitsminister Philipp Rösler bat die

Pharmaverbände um Spenden.

Dennoch kam die Hilfe vor Ort nur langsam an – zu langsam für viele Opfer. Einer der Gründe: Auch der internationale Flughafen von Port- au-Prince wurde von dem Beben schwer beschädigt. Nach Berichten von Korrespondenten lief erst eine Woche nach der Erdbebenkatastro- phe effektive Hilfe an. Bis dahin mussten die medizinischen Kräfte vor Ort ohne Beistand von außen auskommen. Amber Lynn Munger, eine humanitäre Helferin aus den USA, richtete in einem Gästehaus der Hauptstadt ein provisorisches Versorgungszentrum ein. Auf ei- nem nahen Fußballfeld wurden nach ihrem Bericht circa 1 300 Erd- bebenopfer betreut. In ihrem Inter- nettagebuch schrieb Munger: „Wir haben hier Amputationen und ande-

re sehr schmerzhafte Eingriffe durchgeführt, ohne jegliche Medi- kamente oder gar Analgetika.“

Munger berichtet auch von hai- tianischen Ärzten und Hilfsperso- nal aus anderen Staaten, darunter Kuba. Schon vor dem Beben hatte Havanna knapp 400 Ärzte und me- dizinisches Personal nach Haiti ent- sandt. Nach der Katastrophe ge- währleisteten die Kubaner über Ta- ge hinweg die einzig funktionieren- den Versorgungsstrukturen. Weder von der Regierung noch von der Blauhelmmission MINUSTAH sei

lange nach dem Beben etwas zu vernehmen gewesen, bestätigte auch die US-Amerikanerin Munger.

Angesichts der zahlreichen Pro- bleme wiesen Experten auf die schwierige Wirtschaftslage hin.

„Gegen ein Erdbeben kann man kaum etwas ausrichten, die sozialen Probleme sind aber vom Menschen gemacht“, sagte Brian Concannon vom US-amerikanischen Institut für Gerechtigkeit und Demokratie in Haiti dem Deutschen Ärzteblatt.

Der haitianische Staat sei durch

„Abhängigkeiten und ein neolibera- les System extrem geschwächt“

worden, meint Concannon. Schon in den vergangenen Jahren habe es kein funktionierendes Gesundheits- system gegeben.

Angesichts der labilen Wirt- schaft sieht Concannon neue Ge-

fahren. „Das zentrale Problem ist, dass ein Land wie Haiti schnell von internationaler Hilfe abhängig wird“, sagt er – auch mit Blick auf die USA. Subventionierte Agrarex- porte schadeten langfristig den hai- tianischen Bauern, die dann ihre Produkte nicht mehr verkaufen könnten. Concannon fordert deswe- gen ein radikales Umdenken. Haiti müsse spätestens nach dieser Katas - trophe die Möglichkeit bekommen, sich zu verändern. Und sich selbst

zu helfen. ■

Harald Neuber

Port-au-Prince nach der Katas - trophe: Unter frei- em Himmel werden Verletzte notdürftig versorgt, hier durch die Organisation Ärzte ohne Grenzen.

Foto: Actionpress

P O L I T I K

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