• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Gesundheitsstudie: Begrenzt aussagefähig" (07.11.2003)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Gesundheitsstudie: Begrenzt aussagefähig" (07.11.2003)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

H

ealth at a Glance – Gesundheit auf einen Blick – heißt eine jährlich aktualisierte Studie der Organisa- tion für wirtschaftliche Zusammen- arbeit und Entwicklung (OECD). Der Titel hält auch 2003, was er verspricht:

die Untersuchung ermöglicht einen raschen Überblick über Gesundheits- ausgaben, Risikofaktoren und Finan- zierungsgrundlagen in den OECD- Ländern.

Im Vergleich zu den übrigen OECD- Staaten gibt Deutschland mit das meiste Geld für Gesundheit aus. Mit 10,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegt die Bundesrepublik an drit- ter Stelle hinter der Schweiz (10,9 Pro- zent) und den USA (13,9). Bei den Pro- Kopf-Ausgaben zählt Deutschland mit 2 808 US-Dollar zu den Ländern mit den höchsten Ausgaben und liegt damit etwa 30 Prozent über dem OECD- Durchschnitt*. Die wachsenden Ge- samtausgaben resultieren der Studie zu- folge vor allem aus dem Anstieg bei den Ausgaben für verschreibungspflichtige Medikamente. Lagen diese 1995 noch bei 10,5 Prozent, waren es 2001 bereits 12,3 Prozent. Damit sind sie schneller gestiegen als die Gesamtausgaben für Gesundheit in Deutschland. Die Arz- neimittelausgaben in den USA, Frank- reich, Italien und Kanada sind jedoch noch höher.

Die Kostenentwicklung in Deutsch- land lässt sich dem Bericht zufolge zu- mindest teilweise dadurch erklären, dass hierzulande mehr Personen stationär behandelt werden. Außerdem werden häufiger teure Behandlungen wie Herzoperationen durchgeführt als in anderen Ländern. Die Arztdichte liegt mit 3,3 Ärzten pro 1 000 Einwohner ungefähr zehn Prozent über dem OECD-Durchschnitt. Auch die Betten- dichte im Bereich der akut stationären

Versorgung ist höher, obwohl die Anzahl der Betten in den Neunziger- jahren zu sinken begonnen hat.

Ferner liefert die Studie Aussagen zu Risikofaktoren und zum Gesundheits- zustand. Hiernach liegt der jährliche Alkoholkonsum in Deutschland mit 10,5 Litern reinen Alkohols pro Kopf über dem OECD-Durchschnitt von 9,6 Litern. Die Anzahl übergewichtiger Personen hat sich in den letzten Jahren in allen OECD-Ländern erhöht. Mit einem Anteil von 11,5 Prozent befindet sich Deutschland hierbei im unteren Drittel. Von 1980 bis 1999 ist der Anteil derjenigen gesunken, die täglich rau- chen – bei den Männern wesentlich stärker als bei den Frauen. Bei den An- gaben zur Lebenserwartung wird dar- auf hingewiesen, dass die meisten Län- der während der vergangenen 40 Jah- re „große Gewinne“ erzielt haben.

Deutschland liegt mit einem Zuwachs von knapp acht Jahren von 1960 bis 2000 im OECD-Durchschnitt.

Undifferenzierte Angaben

Eine Aussage über die Qualität der Ge- sundheitssysteme fällt jedoch schwer.

„Eine grobe Einschätzung ist zwar mög- lich, zu gesundheitspolitischen Schluss- folgerungen verhilft diese jedoch nicht“, so Dr. rer. pol. Markus Schneider gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt.

Dem Leiter der Beratungsgesellschaft für angewandte Systemforschung mbH in Augsburg, die Organisationen wie die OECD und die Weltgesundheitsorgani- sation berät, fehlen Prozessindikatoren.

So lasse sich ohne Angaben zu häufigen Behandlungsanlässen wie Schmerzen

oder Infektionen keine Aussage über die Qualität der Behandlung treffen.

„Aus der puren Prozentzahl lässt sich zunächst keine Ableitung auf die Qua- lität des Gesundheitswesens treffen“, merkt auch Dr. med. Manfred Richter- Reichhelm an. Der Erste Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) weist darauf hin, dass die Kosten- entwicklung in Deutschland durch Fak- toren geprägt sei, die auch für die eu- ropäischen Nachbarländer gelten wür- den. So beanspruche eine älter werdende Gesellschaft zunehmend medizinische Leistungen: „Wir haben es mit Demenz- erkrankungen, Krebs, multipler Sklerose und anderen Krankheiten zu tun, deren Behandlung relativ teuer ist“, so Richter- Reichhelm.

Der KBV-Vorsitzende macht zudem darauf aufmerksam, dass sich die OECD- Angaben zu den Gesundheitsausgaben auf die gesamten, also öffentlichen und privaten, Ausgaben bezögen: „Es wird nicht differenziert.“ Die Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung sta- gnierten aber schon seit Jahren bei etwas über sechs Prozent des BIP. Der stationä- re Sektor falle viel stärker ins Gewicht, und auch die Verwaltungskosten der Krankenkassen seien gestiegen, so Rich- ter-Reichhelm.

Undifferenziert findet Dr. phil. Ing- bert Weber vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Köln (ZI) noch einen anderen Punkt: die Faktoren nämlich, die der Bericht als mögliche Gründe für die relativ hohen Gesund- heitsausgaben anspricht, wie etwa häufi- ge Krankenhausbehandlungen oder teu- re Herzoperationen. Denn teuer zu be- handeln bedeute nicht automatisch, dass die Qualität der Versorgung auch gut sei, so Weber.

Dass die „Health at a Glance“-Studien nur bedingt Aussagen über die Qualität der Gesundheitssysteme liefern können, bestätigte Manfred Huber. Der OECD- Experte für die Abteilung Gesund- heitspolitik will daran jedoch nichts aussetzen. Schließlich gebe es noch die Economic Reviews der OECD. Diese enthielten spezielle Kapitel mit wesent- lich detaillierteren Angaben zu den Ge- sundheitssystemen. Die OECD-Indika- toren 2003 bewerteten neben der aktuel- len Datengrundlage eben nur aktuelle Zeittrends, mehr nicht. Martina Merten P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 457. November 2003 AA2919

Gesundheitsstudie

Begrenzt aussagefähig

Die OECD hat Gesundheitsausgaben und Risikofaktoren in ihren Mitgliedsstaaten verglichen. Die Studie beschränkt sich jedoch auf bestimmte Indikatoren.

*Durchschnittlich geben die 30 OECD-Mitgliedsländer 2 117 US-Dollar pro Kopf für Gesundheit aus.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Hinzu- kommen bei der Sozialversi- cherung 3,2 Milliarden M für Arzneien, 400 Millionen M für Heil- und Hilfsmittel, 4,6 Milliarden M für Kranken- geld sowie weitere zusammen

Der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage zufolge war in den Jahren 1985/86 (Belgien 1982) der Prozentsatz der Gesundheits- ausgaben, die öffentlich, das heißt durch den

So soll für Chefärzte ein bestimmtes Soll-Betriebsergebnis als Brutto-Liquidationserlös für einen Budgetzeitraum festgelegt werden.. Bei Abweichungen sollen die Chef-

Der Verbraucherpreisindex für Deutschland misst die durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen, die von privaten Haushalten für Konsumzwecke gekauft

daß sie bei den sozialen Eigenerfahrungen ansetzt und diese ernst nimmt «Schüler dort abholen, wo sie stehen»; daß das Fairneßgebot gegenüber Schülern beach¬ tet wird, indem

Wie viele Anbieter von Beschäftigungsprogrammen für Arbeitslose (arbeitsmarktliche Massnahmen via das beco) bieten gleichzeitig Beschäftigungsmassnahmen für die GEF

Gegen diese Vorstel- lungen der Bundesregierung wurde, jederzeit belegbar in einer Vielzahl von öffentlichen Äußerungen, Positi- on bezogen und klar gemacht, daß eine

Im Gespräch mit der Redaktion des Deutschen Ärzteblatts zeigte sich Schorre davon überzeugt, daß die Ärzteschaft eine echte Chance habe, die Weiterentwicklung des