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Hunziker, M. (1998). Die Akzeptanz der Grossraubtiere in der Schweiz. Ziele und Methoden eines sozialwissenschaftlichen Projekts der WSL. Informationsblatt Landschaft, 39, 1-2.

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Academic year: 2022

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ISSN 1421-0304

Informationsblatt des Forschungsbereiches

Landschaftsökologie

~

CH-8903 Birmensdorf

Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft Institut federal de recherches sur la foret, la neige et le paysage lstituto federale di ricerca per la foresta, la neve e il paesaggio Swiss Federal Institute for Forest, Snow and Landscape Research

39

September 1998

Die Akzeptanz der Grossraubtiere in der Schweiz

Ziele und Methoden eines sozialwissenschaftlichen Projekts der WSL

Die Ausbreitung wildlebender Grossraubtierarten stösst in der Schweizer Bevölkerung teilweise auf erheblichen Widerstand. Mit dem Projekt «Die gesellschaftliche Akzeptanz der Ausbreitung wildlebender Grossraubtiere in der Schweiz» werden die Gründe dieser Ablehnung mittels sozialwissen- schaftlicher Methoden erhoben und analysiert sowie Massnahmen zur Förderung der Akzeptanz vorgeschlagen und überprüft. Die Ergebnisse sollen ferner aufzeigen, wann die Akzeptanzförderung ihre Grenzen er- reicht und die Anliegen der Betroffenen zu respektieren sind.

Marcel Hunziker

In der Schweiz breiten sich gegen- wärtig Populationen wildlebender Grossraubtierarten aus, bzw. steht eine solche Ausbreitung unmittelbar bevor. Diese Entwicklung mag aus der Sicht des Naturschutzes grundsätzlich erwünscht sein, bei der Bevölkerung stösst sie aber auch auf Widerstand (MEYER 1996; WWF SCHWEIZ 1994).

Dieses Konfliktpotential wurde von Seiten des Naturschutzes erkannt und veranlasste diesen, Image-Kampagnen zugunsten der Grossraubtiere durch- zuführen.

Damit Bestrebungen, die Akzeptanz der Grossraubtiere zu erhöhen, langfri- stig edolgreich sein können, braucht es wissenschaftliche Kenntnisse über das Verhältnis der Bevölkerung zu den sich ausbreitenden Raubtieren, die heute noch fehlen.

Die meisten Untersuchungen über die Einstellung der Bevölkerung zu verschiedenen Raubtierarten wurden in Nordamerika durchgeführt (z.B.

BATH 1991; KELLERT 1985). Die dort typischen räumlichen Verhältnisse (Besiedlungsdichte etc.) erschweren eine Übertragung der Erkenntnisse auf die Schweiz. Hier fehlt es insbesonde- re an profunden Kenntnissen über die Gründe mangelnder Akzeptanz. Gera-

de dieses Wissen ist aber für die Ent- wicklung zielgerichteter Massnahmen der Akzeptanzförderung von grösster Wichtigkeit. Es ist auch noch unbe- kannt, unter welchen Bedingungen sol- che Massnahmen nicht mehr greifen und die Anliegen der Bevölkerung zu respektieren sind.

Ziel

Das Ziel des WSL-Forschungsprojektes

«Die gesellschaftliche Akzeptanz der Ausbreitung wildlebender Grossraubtie- re in der Schweiz» ist es, die fehlenden Grundlagen zu erarbeiten, die für die Förderung der Raubtierakzeptanz be- nötigt werden. Dabei sollen folgende Fragen beantwortet werden:

• Wie wird die Ausbreitung wildle- bender Raubtiere von der Schweizer Bevölkerung beurteilt?

• Wie sind Akzeptanz und Ablehnung bezüglich Regionen und sozialer Gruppen verteilt?

• Worin gründet fehlende (bzw. vor- handene) Akzeptanz?

• Welche maximale Ausbreitung der Raubtiere würde unter günstigsten Bedingungen noch akzeptiert?

• Wie lässt sich die Akzeptanz fördern?

Inf.bl. Forsch.bereiches Landsch.ökol. 39, 1998

L 'expansion des especes de grands predateurs vivant

a

l'etat sauvage se heurte

a

une forte opposition au sein d'une partie de la population suisse. Le projet portant sur l'acceptation sociale de l'expansion des predateurs sauvages en Suisse a pour but de decouvrir toutes les raisons de ce refus et de les analyser

a

l'aide de methodes socio-scientifiques.

Ce projet vise egalement

a

proposer et

a

verifier les mesures favorisant l' acceptation de ces

animaux de la part public. Les resultats montreront

a

quel stade les limites de cette promotion sont atteintes et

a

quel moment les desirs des personnes concer- nees sont

a

respecter.

Vorgehen

Die Fragen werden vorerst nur im Hin- blick auf jene Raubtierarten beantwor- tet, die in der Schweiz bereits auf Akzeptanzschwierigkeiten stossen bzw. sehr wahrscheinlich stossen wer- den: (1) der Luchs, der in einigen Re- gionen bereits verbreitet ist, (2) der Wolf, dessen Einwanderung unmittel- bar bevorsteht, und der Fuchs, der sich in Städten stark ausbreitet. Die Unter- suchungen werden in drei Phasen durchgeführt:

1. Eine erste Phase dient der Explo- ration der Problematik. Für jede der drei erwähnten Tierarten wird eine Fall- studie durchgeführt, welche darauf ab- zielt, die Hintergründe mangelnder bzw. vorhandener Akzeptanz zu er- gründen. In dieser Phase sind Tief- gründigkeit und Vielschichtigkeit der Untersuchung entscheidend. Diesem

(2)

Anspruch genügen «qualitative»

Erhebungs- undAuswertungsverfahren aufgrund ihrer Offenheit und Flexibili- tät ambesten. Die Daten werden daher mittels offener Leitfadeninterviews erhoben, wobei · die Technik des

«problemzentrierten Interviews» zur Anwendung~ommt(Wrrzä 1985).Die Tonbandaufnahmen der Interviews werden schliesslich niedergeschrieben und inhaltsanalytisch ausgewertet

(STRAUSS 1991).

In dieser Phase können aus ökono- mischen Gründen nur ca. 30 Personen befragt werden. Damit gleichwohl ein möglichst umfassendes Bild über die Vielfalt der Einstellungen entsteht, . ,. werden vorwiegend Personen befragt, die typische ( oder extreme) Positionen einnehmen. Sie bilden gewissermassen die Eckpunkte, die «das Feld der Grundgesamtheit aufspannen». In un- serem Fall sind dies beispielsweise iä- ger, Kleinviehhalter, Tier- und Natur- . . schützer, aber auch Laien wie betroffe-

• ne und nicht-betroffene. Anwohner.

Dieses geiielteAuswahlverfahren wird in allen Untersuchungsgebieten der drei Fallstudien - Wallis (Wolf), Simmental (Luchs) und Zürich (Fuchs)- angewandt.

1

- 2 -

2. In der zweiten Phase werden die vorher gewonnenen Erkenntnisse über- prüft und die quantitativen Angaben - insbesondere auch differenziert nach Regionen (z.]3. Stadt-Land) und sozia- len Gruppen - über die Häufigkeiten der verschiedenen Einstellungen erho- ben .. Zu diesem Zweck eignen sich quantitative Erhebungsverfahren auf- grund der statistischen Auswertbarkeit am besten. Vorgesehen ist daher, eine gesamtschweizerisch repräsentative Telephonumfrage mit standardisiertem Fragebogen durchführen zu lassen.

Dabei wird eine Zufallsstichprobe (ca.

1000 Personen) aus der Schweizer Bevölkerung gezogen werde'n.

3. In einer abschliessenden dritten Phase werden die aus den Ergebnissen hervorgehenden praktischen Folg~run- gen erprobt, indem konkrete Schritte

· der Akzeptanzförderung vorgeschla- gen, exemplarisch umgesetzt und· auf .ihre Tauglichkeit hin beurteiltwerden.

Dabei w~rden wiederum qualitative Er- hebungsverfahren zum Einsatz kom- men.

Diese dreistufige

·v

orgehensweise und die dabei verwendete Methoden- vielfalt führen zu einer grossen Zuver-

lässigkeit der Ergebnisse und erlauben die Ableitung geeigneter Massnahmen zur

f

örderung der Raubtierakzeptanz.

Literatur

Bath, A.J., 1991: Public attitudes in Wyoming,Montana.and ldaho toward Wolf restoration in Y ellowstone National Park. Transactions of North American Wildlife and Natural Recources Conferences 56: 91-95.

Jüttemann, G. (Hrsg.), 1985: Qualitative Forschung in der Psychologie - Grundfragen, Verfahrensweisen, Anwendungsfelder. Beltz, Weinheim.

Kellert, S. R, 1985: PubHc perceptions of predators, particularly the wolf and

· coyote. Bicilogical Conservation 31/2:

167-189.

Meyer, T., 1996: Die Rückkehr der Raubtiere. Natur 7/96: 45-55.

Strauss; A. L., 1991: Grundlagen qualitativer Sozialforschung. Wilhelm Fink, München.

Witzel, A., 1985: Das problernzentrjerte Interview. In: G. Jütternann (Hrsg.), Qualitative Forschung in der Psychologie - Grundfragen, Verfahrensweisen,

· Anwendungsfelder. Beltz, Weinheim.

WWF Schweiz, 1994: Der Wolf - verrufen, verfolgt, verklärt. Panda Magazin 1/94:

2-32.

DjeAkzeptanz.des Luchses im Simmental

Ergebnisse einer Fallstudie

In den Nordwestalpen hat sich eine Kontroverse um den Luchs entwickelt.

Dieser ist insbesondere vielen SchathaUerh und Jägern ein Dorn im Auge.In .einer Fallstudie im Rahmen de.s WSL-Projekts «Die gesellschaftliche Ak-

zeptanz der Ausbreitung wildlebender Grossraubtiete in der Schweiz»

wurde die Situation im Simmental analysiert*. Die Untersuchung zeigte, dass die Akzeptanz des Luchses von verschiedene Faktoren abhängt. Die wichtigsten sind: der Grad der persönlichen Betroffenheit, das Verhältnis der Betroffenen zur Natur sowie die Kommunikation zwischen den Beteilig- ten. Es hat sich zudem gezeigt, dass die Akzeptanz bestimmter Bevölke- rungsgruppen nicht beliebig gefördert werden karin: Sie akzeptieren nur

eine beschränkte Anzahl Luchse. .

Eva Egli, Brigitte Lüthi und Marcel Hunziker

Im Simmental herrscht eine alpenweit überdurchschnittlichhoheLuchsdichte.

Diese Situation verursacht, trotz der Öffentlichkeitsarbeit im Projekt «Luchs und Schafe in ,den Nordwestalpen», seitens der lokalen ,Bevölkerung er- heblichen Widerstand gegen die Prä- senz des Luchses. '

Welches sind die Gründe für die vor- herrschende Ablehnung? Diese 'Frage ist im Zusammenhang mit der Suche

* Ein Teil der Fallstudie wurde a/s Diplomarbeit durchgeführt ( Egli 1998).

nach akzeptanzfördernden Massnah- . men sehr wicl)tig. Mittels einer Analy- se von Interviews mit verschiedenen Bewohnern, des ,Simmentals wurde nach Antworten ges.11cht ( das methodi- sche Vorgehen ist im vorangehenden Artikel von M. Hunziker beschrieben).

Im folgenden werden die wichtigsten Akzeptanzfaktoren erläutert (Abb. 1).

Persönliche Betroffenheit

Die Analyse der Interviews zeigte: Je stärker sich jemand persönlich betrof- fen fühlt, desto grösser ist die Wahr-

Inf.bl. Forsch.bereiches Landsch.ökol. 39, 1998

scheinlichkeit einer Ablehnung des Luchses. Dabei kann zwischen einer direkten und. einer indirekten Betrof- fenheit unterschieden werden:

Direkte Betroffenheit wird in erster Linie durch emotionale und finanzielle Verluste hervorgerufen. Es hat sich gezeigt, dass sich die Schafhalter emo- tional weniger stark betroffen fühlen als die Jäger. Letztere befürchten, dass die Jagd ihre Berechtigung v.erlieren wird, da der Luchs den Schalenwild- bestand auf natürliche Weise reguliert.

Auch finanziell fühlen sich die Schaf- haltet weniger betroffen als die Jäger.

Den Schafhaltern ist denn auch die Höhe der Abgeltungen weniger wich- tig, als eine gewisse Grosszügigkeit, wenn es darum geht, .nachzuweisen, dass es sich um einen Luchsriss han- delt. Eine direkte Betroffenheit kann auch durch die Angst vor Übergriffen auf Personen bedingt sein. Diese Angst ist zwar bei den Befragten vorbanden, jedoch von untergeordneter Bedeutung.

Indirekte Betroffenheit entsteht durch die soziale Integration einer Per- . son: Verwandte und Bekannte von Jä- gern und Schafhaltern fühlen sich dazu

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