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Lüscher, P., & Zürcher, K. (2002). Wald schützt nicht immer vor Hochwasser. Informationsblatt Wald, 9, 1-2.

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Inf.bl. Forsch.bereich Wald 9, 2002

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ISSN 1424-5701

Wald

2002

Swiss Federal Research Institute WSL

Informationsblatt Forschungsbereich

Eidg. Forschungsanstalt WSL CH-8903 Birmensdorf

Institut fédéral de recherches WSL Istituto federale di ricerca WSL

Abb. 1: Bohrgerät zur Erfassung der baum- spezifischen Durchwurzelung (Bild M.

Walser/WSL)

Wald schützt nicht immer vor Hochwasser

Wasserabfluss hängt wesentlich von Bodeneigenschaften ab

In den Wäldern des Sperbel- und Rappengrabens (Emmental) zeigten Messungen bereits zu Beginn des letzten Jahrhunderts, dass der Wald ausgleichend auf den Wasserhaushalt wirkt und den Hochwasserabfluss reduzieren kann. Auf stark vernässten Standorten im Alptal hingegen hatte der Wald bei Starkregenfällen das Wasserregime kaum beeinflusst. Die Ergebnisse eines kürzlich abgeschlossenen BUWAL-Projektes relativieren nun die früheren Untersuchungen: in Wäldern von Flyschgebieten hängt das Abflussgeschehen vor allem von den Bodeneigenschaften und vom Zustand des Waldes selber ab. Dieser schützt offensichtlich nicht generell vor Hoch- wasser; deshalb ist eine differenzierte Betrachtungsweise angebracht.

Peter Lüscher, WSL und Kaspar Zürcher, Büro IMPULS (Thun) Bei der Beurteilung der Waldwirkung

auf den Wasserhaushalt kommt dem Boden eine Schlüsselrolle zu. Die Va- riation und Verteilung von Bodenei- genschaften über eine grössere Fläche sind in der Praxis jedoch schwer einzu- schätzen, weil die meisten Messgrös- sen nur punktweise an Bodenprofilen oder Bohrungen erfasst werden kön- nen. Mit Hilfe von forstlichen Stand- ortskarten lassen sich die Wasserhaus- haltseigenschaften von Waldböden al- lerdings flächenhaft beurteilen.

Nicht jeder Waldstandort hat eine gleich grosse Bedeutung für den Was- serabfluss und damit für den Hochwas- serschutz. Es gibt Standorte, die unab- hängig von der Waldstruktur immer viel Wasser speichern können, andere hingegen nur wenig. Eine weitere Grup- pe von Standorten speichert bei günsti- gen Waldstrukturen (Idealbestockung, vielfältige Struktur) viel, bei ungünsti- gen (z.B. flächiger Windwurf) hinge- gen wenig Wasser. Je grösser der Un- terschied zwischen der Speicherfähig- keit des Bodens im schlechtesten bzw.

besten Fall ist, desto mehr wirken sich dort waldbauliche Massnahmen aus.

Abschätzung der Waldwirkung

Im Rahmen des BUWAL-Projekts

«Grenzen des Waldeinflusses auf Hoch- wasser und Rutschungen im Flysch- gebiet» wurden für die sechs häufig- sten Waldstandorttypen im voralpinen Flyschgebiet die wichtigsten boden- kundlichen Messgrössen für den Was- serhaushalt anhand von Leitprofilen er- arbeitet (Lüscher et al. 2000). Es wur- den statische Grössen wie das Infiltrati- onsverhalten, die Wasserdurchlässigkeit und die Wasserspeicherfähigkeit be- stimmt, aber auch dynamische Prozesse wie der Wasserabfluss durch Makropo- ren, der mit Beregnungsexperimenten ermittelt wurde (Germann 1999).

Editorial

Vor über zwei Jahren erhielten viele von Ihnen erstmals das «Infoblatt Wald». Die Zahl der Abonnentinnen und Abonnenten nahm seitdem konti- nuierlich auf über 2000 zu. Ausserdem wurde jede Ausgabe des Infoblattes mehr als 1000-mal via Internet abgeru- fen. Zeitungen und Fachzeitschriften übernahmen mehrere Beiträge oder griffen einzelne Themen für weiter füh- rende Berichte auf. Überwältigt hat uns dann das äusserst positive Echo auf die WSL-Kundenumfrage: über 900 von Ihnen bestellten das Infoblatt Wald neu, nur 30 wollen zukünftig darauf verzichten. Wir freuen uns sehr über das immense Interesse an unserer Forschung! Ihr Zuspruch motiviert uns, den Wissenstransfer weiter zu entwik- keln und für Ihre Anliegen offene Oh- ren zu haben.

Die ersten drei Beiträge dieser Aus- gabe eröffnen neue Perspektiven zu altbekannten Themen. Wer bisher glaubte, Wald schütze grundsätzlich vor Hochwasser, der wird nach der Lektüre des ersten Artikels sehr wahr- scheinlich differenzierter denken oder argumentieren. Und wer bisher fand, Pappelplantagen seien vegetations- kundlich eher langweilig, der wird sein Augenmerk in Zukunft wohl auch auf die Rote Liste-Arten lenken, die in Pappelpflanzungen auftreten können.

Wer schliesslich meint, gut hundert- jährige Gebirgsfichtenwälder würden kaum auf waldbauliche Massnahmen reagieren, der leitet aus dem dritten Artikel vielleicht neue Perspektiven für die Waldwirtschaft im Gebirge ab.

Viele Menschen wollen den Wald nachhaltig nutzen. Dieses heere Ziel stellen wir – indirekt – zum Beispiel dann in Frage, wenn wir tolerieren, dass Schadstoffe in Luft und Boden gelangen oder Holzerntemaschinen den Waldboden verdichten. Die Folgen dieser Beeinträchtigungen sind unter- dessen erkannt. Doch wie können wir sie minimieren? Lesen Sie dazu zwei aktuelle Kurzberichte.

Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre, Ihr

Reinhard Lässig

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Inf.bl. Forsch.bereich Wald 9, 2002

Abb. 2: Bandbreite der Speicherwirkung bei Starkniederschlägen (links) und waldbauliche Massnahmen (rechts) für Waldstandorte des Plateau-Tannen-Fichtenwaldes. Die Balken stehen für die Bandbreite der Speicherwirkung: vom ideal strukturierten Waldbestand (A) bis zum ungünstigsten Fall (D, z.B. flächiger Windwurf).

In Anlehnung an die bestehende Weg- leitung «Minimale Pflegemassnahmen für Wälder mit Schutzfunktion» (BU- WAL 1996) wurde ein Vorgehen ent- wickelt, mit dem die Waldwirkung an einem bestimmten Ort geschätzt wer- den kann. Dabei wird der IST-Zustand eines Bestandes verglichen mit dem SOLL-Zustand (Optimalzustand), wel- cher vom jeweiligen Standorttyp ab- hängig ist. Auf diese Weise lässt sich beurteilen, wie stark die Waldpflege das Hochwassergeschehen an einem bestimmten Ort beeinflussen kann und ob überhaupt waldbaulicher Hand- lungsbedarf besteht. Es stellte sich her- aus, dass sich Massnahmen der Wald- pflege am grössten auf periodisch ver- nässten Standorten auswirken, z.B. auf staunassen Böden (Abb. 2).

Der Wald beeinflusst aber nicht alle Merkmale kurzfristig. Den grössten Einfluss üben die Wurzeln aus, die langfristig im Wurzelraum ein intensi- ves Hohlraumsystem schaffen bzw.

erhalten. Dieses bestimmt im Wesent- lichen die Durchlässigkeit und die Spei- cherfunktion des Waldbodens. Die Wurzelmasse an einem gegebenen Standort lässt sich waldbaulich in hori-

Tab. 1: Merkmale, welche das Verhalten des Niederschlagswassers im Falle eines Starkregens steuern. Verschiedene Prozesse können sich gegenseitig beeinflussen und den Wasserabfluss verzögern oder beschleunigen.

Prozess bestimmende Merkmale

Interzeption Deckungsgrad der Baumschicht sowie der Kraut- und Moosschicht, Kronenlänge, Baumartenmischung

Infiltration Deckungsgrad der Kraut- und Moosschicht, Ausbildung der Auflagehorizonte, Humusform, Dichte der Bodenober- fläche, Vernässungsmerkmale im Oberboden

Durchlässigkeit Makroporen: Deckungsgrad und Struktur der Baumschicht (Hinweis auf Durchwurzelung), am Profil feststellbare Durchwurzelung und Hohlräume

Matrix: Vernässungsmerkmale, Bodenentwicklung, Skelettgehalt

Speicherung Mächtigkeit des Wurzelraums, Korngrössenzusammensetzung, Lagerungsdichte, Humusgehalt

zontaler wie vertikaler Richtung durch

eine naturnahe Baumartenzusammen- setzung und einen stufigen, nachhaltig stabilen Bestandesaufbau erhöhen. Die Interzeption hingegen beeinflusst den Wasserabfluss nur gering. Bei einem Starkregen spielt die im Kronenraum aufgefangene Wassermenge nur eine untergeordnete Rolle. Die Durchwur- zelung und die damit zusammenhän- gende Porenstruktur ist immer noch schwer zu quantifizieren. Hier besteht noch Forschungsbedarf.

Praxisreife überprüfen

Die differenzierte Methode ermöglicht es, Prioritäten beim Einsatz der begrenz- ten öffentlichen Mittel zur Schutzwald- pflege zu setzen. Das beschriebene Vor- gehen wurde erstmals anlässlich einer Tagung der Schweizerischen Gebirgs- waldpflegegruppe im Gurnigelgebiet (Kanton Bern) erprobt und auf die Be- dürfnisse der Praxis abgestimmt.

Auch im benachbarten Ausland stiess unsere Betrachtungsweise auf reges In- teresse, nicht zuletzt deshalb, weil mit der Verbindung zum Konzept der Mi- nimalen Pflegemassnahmen die Um-

setzung der Erkenntnisse in der Praxis einfach zu realisieren ist.

Gegenwärtig wird die Vorgehens- weise im Rahmen des BUWAL-Pro- jekts «Lothar und Wildbach» gemein- sam mit der Hydrologie WSL im Sper- belgraben ausserhalb des Flyschgebie- tes getestet. Hier kann auch ein Zu- sammenhang mit Abflussmessungen hergestellt werden, und benachbarte Einzugsgebiete mit Windwurfflächen lassen sich mit noch intakten Versuchs- flächen vergleichen.

Literatur

BUWAL, 1996: Minimale Pflegemassnah- men für Wälder mit Schutzfunktion.

Wegleitung. Bern, EDMZ.

Germann, P., 1999: Makroporen und präfe- renzielle Sickerung. In: Handbuch der Bodenkunde, ecomed, 6. Erg. Lfg 7/99, S. 1–14.

Lüscher, P.; Wasser, B.; Zürcher, K., 2000:

Standortscharakteristiken (Teilprojekt 1).

Schlussbericht zum Projekt «Einfluss des Waldes und minimaler Pflegemassnah- men auf das Abflussverhalten der Ge- wässer und die Rutschaktivität im Flysch- gebiet». BUWAL, Bern. 79 S.

Résumé

Une nouvelle méthode permet de com- parer l’effet de la forêt sur les crues dans différentes stations et pour différentes structures de peuplements. Cela facilite la fixation de priorités dans l’engage- ment de moyens destinés à financer les soins aux forêts protectrices.

Les soins aux forêts sont d’une impor- tance majeure dans les stations périodi- quement hydromorphes (p.ex. sur les sols influencés par l’eau stagnante).

Dans ces milieux, la capacité de réten- tion du sol peut être nettement amélio- rée par un choix d’essences adéquates et une structure de peuplement appro- priée. Une pénétration optimale des ra- cines y est également essentielle.

Speicherwirkung bei Starkniederschlägen Waldbauliche Massnahmen

gross

mässig

gering

A B

C

D

A:

B:

C:

D:

Standort mit grosser Speicherwirkung bei allen Waldzuständen Standort mit mässiger Speicherwirkung bei allen Waldzuständen Standort mit grosser Speicherwirkung bei gutem Waldzustand und geringer Speicher- wirkung bei schlechtem Waldzustand

Standort mit geringer Speicherwirkung bei allen Waldzuständen

A:

B:

C:

D:

keine Priorität

keine Priorität

Strukturregulierung, z.B.

von einschichtig zu stufig Mischungsregulierung, d. h. ideale Baumarten- zusammensetzung keine Priorität

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