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Trauer beim Tod nahe stehender Menschen - Eine Herausforderung für die Soziale Arbeit?

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Bettina Brunstein

Trauer beim Tod nahe stehender Menschen - Eine Herausforderung für die Soziale

Arbeit?

Diplomarbeit

Geisteswissenschaft

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

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Copyright © 2007 GRIN Verlag ISBN: 9783640151103

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Bettina Brunstein

Trauer beim Tod nahe stehender Menschen - Eine Her- ausforderung für die Soziale Arbeit?

GRIN Verlag

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Trauer beim Tod nahe stehender Menschen - Eine Herausforderung für die Soziale Arbeit?

Diplomarbeit zur Diplomprüfung

Fachbereich Angewandte Sozialwissenschaften Sommersemester 2007

Fachhochschule Dortmund

vorgelegt von:

Bettina Brunstein

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Gliederung Seite

1. Einleitung 7

2. Trauer - Ihr Erscheinungsbild anhand typischer

Reaktionen 11

2.1. Emotionale Reaktionsmuster 11

2.1.1. Schmerz und Traurigkeit 11

2.1.2. Zorn und Wut 12

2.1.3. Schuld 13

2.1.4. Scham 13

2.1.5. Angst, Hilflosigkeitsempfinden 14

2.1.6. Verlassenheit, Einsamkeit 14

2.1.7. Betäubung 14

2.1.8. Müdigkeit 15

2.1.9. Schock 15

2.1.10. Sehnsucht 15

2.1.11. Befreiung, Erleichterung 15

2.2. Kognitive Reaktionsmuster 16

2.2.1. Dysfunktionale Gedanken 16

2.2.2. Verleugnung 17

2.2.3. Rumination 17

2.2.4. Gedankenleere/Gedankenrasen 18

2.2.5. Gedanken zum Thema Sinn und religiöser Glaube 18

2.3. Somatische Reaktionsmuster 19

2.3.1. Nervöse Störungen 19

2.3.2. Störungen von Ernährung und Verdauung 20

2.3.3. Herz-Kreislauf-Störungen 20

2.3.4. Atemstörungen und Atemwegserkrankungen 20 2.3.5. Generell erhöhte Morbidität bis hin zur Mortalität 20

2.4. Wahrnehmungsänderungen 21

2.4.1. Wahrnehmungsverlangsamung, Geistesabwesenheit,

Zerstreutheit, Ablenkbarkeit, Konzentrationsstörungen 21

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3

2.4.2. Verwirrung 21

2.4.3. Derealisations- und Depersonalisationserleben 22

2.4.4. Halluzinationen 22

2.5. Verhaltensänderungen 22

2.5.1. Hysterie 23

2.5.2. Betäubungsmittelgebrauch, extensive Reizsuche 23

2.5.3. Selbstverletzungen 23

2.5.4. Schlafstörungen 24

2.5.5. Sozialer Rückzug 24

2.5.6. Träume vom verstorbenen Menschen 24 2.5.7. Meiden von Erinnerungen, Aufsuchen von Erinnerungs-

orten, Beisichtragen von Gegenständen 24 2.5.8. Rastlose Überaktivität, Rufen, Suchen, Weinen 25

2.5.9. Seufzen 26

2.5.10. Misstrauen 26

2.5.11. Anklammerndes Verhalten, schnelle neue Bindungssuche 26

2.5.12. Erstarrung 28

2.5.13. Identifikation 28

3. Explikatorische Modelle zur Entstehung von Trauer 28

3.1. Personenverlust als Objektverlust: Psychoanalyse 29 3.1.1. Modell der Trauer und Trauerarbeit nach Freud 29 3.1.2. Erweiterung des Freudschen Modells 31 3.1.3. Tiefenpsychologische Kernthesen zu Trauer

und Trauerbewältigung 32

3.1.4. Interventionsregeln für die Trauerbegleitung 32

3.1.5. Kritik 33

3.2. Personenverlust als Bindungsverlust: Bindungstheorie 35 3.2.1. Das Modell der Bindungstheorie zur Trauer 35 3.2.2. Interventionsregeln für die Trauerbegleitung 38

3.2.3. Kritik 39

(9)

4

3.3. Personenverlust als Verlust von Verstärkung: Behaviorismus 40 3.3.1. Zwei Modelle zur Beeinflussung des Trauerverhaltens

durch Verstärkung 40

3.3.2. Interventionsregeln für die Trauerbegleitung 42

3.3.3. Kritik 42

3.4. Personenverlust als Verlust genetischer Überlebenschancen:

Soziobiologie 44

3.4.1. Soziobiologische Erklärungen der Trauer 44

3.4.2. Kritik 44

3.5. Personenverlust als Verlust von Sinn- und Bedeutungsstrukturen:

Kognitionspsychologie 45

3.5.1. Das Konzept der Rekonstruktion von Sinnstrukturen im

Trauerprozess nach Marris erweitert durch Lammer 45 3.5.2. Interventionsregeln für die Trauerbegleitung 48

3.5.3. Kritik 48

3.6. Personenverlust als Stressor: Kognitive Stress-Theorie - Das Defizit-Modell des Partnerverlustes nach

M. und W. Stroebe 49

3.6.1. Das Modell des Trauerfalles als Stresssituation 49 3.6.1.1. Grundlagen: Die Kognitive Stresstheorie

nach Lazarus/Folkman 50

3.6.1.2. Die Anwendung auf den Trauerfall 53

3.6.2. Interventionsregeln 55

3.6.3. Kritik 55

3.7. Fazit - Basis für die Trauerbegleitung 57

4. Der Trauerprozess 59

4.1. Modelle des Trauerprozesses 60

4.1.1. Phasenmodelle 60

4.1.1.1. Grundlegende Modelle im Überblick 61

4.1.1.2. Kritik 66

4.1.2. Aufgabenmodelle 70

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5

4.1.2.1. Traueraufgaben nach Spiegel 70

4.1.2.2. Traueraufgaben nach Worden 72

4.1.2.3. Das duale Prozessmodell nach M. Stroebe/Schut 76

4.2. Komplizierte Trauer - Komorbidität, Modelle nach Worden

und Znoj 81

4.2.1. Komorbidität zu anderen psychischen Störungen 81 4.2.2. Modelle der komplizierten Trauer nach Worden und Znoj 82 4.2.2.1. Komplizierte Trauer nach Worden 83 4.2.2.2. Komplizierte Trauer nach Znoj 86

4.3. Spezielle Konstellationen des Personenverlustes 94 4.3.1. Spezielle Personenkonstellationen 95

4.3.1.1. Verlust des Lebenspartners 95

4.3.1.2. Verlust eines Kindes 97

4.3.1.3. Trauernde Kinder und Jugendliche 98 4.3.2. Spezielle Verlustkonstellationen 103 4.3.2.1. Trauernde nach einem Suizid 103 4.3.2.2. Plötzlicher Tod einschließlich gewaltsamer

Todesursachen 110

4.3.2.3. Plötzlicher Kindstod, Totgeburten, Fehlgeburten,

Schwangerschaftsabbruch 113

5. Eine Herausforderung für die Soziale Arbeit? 116 5.1. Trauer - ein soziales Problem? 118 5.2. Eine Herausforderung - spezifisch für die Soziale Arbeit? 126 5.2.1. Trauerbegleitung und Trauerberatung als vorrangig

ehrenamtliche Aufgabe? 127

5.2.2. Trauerbegleitung und Trauerberatung als vorrangig

seelsorgliche Aufgabe? 129

5.2.3. Trauerbegleitung und Trauerberatung als vorrangig

psychotherapeutische Aufgabe? 131

5.3. Methodische Überlegungen zu einer sozialarbeiterischen

Trauerbegleitung/Trauerberatung 135

5.3.1. Ziel der Trauerbegleitung/Trauerberatung 137 5.3.2. Grundlegende Aspekte der Trauerbegleitung/Trauerberatung 138 5.3.2.1. Trauernde als Maßstab der Trauerbewältigung 138

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6

5.3.2.2. Die Beziehung zwischen Trauernden und Begleitenden in

Einzelberatung und Trauergruppe 142 5.3.2.3. Förderung der Realisierung des Todes 146 5.3.2.4. Der Umgang mit Emotionen und Gedanken in der

Trauerbegleitung 147 5.3.2.5. Die Beziehung zwischen Trauernden und Verstorbenen 151

5.3.2.6. Die Beziehung zwischen Trauernden und sozialer Umwelt 152 5.3.2.7. Anpassung zwischen Verlust- und Wiederherstellungsorien-

tierung 153

5.3.2.8. Ressourcenaktivierung mit Trauernden 158 5.3.2.9. Die Sinnperspektive im Trauerprozess 161 5.3.2.10. Besonderheiten in der Begleitung trauernder Kinder und

Jugendlicher 163

5.3.3. Abschlussplanung zur konkreten Umsetzung 165

Literatur 173

Internetadressen zur Trauerberatung/Trauerbegleitung 177

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1. Einleitung

„Trauer ist regelmäßig die Reaktion auf den Verlust einer geliebten Person oder einer an ihre Stelle gerückten Abstraktion wie Vaterland Freiheit, ein Ideal usw..“1 Und da es kein Leben ohne solche Verluste gibt, ist Trauer eine zutiefst lebendige Erfahrung. Zumal Trauer eben nicht auf den Verlust nahe stehender Menschen beschränkt ist, sondern alle wesentlichen Verlusterfahrungen, die sich auf einen bedeutsamen Wert beziehen, zum Beispiel den Tod liebgewonnener Tiere, den Verlust von Körperteilen, den Verlust des Berufs, den Verlust von Status oder materiellen Gütern, umfasst.2 Und auch der Verlust von Menschen geschieht nicht nur durch Tod, sondern ereignet sich bei Beziehungsabbrüchen jeder Art, etwa bei Schei- dung, Trennung oder unüberwindbarer Entfernung. Die nachfolgen- den Ausführungen zum Thema „Trauer beim Tod eines nahe stehenden Menschen“ sind deshalb, unter Berücksichtigung von Besonderheiten natürlich, auf andere Verlusterfahrungen übertragbar.

Zusätzliche Vielfalt gewinnt Trauer dadurch, dass sie als weltweites Phänomen kulturell sehr unterschiedliche Ausdrucksformen an- nimmt.3 In dieser Arbeit wird es allerdings explizit nur um Trauer beim Tod nahe stehender Menschen gehen und zwar speziell als Heraus- forderung für die Soziale Arbeit. Dementsprechend wird die Ausarbei- tung im Wesentlichen auf Trauer im westlich-europäisch geprägten Kulturkreis beschränkt sein.

Wer im Rahmen seines Berufsalltags oft mit Menschen zusam- menkommt, wird zwangsläufig Trauernden begegnen. Nicht nur in der Arbeit mit alten Menschen, denen oft Angehörige oder Freunde sterben, sondern in allen Arbeitsfeldern Sozialer Arbeit ist mit Trauer zu rechnen. Denn überall, wo Menschen sind, kann es zum Verlust des Partners, der Kinder, Eltern, Geschwister, Großeltern, Freunde kommen. Besondere Umstände können den Verlust prägen:

langandauerndes, schmerzhaftes Sterben, plötzliches Sterben bei einem Unfall, nach langer Krankheit, nach Gewalttaten, Kata- strophen, Plötzlichem Kindstod, Fehlgeburten oder Abtreibungen,

1 Freud, 2006 (1916/1917), 334f..

2 Vgl.: Lammer, 2004, 31ff..

3 Vgl: Stroebe/Schut, 2001, 91f..

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8

Tod nach Alkohol- oder sonstigem Drogenkonsum, bei einem Suizid oder Tod im Zusammenhang psychischer Erkrankungen.

Entsprechend begegnet Trauer in der Sozialer Arbeit überall: In der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, mit Suchtkranken, anderen psychisch Kranken, in der Krankenhaussozialarbeit, im Hospiz, in der Schulsozialarbeit, in der Arbeit mit Migranten, in der Arbeit mit alten Menschen, in Beratungsstellen... . So gehört die Bereitschaft und Befähigung zu unterstützender, hilfreicher Kommunikation mit trau- ernden Menschen zu den Grundkompetenzen von Sozialarbei- terinnen und Sozialpädagogen. Die Frage, ob Trauer beim Tod nahe stehender Menschen eine Herausforderung für die Soziale Arbeit darstellt, ist insofern eigentlich selbstverständlich mit „Ja.“ zu beant- worten.

Es fragt sich allerdings weitergehend, inwieweit über diese allge- meine Unterstützung hinausgehende spezielle Angebote zur Trauer- begleitung/Trauerberatung durch die Soziale Arbeit hilfreich und erforderlich sind, insbesondere, ob Trauerbegleitung/Trauerbera- tung überhaupt eine spezifisch sozialarbeiterische/sozialpädagogi- sche Tätigkeit ist oder ob es sich um eine Aufgabe handelt, die mindestens ebenso gut durch ehrenamtlich Begleitende einerseits o- der Seelsorger oder Psychotherapeutinnen andererseits wahrgenom- men werden könnte. Um diese Frage wird es in dieser Arbeit gehen, wobei sie nur unvollständig beantwortet wäre, wenn man sie lediglich bejahen oder verneinen wollte. Deshalb soll für den Fall, dass Trauerbegleitung/Trauerberatung grundsätzlich als Herausforderung für die Soziale Arbeit angesehen werden kann, ein sozialarbeiteri- sches/sozialpädagogisches Konzept der Trauerberatung/Trauerbe- gleitung entworfen werden. Dabei wird zu überlegen sein, ob ein solches Konzept eine Begleitung/Beratung im Rahmen einer Trauer- gruppe, eine Einzelbegleitung/Einzelberatung oder eine Kombination von beidem vorsehen sollte und wie es methodisch ausgestaltet werden kann.

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9

Im Einzelnen ergibt sich daraus für diese Arbeit folgender Aufbau:

Grundlegend ist, zu betrachten, was Trauer ist, wie sie in Erschei - nung tritt, wie sie verstanden werden kann und wie sie verläuft.

Es gibt in der Trauerforschung bislang keine allgemeine und umfas- sende Trauertheorie.4 Die vorliegende Vielzahl theoretischer Ansätze kann folgendermaßen unterschieden werden: Deskriptive Ansätze versuchen, die Trauerreaktion zu beschreiben, indem sie Symptoma- tologien der Trauer erstellen.5 Explikatorische Ansätze versuchen, die Verlusterfahrung vor dem Hintergrund je eines umgreifenden Theorie- konzeptes zu deuten und auf diese Weise zu verstehen, worin die Problematik der Verlusterfahrung liegt und warum sie oft heftige Reaktionen trauernder Menschen auslöst.6 Deskriptive und explikatorische Ansätze weisen Überschneidungen auf,7 denn es handelt sich ja um die Beschreibung eines einheitlichen Phänomens, wenn auch aus jeweils unterschiedlichen Perspektiven.

Um eine konkrete Vorstellung von der Vielzahl möglichen Trauererlebens zu erhalten, wird zunächst deskriptiv eine, naturge- mäß nie vollständige, Symptomatologie typischer Reaktionsweisen trauernder Menschen erstellt.

Daran anschließend werden grundlegende explikatorische Ansätze dargestellt. Dabei werden, des Sachzusammenhangs und der Verständlichkeit wegen, zugleich Interventionsvorschläge für die Trauerbegleitung/Trauerberatung, die sich aus dem jeweiligen Modell ergeben, sowie Kritikpunkte zu dem jeweiligen Modell diskutiert.

Anschließend wird der Trauerprozess, der Verlauf der Trauerreaktion, betrachtet. Es werden dazu unterschiedliche Modelle, Phasenmodel- le, Aufgabenmodelle und das Modell des doppelten Prozesses der Verlustbewältigung, auch „Duales Prozessmodell“ genannt8, nach Stroebe und Schut9 erörtert.

4 Vgl.: Lammer, 2004, 66.

5 Vgl.: Lammer, ebd., 66f..

6 Vgl.: Lammer, ebd., 66f..

7 Vgl.: Lammer, ebd., 67.

8 Vgl.: Znoj, 2004, 10f..

9 Vgl.: Stroebe/Schut, 2001, 97ff..

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10

Sodann wird dargestellt, welche Komplikationen sich im Rahmen des Trauerprozesses ergeben können, wobei zunächst die Komorbidität von Trauer und psychischen Störungen dargestellt und dann anhand zweier Modelle komplizierter Trauer, je nach Worden10 und Znoj11, erörtert wird, was komplizierte Trauer ausmacht, wie sie entsteht und wie sie festgestellt werden kann.

Schließlich werden Besonderheiten des Trauerprozesses bei speziellen Konstellationen erörtert und zwar zunächst bei speziellen Personenkonstellationen und sodann bei speziellen Konstellationen der Verlustsituation.

Aufbauend auf der grundlegenden Auseinandersetzung mit mensch- lichem Trauererleben beim Tod nahe stehender Menschen wird sodann die Frage aufgeworfen, ob Trauerberatung/Trauerbegleitung eine Herausforderung für die Soziale Arbeit darstellt. Dabei geht es zunächst darum, ob Trauer ein soziales Problem und damit eine Herausforderung ist, auf die Soziale Arbeit normalerweise reagiert.

Anschließend wird erörtert, ob Trauerbegleitung/Trauerberatung durch Sozialpädagoginnen/Sozialarbeiter wahrgenommen werden kann und soll oder ob eine Begleitung durch Ehrenamtliche, Seelsorgerinnen oder Psychotherapeuten geeigneter ist.

Darauf bauen sich Überlegungen zu einem Handlungskonzept für die sozialarbeiterische/sozialpädagogische Trauerbegleitung/Trauerbera- tung auf. Nach einer grundlegenden Zielformulierung werden einige relevante Aspekte, die in den grundlegenden Ausführungen zur Trauer hervorgetreten sind, zusammengefasst und handlungs- orientiert, unter Einbeziehung konkreter Methodik, reflektiert und erweitert. Den Abschluss bilden Überlegungen zur Umsetzung: Zur Entscheidung zwischen Trauergruppe, Einzelbegleitung oder Kombination von beidem, zur Teilnehmerzahl, Zusammensetzung, Sitzungsfrequenz und -häufigkeit, zur Dauer sowie, exemplarisch, zum Ablauf eines Gruppentreffens. Dabei kann es sich naturgemäß nicht um eine Detailplanung handeln, weil es dazu einer konkreten Beratungs- und Begleitungssituation bedarf und zudem der Eigendy- namik des Prozesses Rechnung getragen werden muss.

10 Vgl.: Worden, 2007, 69ff..

11 Vgl.: Znoj, 2004, 11ff..

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11

2. Trauer - Ihr Erscheinungsbild anhand typischer Reaktionen Es gibt keine immer wiederkehrende allgemeingültige Trauerreak- tion.12 Jeder Mensch trauert anders, trauert je nach den Determinan- ten der Trauersituation anders.13 Dennoch lassen sich immer wieder- kehrende Muster von emotionalen, kognitiven, somatischen Reak- tionen auf den Verlust einer nahe stehenden Person14, typische Wahrnehmungsänderungen15 und typische Verhaltensweisen16 be - obachten. Eine exakte Einordnung, ob es sich um eine emotionale, kognitive oder somatische Reaktion, um eine Wahrnehmungs- oder Verhaltensänderung handelt, ist nicht immer möglich, da die jeweiligen Erlebnisweisen sich überschneiden.

2.1. Emotionale Reaktionsmuster

Trauer löst nicht immer dieselben Gefühle aus. Oft ist es eine Kombination von Schmerz und Traurigkeit, Zorn und Wut, Schuld, Scham, Angst und Hilflosigkeitsempfinden, Verlassenheit, Einsam- keit, Leere, Betäubung, Müdigkeit, Schock, Sehnsucht, Befreiung und Erleichterung.17

2.1.1. Schmerz und Traurigkeit

Traurigkeit ist typisches Trauermerkmal.18 Manchmal aber bleibt sie aus oder tritt erst nach einiger Zeit auf.19 Die Gründe dafür sind unterschiedlich20:

¾ Die Beziehung zum verstorbenen Menschen war ambivalent.

¾ Die Beziehung war von hoher Abhängigkeit des Hinterblie- benen geprägt.

¾ Der Tod ist ungewiss, zum Beispiel bei Verschollenen.

¾ Es gibt eine große Anzahl von Opfern, etwa nach Unfällen, zu beklagen.

¾ Es sind bereits andere Verluste vorhergegangen.

¾ Es liegen unsichere Bindungsmuster vor.

12 Vgl.: Znoj, 2004, 4.

13 Vgl.: Worden, 2007, 41.

14 Vgl.: Lammer, 2004, 176f.; Worden, ebd., 28ff. , Znoj, ebd., 3ff..

15 Vgl.: Lammer, ebd., 177.

16 Vgl.: Lammer, ebd., 176f.; Worden, ebd., 35ff..

17 Vgl.: Lammer, ebd., 176; Worden, ebd., 30ff., 101f.; Znoj, ebd., 4.

18 Vgl.: Worden, ebd., 29; Znoj, ebd., 4.

19 Vgl.: Worden, ebd., 69ff.; Znoj, ebd., 17f..

20 Vgl.: Worden, ebd., 69ff..

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12

¾ Starke Emotionen können schwer ertragen werden.

¾ Die Traurigkeit widerspricht dem Selbstkonzept.

¾ Die Umstände des Todes, etwa bei einem Suizid, sind sozial tabuisiert.

¾ Die Trauer wird aberkannt, etwa nach einer Abtreibung.

¾ Der Trauernde ist sozial isoliert und Kommunikation mit ande- ren Betroffenen über den Verlust ist nicht möglich.

2.1.2. Zorn und Wut

Zorn und Wut können ebenfalls auftauchen.21 Das kann darauf beruhen, dass Trauernde den Tod nicht verhindern konnten.22 Ein Zitat eines Angehörigen: „Trauer, Wut und Zorn auf mich, die Ärzte und alle Beteiligten, dass ihm nicht geholfen werden kann...“23 Insgesamt muss unterschieden werden zwischen der Wut auf den Verursacher des Todesfalls, in Form von Rachewünschen, und der Wut auf die verstorbene Person selbst.24 Im letzten Fall tritt Zorn besonders intensiv auf bei Hinterbliebenen nach einem Suizid, wenn sie das Empfinden haben, dass ihnen durch den Suizid etwas angetan wurde.25

Aber auch Zorn und Wut zur Vermeidung von Angst, die mit dem Ver- lust und der durch ihn eingetretenen Situation einhergeht, sind denkbar.26 Wobei Aggressionen zwar geeignet sind, andere, schwer- er zu ertragende Gefühle zu überdecken27, aber wiederum zu se- kundären Schuldgefühlen führen können.28

Wut und Zorn beim Verlust eines wichtigen Menschen sind jedoch grundsätzlich keine pathologische Reaktion, auch dann nicht, wenn sie offensichtlich nicht dem Zweck dienlich sein können, den Verlust ungeschehen zu machen. Es handelt sich wahrscheinlich um eine angeborene Verhaltenskomponente, die automatisch bei jeder Form der Verletzung einer engen Bindung ausgelöst wird und dem Zweck dient, Bindungen aufrechtzuerhalten.29 Dabei entwächst der Wut die

21 Vgl.: Worden, 2007, 29f.; Znoj, 2004, 4.

22 Vgl.: Worden, ebd., 30.

23 Zit . bei: Znoj, ebd., 4.

24 Vgl.: Znoj, ebd., 63.

25 Vgl.: Worden, ebd., 102.

26 Vgl.: Worden, ebd., 30.

27 Vgl.: Worden, ebd., 30.

28 Vgl.: Znoj, ebd., 63.

29 Vgl.: Bowlby, 1979, 71ff.; 111; Lammer, 2004, 97.

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13

Kraft für Anstrengungen um die Rückkehr der verlorenen Person, sie folgt aus der Fruchtlosigkeit dieser Bemühungen und aus der Diffe- renz zwischen dem verbliebenen Wunsch nach Rückkehr einerseits und dem Wissen um den endgültigen Verlust andererseits und richtet sich schließlich gegen alle, die den Verlust verschuldet oder die Wiedergewinnung verhindert haben könnten.30 Wut sollte ausge- drückt31, aber nicht verstärkt, sondern in eine hilfreiche Perspektive gestellt werden.32

2.1.3. Schuld

Zuweilen treten Schuldgefühle auf.33 Sie können sich an allen mög- lichen Vorwürfen festmachen, an der Beziehung zum Verstorbenen wie an den Umständen des Todes34 Aber Schuldgefühle entstammen auch dem Bedürfnis nach Kontrolle und Angstminderung, denn wer schuldig an einem Tod sein kann, hätte ihn verhindern, also kon- trollieren können.35 Schuldgefühle bleiben oft unausgesprochen, weil sie von Außenstehenden nicht nachvollzogen werden können.36 Be- sonders verschärfen können sich Schuldgefühle, wenn sie im Zusammenhang eines Konfliktes mit einem Menschen stehen, der sich selbst getötet hat.37 In jedem Fall ist es notwendig, solche Gefühle zu aktivieren und auszudrücken, um im Gespräch einen hilfreichen Umgang mit ihnen zu finden.38

2.1.4. Scham

Scham ist ein Gefühl, das besonders bei Hinterbliebenen nach einem Suizid intensiv auftreten und dominierend werden kann, weil der Suizid in unserer Gesellschaft noch immer stigmatisiert ist.39 Für andere tabuisierte Todesumstände wie Mord, Aids/HIV oder Substanzabhängigkeit stellt die Situation sich ähnlich dar.40 Scham

30 Vgl.: Bowlby, 1979, 111; Lammer, 2004, 97f..

31 Vgl.: Bowlby, ebd., 73.

32 Vgl.: Znoj., 2004, 64f..

33 Vgl.: Worden, 2007, 4.

34 Vgl.: Worden, ebd., 30f.; Znoj, ebd., 63.

35 Vgl.: Znoj, ebd., 57.

36 Vgl.: Znoj, ebd., 57.

37 Vgl.: Giernalczyk, 2003, 112 ff.; Worden, ebd., 101f., 104.

38 Vgl.: Worden, ebd., 104; Znoj, ebd., 62f..

39 Vgl.: Giernalczyk, ebd., 112; Worden, ebd., 101. Zur Tabuisierung: Otzelberger, 2005, 22ff.;

Znoj, ebd., 37.

40 Vgl.: Znoj, ebd., 37.

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14

beeinflusst sowohl den sozialen Umgang der Hinterbliebenen nach außen als auch innerhalb der Familie.41

2.1.5. Angst, Hilflosigkeitsempfinden

Angst kommt im Zusammenhang mit Trauer oft vor und nimmt auch nicht schnell ab.42 Sie kann von leichter Unsicherheit bis zur Panik- attacke reichen.43 Bei starkem Angsterleben liegt möglicherweise eine pathologische Trauerreaktion vor44, wobei es zur Chronifizierung kommen kann.45 Angststörungen sind, neben der Depression, die häufigsten komorbiden psychischen Störungen komplizierter Trau- er.46 Die Komorbiditätsraten zur komplizierten, in Abgrenzung zur einfachen Trauer, betragen bei der generalisierten Angststörung 82%, bei der Panikstörung: 32%.47

Die Angst hat zwei Quellen: Die Sorge, das Leben ohne den Verstorbenen nicht bewältigen zu können, oft verbunden mit Hilflo- sigkeitsempfinden48, oder die durch das Erleben des Todes geschärf- te Angst vor dem eigenen Tod.49

2.1.6. Verlassenheit, Einsamkeit

Besonders betroffen sind Verwitwete, die in einer durchgehend engen Beziehung gelebt haben.50

2.1.7. Betäubung

Das Ausbleiben von Gefühlen tritt oft schon früh nach Kenntnis vom Tod ein und ist wahrscheinlich eine Schutzreaktion auf ein unerträgliches Maß an Emotion.51

41 Vgl: Worden, 2007, 101.

42 Vgl.: Znoj, 2004, 19.

43 Vgl.: Worden, ebd., 31.

44 Vgl.: Worden, ebd., 31.

45 Vgl.: Znoj, ebd., 19.

46 Vgl.: Znoj, ebd., 19.

47 Vgl.: Znoj, ebd., 20f..

48 Vgl.: Worden, ebd., 31f.

49 Vgl.: Worden, ebd., 31.

50 Vgl.: Worden, ebd., 31.

51 Vgl.: Worden, ebd., 32f..

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