• Keine Ergebnisse gefunden

Entscheidungen - Mangels Rechtswegerschöpfung unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen Revisionsverwerfungsbeschluß im Strafverfahren

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Entscheidungen - Mangels Rechtswegerschöpfung unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen Revisionsverwerfungsbeschluß im Strafverfahren"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

- Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Bernd Lütz-Binder und Kollegen, Westring 8, Landau/Pfalz -

1

2 3 4 BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BVR 434/00 -

In dem Verfahren über

die Verfassungsbeschwerde des Herrn D...

gegen den Beschluss des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 9.

Februar 2000 - 1 Ss 274/99 -

hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richterin

Präsidentin Limbach und die Richter Hassemer, Broß

gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntma- chung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 27. März 2000 einstimmig be- schlossen:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Verwerfung seiner Revision gegen seine strafgerichtliche Verurteilung als offensichtlich unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 und Abs. 3 StPO. Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage der Art und Weise des Zustandekommens des Verwerfungsbeschlusses, insbesondere die Pra- xis des betroffenen Revisionssenats des Oberlandesgerichts, der Staatsanwaltschaft beim Revisionsgericht vor deren Antragstellung das Ergebnis einer nach Beratung und Aktenvorlage gewonnenen "vorläufigen Bewertung" der Revisionssache mitzu- teilen. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die "vorgängi- ge Beeinflussung" des Antrags der Staatsanwaltschaft beim Revisionsgericht durch das Oberlandesgericht als Verstoß gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG.

§ 349 StPO lautet:

Verwerfung ohne Hauptverhandlung

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluss als unzulässig verwerfen.

1/4

(2)

5

6

7

8

9

10

11 (2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu be-

gründen ist, auch dann durch Beschluss entscheiden, wenn es die Revision einstim- mig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Be- schwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftli- che Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revisi- on einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluss aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Gegen das Berufungsurteil des Landgerichts legte der Beschwerdeführer form- und fristgerecht Revision ein, die er mit der Sachrüge begründete. Nach Eingang der Ak- ten bei der Staatsanwaltschaft beim Revisionsgericht und Vergabe des Geschäftszei- chens leitete diese die Akten ohne Antragstellung im Sinne von § 349 Abs. 2 und 3 StPO "gemäß § 347 Abs. 2 StPO" an das Oberlandesgericht weiter. Mit Verfügung vom 9. Dezember 1999 bestimmte der Vorsitzende des Strafsenats in den Akten den zuständigen Berichterstatter und ordnete die Aktenvorlage an diesen an. Unter dem 17. Januar 2000 verfügte der Berichterstatter des Strafsenats sodann die Aktenüber- sendung an die Generalstaatsanwaltschaft mit der schriftlichen Mitteilung, dass der Senat "nach vorläufiger Bewertung... eine Erledigung der Sache gemäß § 349 Abs. 2 StPO für möglich" halte, "sofern der dafür erforderliche Antrag (§ 349 Abs. 3 StPO) gestellt" werde.

Mit begründetem Antrag vom 19. Januar 2000 beantragte die Staatsanwaltschaft beim Revisionsgericht, die Revision des Beschwerdeführers gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen, und teilte ihren Antrag entsprechend § 349 Abs.

3 Satz 1 StPO mit Gründen dem Verteidiger des Beschwerdeführers unter dem Hin- weis mit, dass binnen zwei Wochen die Möglichkeit bestehe, eine schriftliche Gegen- erklärung beim Revisionssenat des Oberlandesgerichts einzureichen (§ 349 Abs. 3 Satz 2 StPO).

Mit Schriftsatz vom 4. Februar 2000 gab der Beschwerdeführer über seinen Vertei- diger eine schriftliche Gegenerklärung im Sinne des § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO zum -

"als Arbeitshypothese" unterstellten - Antrag der Staatsanwaltschaft beim Revisions- gericht ab, in deren Rahmen er unter anderem geltend machte, dass die revisions- rechtliche Fragestellung einen Verwerfungsantrag nicht rechtfertige. Im Übrigen wer- de der Beschwerdeführer ohnehin Verfassungsbeschwerde einlegen, und zwar "im Hinblick auf die anwalts- und gerichtskundige Tatsache, dass der Strafsenat... jeweils die Generalstaatsanwaltschaft" anrege, "den Antrag nach § 349 Abs. 2 StPO zu stel- len". Diese in der Bundesrepublik einmalige Verfahrensweise widerspreche der Vor- gabe des Gesetzes und sei im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Konsequen-

2/4

(3)

12

13

14

15

16 zen dem Fall der fehlenden Antragstellung (Hinweis auf BVerfGE 59, 98 ff.) gleich-

zusetzen. Die ursprünglich vom Gesetzgeber als zusätzliche Sicherheit für den Be- schwerdeführer gedachte Unabhängigkeit der Überzeugungsbildung bei Gericht und Staatsanwaltschaft über die offensichtliche Unbegründetheit einer Revision sei im Falle einer Antragsanregung nicht mehr gewährleistet.

Mit begründetem Beschluss vom 9. Februar 2000 verwarf das Oberlandesgericht die Revision des Beschwerdeführers gemäß § 349 Abs. 2 und 3 StPO als unbegrün- det.

II.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, weil ein Annahmegrund im Sinne des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Die Verfassungs- beschwerde ist unzulässig.

Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht der Grundsatz der Subsidiarität (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) entgegen, der unter anderem bewirken will, dass das Bundesverfassungsgericht vor seiner Entscheidung Gelegenheit haben soll, die Fallanschauung und Rechtsauffassung der Fachgerichte kennen zu lernen. Außer- dem wird so sichergestellt, dass der Vorrang gewahrt bleibt, der den Fachgerichten neben der Sachverhaltsermittlung auch bei der Auslegung der einfachrechtlichen Vorschriften nach der gesetzlichen Kompetenzordnung und der größeren Sachnähe gebührt (stRspr; vgl. z.B. BVerfGE 9, 3 <7 f.>; 51, 386 <396>; 55, 244 <247>; 79, 1

<20>; zusammenfassend: Kammerbeschluss vom 15. September 1999 - 2 BvR 2360/95 - = StV 2000, S. 1 = NStZ 2000, S. 96 m.w.N.).

Dieser Vorrang ist hier beachtlich. Denn der Beschwerdeführer hätte zunächst durch die Anbringung eines bis zum Erlass der Entscheidung des Revisionsgerichts möglichen und spätestens im Zeitpunkt der Abfassung der Revisionsgegenerklärung den Umständen nach nahe liegenden Ablehnungsgesuchs (§ 24 StPO) im sachnähe- ren Revisionsverfahren selbst eine Klärung der mit der Verfassungsbeschwerde auf- geworfenen Fragen unternehmen müssen. Nur so wären nach Sinn und Zweck des Grundsatzes der Subsidiarität alle gegen die neben Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 59, 98 <101 ff.>) auch im Hinblick auf Art. 103 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich nicht unbedenkliche und mit der gesetzlichen Regelung des § 349 Abs. 2 und Abs. 3 StPO kaum in Einklang zur bringende Verfahrensweise des Oberlandesgerichts (vgl. Rö- mer, MDR 1984, S. 353 ff., insbesondere 357 f., und Sarstedt/Hamm, Die Revision in Strafsachen, 6. Aufl. 1998, Rn. 1248) bestehenden prozessualen Möglichkeiten hin- reichend genutzt worden, um bereits eine fachgerichtliche Klärung von Bedeutung und Tragweite der Grundrechte des Beschwerdeführers herbeizuführen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Limbach Hassemer Broß

3/4

(4)

Bundesverfassungsgericht, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. März 2000 - 2 BvR 434/00

Zitiervorschlag BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom

27. März 2000 - 2 BvR 434/00 - Rn. (1 - 16), http://www.bverfg.de/e/

rk20000327_2bvr043400.html

ECLI ECLI:DE:BVerfG:2000:rk20000327.2bvr043400

4/4

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Die Verfassungs- beschwerde ist bereits nicht zulässig erhoben worden; damit ist der unsubstantiierte Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (vgl. Der

Die Enteignungen der Mauergrundstücke seien völkerrechtswidrig gewesen. Han- dele ein Staat in einem Bereich, in dem er nicht über die erforderliche Staatsgewalt verfüge, seien die

Die Beschwerdeführerin wendet sich unmittelbar gegen § 1836 a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Verbindung mit § 1 des Gesetzes über die Vergütung von Be-

b) Ferner müssen die Beschwerdeführer vor der Erhebung einer Verfassungsbe- schwerde gegen ein drohendes Strafverfahren und gegen die Strafdrohung wegen unerlaubter Einfuhr,

Es stützte seine Überzeugung von der Täter- schaft des Beschwerdeführers im Wesentlichen auf den Inhalt eines mitgehörten Te- lefongesprächs zwischen einem Zeugen und

Nach dieser Vorschrift ist das Halten von Hunden der Anlagen 1 und 2 LHV NRW unter bestimmten Voraussetzungen und nach be- stimmten Maßgaben zu untersagen (Absatz 1 und 2) oder es

b) Damit sind die Besonderheiten der vorliegenden Konstellation indes noch nicht erfasst. Bei den von der Beschwerdeführerin begehrten Informationen soll es sich um Dokumente

d) Soweit das Oberverwaltungsgericht der Bundesregierung bei Feststellung der Er- gebnisse der Regelerhebung für das Jahr 1997 eine Einschätzungsprärogative ein- geräumt habe, die