• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Ein politisch bedingter Strukturfehler: 100 000 Krankenhausbetten zuviel?" (03.10.1984)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Ein politisch bedingter Strukturfehler: 100 000 Krankenhausbetten zuviel?" (03.10.1984)"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Ein politisch bedingter Strukturfehler:

100 000 Krankenhausbetten zuviel?

Ulrich Kanzow

Strukturfehler im Krankenhauswesen zu erkennen und zu beseiti- gen, ist eine vordringliche gesundheitspolitische Aufgabe, schon allein deswegen, weil pro Jahr 40 Milliarden DM in den bundes- deutschen Krankenhäusern gebraucht (oder — wie manche be- haupten — verschluckt) werden. Es darf daher ein allgemeines Bürgerinteresse an der Funktionsfähigkeit der stationären Kran- kenversorgung unterstellt werden.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

THEMEN DER ZEIT Publikationslawine

einzelnen Wissenschaftlers in der Namensreihe des gesamten Auto- renteams einnimmt.

Nach wie vor gilt jedenfalls: Wis- senschaftliche Arbeit ist und bleibt in ihrem Wesen darauf an- gelegt, ihre Ergebnisse anderen zugänglich zu machen. Dies setzt in besonderem Maße auch einen verständlichen Stil voraus. Er zeichnet sich durch Präzision, Lo- gik, Klarheit, Direktheit und Kürze aus. Letzteres betrifft sowohl die Wort- als auch die Satzbildung.

Denn die Erfahrung lehrt, daß der Leser sein Hauptaugenmerk auf solche Sätze richtet, die er am leichtesten versteht.

Im weiteren gilt: Ein guter Stil be- vorzugt Verben gegenüber Sub- stantiven und wählt aktive anstelle von passiven Formulierungen.

Schließlich verzichtet er auch dar- auf, zwanghaft die Benutzung der ersten Person Singular zu vermei- den — Verzicht also auf ein Bemü- hen, dem gelegentlich der Ver- such zugrunde liegen mag, den Ansichten eines Einzelnen oder einer kleinen Gruppe den An- strich einer fast schon mystischen Glaubhaftigkeit zu verleihen.

Keinesfalls sollte es jedenfalls zu solchen Absurditäten kommen — wie vor kurzem in einem Beitrag über Kommunikation in der Medi- zin geschehen —, daß ein Autor zwar den substantivischen Stil (!!) und die Bedeutung von Fremd- wörtern kritisiert, selbst aber eige- ne Kostproben wie die folgende vorlegt: „Wir halten es daher für plausibler, in der Eindeutschung der Fremdwörter die Hauptbedin- gung für die Abnahme der subjek- tiven Information, also für die bes- sere Lesbarkeit und Verständlich- keit zu sehen".

Fazit: Etwas zu wissen, heißt noch lange nicht, es mitteilen oder gar selbst machen zu können.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Dr. jur. Herbert Mück Schlagbaumsweg 1

5000 Köln 80

Zur Zeit gibt es in der Bundesre- publik Deutschland knapp 3200 Krankenhäuser, davon sind 61 Prozent Akut-Krankenhäuser. Die- se 1952 Akutkrankenhäuser unter- halten 473 804 planmäßige Bet- ten. Weitere 221 799 planmäßige Betten werden in den 1237 Son- derkrankenhäusern vorgehalten, worunter Einrichtungen zur Be- handlung der Tuberkulose, von neurologischen und psychiatri- schen Leiden, der Suchtkrank- heiten, aber auch die Kurkranken- häuser (644 Häuser mit 76 752 Betten) und einige andere zusam- mengefaßt werden. Im gesamten Bundesdurchschnitt entfallen so- mit auf 10 000 Einwohner 112,7 planmäßige Krankenhausbetten.

In den Akut-Krankenhäusern ent- fallen 76,8 Betten auf 10 000 Ein- wohner.

Aufschlußreicher werden diese Zahlen, wenn sie auf die einzel- nen Bundesländer bezogen wer- den (Tabelle, Spalte 1). Hierbei werden seit Jahren bestehende erhebliche Unterschiede deutlich, die von 58,4 bis 126 Akutbetten je 10 000 Einwohner reichen. Bis heute sind diese gewaltigen Diffe- renzen weder (politisch) aufge- klärt noch beseitigt worden. Auf jeden Fall läßt sich eine hinrei- chende medizinische Begrün-

dung für diese Unterschiede in den einzelnen Bundesländern nicht finden (dazu auch DEUT- SCHES ÄRZTEBLATT, Heft 27/

1984, Seite 2790).

Wie zu erwarten, sind auch die in den einzelnen Ländern ermittel- ten Pflegetage für Akut-Kranke, also die durchschnittliche Ver- weildauer eines Patienten im Krankenhaus, sehr verschieden.

Sie streuen zwischen 12,8 und 21,4 Tagen (Spalte Es gibt noch eine weitere interessante Kenngröße, nämlich die durch- schnittliche Bettenausnutzung, womit angegeben wird, wie viele der planmäßigen Krankenbetten im Jahresdurchschnitt belegt wa- ren. Auch hier finden sich wieder deutliche Unterschiede von Land zu Land (Spalte 3).

Zwangsläufig sinkt die prozentua- le Bettenausnutzung im Jahres- durchschnitt mit der Verkürzung der Verweildauer, weil häufiger Patientenwechsel zwingend eine vorübergehende Nichtbenutzung des aufgestellten Krankenbettes zur Folge hat. Es wird ja jeweils entsprechend der sogenannten Mitternachtsstatistik gezählt, ob um 0.00 Uhr ein Patient in dem Bett gelegen hat. Wurde dieses Bett am Abend frei und wird am Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 40 vom 3. Oktober 1984 (31) 2875

(2)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Krankenhausbetten

folgenden Tag erst wieder belegt, dann ist es um 0.00 Uhr dennoch

"kalt" und wird als nicht-belegt in

die Statistik eingeführt. Da die Auslastungsquote eine wichtige Kenngröße für die Bewertung des Krankenhauses im Rahmen der staatlichen Bedarfsplanung, aber auch bei der Bewertung der Wirt- schaftlichkeit und bei der Perso- nal-Zuteilung darstellt, kam schon vor langer Zeit die hintergründig- zynische Verhaltensregel auf, wo- nach ein Patient nur dann entlas- sen werden könne, wenn er einen sofort verfügbaren Ersatzpatien- ten stellte.

Eine Eulenspiegelei

Leerstehende Betten bringen kei- ne Einnahmen. Weil die Kranken- häuser nur über die pauschalier- ten Tagespflegesätze finanziert werden, wird hier der ökonomi- sche Reiz zur Manipulation deut- lich, der sich hinter "Verweildau- er" und "Bettenausnutzung" ver- birgt. Auch die Zuweisung von Ärzten und Pflegekräften wird von der sogenannten Mitternachtsbe- legunQ abhängig gemacht. Inten- sive ärztliche und pflegerische Betreuung mit dem Ziel einer Ver- kürzung der Verweildauer, mit steigender Arbeitsbelastung also, führt nicht zu einer sinnvollen Vermehrung des Personals. Das Gegenteil ist eher die Folge: Die damit eingehandelte geringere Bettenausnutzung begründet den verlogenen Schluß, damit sei dann ja auch weniger Arbeit not- wendig gewesen. So wird also hö- here Leistung zum personalwirt- schaftlichen Bumerang - welche Eulenspiegelei!

Die Unsinnigkeit dieser gesetzli- chen Regelungen verführt zu ho- hen Bettenzahlen, zu längerer Verweildauer und zu einer mög- lichst hohen Bettenausnutzung. Weil in diesem Vergütungssystem weder die Qualität der jeweils ärztlichen Leistungen, noch die Intensität und Güte der pflegeri- schen Betreuung, noch die Quali- tät der medizinischen Ausstattung des Krankenhauses berücksich-

tigt werden, muß der Ökonom mit für den Einzelfall oft weit unter Preis festgelegten Tagessätzen kalkulieren, um wirtschaftlich über die Runden zu kommen ("Die Masse muß es bringen").

Aus seiner Sicht und unter den ihm auferlegten Zwängen muß die Verweildauer eine ökonomisch gesteuerte hohe Dehnbarkeit be- sitzen.

ln diesem Teufelskreis mußte be- reits vor Jahren der Eindruck ent- stehen, als seien in unseren Kran- kenhäusern noch immer nicht ge- nug Patientenbetten vorhanden, was dann den Neubau von Kran- kenhäusern kräftig anheizte. Wo aber viele Krankenhausbetten auf Benutzung warten, werden auch viele Krankenhauspflegetage re- gistriert, da - wie ein anderer Zy- nismus realitätsnah bekennt -

"ein leeres Krankenhausbett so

lange schreit, bis ein Patient darin liegt". Sonst stimmt die Bilanz ja wieder nicht. Der heute allseits angestaute Bettenberg ist die Schutthalde gesetzgeberischer Fehlleistungen.

Es wäre eine Täuschung zu mei-

nen, die ein oder zwei Tage mehr

oder weniger bei der durch- schnittlichen Verweildauer und die wenigen Prozente Unter- schied bei der Bettenausnutzung, welche von Land zu Land festge- stellt wurden, könnten eine so nachhaltige Wirkung doch nicht haben, als daß man sich damit be- schäftigen müsse. Was verbirgt sich dahinter?

..,.. Nehmen wir an, in allen Bun- desländern würde die Zahl der planmäßigen Betten je 10 000 Ein- wohner auf 75 gebracht, dann könnten in der Bundesrepublik rund 12 300 Krankenhausbetten eingespart werden; käme man zu einer Reduktion der Bettendichte auf 70:10 000 Einwohner, wäre die Ersparnis schon 41 800. Die Bet- tendichte von 70 ist aber eine rea- listische Größe, wenn man be- denkt, daß die Länder Schleswig- Holstein, Hessen und Baden- Württemberg für ihre 17,5 Millio- 2876 (32) Heft 40 vom 3. Oktober 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

nen Einwohner schon lange eine geringere Bettendichte vorhalt<::Jn, ohne daß der Gesundheitszustand der Bevölkerung darunter gelitten hätte. Würde überall in der Bun- desrepublik die durchschnittliche Verweildauer gesenkt, zum Bei- spiel auf 13 Tage, dann könnten noch einmal rund 50 000 Betten eingespart werden.

Auf diesem Hintergrund lohnt sich ein Blick über die Grenzen. Im Vergleichszeitraum und bezogen auf Akut7Krankenhäuser war die Bettendichte pro 10 000 Einwoh- ner in: Schweiz 68, Dänemark 58, Belgien 55, Schweden 53, Norwe- gen 52, Niederlande 52, USA 48, Großbritannien 43.

Trotz der im Vergleich zur Bun- desrepublik niedrigen Bettenzahl beabsichtigt die niederländische Regierung eine Senkung auf 40:10 000 Einwohner. Luxemburg richtet die Versorgung der Bevöl- kerung auf 60 Betten je 10 000 Einwohner ein.

Eine unabhängige Sachverständi- gen-Kommission hat der Landes- regierung von Schleswig-Holstein im März 1984 geraten, die in ei- nem älteren Bedarfsplan festge- legte Bettendichte von 5E::10 000 Einwohner weiter zu reduzieren, da sie "überhöht" sei.

..,.. Würden generell 60 Planbet- ten auf 10 000 Einwohner für die sogenannte Akut-Versorgung an- gestrebt, dann müßten aus den heute betriebenen Akut-Kranken- häusern rund 100 000 Betten ver- schwinden .

Eine Situationsanalyse der Son- der-Krankenhäuser (rund 221 000 B.,nten) würde zu weiteren ein- schneidenden Bettenstreichun- gen Anlaß geben können. Die in dieser Kategorie zusammenge- faßten Einrichtungen zur stationä- ren Versorgung sind zum großen Teil ein Produkt unvernünftig kon- zipierter Gesundheitspolitik. Die ihnen zugewiesenen Aufgaben sind nicht selten medizinisch sehr fragwürdig, wozu der im bundes-

(3)

Tabelle: Krankenhäuser für Akut-Kranke (Stand: 31. Dezember 1981)

Planmäßige Betten je 10 000 Ein-

wohner (1)

Durch- schnittliche Verweildau- er in Tagen

(2)

Durch- schnittliche

Bettenaus- nutzung in Prozent

(3 )

Pflegetage der stat. Be- handelten je 1000 Ein-

wohner (4) Land

Schleswig- Holstein Hamburg Niedersachsen Bremen Nordrhein- Westfalen Hessen

Rheinland-Pfalz Baden-

Württemberg Bayern Saarland Berlin (West)

Bundesrepublik Deutschland

Quelle: Daten des Gesundheitswesens - Ausgabe 1983 - Schriftenreihe Bun- desministerium für Jugend, Familie und Gesundheit, Band 152

58,4 95,6 71,5 124,1 81,1 67,4 82,3 68,4 72,3 91,4 126,0

13,5 15,1 14,3 17,3 15,3 13,7 15,3 12,8 14,1 15,9 21,4

80,5 82,1 80,3 80,8 82,6 81,0 82,9 81,5 83,2 87,8 85,5

1716 2865 2098 3661 2444 1993 2489 2037 2195 2928 3931

76,8 14,7 82,3 2307

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Krankenhausbetten

deutschen sozialen Sicherungssy- stem so aufgeblähte Bereich der Kuren und Rehabilitationsverfah- ren in vielfältiger Gestalt gehört.

Die Funktion zahlreicher Sonder- krankenhäuser wäre besser wie- der den Akut-Krankenhäusern zu- zuordnen, was nicht nur Betten, sondern auch viele Behandlungs- zeiten und Investitionen ersparen könnte - bei besserer, bürgerna- her Versorgung.

Hier müßten auch die oft gegen- läufigen Interessen der Kostenträ- ger kritisch überprüft und an das Gemeinwohl adaptiert werden.

Die verständliche Neigung, je- weils dem anderen Kostenträger die wirtschaftlichen Lasten anzu- tragen, hat auch zu einer Verfäl- schung der Aufgabenverteilung im medizinischen Bereich ge- führt.

Moderne Krankenhäuser mit ho- hen Investitionskosten benötigen zur sinnvollen Erfüllung ihrer Auf- gaben und richtigen Nutzung der technischen Einrichtungen hoch- qualifiziertes Personal in großer Zahl. Die Kosten lassen sich nur dann volkswirtschaftlich vertreten - soweit diese Überlegung im Ge- sundheitswesen erlaubt ist -, wenn ihnen ein entsprechender

Nutzen gegenübersteht.

Da sich die Krankenhäuser aber noch nicht hinreichend aus ihrer geschichtlichen Herkunft von den mittelalterlichen Hospitälern ge- löst haben, in denen es mehr auf verwahrende Betreuung der Kran- ken zumeist bis zum Lebensende ankam, ärztliche Betreuung und Behandlung aber eine Rander- scheinung war, ist auch heute noch der Tagesablauf und die Re- spektierung der Wochentage sehr altväterlich. Von Freitag mittag bis zum Montag morgen finden inten- sive medizinische Handlungen meistens nicht statt, von der Not- fallversorgung abgesehen. Dabei ist es in hohem Maße unwirt- schaftlich, wenn von den sieben Tagen der Woche nur 4,5 Tage für wichtige Diagnostik und Therapie genutzt werden. Auch an den Wo-

chenenden, also an Sonn- und Feiertagen, könnten die Röntgen- abteilung, die Laboratorien, die Operationssäle, die krankengym- nastischen Abteilungen, über- haupt alles, was moderne Kran- kenhäuser an Leistungen zum Wohle der Patienten anbieten können, voll genutzt werden. Dies würde die Liegezeiten noch ein- mal verkürzen und den Bettenbe- darf wiederum erheblich mindern.

Der kranke Mensch legt Wert auf eine zielstrebige, zeitsparende Behandlung. Es ist inhuman, ihn ohne zwingenden Grund darauf warten zu lassen. Auch ist es Ver- schwendung, wenn Raum und Ge- rät ungenutzt herumstehen, weil das notwendige Bedienungsper-

sonal fehlt. Im Grunde überflüssi- ge Krankenhausbauten, zum Teil von gigantischen Ausmaßen, mit überzähligen Bettenkapazitäten und den nicht optimal genutzten teuren Gerätschaften, haben in den letzten Jahrzehnten Milliar- den Mark verschlungen. Diese Fi- nanzmittel sind nicht gut angelegt worden und fehlen heute dem lau- fenden Betrieb. Dies ist die wider- sinnige Situation der deutschen Krankenhäuser.

Schwachstelle:

Duales System

Schuld trägt an dieser Entwick- lung auch das sogenannte duale Finanzierungssystem, wobei alle

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 40 vom 3. Oktober 1984 (33) 2877

(4)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Krankenhausbetten

baulichen und Geräte-Investitio- nen von der öffentlichen Hand (Bund und Länder) getragen wer- den und hiervon in die laufenden Benutzerkosten (= Pflegesätze) nichts eingerechnet werden darf.

So wurden und werden immer wieder Investitionen getätigt und

— da geschenkt — gerne angenom- men, deren Nutzung nicht hinrei- chend kalkuliert, geschweige in den finanziellen Auswirkungen auf den laufenden Betrieb be- dacht wurden. Das neue Klinikum in Aachen ist doch nur eine der Spitzen des Eisberges, der seit längerem im Meer des bürokra- tisch-einfältig verwalteten Über- flusses dahintreibt. Man darf un- terstellen, daß kein Dienstlei- stungssystem optimal funktionie- ren kann, wenn es so gegen alle wirtschaftliche Vernunft konzi- piert wird.

Die im allgemeinen unzureichen- de Ausstattung mit qualifizierten Ärzten und Pflegekräften, Kran- kengymnasten, Sozialarbeitern und vielen anderen in einem mo- dernen Krankenhaus benötigten Mitarbeitern erlaubt oft nicht ein- mal eine gerade noch genügende und sehr oft nur mit bitteren Einschränkungen durchführbare Krankenbetreuung. Gemessen an den realistischen Möglichkeiten der modernen Medizin ist das tat- sächliche Leistungsniveau wegen vieler struktureller Mängel unge- nügend.

Wenn die Krankenbetreuung qua- litativ und quantitativ intensiver und der Behandlungsablauf zügi- ger, insgesamt also besser und humaner werden soll, dann muß das gesamte System neu geord- net werden:

1> Da die Bettenzahl gemessen an den Möglichkeiten und Not- wendigkeiten moderner Kranken- hausbetreuung insgesamt zu hoch ist, kann sie erheblich redu- ziert werden. Dies spart künftig Mittel ein, die für Ersatzinvestitio- nen und laufende Unterhaltung beansprucht werden. Der soge-

nannte Investitionsstau von an- geblich 10 bis 15 Milliarden DM verliert dann einen Großteil seiner Begründung.

> Weil die Krankenhäuser — auf unrealistischen Kennzahlen der Vergangenheit fußend — falsch programmiert sind, haben sie zwar eine überflüssig große Bet- tenzahl, aber nicht genügend lei- stungsfähige Funktionsbereiche (Operationssäle, Endoskopiebe- reiche, Röntgeneinrichtungen usw.) Diese funktionshemmenden Fehlplanungen müssen schnell überwunden werden. Tagelanges Warten auf notwendige diagnosti- sche und therapeutische Maßnah- men, weil die entsprechenden Leistungsstellen an Zahl nicht ausreichen und personell unter- besetzt sind, müssen überwunden werden. Es ist leicht einzusehen, daß eine Verkürzung der Liege- dauer beim besten Willen nicht gelingen kann, wenn nicht genü- gend Behandlungseinrichtungen vorhanden sind. Wenn ein Patient durchschnittlich 20 Tage in einer chirurgischen Abteilung liegt, dann sind für 100 vorgehaltene Betten weniger Operationsein- richtungen erforderlich als bei ei- ner Verkürzung der Liegedauer auf durchschnittlich 10 Tage. Re- duzierung der Bettenzahl und Verkürzung der Liegedauer sind nicht durchführbar, wenn nicht entsprechende Veränderungen in der baulich-funktionalen Struktur und in der Personalausstattung vorgenommen werden.

> Gerade im ärztlichen Dienst sollten grundlegende Verände- rungen durchgesetzt werden, da- mit in Zukunft Ärzte mit großer Er- fahrung und hoher Fachqualifika- tion in ausreichender Zahl ständig den Krankenhauspatienten zur Verfügung stehen. Mit dem her- kömmlichen „Assistenzarzt-Sy- stem" ist dies nicht zu erreichen.

In das Krankenhaus gehören be- rufserfahrene, in die Spezialauf- gaben der Krankenhausmedizin eingeübte und ständig darin täti- ge Ärzte. Dies entspricht im übri- gen auch höchstrichterlichen An-

forderungen, die bis heute bei weitem nicht in angemessenem Umfange erfüllt werden.

Der gesamte Arbeitsablauf im Krankenhaus muß sich auf eine volle Einsatzbereitschaft rund um die Uhr und an allen Tagen der Woche einstellen. Dies erfordert konsequenten Schichtdienst und eine erhebliche Vermehrung des Personals. Nur so können die gro- ßen baulichen und apparativen In- vestitionen auf Dauer sinnvoll und wirtschaftlich genutzt werden.

Herkömmliche Maximen überprüfen

Damit brechen die bisherigen Vorstellungen über Krankenhaus-

kosten zwangsläufig als Utopie in sich zusammen, damit aber auch die vielen Sparparolen der letzten Jahre. In den USA erreichen die Kosten pro Tag in einzelnen

Hochleistungskrankenhäusern bereits 1000 Dollar, und auch im europäischen Ausland rechnet man mit wesentlich höheren Ta- geskosten als bei uns. Die Pflege- sätze in der Bundesrepublik las- sen moderne medizinische und pflegerische Versorgung unter kostengünstigen Bedingungen nicht zu. Wer diese Einsicht im- mer wieder verdrängt, handelt im höchsten Maße unvernünftig. Er wird dann auch keinen Beitrag zur Lösung der heutigen Kranken- hausmisere leisten können, allen- falls kurzatmige Scheinerfolge für sich verbuchen. Leider ist dies ja eine im politischen Bereich zu häufig anzutreffende Verhaltens- weise. Volks- und betriebswirt- schaftliche Maximen müssen auch in diesem Dienstleistungs- bereich auf einen Nenner und mit den Aufgaben der Krankenhäuser in Einklang gebracht werden.

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med.

Ulrich Kanzow Internist Rheinstraße 50 5650 Solingen 11 2880 (36) Heft 40 vorn 3. Oktober 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Im Spätsommer 1985 wurden in Berlin Pläne des Gesundheitsse- nators Ulf Fink (CDU) und der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) bekannt, die bereits erheb- lich reduzierten

Seite, vor allem von den Kranken- kassen, ins Gespräch gebrachte Be- hauptung, es gebe in der Bundesre- publik zur Zeit einen Bettenüber- hang von rund 100 000 Betten (rund 15

J eder Arzt, der privat liqui- diert, kann solche selbstän- digen ärztlichen Leistun- gen, die (noch) nicht in der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) aufgelistet sind,

Im Gegenzug sollten die Mitgliedsstaaten inner- halb ihrer eigenen Regierungen für Kohärenz sorgen und mit einer Stimme sprechen – für die Durchsetzung der Reformen und für

Diese müssen auch die für Wiesen typische, über die Fläche gleichmäßige Struktur mit mehreren Schichtungen (Ober- und Untergräser, Rosettenpflanzen und.. höherwachsende

Gebietsspezische Hinweise f Hinweise f Hinweise f Hinweise füüüür das r das r das FFH r das FFH FFH----Gebiet FFH Gebiet Gebiet „„„„Mittlerer Schwarzwald bei Hornberg

Die Modellergebnisse sind in der bundes- weiten BZE-Datenbank abgelegt und kön- nen somit für differenzierte Auswertungen in der Klimafolgenforschung, etwa die Pa- rametrisierung

Um zu prüfen, ob die Bestimmung klinisch-chemischer Parameter gegenüber der Knochenszintigraphie diagnostische Vorteile bieten könnte, wurde bei 66 Patienten, die