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Hunziker, M. (1993). Wenn Wiesen zu Wald werden.. ein Verlust für das Landschaftserlebnis? Informationsblatt Landschaft, 18, 1-2.

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Informationsblatt des Forschungsbereic~es Landschaft

Nr. 18 / September 1993

Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft.

Forschungsbereich Landschaft

CH-8903 Birmensdorf

~

Informations du secteur de recherche paysage

No. 18 / septembre 1993

Institut federal de recherches sur la foret, la neige et le paysage.

Secteur de recherche paysage CH-8903 Birmensdorf

Wenn Wiesen zu Wald werden ... ein Verlust für das Landschaftserlebnis?

Diese Frage wurde schon ebenso häufig wie kontrovers beantwortet - empirische Grundlagen fehlten bisher weitgehend. In der vorliegenden Untersuchung haben qualitative Interviews mit Einheimischen und Touri- sten im Unterengadin ergeben, dass kleinräumige Wiederbewaldungen unproblematisch sind.

Marcel Hunziker

Bei einer Teilnahme der Schweiz am -Prozess der europäischen Integration - insbesondere bei dem vom Bundesrat angestrebten EG-Beitritt- könnte die Landwirtschaft nicht mehr über Produktepreise subventioniert und durch Grenzschutzmassnahmen vor dem freien Markt geschützt werden (7. LANDWIRTSCHAFTSBERICIIT 1992).

Ohne Direktzahlungen bedeutete dies zumindest für die Berglandwirtschaft einen Einkommensverlust, der kaum durch eine Intensivierung der Produk- tion zu kompensieren wäre. Gross- räumige Brachlegungen und spontane Wiederbewaldungen im schweizeri- schen Berggebiet wären die Konse- quenz. Das Ausmass der künftigen

nicht-produktegebundenen Direkt- zahlungen sollte aber auch davon ab- hängen, wie weit die brachebedingte Wiederbewaldung von der Bevölke- rung überhaupt als Erlebnisverlust und damit die Kulturlandschaftserhaltung als Nutzen empfunden wird, da heute das Landschaftsbild als wichtiges Pro- dukt der Landwirtschaft gesehen wird

(ANwANDERET AL. 1990).ZurErlebnis- wirksamkeit der spontanen Wieder- bewaldung wurden jedoch bisher nur wenige Untersuchungen durchgeführt, wie z.B. Nom. & ScHA.RPF (1976) oder Joa (1988). Das Ziel der vorliegenden Studie war es daher, zur Beschaffung der fehlenden Informationen beizu- tragen.

Abb. 1: Der standardisierte Rundgang mit dem Überblickspunkt und den bei verschie- denen Sukkzessionsstadien gewählten Gesprächsstandorten.

Fig. 1: Le parcours standard avec site d'observation et lieux de discussion choisis en fonction des divers stades de succession vegetale.

Inf.bl. Forsch.bereich Landsch. WSL Nr. 18, 1993

Si les pres deviennentforets, la nature perdra-t-elle de son charme? Dans le but de repondre

a

cette question, des habitants et touristes de la Basse-Engadine ont ete invites

a

emettre librement leur jugement en se pretant

a

une interview qualitative. Le reboise- ment spontane obtient des reponses ambivalentes car la receptivite des interroges depend des quatre aspects suivants: tradition, protection de la nature, rentabilite et evocation. Le point reunissant le plus de reponses unanimes est celui portant sur un paysage dote d' un reboisement moyen. Les interviewes souhaitent ainsi que le site en question conserve son etat actuel.

Methode: Qualitative Interviews In einer ersten Forschungsphase wur- de im Untei"engadin, wo die brache- bedingte spontanen Wiederbewaldung bereits heute aktuell ist, eine explora- tive Studie durchgeführt. Dazu wurde ein V erfahren gewählt, welches seine Stärke in der Tiefgründigkeit der Ana- lyse und nicht in der Repräsentativität der Ergebnisse hat: Auf einem stan- dardisierten Rundgang (Abb. 1) durch verschiedene Sukkzessionsstadien auf Bracheflächen wurden 16 Touristen und Einheimische -insbesondere auch Bauern- mittels qualitativer Interview- techniken über ihr Landschaftserlebnis befragt (LAMNEK 1989). Die Interview- partner wurden nach dem Konzept des

«theoretical samplings» gezielt so ge- wählt, dass eine möglichst grosse Viel- falt persönlicher Meinungen erfasst werden konnte. Die transkribierten Tonband-Gesprächsaufzeichnungen bildeten die Basis der Analysen.

(2)

Tab .. 1: Die Erlebnisdimensionen und di~ entsprechenden Beurteilungen der br-achebedingten Wiederbewaldung durch die Befragten Tabl. 1: Perception des valeurs et jugement des interroges

a

propos d 'un reboisement de terre en friche.

Erlebnis- Charakterisierung der Dimension Beurteilung auf der Makro-Ebene dimension

1;.i::~r:=rbe~-~g~!;

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ldealzu~tand der Landschaft traditioneller

Rolle der Landschaft Zustand

,.

Tradition

.

Kulturelles Erbe Traditionell bewirtschaftet ++

Naturschutz «Naturreservat» Hohe Artendiversität und +, seltene Arten vorhanden

Rentabilität Produktions- In rentabler Weise

--

fläche bewirtschaftet

Stimmung Idyllischer Grosse Farben- und Formen-

-

Erholungsort vielfalt sowie maximaler Symbolgehalt vorhanden

Ambivalente Beurteilung

Es ist zwischen drei Massstab~benen im Erlebnis der Wiederbewaldung zu unterscheiden:

• · dieMakro-EbenederWald-Wiesen- Verteilung mehrerer zusammenhän- gender Parzellen, die noch auf einen Blick erfasst werden können (vgl.

Abb. 1: Überblick) -

• die Meso-Ebene der Betrachtung der einzelnen Parzellen und ihrer Vege- tation

• dieMikro-EpenedereinzelnenPflan- zen

Am relevantesten für Planung und _P~

litik ist die Makro-Ebene, weshalb sich die folgenden Ausführungen auf diese Ebene beschränken. ·

Die eilJzelnen Befragten bewerteten die Wiederbewaldung nicht wider- , spruchsfrei, sondern ambivalent, weil jeder die Landschaft in verschiedenen Dimensionen erlebt Die Beurteilun- gen müssen daher nach vier Dimensio- nen differenziert werden, die .,.. mit un- terschiedlicher Gewichtung - bei jedem Befragten vpd}anden sind (Tab. 1):

• Auf der Basis der Erlebnisdimension Tradition wird·die aktuelle Wald- verteilung im Untersuchungsgebiet (betrachtet vom Qberblickspunkt, vgl. Abb. 1) als bereits teilweise er- folgter Verlust von Kulturland be- klagt Falls überhaupt neue· Wald- flächen auftreten, · sollen diese ge- pflegt und genutzt werden.

• Ausgebend von der Naturschutz-Di- mension wird der derzeitige Zustand als beinahe optimal bezeichnet, denn es sind immer noch viele Flächen mit hoher Artenvielfalt vorhanden.

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Die(Natur-)Waldfläcben werden auf dieser Massstabsebene als zusätzli- cher Diversitätsgewinn verstanden_, Jedoch sollte der Waldanteil nicht mehr weiter zunehmen.

• Aufgrun~ der Rentabilitäts-Di- mension wird der Landwirtschafts- anteil wegen mangelnder Rentapili- tät als zugross beurteilt Besser wäre es · aber~ die nicht mehr· rentablen Flächen extensiver zu nutzen - als WeideoderalsNutzwald-oder ganz sich. selbst zu überlassen.

• Der Erlebnisdimension Stimmung entspricht der aktuelle Zustand: Er garantiert ein Optimum an visuellen Reizen durch seine hohe Vielfalt an Farben und Formen. Zudem enthält diese Landschaft Symbole sowohl der .Freiheit einer ungebändigten Natur als auch von Geborgenheit rind m~imat. Die Flexibilität des stimrnungsorientierten Landschafts- erlebnisses ist hoch: Erst wenn nur noch Wald oder nur Agrarflächen vertreten wären, würde dies als ne- gativ erlebt.

Erste Folgerungen

Eine Landschaft wie jene des Unter- suchungsgebietes, in der bereits ein Teil der Fläche wiederbewaldet ist, wird also auf der Basis von zwei Di- mensionen positiverlebt Aufgrund der anderen beiden Erlebnisdimensionen

· ist die Beurteilung des aktuellen Zu- standes indifferent Da alle Personen mehr oder weniger von allen Erlebnis- -weisen geprägt sind, dürfte insgesamt

eine mittlerer Wiederbewaldungsanteil höchste Präferenz erhalten. Die mei-

untersuchter ohne Bewirt- Zustand (Abb. 1) .schaftung

+ +/-

- --

++ + +

-

-

+/- + ++

++ ++ ++

-

'

stenPersonen beantworteten denn auch die Frage nach der_ gewünschten künf- tigen Entwicklung des Gebietes mit einem Wunsch nach der Erhaltung des Statusquo.

· Dieses vorläufige Ergebnis bedarf noch der -Erhärtung durch weitere (quantitative) Untersuchungen. Einst~

weilen kann jedoch für die Agrarpoli- tik gefolgert werden, dass sie vor allem grossräumige Brachlegungen verhin- dern sollte.

Literatur:

Anwander, S. et al. 1990: Direkt- zahlungen an die BerglandwirtschafL Verlag der Fachvereine an den schweizerischim Hochschulen und Techniken, Zürich.195 S.

Job, ff., 1988: Passen Brachflächen in die Erholungslandschaft? Nitur und Landschaft, 63/11 (1988), S. 470- 473.

7. Landwirtschaftsbericht (Siebter Bericht über die Lage der schweizeri- schen Landwirtschaft und die Agrarpolitik des Bundes), -1992:

EDMZ, Bern. 419 S.

Lamnek, S., 1989: Qualitative Sozial- forschung - Bp. 2. Methoden und Techniken. Psychologie Verlags Union, München. 420 S. . Nohl, W. & Scharpf, H., 1976: Erlebnis-

wirksamkeit von Brachflächen. In:

Bierhals, E. et al. (Hrsg.), 1976:

Brachflächen in der Landschaft.

KTBL-Schrift 195, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V., Darmstadt.

Inf.bl. Forsch.bereich Landsch. WSL Nr. 18, 1993

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