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Entscheidungen - Mangels Rechtswegerschöpfung erfolgloser Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung einer wegen Ablehnung der Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung sofort vollziehbaren Ausreiseverpflichtung - Fall Mehmet

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Aktie "Entscheidungen - Mangels Rechtswegerschöpfung erfolgloser Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung einer wegen Ablehnung der Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung sofort vollziehbaren Ausreiseverpflichtung - Fall Mehmet"

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2 Bundesverfassungsgericht

- 2 BVR 1838/98 -

In dem Verfahren über

die Verfassungsbeschwerde des türkischen Staatsangehörigen A...,

vertreten durch die Eltern A...,

gegen a) den Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Oktober 1998 - 10 ZS 98.2537 -,

b) den Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 31. August 1998 - M 17 S 98.3622 -

hier: Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung

hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Sommer,

Broß

und die Richterin Osterloh

gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Be- kanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 12. November 1998 ein- stimmig beschlossen:

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe:

Der minderjährige Beschwerdeführer begehrt die vorläufige Außervollzugsetzung seiner Ausreisepflicht, die durch seine Abschiebung in die Türkei aus der Untersu- chungshaft vollzogen werden soll. Gegen die Durchsetzung seiner Ausreisepflicht, die aufgrund der Ablehnung der Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis kraft Ge- setzes sofort vollziehbar ist, hatte er zuvor vergebens die Fachgerichte um Eilrechts- schutz angerufen. Nur dies und nicht die in einem anderen Verfahren erfolgte Aus- weisung ist Gegenstand des hier zur verfassungsrechtlichen Prüfung gestellten Eilverfahrens. Ebensowenig können andere in der öffentlichen Diskussion erhobene Einwände gegen eine Abschiebung des Beschwerdeführers, die weder im fachge- richtlichen Verfahren noch mit der Verfassungsbeschwerde vorgetragen worden sind, Gegenstand der verfassungsgerichtlichen Prüfung sein.

I.

Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen

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6 Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr

schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Als Mittel des vorläufigen Rechtsschutzes hat die einstweilige Anordnung auch im verfassungsgerichtlichen Verfahren die Aufgabe, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern; sie soll auf diese Weise dazu beitragen, Wir- kung und Bedeutung einer erst noch zu erwartenden Entscheidung in der Hauptsa- che zu sichern und zu erhalten (vgl. BVerfGE 42, 103 <119>). Gemäß dieser Siche- rungsfunktion ist im Rahmen eines Verfassungsbeschwerde-Verfahrens kein Raum für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung, wenn für die Verfassungsbeschwer- de die Annahmevoraussetzungen des § 93a BVerfGG nicht gegeben sind (vgl. dazu BVerfGE 90, 22 <24 ff.>). Letzteres ist hier der Fall.

Da die Monatsfrist des § 93 Abs. 1 BVerfGG für eine weitere Begründung der Ver- fassungsbeschwerde (§§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG) noch offen ist, erfolgt eine Entscheidung über die Annahme der Verfassungsbeschwerde erst nach Ablauf die- ser Frist.

II.

1. Inwiefern der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Beschluß des Bayeri- schen Verwaltungsgerichtshofs rechtsfehlerhaft sein und infolgedessen gegen das Grundrecht des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verstoßen könnte, wirkungsvollen Rechts- schutz zu erlangen, legt die Verfassungsbeschwerde nicht hinreichend dar. Die Ver- fassungsbeschwerde verkennt insoweit insbesondere, daß der Verwaltungsgerichts- hof im Rahmen der Beschwerdezulassung gerade keine eigene Sachentscheidung trifft - dies ist dem Beschwerdeverfahren selbst vorbehalten - und im Rahmen der Be- urteilung des Beschwerdezulassungsgrundes nach § 146 Abs. 4 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur - beschränkt auf die geltend gemachten ernstlichen Zweifel am an- gegriffenen erstinstanzlichen Beschluß - eine eingeschränkte Sachprüfung vorneh- men kann.

2. Mit ihren bisherigen Ausführungen ist die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts München bereits nach dem Grundsatz der Subsi- diarität dieses außerordentlichen Rechtsbehelfs unzulässig (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

a) Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen im einstweiligen Rechtsschutz- verfahren ergangene gerichtliche Entscheidungen. Deshalb bestehen zunächst durchgreifende Bedenken gegen die Zulässigkeit unter dem Gesichtspunkt der Rechtswegerschöpfung (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG), soweit das Hauptsachever- fahren ausreichende Möglichkeiten bietet, den behaupteten Grundrechtsverletzun- gen abzuhelfen. Davon ist regelmäßig auszugehen, wenn Grundrechtsverletzungen gerügt werden, die sich (allein) auf die Hauptsache beziehen (vgl. BVerfGE 77, 381

<401>; 86, 15 <22 f.> m.w.N.). Daher ist der Beschwerdeführer mit seinen Ausfüh- rungen dazu, daß ihm ein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis - un-

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10 Hauptsacherechtsweg zu verweisen. Im Eilverfahren wurde allein über die sofortige

Vollziehbarkeit der mit der Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ver- bundenen Ausreisepflicht entschieden.

b) Soweit sich seine Grundrechtsrügen (auch) auf das Eilverfahren - also auf die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht bereits vor der rechtskräftigen Entscheidung über die Hauptsache - beziehen, geht es nur um ein kurzfristiges Verlassen des Bundes- gebietes bis zu diesem Zeitpunkt, nicht aber um die Frage, ob dem Beschwerdefüh- rer im Hinblick auf Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte ein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zusteht.

Grundrechtsverstöße, die sich gerade aus der Ablehnung des einstweiligen Rechts- schutzes ergeben sollen, werden vom Beschwerdeführer zwar auch gerügt; dies ge- schieht aber erstmals im Rahmen der Verfassungsbeschwerde, so daß der Zulässig- keit dieser Rügen gleichfalls unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität die mangelnde Ausschöpfung des eröffneten Rechtswegs (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) entgegensteht.

Es kann deshalb offen bleiben, ob die Fachgerichte hier bereits im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO als Voraussetzung für die sofortige Vollziehung der Bescheide das Vorliegen eines besonderen öffentlichen Interesses prüfen muß- ten, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt (vgl. BVerfGE 35, 382 <401 f.>; 38, 52 <58>; 69, 220 <227 f.>), oder ob sie den Be- schwerdeführer insoweit auf ein anderes Verfahren (gegebenenfalls nach § 123 Abs.

1 VwGO in bezug auf Hinderungsgründe für den Vollzug der kraft Gesetzes beste- henden sofort vollziehbaren Ausreisepflicht) hätten verweisen dürfen oder ob verän- derte Umstände eingetreten sind, die ihrerseits im Rahmen eines Verfahrens gemäß

§ 80 Abs. 7 VwGO beim Verwaltungsgericht geltend gemacht werden können. So kann etwa das besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug noch vor einer Hauptsacheentscheidung nur schwerlich mit der Gefahr weiterer Straftaten des Be- schwerdeführers schon in diesem Zeitraum begründet werden, nachdem er in Unter- suchungshaft genommen wurde und seine Abschiebung nunmehr aus der Haft her- aus erfolgen soll. Bedenken können sich aber auch im Hinblick auf die in § 50 Abs. 5 Satz 2 AuslG vorgesehene vorherige Ankündigung einer Abschiebung aus der Haft ergeben, und zwar einerseits wegen des nach der hier angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts am 4. September 1998 ergangenen Beschlusses des Ver- waltungsgerichtshofs im Eilverfahren betreffend die Ausweisung und andererseits wegen der offenbar - jedoch ohne gesonderte Ankündigung - erfolgten Änderungen des für eine Abschiebung vorgesehenen Zeitpunktes (noch Anfang August 1998 soll- te die Abschiebung erst nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft erfolgen, jetzt aber offenbar noch aus der Untersuchungshaft).

Ebenfalls kann offen bleiben, ob die in Anbetracht der für das Eilverfahren und das Hauptsacheverfahren geltenden unterschiedlichen gerichtlichen Prüfungsmaßstäbe bedenkenswerte Argumentation des Beschwerdeführers, bei einem in Deutschland

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12 geborenen und aufgewachsenen Minderjährigen sei eine besonders gründliche Prü-

fung geboten, die in einem summarischen Eilverfahren gerade nicht erfolgen könne, in der Sache begründet ist. Diese Rüge hätte spätestens im Beschwerdezulassungs- verfahren vorgebracht werden müssen und zwar etwa als Frage grundsätzlicher Be- deutung (§ 146 Abs. 4 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), da sie sich spezifisch gerade auf das Eilverfahren bezieht.

c) Das Verwaltungsgericht hat die Ablehnung des begehrten vorläufigen Rechts- schutzes auf die offensichtliche Rechtmäßigkeit der zu vollziehenden Bescheide vom 24. Juli 1998 und vom 7. August 1998 gestützt. Die Frage, unter welchen Vorausset- zungen die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen gegen einen Verwaltungsakt anzuordnen oder wiederherzustellen ist, beantwortet sich nach § 80 VwGO. Die An- wendung und Auslegung dieser einfachrechtlichen Bestimmung obliegt in erster Linie den dazu berufenen Fachgerichten (vgl. BVerfG <Vorprüfungsausschuß>, Beschluß vom 11. Februar 1982 - 2 BvR 77/82 -, NVwZ 1982, S. 241 und vom 22. August 1983 - 2 BvR 1193/83 -, NVwZ 1984, S. 165; BVerfG <Vorprüfungsausschuß>, Beschluß vom 15. Februar 1982 - 2 BvR 1492/81 -, DÖV 1982, S. 451, jeweils m.w.N.). Wenn die Gerichte Eilrechtsschutz ablehnen, weil sie den angegriffenen Verwaltungsakt aufgrund näherer Prüfung der Sach- und Rechtslage als aller Voraussicht nach recht- mäßig erachten, so daß die vom Beschwerdeführer in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfe erfolglos bleiben werden, ist dies grundsätzlich nicht zu beanstanden.

Dies gilt insbesondere dann, wenn sie einer gesetzlichen Anordnung des Sofortvoll- zuges im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen Abwägung keine eigen- ständige Bedeutung beimessen. Denn auch bei einer solchen gesetzlichen Regelung kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung unter den gleichen Vorausset- zungen in Betracht wie in Fällen, in denen eine entsprechende Regelung nicht gege- ben ist (vgl. BVerfGE 69, 220 <229 f.>). Daß das Verwaltungsgericht dies im vorlie- genden Fall nicht beachtet haben könnte, ist nicht ersichtlich. Es hat die Frage der Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden Bescheide in dem für eine Ablehnung vorläu- figen Rechtsschutzes gebotenen Umfang umfassend geprüft. Die vom Beschwerde- führer dagegen vorgebrachten Einwände bleiben der Prüfung im Hauptsacheverfah- ren vorbehalten.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Osterloh Sommer Broß

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Bundesverfassungsgericht, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 12. November 1998 - 2 BvR 1838/98

Zitiervorschlag BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 12. Novem- ber 1998 - 2 BvR 1838/98 - Rn. (1 - 12), http://www.bverfg.de/e/

rk19981112_2bvr183898.html

ECLI ECLI:DE:BVerfG:1998:rk19981112.2bvr183898

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