• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Chefärzte und Oberärzte: Selbstverständnis" (19.03.1999)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Chefärzte und Oberärzte: Selbstverständnis" (19.03.1999)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

che „Reformen“ verabschiedet. Da- nach dürfen Versicherungen keine selektiven Verträge mit einzelnen Gesundheitseinrichtungen und Ärz- ten abschließen. Einige Staaten ver- langen, daß Versicherungen den Zu- gang zu bestimmten Facharztgruppen wie Gynäkologen oder zur Alterna- tivmedizin wie Akupunktur oder Na- turheilkunde garantieren. Als Ant- wort auf die „Drive-through-Medi- cine“ verpflichten einige Staaten Ver- sicherungen, eine gewisse Zahl von Krankenhaustagen zu garantieren, et- wa bei Geburten oder Mastektomien.

Da viele Amerikaner den Arbeit- geber nicht wechseln können, ohne ihren Versicherungsschutz zu verlie- ren, versuchen die Gesetzgeber, den

„Transport“ von Versicherungslei- stungen zu verbessern. Der Erfolg ist jedoch ungewiß. Zudem wurde in den vergangenen Jahren versucht, für be- dürftige Kinder den Zugang zur Ge- sundheitsversorgung zu verbessern;

damit wird der Kreis der Versicher- ten erweitert. Versuche, das System grundlegend zu reformieren, scheitern jedoch immer wieder. Der Senat hat kürzlich eine „Patient Bill of Rights“

als zu teuer verworfen. Das Gesetz sah vor, den Patienten ein Recht auf Infor- mation über Behandlungsmethoden, auf Privatsphäre und Würde, auf Not- fallversorgung, auf einen Ombuds- mann sowie das Recht, eine Behand- lung zu verweigern, zu garantieren.

Das Fehlen eines allgemeinen Versicherungsschutzes wird für das Gesundheitswesen der Vereinigten Staaten weiterhin eine Herausforde- rung darstellen. Nach Jahren mit nur minimalen Kostensteigerungen als Er- gebnis von Managed Care werden für das amerikanische Gesundheitswesen nun wieder große Kostensteigerungen vorausgesagt, möglicherweise auf bis zu 16,6 Prozent des Bruttoinlands- produkts. Darüber hinaus bröckelt das finanzielle Rückgrat des Gesundheits- wesens, der von privaten Arbeitgebern bezahlte Versicherungsschutz: Viele

Arbeitnehmer versichern sich aus Ko- stengründen nicht bei der vom Arbeit- geber angebotenen Versicherung. Die Lösungen, die angesichts des unpo- pulären Managed-Care-Systems ge- funden werden, werden das Gesicht der amerikanischen Medizin im kom- menden Jahrhundert prägen.

Literatur

1. Blendon RJ, Brodie M, Benson J: What hap- pened to Americans’ support for the Clinton health plan. Health Affairs 1995; 14 (2):

7–23.

2. Donelan K, Blendon RJ et al.: Whatever happened to the health insurance crisis in the United States? Voices from a national survey. JAMA 1996; 276: 1346–1350.

3. Franks P, Clancy CM, Gold MR: Health insurance and mortality: Evidence from a national cohort. JAMA 1993; 270: 737–741.

4. Inglehart JK: The American health care system. NEJM 1992; 326: 962–967.

5. Smith S, Freeland M et al.: The next ten years of health spending: what does the fu- ture hold? Health Affairs 1998; 17 (5):

128–140.

6. Starfield B: Primary care and health: a cross-national comparison. JAMA 1991;

266: 2268–2271.

Anschrift des Verfassers William G. Sayres, Jr., MD East 4408 Spangle Creek Rd Valleyford, WA 99036, USA E-Mail: wgsayres@ghnw.ghc.org

A-682 (34) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 11, 19. März 1999

T H E M E N D E R Z E I T BLICK INS AUSLAND/GLOSSE

William G. Sayres, Jr., ist Facharzt für Fami- lienmedizin. Er ist Mitarbeiter von Group Health Permanente und unterrichtet am Insti- tut für Familienmedizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Washington. Über- setzt wurde der Beitrag von Dr. med. Brunhild Fölsch, Dortmund. Bei diesem Beitrag handelt es sich um die überarbeitete Fassung eines Vortrags, der im November 1998 an der Uni- versität Dortmund gehalten wurde.

ir registrieren derzeit den Beginn eines Generatio- nenwechsels bei der ärztli- chen Leitung von medizinischen Ab- teilungen. Der Werdegang mancher noch amtierender Chefärzte alter Prägung, die den Aufsichtsbehörden ständig bei Leitungsbesprechungen gegenübersitzen, zeichnet sich durch einige Charakteristika aus.

Der Chefarzt (CA) klassischer Prägung

Er hat in den 50er beziehungs- weise 60er Jahren studiert und seiner- zeit noch die „Medizinalassistenten- zeit“ absolviert. Sein medizinisches

Wertebild wurde damals entschei- dend geprägt: Schwestern in Non- nentracht warten auf Anweisungen der Ärzte, gemeinsame Überstunden bis zur Selbstaufgabe gehören zum Alltag. Die Arbeitswelt besteht aus der Klinik. Man ist umgeben von dankbaren Patienten.

Die Ehefrauen haben eigene be- rufliche Vorstellungen hintangestellt und sind dankbar, wenn der Gatte einmal wöchentlich tatsächlich so früh nach Hause kommt, daß die gemeinsamen Kinder den Kontakt zum Vater nicht verlieren. „Vater“

hat ein schweres Los als Arzt, der ei- gentlich immer im Dienst ist. Die Fa- milie trägt diese Lebensaufgabe klag- los mit.

Der CA alter Prägung erinnert sich gerne an fachliche Vorbilder und

„Ziehväter“, speziell in operativen Fächern. Die Verschrobenheiten der damaligen Entscheidungsträger aus der Nachkriegszeit werden zwar belächelt, aber noch immer bewun- dernd vorgehalten und überaus gerne anekdotenhaft zitiert mit dem unaus- gesprochenen Hinweis auf eine un- terstellte, darin enthaltene zeitlose Gütigkeit.

Der Chefarzt klassischer Prägung verbittet sich jedwede Einmischung in seine fachliche Souveränität. Schließ- lich stammt er aus der „Schule von Ordinarius Prof. Dr. . . . aus der Uni- versitätsklinik in . . .“. Der CA hat sämtliche Besonderheiten seines Fachgebietes kennengelernt und in seiner Universitätskarriere selbstre- dend entscheidend mit beeinflußt.

Zahllose Menschen verdanken ihm sein Leben. Seit Jahren nimmt er streng, aber gerecht bei der Lan- desärztekammer Facharztprüfungen ab, ohne jedoch selbst eine solche ab-

Chefärzte und Oberärzte

Selbstverständnis

W

(2)

solviert zu haben. „Seinerzeit“ gab es so etwas noch nicht.

Der Chefarzt hat nichts gegen

„Qualitätssicherung“. Er praktiziert sie schon viele Jahrzehnte (lange bevor sie in aller Munde war), am liebsten mit seiner „Oberschwester“, die längst ihren Biorhythmus an den ihres Chefarztes angeglichen hat.

Man verkehrt überwiegend mit über Jahre gewachsenen Gesten und symbolträchtigen Andeu- tungen. Kurz: nonverbal und auch vegetativ.

Der Chefarzt alter Prä- gung hat auch nichts gegen

„Mitbestimmung“, schließlich hat auch er seinerzeit bei der Terminierung von Weih- nachtsfesten und Betriebs- ausflügen aktiv mitbestimmt.

Der Personalrat macht ihm schwer zu schaffen, noch un- angenehmer, geradezu su- spekt ist ihm die Frauen- beauftragte. Leider hat der CA eine liebgewonnene Ge- wohnheit früherer Jahre auf- geben müssen, sich unwider- sprochen „coram publico“ zur allgemeinen Erheiterung der Anwesenden intensiv zur recht eigentlich naturgegebe- nen Unfähigkeit von Frauen im ärztlichen Beruf (wegen fehlender Belastbarkeit die- ses Geschlechts) zu äußern.

Der Chefarzt besteht auf einem guten Betriebsklima.

Die stets wiederkehrende Hei- terkeit seiner Belegschaft ist für ihn ein Maßstab vor allem dann, wenn die Pointen seiner Anekdoten gewürdigt werden. Er möchte, daß seine Mitarbeiter gerne zur Arbeit kommen, die plötzlich anberaumte Visite um 19.30 Uhr auf der Privatsta- tion gehört auch dazu.

Der Oberarzt (OA)

Vereinzelt gibt es in Kliniken noch Oberärzte, die aus der gleichen Generation stammen wie die CA. Da- bei handelt es sich im wesentlichen um Ärzte, die als „graue Wölfe“ kompe- tent und routiniert ihren Dienst ver- sehen. Der jahrzehntelange vergeb- liche Kampf um eine Chefarztstelle

wurde eingestellt und hat zu einer va- riantenreichen Form von fachlichem sowie menschlichem Sarkasmus ge- führt. Angesichts der Dienstjahre und einer in wenigen Jahren erreichbaren Pensionierung werden innovative An- sätze von jüngeren Mitarbeitern als persönlicher Affront empfunden.

Die Oberärzte der jüngeren Ge- neration haben einen gänzlich ande-

ren beruflichen Werdegang. Das tra- ditionelle „ärztliche“ Weltbild ist von anderen Strömungen durchsetzt und eher mit überfüllten Hörsälen, zu ho- hen Studentenzahlen, Multiple choice sowie einer verheerend praxisfernen klinischen Ausbildung unter dem Zei- chen der Anonymität assoziiert, mit einem eher glanzlosen Abschluß im

„Praktischen Jahr“, neuerdings ge- folgt vom Status des „Arztes im Prak- tikum“.

Auf der anderen Seite finden sich durchaus valide Kenntnisse in der elektronischen Datenverarbeitung, Grundbegriffe zum Qualitätsmanage- ment sind vertraut, ebenso Elemente der Rückbesinnung auf recht eigentli- che Patientenbelange angesichts ei-

ner durchstrukturierten, überwiegend technisch orientierten Spezialisierung der Medizin.

Der Berufsalltag des Oberarztes ist durch folgende Schwerpunkte ge- prägt:

lDer OA „schmeißt den La- den“, das heißt: er garantiert den ko- ordinierten Ablauf in dem ihm zuge- teilten Bereich. Er organisiert zum Beispiel den OP-Plan, teilt sich bei schwierigen Eingriffen als Operateur selbst ein. Der Chefarzt operiert im Nachbarsaal seine Privatpatienten.

Der OA hat dafür zu sorgen, daß Kol- legen im Rahmen ihrer Facharztaus- bildung entsprechend berücksichtigt werden. Er hält Kontakt „zur Basis“, Beschwerden werden entgegenge- nommen, das Pflegepersonal wendet sich an ihn.

●Neue Ideen und Konzepte stammen oftmals aus den Reihen der Oberärzte, die im Rahmen der Rou- tine koordinierende Verantwortung tragen und somit Defizite oder gar Mißstände persönlich erleben und be- urteilen können. Innovative Ansätze müssen „dem Chef“ behutsam und di- plomatisch vorgetragen werden und sollten möglichst den Aspekt einer (wenn auch konstruktiven) Kritik aussparen. Am erfolgreichsten ist der- jenige, der die neue Idee oder ein Konzept so darstellt, daß der Chefarzt meint, dies alles sei ihm selbst einge- fallen. Läßt sich der CA überzeugen, greift er die Innovation auf und ver- tritt die Angelegenheit energisch und vor allem plakativ nach außen, zum Beispiel gegenüber senatorischen Dienststellen, Sponsoren oder Ko- stenträgern. Dabei kommen ihm die Erfahrungen aus dem Hochschulbe- reich zugute.

●Die andere Variante besteht in einem heldenhaft-innovativen Allein- gang des Chefarztes. Eine fixe Idee (noch aus Hochschulzeiten) beflügelt ihn, endlich aktiv zu werden. Entspre- chende Konzepte werden erarbeitet und vorgestellt. Einzelheiten zur Um- setzung der neuen Maßnahme nach einer unter Umständen medienwirk- samen Demonstration sind lästig.

Realisierungsansätze vor dem Hinter- grund nachlassender Euphorie wer- den dem Oberarzt überlassen, der

„die Dinge schon richten wird“.

Dr. med. Martin Götz, Bremen A-684 (36) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 11, 19. März 1999

T H E M E N D E R Z E I T GLOSSE

G Gootttt

C CAA

O OAA

N Niicchhttss

Zeichnung: Ralf Brunner

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Der Patient muss nach Auffassung des BGH in die Lage versetzt werden, sorgfältig abzuwägen, ob er sich nach einer herkömmli- chen Methode mit bekannten Risiken operieren lassen

2 der Bundespfle- gesatzverordnung ist eine von den Krankenhausträgern geforderte Ko- stenerstattung gerechtfertigt, wenn und insoweit den Krankenhäusern aus wahlärztlichen

Ob damit die Prognose für den Patienten verbessert oder verschlechtert worden ist, ist allerdings eine entscheidende Frage, und ob sich seine Lebensqualität ver- bessert

Alle Maßnahmen zur Sta- bilisierung unseres Gesund- heitssystems werden in kur- zer Zeit verpuffen, wenn nicht endlich das fatale Recht der Pharmaindustrie be- schnitten wird,

Eigen- verlag des Vereins Beiträge zur feministischen Theorie und Praxis e.V., Köln, 2002, 160 Seiten, 15 C Rupert Neudeck: Die Menschen- retter von Cap Anamur. Beck, München,

Auch die Höhe der Sach- kosten einer Abteilung ist nur bedingt vom Chefarzt zu beeinflussen, da sie weitgehend von der Entwicklung der Preise abhängt, deren Höhe vom

Wenn es gelingt, selbst zwischen diesen beiden „Extremen“ in Europa gemeinsame Handlungsfelder im AGS aufzu- zeigen, werden diese wahrscheinlich auch auf andere Länder des

Daß ein Arztbrief sechs Wochen nach dem Verlassen der Klinik bei meinen behan- delnden Ärzten noch nicht vorliegt – was spielt das schon für eine