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Archiv "Burnout-Syndrom: Ein Stufenprogramm zur Prävention" (14.10.2011)

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B E R U F

[71] Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 41

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14. Oktober 2011

BURNOUT-SYNDROM

Ein Stufenprogramm zur Prävention

Der Klügere baut vor und sorgt beizeiten besser für sich und seine Angestellten.

D

ie Vermeidung des Ausbren- nens setzt an mehreren Punkten an und sollte eher ein Pro- zess als ein einfaches Umschalten sein. Die Themenbereiche, in de- nen Verhaltensänderungen ange- sagt sind, reichen vom Zeitmanage- ment über die Praxisorganisation in Details bis zu persönlichen Fragen wie Einstellungen zur Arbeit, Füh- rungskompetenz, körperlicher Ge- sundheit beziehungsweise Förde- rung derselben, Stresstoleranz und der Fähigkeit, Zufriedenheit zu empfinden.

Zeit für sich nehmen

Ein wichtiger Faktor ist die Zeit.

Menschen, die mehr als 40 Stunden arbeiten, haben ein sechsmal höhe- res Risiko, an Burnout zu erkran- ken, als Menschen mit 35 Wochen- arbeitsstunden.

Vorausgesetzt, der Arzt würde gerne weniger arbeiten: Man kann das schrittweise umsetzen oder ab sofort einen halben Tag mehr Frei- zeit einplanen. Geht man nach dem Pareto-Prinzip, kommt es nicht zu einer zeitproportionalen Verlust- quote an Patienten, wenn man sich zum Beispiel einen halben Tag mehr Freizeit gestattet. Dieser hal- be Tag ist dann ganz streng auch zur Entspannung zu nutzen – liest man seine Fachzeitungen oder den letz- ten Brief vom Steuerberater, ver- pufft der Effekt des Zeit-für-sich- Habens im Nichts. Vielleicht geht es auch nicht um die Menge an Stunden, sondern um ineffiziente Nutzung oder verbesserungsfähige Organisation. Ein Austausch mit Kollegen oder den Angestellten ist hier oft sinnvoll.

Eine zweite Stufe besteht im Er- reichen von mehr Eigenbestimmt- heit. Wenn ein Arzt außenbestimmt zu viel arbeitet oder ständig unge- liebte Arbeiten erledigt, ist das an- strengender, als wenn er sich aus

freien Stücken dazu entscheidet. In beiden Fällen besitzt man selbst immer mehr Macht, als man glaubt, um besser für sich zu sorgen. Das muss nicht heißen, dass der Ar- beitsplatz gewechselt oder die Pra- xis geschlossen werden sollte.

Nicht jeder Mensch hat die glei- chen ungeliebten Arbeiten; eine kurze Liste der fünf unbeliebtesten Tätigkeiten ist schnell angefertigt.

Darauf folgt die Entscheidung, ob man diese Arbeiten irgendwie an- genehmer gestalten, delegieren oder abschaffen kann. In Präventi- onsseminaren zeigt sich immer wieder, dass man sich bei diesen Überlegungen Zeit lassen sollte, um auf die richtigen Ideen zu kom- men. Im Endeffekt spart man bei den hier investierten Minuten spä- ter Stunden auf Dauer.

Die dritte Stufe betrifft die Ein- stellung zu sich selbst: Welches Anspruchsniveau ist das richtige?

Ständige Selbstzweifel, ein innerer Kritiker oder Perfektionismus peit- schen den Arzt geradezu zur inne- ren Ausbeutung – meistens ist er sich dessen nicht einmal bewusst.

Das eigene Rollenverständnis ist wesentlich. Gibt es nur den immer dienstbereiten Arzt oder auch den privaten Menschen, der sich von seinen beruflichen Aufgaben ab- grenzen kann? Welche Ängste und entsprechenden Aggressionen be- stehen dauerhaft? Diese Gefühle können antreiben oder bremsen.

Angst vor Fehlern hemmt zum Bei- spiel die Entscheidungsfähigkeit und mündet womöglich in einer chronischen „Aufschieberitis“. Das ist nicht nur für viele Patienten un- günstig, sondern sorgt auch für ständig wachsende Schreibtisch - stapel, Unübersichtlichkeit und ein Gefühl von Ausgeliefertsein.

Bei der letzten Stufe geht um die Stresstoleranz. Sie ist immer ge- fragt, selbst bei allerbester Orga -

nisation, hohem Selbstwertgefühl und Zufriedenheit mit der eigenen Person sowie der Arbeit. Der Um- gang mit Unveränderlichem wie neuen Gesetzen und Vorschriften, die in irgendeiner Art hinderlich sind, plötzlich auftretenden schwie- rigen Situationen oder „irgendwie sperrigen“ Patienten erfordert Ge- lassenheit und Souveränität. Er - höhte Toleranz entsteht etwa aus Erfahrung, einer guten Grundstim- mung, regelmäßigen entspannen- den Tätigkeiten und dem Gefühl, dass man sich auf sein Team verlas- sen kann.

Dabei entspannt sich jeder Mensch anders: der eine durch Sport, Spazierengehen oder gutes Essen, der andere durch Schach, Diskussionen, Ausschlafen oder Kurzurlaub. Ausdauersport senkt den Cortisolspiegel, gleichmäßige Bewegung regt die Serotoninpro- duktion an. Man sollte nicht nur wissen, was einem guttut, sondern dieses auch regelmäßig betreiben.

Straucheln gehört dazu Das Erkennen eigener Ziele und die entsprechende Lösungsorientierung stehen ganz am Anfang des Stufen- programms. Hier verschafft man sich Übersicht über die momenta- nen Gegebenheiten und erstellt für sich persönlich seine Treppe, die es in den nächsten Monaten und Jah- ren zu erklimmen gilt. Die Stufen sind nicht immer gleich hoch, man- che lassen sich spielend „erhüp- fen“, andere nur mit Hilfsmitteln wie einem ausführlichen Gespräch mit Freunden oder einem Coaching.

Das Straucheln gehört übrigens da- zu. Man lernt dann schon sich zu fangen, und – falls man ein paar Stufen wieder heruntergefallen ist – es ist das zweite Mal viel einfacher, noch einmal hochzulaufen.

Ute Jürgens, KomMed – Einzelcoaching und Seminare, Lilienthal

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