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TOD, TRAUER UND TROST IN DER ANTIKE

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Academic year: 2022

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S TA N D P U N K T Das DAI –

Spuren der Vergangenheit

A L LTAG A R C H ÄO LO G I E Archäologie an der Karibikküste – Evakuierung aus Honduras F O K U S

Thanatoarchäologie –

Wie untersucht man den Tod?

TITELTHEMA

1 • 2021

Archäologie Weltweit – Neunter Jahrgang – Berlin, im Apr. 2021 – DAI

TOD, TRAUER UND

TROST IN DER ANTIKE

www.dainst.org

Magazin des Deutschen Archäologischen Instituts

Über das Leben mit den Toten

ARCHÄOLOGIE WELTWEIT 1 • 2021TITELTHEMA TOD, TRAUER, TROST …

Wenn wir unser kulturelles Erbe erhalten

wollen, brauchen wir Ihre Unterstützung.

Wie Sie uns helfen können, sehen Sie hier:

W W W. T W G E S . D E

Gesellschaft der Freunde des Deutschen Archäologischen Instituts Theodor Wiegand Gesellschaft e.V.

Wissenschaftszentrum Bonn Ahrstraße 45, 53175 Bonn

Delia Schulz Tel.: +49 228 30 20 Fax: +49 228 30 22 70 twg@wzbonn.de

Theodor Wiegand Gesellschaft Deutsche Bank AG, Essen IBAN DE20 3607 0050 0247 1944 00 BIC DEUTDEDEXXX oder Sparkasse KölnBonn IBAN DE88 3705 0198 0029 0058 08 BIC COLSDE33XXX

Ihre Spenden sind steuerbegünstigt.

Vielen Dank!

T W G

Museumsneubau in Guadalupe (Honduras)

In Guadalupe im nordöstlichen Honduras entsteht in unmittelbarer Nähe eines archäologischen Fundplatzes ein Museum, das multifunktional als Funddepot und Vermittlungszentrum geplant ist. 2019 haben die Bauarbeiten begonnen: Die Depoträume werden mit Arbeitsplätzen für die Fundbearbeitung ausgestattet, der Ausstellungsbereich soll über die bisher weitgehend unbekann- te indigene Vorgeschichte der Region anhand der archäologischen Funde und Befunde informie- ren. Das Museum soll nicht nur Bildungsort für die lokale Schule und Studierende sein, sondern auch Anlaufpunkt für Besuchergruppen aus dem nahegelegenen Ort Trujillo werden und damit den Aufbau einer touristischen Infrastruktur unterstützen.

Die Beschäftigung mit der eigenen Vergangenheit hat schon jetzt zu einer Stärkung des Identitäts- gefühls der Menschen vor Ort geführt. Der Museumsbau schafft Arbeitsplätze und Einkommens- quellen. Er soll als Pilotprojekt für die Gemeindeverwaltungen der umliegenden Ortschaften die- nen, um zu zeigen, wie mit dem Aufbau von Lokalmuseen der Schutz von Kulturgütern und die wirtschaftliche Entwicklung gefördert werden können.

Ab 2022 sollen im neu eröffneten Museum die Exponate der Ausstellung über die Archäologie von Guadalupe, die 2021 im Museum Rietberg in Zürich gezeigt wird, dauerhaft ausgestellt werden.

Unterstützen Sie dieses und ähnliche Projekte durch Ihre Spende!

Foto: Araque Rohbau des Museums in Guadalupe in Honduras.

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ARCHÄOLOGIE WELT WEIT

Orte und Regionen in dieser Ausgabe

Berlin, Deutschland – Fokus, Seite 10 Rom, Italien – Cultural Heritage, Seite 20 Ägypten – Landschaft, Seite 28

Göbekli Tepe, Türkei – Das Objekt, Seite 36 Tarim-Becken, China – Titelthema, Seite 40

Ayamonte u. La Joya, Spanien – Titelthema, S. 44 Rom, Italien – Titelthema, Seite 52

Athen, Griechenland – Titelthema, Seite 57 Pergamon, Türkei – Titelthema, Seite 64 Igisak, Tadschikistan – Titelthema, Seite 66

Honduras – Alltag Archäologie, Seite 74 Peking, China – Standort, Seite 80 Uruk, Irak – Panorama, Seite 82

U N S E R T I T E L B I L D zeigt ein Grabrelief, das im 4. Jahrhundert v. Chr. auf dem Athener Friedhof Kerameikos aufgestellt wurde. Zu sehen ist ein Mann, stehend, ihm gegenüber sitzt eine Frau. Die Inschrift nennt ihre Namen:

Thraseas und Euandria. Wahrscheinlich handelt es sich um ein Ehepaar, das im Hintergrund von einer trauernden Frau, einer Dienerin oder Verwandten, ergänzt wird. Wer von den beiden verstorben ist, ist nicht eindeutig. Die Geste, mit der sich die beiden an den Händen halten und der innige Blick zeigen jedoch eine Verbundenheit, die über den Tod hinauszugehen scheint.

Mehr über die Bewältigung von Verlust und Trauer in vergangenen Gesellschaften lesen Sie in der Rubrik FOKUS. Im TITELTHEMA berichten die Archäologinnen und Archäologen des DAI über verschiedene Bestattungsweisen und Strategien, wie dem Tod begegnet wurde. Und LANDSCHAFT zeigt die Welt der Toten in Ägypten: Dort bedeutete der Tod nicht das Ende, sondern stellte den Übergang in eine weitere Welt dar.

Foto: © Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung, Sk 738.

Foto: Universität zu Köln, Archäologisches Institut, CoDArchLab, 104027_FA-SPerg-001580_Gisela Geng

Noch breiter, noch aktueller informiert das Deutsche Archäologische Institut im Jahr 2021 über neue Forschungen.

In der Reihe „DAInsight – neue Forschungen am DAI 2021“ bietet jeden Monat ein anderer DAI-Standort exklusiven Einblick in spannende Projekte und laufende Arbeiten.

Präsentiert werden die DAInsights in abwechslungsreichen Online-Formaten.

Im Juni berichtet die Kommission für Alte Geschichte und Epigraphik aus München neben anderen Themen über die Römische Reichsprägung. Im Juli geht es in den Vorträgen der Zentralen Wissenschaftlichen Abteilung um Resilienz aus den Perspektiven des Architekturreferats sowie des Referats für Naturwissenschaften.

Die bisherigen Vorträge – unter anderem zu Perspektiven eines neuen Dezenniums und zu Gilgameschs Stadtmauer – sind online abrufbar:

https://www.youtube.com/playlist?list=PLq4Pz4R7ts0UPMo4cqknEooREClH-8eL5

DAInsight 2021 –

Online Veranstaltungsreihe zu neuen Forschungen am DAI

WANN UND WO?

Die nächsten Termine:

5.5. – 26.5. – 23.6. – 7.7. – 21.7.

Die Veranstaltungsreihe wird auf https://live.dainst.org/ gestreamt.

Die Anmeldung vorab ist erforderlich.

Weitere Infos unter www.dainst.org, auf facebook.com/dainst und

@dai_weltweit

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EDITORIAL

EDITORIAL

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER, der Umgang vergangener Kulturen mit Sterben, Tod und Trauer gehört zu den zentralen Forschungsthemen der Archäo- logie. Geplant war die nun erschienene Ausgabe ARCHÄOLOGIE WELTWEIT mit dem Thema „Tod, Trauer und Trost in der Antike“ als erstes Heft im Jahr 2020 und war eigentlich auch bereits gesetzt. An- gesichts der Bilder aus Bergamo schien es uns jedoch nicht angebracht, ein Heft mit diesem Thema im ersten Frühjahr der Pandemie zu veröffentlichen. Ein Jahr spä- ter hat sich die Situation noch nicht grund- legend geändert. Immer noch sterben Menschen an den Folgen der Pandemie.

Aber an die Stelle der aufgeregt unklaren Situation des Jahresanfangs 2020 ist nun das Bewusstsein getreten, dass wir uns aktiv nicht nur mit der Pandemie, sondern auch mit ihren Folgen befassen müssen, und uns damit beschäftigen müssen, was die Erfahrungen von Krankheit und Tod, von Lockdown und Abstand mit uns machen.

In Italien wurde im März in Bergamo der Toten gedacht. Es wurde ein Kranz nieder-

gelegt und es wurden Bäume gepflanzt.

Es wurden also Rituale vollzogen, die der öffentlichen Bewältigung der Situation die- nen. Die frühen Kulturen der Menschheits- geschichte kennen viele unterschiedliche Formen mit dem Tod umzugehen und der Toten zu gedenken, sie zum Beispiel durch Grabbauten weithin sichtbar zu machen.

Anders als in heutigen Städten war in grie- chischen und römischen Städten der Tod präsent, sobald man die Stadt verließ.

Grabbauten säumten die Straßen. Grab- hügel prägten als Begräbnisstätten mar- kant die Landschaft. Die Toten konnten

aber auch verborgen sein, wie im Tal der Könige in Ägypten. Teilweise wurde den Toten in der Antike eine ganze Welt an Beigaben mitgegeben, manchmal wurden sie jedoch auch ohne Beigaben beigesetzt oder einfach verscharrt.

Um diese Vielfalt des Umgangs mit dem Tod und der Trauer zu erfassen, hat sich in der Archäologie ein eigener Zweig, eine Thanatoarchäologie herausgebildet.

Es geht aber nicht nur darum, den Umgang mit dem Tod in der Antike, sondern auch den Umgang der Archäologie mit den menschlichen Überresten der Vergangen- heit zu reflektieren. Im Akt der Forschung, der Ausgrabung, der Untersuchung und auch Beprobung von Skeletten muss der Forschung immer auch gegenwärtig sein, dass es sich um menschliche Überreste handelt.

In der Antike wurden Leichname bei ihrer Bestattung gewaschen, geschmückt, ge- bettet und mit Beigaben versorgt. In der Antigone des Sophokles nimmt die Tragö- die bei dem Verbot der Bestattung des Polyneikes ihren Ausgangspunkt, d.h. bei der Verweigerung des „Sich Kümmerns“

um den Verstorbenen. Es geht also um die Verweigerung einer zentralen Verhaltens- norm antiker griechischer Gesellschaften.

Zugleich wirft der Blick in die Vergangen- heit die Frage auf, ob und wie die Pandemie unsere Normen erodieren lässt und wie wir die Erfahrungen von Sterben und Tod bewältigen wollen und können.

Ihre

Prof. Dr. Dr. h. c. Friederike Fless Prof. Dr. Dr. h. c. Friederike Fless

Präsidentin des Deutschen Archäologischen Instituts Foto: Kuckertz

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INHALT NACHRICHTEN

FOKUS Thanatoarchäologie – Wie untersucht man den Tod?

CULTURAL HERITAGE

Bewahren, Reparieren und Konservieren –

Ein Beispiel für „nachhaltiges Bauen“ aus dem antiken Rom

STANDPUNKT Das Deutsche Archäologische Institut – Spuren der Vergangenheit

LANDSCHAFT

Bild und Gegenbild – Die Welt der Toten im Alten Ägypten

DAS OBJEKT

Göbekli Tepe: Pfeiler 43 –

Einblick in die neolithische Vorstellungswelt

TITELTHEMA

Tod, Trauer und Trost in der Antike – Über das Leben mit den Toten

Der letzte irdische Hafen – Unter Booten zur Ruhe gebettet Fern der Heimat begraben – Phönizische und tartessische Urnengräber im Süden der Iberischen Halbinsel

Pompa funebris und Apotheose – Ein pompöses Abschiedsritual

Christliche Bestattungen in den römischen Katakomben – Grabfürsorge als Ausdruck der caritas

Friedhof vor den Toren der Stadt –

Die Gestaltung der Grabbezirke im Kerameikos Der weithin sichtbare Tod –

Die Gestaltung des Raumes mit Grabbauten IM PORTRÄT Thomas Schattner Simone Mühl

ALLTAG ARCHÄOLOGIE

Archäologie an der Karibikküste – Evakuierung aus Honduras

STANDORT Die Außenstelle Peking – Brücke nach Ostasien

PANORAMA Urban Gardening in Uruk – Eine Gartenanlage in einer Stadt aus Lehmziegeln IMPRESSUM

TITELTHEMA

TOD, TRAUER UND TROST

IN DER ANTIKE

Über das Leben mit den Toten

FOKUS

THANATOARCHÄOLOGIE

Wie untersucht man den Tod?

CULTURAL HERITAGE

BEWAHREN,

REPARIEREN UND KONSERVIEREN

LANDSCHAFT

BILD UND GEGENBILD

Die Welt der Toten im Alten Ägypten

PANORAMA

URBAN GARDENING IN URUK

Eine Gartenanlage in einer Stadt aus Lehmziegeln

10

28 38

74

20

ALLTAG ARCHÄOLOGIE

ARCHÄOLOGIE AN DER KARIBIKKÜSTE

Evakuierung aus Honduras

4 10

20

26

28

36

38

40 46 48 52 57 61

68 74

80

82

88

82

Ein Beispiel für

„nachhaltiges Bauen“

aus dem antiken Rom

INHALT

Foto: S. Seidlmeyer

Foto: N. Benecke

Zeichnung: A. Agostini, S. Linsin, J. Hardy, G. Rolvering, L. Campagna, P. Katz (2014)

Foto: arachne.dainst.org/

entity/5996678

Fotos: M. Schacht

Abb.: artefacts-berlin.de

(5)

Am 31. März erschien die App „Baalbek Reborn: Temples“, die mit- hilfe neuester Technologien rekonstruiert, wie die heutigen Ruinen in Baalbek (Libanon) in der Vergangenheit ausgesehen haben. Die virtuelle Tour ins 3. Jahrhundert n. Chr. lässt dieses Erbe wieder- auferstehen und zeigt die berühmten römischen Tempelanlagen von Baalbek, dem antiken Heliopolis.

Die virtuelle Zeitreise nach Baalbek ist das Ergebnis einer Zusam- menarbeit zwischen der libanesischen Antikenbehörde, dem Deutschen Archäologischen Institut und Flyover Zone, einem Unternehmen mit Sitz in den USA, das sich auf die Entwicklung virtueller Touren in die Antike spezialisiert hat. Die wissenschaft- liche Grundlage stellten die Expertinnen und Experten des DAI zur Verfügung, das seit 1998 an der Stätte tätig ist.

Die Geschichte Baalbeks reicht in das 8. Jahrtausend v. Chr. zu- rück. Die Tempel aus römischer Zeit gehören zu den berühmten religiösen Stätten der Antike und sind Teil des Weltkulturerbes.

Die verbliebenen sechs Säulen des Jupitertempels, den die vir- tuelle Rekonstruktion in eindrucksvoller Weise besuchbar macht, sind heute ein Wahrzeichen des Libanon.

Die Tiefe und Aktualität wissenschaftlicher Erkenntnisse, die über die App vermittelt werden, macht „Baalbek Reborn: Temples“ ein- zigartig. In der App lässt sich auswählen, ob man sich virtuell durch die heutige Ausgrabungsstätte oder durch die digitale Rekon- struktion der antiken Kultorte bewegen möchte. Der Audiotrack ist auf Arabisch, Französisch, Englisch und Deutsch verfügbar. Er liefert wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse und Erklärungen und ist für Laien wie Fachleute gleichermaßen interessant. Insge- samt gibt es 38 über die Tempelanlagen verteilte Stopps, jeweils vorgestellt von den Forscherinnen und Forschern des DAI.

Die App „Baalbek Reborn: Temples“ wurde im Rahmen eines feier- lichen Live-Events online vorgestellt. Sie läuft auf den gängigen Computern und Mobilgeräten sowie VR-Headsets. Dank einer großzügigen privaten Spende steht sie allen Nutzerinnen und Nutzern kostenlos zur Verfügung.

NACHRICHTEN

EINE VIRTUELLE REISE ZU DEN ANTIKEN TEMPELN VON BAALBEK ERMÖGLICHT DIE APP „BAALBEK REBORN: TEMPLES“.

© Flyover Zone Productions & DAI

AM 31. MÄRZ 2020 wurde die App „Baalbek Reborn: Temples“ in Anwesenheit von Vertreterinnen und Vertretern der libanesischen Regierung, der diplomatischen Vertretung der BRD, der libanesischen Antikenbehörde, der Stadt Baalbek, Flyover Zone und der Orient- Abteilung des DAI offiziell vorgestellt.

Screenshots: V. Boecker

NACHRICHTEN

Baalbek Reborn

Journal of Global Archaeology (JoGA)

Forschungsergebnisse digital und vernetzt publiziert Per App die berühmten römischen Tempel von Baalbek

als virtuelle 3D-Tour besuchen

Seit Herbst 2020 erscheint das Journal of Global Archaeology (JoGA) als Fortsetzung der Zeitschrift für Archäologie Außereuro- päischer Kulturen (ZAAK) online und open access. Mit dieser Neu- gründung setzt das DAI neue Akzente vor dem Hintergrund der sich in den letzten Jahren dynamisch entwickelnden Möglichkei- ten, wissenschaftliche Ergebnisse zu verbreiten und zu rezipieren.

JoGA erscheint digital in einer responsiven Viewer-Ausgabe, die die Beiträge crossmedial mit digitalen Informationsressourcen der iDAI.Welt verlinkt. Zusätzlich ist JoGA im pdf-Format zum Down- load verfügbar. Der freie Zugang (open access) zur Zeitschrift ga- rantiert auch im außereuropäischen Bereich den Leserinnen und Lesern uneingeschränkten und zeitnahen Zugriff auf die aktuel- len Forschungsergebnisse. Die Qualität der Artikel wird weiterhin durch ein doppelblindes Peer-review-Verfahren durch internatio- nale Fachgutachterinnen und -gutachter gesichert.

DOWNLOAD:

www.flyoverzone.com/baalbek-reborn-temples

MODERNE WISSENSCHAFTLICHE KOMMUNIKATION:

Seit 2020 erscheint die Zeitschrift JOURNAL OF GLOBAL ARCHAEOLOGY (JOGA) digital, crossmedial und frei verfügbar.

Coverbild: L. Gilabert Sansalvador, Collage (re.): B. Boyxen nach Designvorlage von T. Lemke-Mahdavi

DIE BEITRÄGE DES JOURNAL OF GLOBAL ARCHAEOLOGY lassen sich digital im modernen Viewer-Format lesen und sind mit weiteren Informationsressourcen der iDAI.welt vernetzt.

Das Journal of Global Archaeology ist hier verfügbar:

https://publications.dainst.org/journals/index.php/joga

DAS RESPONSIVE VIEWER-FORMAT, in dem das Journal of Global Archaeology erscheint, ermöglicht es, direkt auf Abbildungen, Fuß- noten, bibliografische Verweise und digitale Supplemente zuzugreifen.

Screenshot: V. Boecker

Das Journal of Global Archaeology spiegelt mit seinem Namen den weltweiten Forschungsansatz der Kommission für Archäolo- gie Außereuropäischer Kulturen (KAAK) wider. Die Zeitschrift ver- steht sich als Plattform für die Veröffentlichung archäologischer Forschung vorrangig in Afrika, Asien, Australien, Ozeanien und Amerika. JoGA bildet sowohl Berichte über Projekte und Feld- arbeiten, Material- und Fundplatzpräsentationen wie auch Über- sichtsartikel und theoretische Abhandlungen zu Archäologie und Kulturerhalt ab.

Die Journal-Artikel lassen sich auf einfache Weise über den res- ponsiven Viewer mit Forschungsdaten aus der iDAI.Welt verknüp- fen. So können beispielsweise einzelne Objekte als Vergleichs- stücke, bibliografische Verweise und Geo-Informationen aber auch digitale Supplemente wie komplexe Fund-Kataloge oder 3D-Modelle in die Beiträge eingebunden werden.

(6)

EIN ANTIKES

ORNAMENT?

NA

CHRICHTEN

Die Eurasien-Abteilung des Deutschen Archäologischen Insti- tuts und die Staatliche Ermitage in St. Petersburg und haben mit der Unterzeichnung einer „Gemeinsamen Absichtserklärung“

im Februar 2021 ihre Absicht unterstrichen, auch in Zukunft ge- meinsame Forschungen durchzuführen.

Die Staatliche Ermitage ist nicht nur eines der größten Museen Eu- ropas mit bedeutenden Sammlungen, sondern auch eine der füh- renden russischen Institutionen im Bereich der archäologischen Forschung mit zahlreichen bedeutenden Ausgrabungen. Die Eu- rasien-Abteilung des DAI und die Staatliche Ermitage pflegen seit 1997 einen regelmäßigen wissenschaftlichen Austausch und eine

kollegiale Zusammenarbeit.

Zu den gemeinsam durchgeführten Projekten gehörte ein in Ko- operation mit der Russischen Akademie der Wissenschaften orga- nisiertes und von der Alexander von Humboldt-Stiftung finanzier-

DIE STAATLICHE ERMITAGE AM UFER DER NEWA IN ST. PETERSBURG.

Die prähistorische Sammlung ist im sog. Winterpalast untergebracht.

Pedro Szekely, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons

tes Kolleg zum Thema „Der Kaukasus zwischen Osteuropa und Vorderem Orient in der Bronze- und Eisenzeit. Dialog der Kulturen, Kultur des Dialoges.“

Aktuell arbeiten Svend Hansen (Eurasien-Abteilung) und Jurij J. Piotrovskij (Staatliche Ermitage) gemeinsam mit Ernst Pernicka (Universität Tübingen/Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie, Mannheim) über die Funde von Maikop, einem Fürstengrab im westlichen Kaukasus aus der Mitte des 4. Jahrtausends v. Chr. Das Grab wurde bereits 1897 von dem St. Petersburger Orientalisten Nikolaij Veselovskij ausgegraben. Die Funde, darunter figürlich verzierte Becher und Stierfiguren aus Edelmetall, gehören zu den herausragenden Stücken der vorgeschichtlichen Sammlung der Staatlichen Ermitage.

Die Gemeinsame Absichtserklärung steht dafür, dass die erfolg- reiche und kollegiale Zusammenarbeit beider Institute auch in Zukunft fortgesetzt und vertieft werden soll.

Gemeinsame Absichtserklärung

zwischen der Eurasien-Abteilung und der Staatlichen Ermitage St. Petersburg

MIKHAIL B. PIOTROVSKIJ, DIREKTOR DER STAATLICHEN ERMITAGE IN ST. PETERSBURG

beim Unterzeichnen der Gemeinsamen Absichtserklärung mit der Eurasien-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts. Svend Hansen, Direktor der Eurasien-Abteilung, wurde aus Berlin zugeschaltet. Fotos: S. Ragina, © Staatliche Ermitage St. Petersburg

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Das Gebäude, das seit 1972 unter Denkmalschutz steht, entstand nach Plänen der Architekten Ernst Ziller und Wilhelm Dörpfeld und wurde 1888 eingeweiht. Das einige Jahre zuvor gegründete Institut in Athen zog damals in ein repräsentatives, klassizistisches Bauwerk, das seitdem mit seiner umfangreichen Fachbibliothek und seinem Veranstaltungsprogramm als Anlaufpunkt für Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt dient.

Bauherr und erster Vermieter des Hauses war Heinrich Schliemann, mit dessen Athener Wohnhaus das Institutsgebäude auch zahl- reiche bautechnische und dekorative Details verbinden – darunter auch die freitragende Marmortreppe mit ihrem Dekor aus Vögeln und floralen Motiven.

Das Haus wurde im Laufe der Jahrzehnte erweitert, umgebaut und umfassend restauriert. Es steht, wie auch die archäologi- schen Projekte der Abteilung Athen, gleichermaßen für Tradition, Kontinuität und Innovation.

NACHRICHTEN

NICHT GANZ

Die Vogelpaare zieren seit über 130 Jahren das gusseiserne Treppengeländer des Deutschen Archäologischen Instituts in Athen.

Mehr zur spannenden Geschichte des Instituts in Athen lesen Sie in der Broschüre DAI Athen – Architektur und Geschichte, die hier zum Download bereitsteht:

https://www.dainst.org/publikationen/broschueren

Zeichnung: T. Bilis Foto: L. Kouriantakis

AN DIGITALEN RUNDEN TISCHEN kamen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des DAI zusammen, um zukünftige Verbundforschungsformate zu diskutieren. Eine der Diskussions- runden organisierten die Doktorandinnen und Doktoranden des Instituts, um ihre Idee der standortübergreifenden Vernetzung der young researcher vorzustellen.

Screenshot: A. Paonessa

AUS DER ARBEIT DER FORSCHUNGSCLUSTER AM DAI ENTSTANDEN IN DEN VERGANGENEN JAHREN ZAHLREICHE PUBLIKATIONEN.

Foto: V. Boecker

Das Deutsche Archäologische Institut plant verschiedene neue Verbundforschungsformate, die das Forschungsprofil des Instituts ergänzen sollen.

Grundlage der Arbeit des DAI sind die vielfältigen Forschungs- netzwerke und Forschungskooperationen weltweit. Die neuen Formate ergänzen die Zusammenarbeit auf nationaler und inter- nationaler Ebene und stärken die interne Vernetzung.

In einem Ideenkolloquium haben die Mitarbeiterinnen und Mit- arbeiter des DAI zum Ende des vergangenen Jahres verschiede- ne Konzepte für Regionale Netzwerke, Diskussionsforen und die Weiterentwicklung bestehender Forschungscluster diskutiert.

Die Forschungscluster wurden 2006 im Rahmen des Forschungs- paktes der Bundesrepublik Deutschland eingerichtet, um zentrale Fragen der Menschheitsgeschichte zu untersuchen. Die Cluster bearbeiteten übergreifende Themen und nahmen in unterschied-

lichen Regionen unter anderem technische und gesellschaftliche Innovationen sowie politische und sakrale Räume in den Blick.

Der diachrone und räumliche Vergleich kultureller Phänomene weltweit führte zu bedeutenden neuen Erkenntnissen, die in einer eigenen Publikationsreihe veröffentlicht wurden. Seit der Gründung der Cluster haben sich neue Forschungsfelder ent- wickelt, zum Beispiel im Bereich der digitalen Archäologie und in Hinblick auf die Auswirkungen von klimatischen Veränderun- gen auf die Umwelt, in der Menschen in der Vergangenheit lebten.

Die Weiterentwicklung verschiedener Formate ist ein weiterer Bau- stein in der Vernetzung der Forschung am DAI, ebenso wie auch ge- meinsame Infrastrukturen und abteilungsübergreifende Projekte.

Über die von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des DAI ent- wickelten Konzepte wird im Mai 2021 von der Zentraldirektion entschieden.

Neue Verbund-

forschungsformate am DAI geplant

„Gemeinsam forschen – Gemeinsam diskutieren – weltweit und vernetzt“

(8)

FOKUS

FOKUS

THANATOARCHÄOLOGIE

Wie untersucht man den Tod?

uf archäologischen Ausgrabun- gen ist man oft mit den sterblichen Überresten von Toten konfrontiert.

Nekropolen und Grabbauten, Gräber- felder und Einzelbestattungen zeugen von der Gegenwärtigkeit des Todes innerhalb früherer Gemeinschaften.

Wie gingen Gesellschaften in der Vergangenheit mit ihren Toten um,

mit der eigenen Sterblichkeit, mit Trauer und Verlust?

ARCHÄOLOGIE WELTWEIT hat mit zwei Expertinnen,

Dr. phil. Kerstin P. Hofmann und Dr. med. Julia Gresky, darüber ge-

sprochen, was Gräber als archäologi- sche Quelle über das Leben verraten, wie sich Krankheiten in den Knochen abzeichnen und wieso Rituale im Umgang mit dem Tod hilfreich sein können.

A

REICH AUSGESTATTETE BESTATTUNG DER LENGYEL-KULTUR, UM 4800–4550 V. CHR., ALSÓNYÉK-BÁTASZÉK (UNGARN).

Die große Grabgrube mit den vier Pfostensetzungen bildet ein

„Totenhaus“. Dieses und über 2300 weitere Gräber werden im Rahmen eines RGK-Projekts der Forschungsstelle Budapest untersucht.

Foto: Osztás, Archeosztráda GmbH.

(9)

ARCHÄOLOGIE WELTWEIT: Frau Dr. Hofmann, Frau Dr. Gresky, wie erforscht man den Tod?

Julia Gresky: Den Tod an sich zu untersuchen, ist schwierig. In den seltensten Fällen können wir als Anthropologinnen und Anthropologen die Ursache des Todes direkt am Skelett erken- nen. Im besten Fall haben wir die Fakten, die zum Tod führten, zum Beispiel bei Schädeln, die eingeschlagen sind, oder vielleicht auch Spuren von Krankheiten, die tödlich verlaufen. Wir rekonst- ruieren also eher, was vor dem Tod passiert ist, wie die Menschen gelebt, was sie gegessen haben. Wir untersuchen aber auch, wie man mit den Toten umgegangen ist, nachdem sie gestorben sind.

Wie die Bestattung aussah, wie man den Körper behandelt hat und auch, was bis zum Ausgraben des Skelettes geschehen ist.

Dinge, die direkt mit dem Tod zu tun haben.

Kerstin Hofmann: Der biologische Tod gilt als universale Erfah- rung des menschlichen Seins und dennoch ist er für den Leben- den ein nicht nachvollziehbares Ereignis. Gerade deshalb sind der Tod und das post mortem zentrale Fragen der Menschheit. In der Auseinandersetzung mit dem Tod und der Bestattungspraxis wird daher mitunter auch ein wichtiges Kriterium des Mensch- seins gesehen. Darstellungen von Tod und Sterben ziehen sich durch die Kunstgeschichte. In den Geschichtswissenschaften wird das Thema Tod jedoch erst seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erforscht. Nicht der biologische Tod, sondern wie man mit dem Tod des Anderen und dem eigenen Tod sowie der eigenen Sterblichkeit umgeht, wurden dabei thema- tisiert. Hierbei stellte man fest, dass sich die Einstellungen und

Umgangsweisen verändern – spannenderweise nicht nur im Vergleich verschiedener Kulturen, sondern auch im historischen Verlauf. Wir untersuchen also den Umgang mit dem Tod, der Endlichkeit und Sterblichkeit, dem Verlust, den mit dem Tode einhergehenden Veränderungen von Beziehungen zwischen Menschen und den mit ihnen assoziierten Gegenständen sowie bei der Bewältigung von Krisen.

ARCHÄOLOGIE WELTWEIT: Gibt es ein Beispiel für einen solchen Wandel in der Umgangsweise mit Toten, ihren Körpern oder auch in der Betrachtungsweise des Todes?

Kerstin Hofmann: Zum Beispiel wird in der Archäologie und Anthropologie häufig untersucht, warum Leichenverbrennung oder Körperbestattung praktiziert wird. Früher hat man den Wandel von einer Praxis zur anderen häufig mit einem Religi- onswandel assoziiert. Aber es gibt ganz viele unterschiedliche Gründe, warum ein solcher Wandel stattfindet, zum Beispiel können Hygieneaspekte oder Platzmangel eine Rolle spielen. Bei der Kremation kommt es im Vergleich zu „einfacheren“ Körperbe- stattungen jedoch auch zu einer aktiveren Veränderung der dem Verfall ausgesetzten Leichname. Leichenverbrennung könnte man so als „aktive Bewältigungskompetenz“ bezeichnen; einer von mehreren Resilienzfaktoren, die laut der Psychologie bei der Auseinandersetzung mit dem Tod und Verlust helfen können.

Der französische Historiker Philippe Ariès hat in seiner „Geschichte des Todes“ wiederum zum Beispiel die Behauptung aufgestellt, dass es eine Entwicklung gibt vom natürlichen Tod zur Ausein- DR. KERSTIN P. HOFMANN

ist seit 2016 Stellvertretende Direktorin der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts in Frankfurt a. M.

Sie erforscht seit über 20 Jahren den Umgang mit dem Tod in vergangenen Gesellschaften.

Foto: privat

DR. JULIA GRESKY

arbeitet seit 2008 als Anthropologin/

Paläopathologin im Referat für Natur- wissenschaften an der Zentrale des Deutschen Archäologischen Instituts.

Sie untersucht menschliche Skelette in vielen verschiedenen Projekten des DAI von der Steinzeit bis zur Neuzeit.

Foto: privat

FOKUS

werden die Toten häufig unter den Fußböden in Häusern bestat- tet. Ich habe derartige Bestattungen auf der Grabung Ba‘ja in Jordanien und Shir in Syrien untersucht. Da stellt sich natürlich die Frage, ob die Hausgemeinschaft mit den Toten gelebt hat oder ob die Gebäude verlassen waren, als sie bestattet wurden.

In Syrien sind überwiegend Kinder in den Häusern bestattet worden, während in Jordanien auch einige Erwachsene zu finden sind. Trotzdem überwiegt die Zahl der Kinder, gerade auch der sehr kleinen. Man könnte dies nun einerseits mit einem prak- tischen Grund erklären, dass die Verwesung ausgewachsener Menschen eventuell doch das Siedlungsleben beeinträchtigen könnte und sie deswegen woanders bestattet worden sind. Oder es könnte auch auf eine besonders enge Beziehung zu den Kin- dern deuten. In Ba‘ja in Jordanien wird eine Sonderstellung der Kinder noch deutlicher: Zwei Kinder-Bestattungen sind absolut herausragend in ihren Beifunden: ein etwa achtjähriges Kind, ein- zeln bestattet mit ca. 2600 Perlen sowie verschiedenen anderen Beifunden und einer besonderen Grabanlage. Also wirklich ein Riesenaufwand für diese Kinderbestattung, ebenso auch für die zweite: Diese umfasst vier Kleinkinder, deren Knochen extrem schlecht erhalten sind, während die Beifunde aber, über tausend Perlen, sehr gut erhalten waren. Diese Kinder sind mit sehr viel Aufwand und Liebe bestattet worden. Das zeigt, dass diese Kinder in dieser Region zu dieser Zeit wichtig waren und dass ihr Tod besonders gewürdigt wurde. Durch die vielen Projekte des DAI in den verschiedenen Regionen der Welt und in unterschied- lichen Zeitperioden lassen sich die vielfältigen Bestattungsprakti- ken und der Umgang mit den Toten sehr gut vergleichen.

andersetzung mit der Frage, wie man selbst stirbt. Er hat seine Ideen vor allem anhand der französischen Gesellschaft ent- wickelt.

So stehe die ars moriendi im Spätmittelalter für die Vorbereitung auf einen sogenannten „guten eigenen Tod“. Im 18. Jahrhundert komme es zur Überhöhung des Todes der Anderen, besonders der nahen Anverwandten. Heute spricht man mit dem Soziolo- gen Geoffrey Gorer auch von der „Pornographie des Todes“ – was meint, dass die öffentliche Auseinandersetzung mit Tod und Trauer als unsittlich und unschicklich angesehen wird.

Ferner habe sich eine Funerärindustrie entwickelt, man küm- mere sich nicht mehr selbst um die Bestattung, sondern lässt dies organisieren.

Wir Archäologinnen und Archäologen, die wir weltweit forschen, sehen dies inzwischen wesentlich differenzierter. Bereits für die Ur- und Frühgeschichte sowie die Antike können wir immer wieder Veränderungen in der Praxis des Umgangs mit dem Tod und den Leichnamen oder auch der Betonung von bestimmten Aspekten nachvollziehen.

ARCHÄOLOGIE WELTWEIT: Das heißt, es geht nicht nur um die Veränderung von beispielsweise konkreten Bestattungs- praktiken, sondern auch um eine Veränderung in der Perspek- tive auf den Tod und den Umgang mit Toten. Wie lässt sich das archäologisch oder anthropologisch untersuchen?

Julia Gresky: Im präkeramischen Neolithikum in der Levante gibt es keine Friedhöfe, wie sie heute bei uns üblich sind. Stattdessen DIE BESTATTUNGEN ZWEIER KLEINKINDER

unter dem Fußboden eines Hauses in Ba‘ja, Jordanien.

Foto: Benz

AUSSERGEWÖHNLICHE BESTATTUNG eines ca. acht Jahre alten Kindes.

Mit im Grab waren 2600 Perlen.

Foto: Benz Foto: Boecker

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WO SIND ALL DIE TOTEN? Diese Frage stellen wir uns in der Archäo- logie immer wieder, da aufgrund der Bestattungspraktiken und der Erhaltungsbedingungen nicht alle Toten bewahrt sind. Das Diagramm gibt einen Überblick, in welchen Fundkontexten wir immer wieder mit dem Fund von Toten zu rechnen haben. Grafik: K. Hofmann

THANATOLOGIE als umfassende Humanwissenschaft vom Umgang mit dem Tod. Die Thanatoarchäologie trägt dabei vor allem dazu bei, den materiellen Umgang mit dem Tod in seiner Zeitlichkeit und seiner Geschichtlichkeit zu erforschen.

Grafik: K. Hofmann

Kerstin Hofmann: In meiner Dissertation habe ich systematisch den Übergang von Körper- zu Brandbestattungen im Elbe-Weser- Dreieck in der Bronze- und Frühen Eisenzeit analysiert. Dabei habe ich festgestellt, dass es sehr früh immer wieder vereinzelte Brandbestattungen gab. In der Bronzezeit gibt es dann einzelne Hinweise darauf, dass die Leute mitbekommen haben, dass die Körperbestatteten in Baumsärgen zum Teil verwest sind und dass man für den Abfluss der dabei entstehenden Flüssigkeiten Löcher in die Baumsärge gebohrt hat. Von da an kam es immer mehr zu einer sehr aktiven Transformation der Leichname. Man könnte auch sagen, der biologische Tod wurde kulturell gestaltet.

Menschen stehen immer wieder vor der Herausforderung: Wie geht man mit der Präsenz der Toten und ihrer Körper um, wo dieser doch zugleich nicht mehr reagiert und absent ist, kalt wird und dann der Verwesung ausgesetzt ist?

Auf Sizilien habe ich Kammergräber untersucht, die als Familien- gräber interpretiert wurden. Es sind in jedem Fall mehrfach genutzte Gräber, bei denen man ältere Skelette zum Teil beiseite gelegt hat. Dabei musste eventuell auch eine Auswahl getroffen werden. Das heißt, hier konfrontierte sich jemand mit dem Verfall, während in unserer heutigen Gesellschaft diese Aufgabe an das Bestattungsunternehmen und die Friedhofsverwaltung über-

Thanatoarchäologie ist meines Erachtens ein Bereich, der eng an die Gräber-Archäologie angelehnt ist, aber nicht gleichzusetzen ist mit dieser. Und Thanatoarchäologie ist bewusst sehr interdis- ziplinär und transdisziplinär gedacht.

ARCHÄOLOGIE WELTWEIT: Gräber waren stets von zentraler Bedeutung für die archäologische Erforschung der Vergan- genheit des Menschen. Wie verhält sich das Konzept der Thanatoarchäologie dazu? Ist der transdisziplinäre Ansatz, die Einbeziehung von soziologischen und psychologischen Unter- suchungsmethoden ein neuer Trend?

Kerstin Hofmann: Ich würde generell sagen, dass die Archäolo- gie sich zunehmend wieder in sehr interdisziplinären Bereichen und Großforschungsverbünden einbringt. Bereits in den frühen Jahren der archäologischen Forschung gab es ja schon die Idee, dass man Ethnologie, Anthropologie und Urgeschichte zusam- menbringt. Thanatologie kann man als umfassende Humanwis- senschaft zum Thema Tod begreifen, die alle Aspekte inklusive Psychologie, Biologie, aber eben auch Historizität und Linguistik zusammenfasst. Und ich glaube, in diesen Bereich kann sich die Archäologie noch stärker einbringen im Hinblick auf die Frage, wie der Umgang mit Tod, Trauer und Verlust auch über lange Zeiträume hinweg erfolgte und sich wandelte. Ich denke, wir als DAI haben da auch eine große Chance, weil wir durch die ver- schiedenen Archäologien und durch die verschiedenen Kulturräume, in denen wir forschen, auch unterschiedliche Perspektiven in Dialog bringen.

Julia Gresky: Die Anthropologie untersucht alle biologischen wie auch kulturellen Aspekte von Bestattungen. Auch die Erfor- schung der Vergänglichkeit, also taphonomische Untersuchun- gen an menschlichen Überresten, ist schon lange Bestandteil der Untersuchungen. Aber dieser theoretische Aspekt, diese emotio- nale Frage, das ist jetzt neu. Ich denke, es gehört unbedingt dazu tragen und dieser Bereich bewusst ausgeblendet wird. Und dann

gibt es andere Beispiele, die zeigen, dass man versuchte, durch Mumifizierung oder durch bestimmte Praktiken des Umgangs mit den Toten diesen Verfall oder die natürlich ablaufenden Prozesse zu beeinflussen und zu verändern. Wie man der Heraus- forderung der Präsenz und Absenz von Tod und Toten begegnet, kann stark variieren, aber es scheint ein großes Bedürfnis zu geben, damit im Rahmen von Übergangsriten und Bewältigungs- praktiken aktiv umzugehen.

ARCHÄOLOGIE WELTWEIT: Frau Dr. Hofmann, Sie haben in Ihrer Dissertation den Begriff „Thanatoarchäologie“ eingeführt.

Was hat es damit auf sich?

Kerstin Hofmann: Ich habe diesen Begriff eingeführt in Anleh- nung an die transdisziplinäre Thanatologie, also die Wissenschaft von Tod, Sterben, Bestattung sowie den damit verbundenen Ritualen, zu der unter anderem Soziologie, Psychologie, Pflege- wissenschaften und Medizin beitragen. Der Fokus liegt auf der Erforschung, wie zwischen Leben und Tod differenziert wird, wie sich Menschen in der Auseinandersetzung mit Tod und Sterblichkeit verhalten, welche Praktiken sie ausüben. Das heißt,

Der Begriff „Thanatologie“ ist abgeleitet von griech. thánatos (Tod) + logía (Gegenstand, Wissenschaft)

und liefert über die rein naturwissenschaftliche Untersuchung hinausgehende Informationen. Thanatoarchäologie berücksich- tigt diese wichtigen Aspekte und vereint alle Disziplinen.

ARCHÄOLOGIE WELTWEIT: Frau Dr. Gresky, wie gehen Sie als Anthropologin bei Ihren Untersuchungen vor? Was genau machen Sie, wenn Sie eine Bestattung vor sich haben?

Julia Gresky: Grundsätzlich muss man sich bei den Untersu- chungen der Knochen immer deutlich machen, dass wir es mit menschlichen Überresten zu tun haben. Das ist ein Thema, mit dem man pietätvoll und sensibel umgehen muss. Zu diesem Um- gang gibt es auch Empfehlungen, zum Beispiel vom Deutschen Museumsbund.

Wie ich an eine Bestattung herangehe, ist unterschiedlich. Bei einer Grabung in Jordanien habe ich im letzten Jahr selbst mitaus- gegraben. Das ist sehr sinnvoll, da ich gleich sehe, wie einzelne Knochen oder ganze Skelette im Grab liegen. Das ist wichtig, um eine Vorstellung von der Bestattung zu bekommen. Manchmal bekomme ich die Skelette erst zur Untersuchung, wenn sie bereits ausgegraben sind. Bei Einzelbestattungen ist das nicht so problematisch. Aber wenn es Mehrfach-Bestattungen sind, dann ist es schwieriger, sich den Kontext über die Grabungsdokumen- tation zu erschließen. Wenn ich selbst dabei bin, kann ich direkt Verfärbungen registrieren oder sehen, ob die Teile des Körpers noch miteinander verknüpft sind. Ob die verschiedenen Knochen separiert liegen, ist wichtig, weil es Hinweise auf die Art der Bestattung bietet. Daran ist ersichtlich, ob die Menschen einmalig bestattet wurden, oder ob die Körper nachträglich noch bewegt wurden. Das dokumentiere ich alles. Dann bestimme ich jeden Knochen und versuche so, eine Mindestindividuenzahl zu erhal- ten. So sortiere ich nach und nach die Knochen wieder zusammen und schaue, ob es sich um vollständige Individuen handelt oder ob wirklich nur Teile im Grab vorhanden waren. Zuletzt schaue ich nach Krankheiten, die an den Knochen erkennbar sind.

IM LABOR DER PRÄHISTORISCHEN ANTHROPOLOGIE UNTERSUCHT JULIA GRESKY KNOCHENFUNDE.

FOKUS

Foto: J. Gresky

Foto: N. Benecke

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In den vergangenen 20 Jahren haben sich die Professuren der Anthropologie an deutschen Universitäten um etwas mehr als die Hälfte reduziert. Sieben Fachstandorte sind in diesem Zeit- raum weggefallen, eine Professur wurde neu eingerichtet.

Die Arbeitsstelle Kleine Fächer hat die Entwicklung des Fachs aufbereitet und die aktuelle Situation kartiert:

https://bit.ly/33wUN9n

Die Arbeitsstelle Kleine Fächer ist eine an der Johannes Guten- berg-Universität Mainz angesiedelte Forschungseinrichtung. Den zentralen Gegenstand ihrer Untersuchungen bildet die Situation der Kleinen Fächer an deutschen Universitäten.

WIE LASSEN SICH SPUREN KÖRPERBEZOGENER PRAKTIKEN AN MENSCHLICHEN SKELETTRESTEN DOKUMENTIEREN UND INTERPRETIEREN? Antworten auf diese Fragen werden an der RGK in Zusammenarbeit mit der Historischen Anthropologie der Universität Göttingen gesucht. Dabei kommt unter anderem ein Digitalmikroskop zum Einsatz, um Schnitt-, Schabe- und Kratzspuren dreidimensional zu erfassen und auf Handlungen an menschlichen Körpern und auf mögliche Bewältigungspraktiken von Tod und Verlust rückzuschließen.

Gerade für kompliziertere Dinge, die über die Bestimmung von Alter und Geschlecht hinausgehen, ist es wichtig, die Anthropo- logie auf der Grabung dabei zu haben. Selbst mit der besten Dokumentation ist der eigene Eindruck vor Ort essentiell. Und das ist schon ein Problem, weil es zu wenige Anthropologinnen und Anthropologen gibt. Und das wird sich in den nächsten Jahren noch verschärfen.

ARCHÄOLOGIE WELTWEIT: Wieso?

Julia Gresky: In den letzten zwanzig Jahren ist das Ausbildungs- angebot im Bereich Anthropologie stark geschrumpft. Aktuell lässt sich das Fach nur an wenigen Universitäten in Deutschland studieren.

ARCHÄOLOGIE WELTWEIT: Frau Dr. Hofmann, Sie haben an- fangs den Begriff „Krise“ angesprochen. Tod und Krise liegen auf den ersten Blick nahe beieinander. Aber was hat es damit genau auf sich?

Kerstin Hofmann: Der oder die Tote kann die Krise selbst ja nicht mehr wahrnehmen. Wir Archäologinnen und Archäologen unter- suchen vor allem, wie Gemeinschaften dem Tod und Verlust des Anderen begegnen. Wobei der Begriff Krise schwierig ist, weil er letztendlich schon eine Wertigkeit transportiert. Wir gehen zwar davon aus, dass der Tod jedes Menschen irgendwie ein Verlust ist. Aber man muss bedenken, dass die Erfahrung dieses Verlustes und die Bedeutung sehr unterschiedlich sein können, je nachdem, wie bzw. wie häufig man das erlebt. Ich denke da an Epidemien, an die Intensität sozialer Beziehungen oder auch an die Vorstellungen darüber, was ein „guter“ Tod ist. Das variiert ganz stark. Aber die Idee dahinter ist auch, dass der Tod Anlass ist für eine Neuorganisation einer Gemeinschaft in bestimmten Bereichen, was natürlich immer dazu führt, dass bestimmte Rol- len und Aufgaben neu verteilt werden müssen. Dazu kommt die Trauer um die Person und die gekappten Beziehungen. Das wird je nach Gesellschaft und Gemeinschaft unterschiedlich erlebt, aber in der Psychologie wird der Tod des Anderen als ein major life event definiert. Das kann verbunden sein mit einer ganzen Menge an Bewältigung und Auseinandersetzung. Gerade, wenn der Tod unerwartet plötzlich eintritt. Für viele ist es ganz wichtig, die Ursache zu verstehen und/oder einen Verantwortlichen zu haben, um den Tod akzeptieren zu können. Und dann gibt es die große Frage: Wie trifft das die engere Verwandtschaft, die weite-

ren Sozialbeziehungen oder eben eine ganze Gemeinschaft? Und all das kann dann wiederum bei der Bestattung oder bei damit in Verbindung stehenden Ritualen von Relevanz sein.

ARCHÄOLOGIE WELTWEIT: Wie kann man sich ein solches Ritual zur Bewältigung vorstellen?

Kerstin Hofmann: In christlichen Gemeinschaften beispielswei- se gibt es regelmäßig Toten- und Erinnerungsfeiern. Es wäre sicherlich auch ein sehr spannendes Forschungsfeld, sich die Materialität und die jeweiligen Praktiken an heutigen Friedhöfen aus archäologischer, anthropologischer und sozio-psychologi- scher Perspektive anzusehen. Am Anfang wird zum Beispiel ganz häufig das Grab besucht, es gibt ganz viele bestimmte Erinne- rungen. Dann aber, je nachdem, ob man dauernd mit der Absenz des Toten konfrontiert ist, zum Beispiel im eigenen Haus, oder nur zu bestimmten Anlässen wie der typischen Familienfeier, die dann nochmal Erinnerungsanlass ist oder mit dem gemeinsamen Besuch des Grabes verbunden, ändert sich das. Es gibt gesell- schaftlich gewünschte Zeiten, wie die christlichen Feiertage im November, die Anlass zum Totengedenken sind. Und es ist auch interessant zu sehen, welche Rolle die neuen Medien spielen. Es gibt den digitalen Friedhof, der anscheinend von vielen Leuten immer mehr angenommen wird. Facebook wird mitunter zur öffentlichen Trauerbekundung genutzt. Gleichzeitig gibt es die Tendenz zum Friedwald, zum anonymen Begräbnis, weil man eben nicht mehr an einen Ort gebunden ist oder die Kinder nicht mehr da sind, die das Grab pflegen können. Das kann auch mit der Idee verbunden sein, dass Erinnern überall möglich ist und nicht an einen bestimmten Ort gebunden. Das sind gemein- schaftlich und gesellschaftlich ausgehandelte Entwicklungen, wobei zum Teil unterschiedliche Praktiken zugelassen werden.

Aber dennoch gibt es oft, insbesondere für in der Öffentlichkeit stehende Personen, bestimmte Vorstellungen und Normen, was richtig ist und was sich schickt. Diese und die praktizierten Ritu- ale ändern sich, was wir dann wiederum archäologisch über ihre Materialität erfassen können.

ARCHÄOLOGIE WELTWEIT: Es gibt also nicht die eine Bewältigungsstrategie?

Kerstin Hofmann: Richtig. Es gibt Pluralität. Und die gibt es, mei- nes Erachtens, auch zu Recht.

ARCHÄOLOGIE WELTWEIT: Welche Rückschlüsse können wir denn auf frühere Kulturen ziehen, wenn wir ihren Umgang mit ihren Toten untersuchen?

Julia Gresky: In Göbekli Tepe, Türkei, habe ich Schädel und Schä- delteile untersucht, die Ritzungen aufgewiesen haben. Sekun- däre Ritzungen, die nach dem Tod angebracht wurden, als der Knochen noch frisch war, also noch nicht brüchig, sondern noch elastisch. Da wurde das Weichgewebe entfernt und teilweise sehr tiefe Schnitte angebracht. Solche Veränderungen sind bisher nir- gendwo auf der Welt beobachtet worden und scheinen eine Art Schädelkult zu repräsentieren. Wir haben das als eine Markierung interpretiert, die anzeigte, dass diese Schädel besonders waren, also besonderen Angehörigen oder besonderen Feinden gehör- ten. Das ist ein Umgang mit den Toten, der für uns heute eher merkwürdig ist. Die Entfleischung der Toten ist im Neolithikum Anatoliens nicht unüblich gewesen, es scheint als eine gängige Möglichkeit der Totenbehandlung akzeptiert gewesen zu sein.

Und das zeigt auch, dass die Leute damals anders mit ihren Toten umgegangen sind. Wer bestattet war, war nicht zwangsläufig

„weg“, sondern konnte weiter eine Rolle in der Gemeinschaft spielen. Das Andenken konnte auf eine sehr angewandte Art be- wahrt werden. Auch die Praxis, Tote direkt unter dem Fußboden zu bestatten, ist heute schlecht vorstellbar. Aber vielleicht wäre für die damaligen Gesellschaften unsere heutige Art, mit unseren Toten umzugehen, ebenso wenig vorstellbar.

Kerstin Hofmann: Die Toten können uns etwas über das Leben verraten. Das reicht von der Analyse der Skelette, die Aufschluss bieten über die Ernährungssituation, Verletzungen oder Krank- heiten zu Lebzeiten, bis zu den Gegenständen, die mit im Grab ARCHÄOLOGIE WELTWEIT: Sie sagten zu Beginn, dass Sie

zwar relativ gut bestimmen können, was zu Lebzeiten des Individuums passiert ist, dass die Todesursache aber nicht immer bestimmbar ist?

Julia Gresky: Leider ist das so. Wenn es nicht gerade ganz deutliche Verletzungen sind wie ein eingeschlagener Schädel, der keine Spuren von Heilung aufweist, oder ein Messer zwi- schen den Rippen. Auch kleine Wunden oder ein vereiterter Zahn können zum Tod führen, aber das lässt sich anhand der knöchernen Überreste nicht immer sicher sagen. Selbst wenn ausgeprägte Krankheitsprozesse am Skelett sichtbar sind, lässt sich nicht bestimmen, ob sie die Todesursache waren oder ob es eventuell noch eine zusätzliche Lungenentzündung gab oder einen Herzinfarkt. Das ist sogar heute am Lebenden manchmal schwierig zu beurteilen. Es gibt so viele Todesursachen, und nur die wenigsten können wir am Skelett feststellen. Da haben wir unsere Grenzen.

Foto: A. Gramsch Foto: A. Gramsch

FOKUS

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FOKUS DETAILAUFNAHME DER BESTATTUNG DER LENGYEL-KULTUR AUS UNGARN, FÜR DIE EIN „TOTENHAUS“ ERRICHTET WURDE. Mit im Grab lagen Obsidian und Spondylus-Muscheln, Beile und Äxte, Gefäße und Rinderknochen.

Foto: Osztás, Archeosztráda GmbH

sind. Es gab in der Archäologie die Idee, von den Toten auf die Lebenden zu schließen, Bestattungen sozusagen als Spiegel des Lebens zu betrachten bzw. kritisch als Zerrspiegel. Mir ist beides zu passiv, weil meines Erachtens der Tod als Ereignis oft auch Anlass bietet, durch performative Akte Neues zu kreieren.

ARCHÄOLOGIE WELTWEIT: Was bekommen Menschen denn überhaupt mit ins Grab, und was sagt uns das über die Lebenden?

Kerstin Hofmann: Den Begriff „Grabbeigabe“ kann man benut- zen für einen ganz spezifischen Bereich, aber „Ich gebe etwas dem Grab bei“ setzt Intentionalität voraus. Das heißt, das, was aus Versehen ins Grab fällt oder das, was ich am Körper habe, sei- en es Prothesen oder Goldzähne zum Beispiel, oder der Ehering, der nicht abgenommen wurde, würde streng genommen nicht unter diese Definition fallen. Deswegen würde ich immer erst mal einen neutralen Begriff, wie Beifunde, verwenden und dann untersuchen, wie und warum etwas ins Grab gelangte. Und dann stellt sich oft die Frage: Für was oder wen war dies bestimmt? Ist es für das Jenseits, ist es für den Toten gedacht? Ist es ein Objekt, das ich vielleicht noch ins Grab werfe, weil es Assoziationen aus- löst, weil es einen relationalen Aspekt hat? Ich habe diese Fragen auch mit Psychologinnen und Psychologen diskutiert. Und das Spannende an der Sache ist, dass wir in der Archäologie oft ver- sucht haben, von den sogenannten Beigaben auf den sozialen Status des Bestatteten zu schließen. Wer also viele „Beigaben“

im Grab hatte, war reicher und sozial höher gestellt, wer wenig im Grab hatte, war ärmer. Das gibt aber nicht zwangsläufig die Lebensrealität wieder. Abgesehen davon, dass sich bestimmte Objekte, wie Holz, schlechter erhalten, vergessen wir dabei, dass es Objekte sind, die auch für vielfältige Beziehungen stehen kön- nen. Wenn ich beispielsweise ein bronzezeitliches Rasiermesser in einem Grab finde, kann es sein, dass dieses beigegeben wurde, weil die Familie reich war und es sich leisten konnte. Es kann aber auch sein, dass der Bestattete keinen jungen Sohn hatte, dem er es hätte vererben können, damit dieser es weiternutzt. Es kann

also auch ein Hinweis auf fehlende Beziehungen sein. Deswe- gen ist es wichtig, dass man jeweils auch daran denkt, dass die Grabausstattung Resultat komplexer Beziehungsgeflechte ist:

Es gibt einerseits den Toten, der gestorben ist, und dann die engere Verwandtschaft, Freunde und Bekannte, die in irgendei- ner Form in einen Vererbungsprozess der Gegenstände, die dem Toten gehörten oder mit ihm assoziiert werden, eingebunden ist.

Und dann gibt es andererseits die Gemeinschaft, die das auch noch mittragen können muss, dass bestimmte Gegenstände im Grab landen oder nicht, auch aus ökonomischen Gründen.

Diesen Kontext und die verschiedenen Motivationen muss man mitdenken und analytisch sehr aufpassen, welchen Terminus wir verwenden.

Mit dem Tod ändert sich auch der Wert bzw. die Wertschätzung von Dingen. Wobei es nicht nur einen Wert, den ökonomischen gibt, sondern eine Vielzahl von Werten und Bedeutungen, die wechselwirken. Genannt seien hier emotionale und symbolische Bedeutungen oder auch der Erinnerungswert von Dingen.

Tote werden oft bekleidet beigesetzt. Teile dieser Kleidung, wie zum Beispiel Knöpfe, werden dann von uns mitunter als Grabbei- gaben deklariert, obwohl man für heutige Zeiten oft behaupten würde, man habe jemandem gar keine Beigaben mit ins Grab gelegt. Nicht nur deswegen ist es meines Erachtens ganz wichtig, immer genau zu beachten, wo welche Gegenstände eigentlich im Verhältnis zum Toten im Grab lagen und dabei auch natürli- che taphonomische Prozesse zu berücksichtigen. Und deswegen bringt es für uns als Archäologinnen und Archäologen große Schwierigkeiten mit sich, wenn die Befunde durch Grabräuber oder illegale Sondengänger zerstört werden. Dann ist diese genaue Analyse nicht mehr möglich, und wir verlieren Informati- onen, um zentrale Fragen zu beantworten.

ARCHÄOLOGIE WELTWEIT: Kann die Archäologie etwas zum heutigen Umgang mit dem Tod beitragen?

Kerstin Hofmann: Ich glaube, dass der Tod und der Umgang mit dem Tod immer noch gerade in der industrialisierten Welt und

jetzt auch in der Postmoderne eine große Herausforderung sind.

Gerade auch wegen der Pluralität der Möglichkeiten fragen die Leute nach: Was soll ich eigentlich machen? Wie wurde es mal gemacht? Und was gibt es alles? Die Archäologie kann da vor al- lem zur Reflexion anregen, Topoi hinterfragen, aber auch zeigen, dass Bestattungen und Rituale dynamisch sind und dem Wandel unterliegen. Wir können zeigen, dass es viele verschiedene Prak- tiken gibt, die man in die jeweiligen Kontexte einbetten kann, und dass diese beispielsweise zu bestimmten Zeiten oder unter bestimmten Umständen häufiger oder seltener vorkommen. In einem Projekt zu Resilienzfaktoren, an dem die RGK beteiligt ist (s. Infokasten), untersuchen wir beispielsweise gemeinsam mit Psychologinnen und Psychologen, welche Faktoren im interkul- turellen Vergleich bei dem major life event Tod den Menschen halfen und helfen, und hinterfragen als Archäologinnen und Archäologen, ob und was wir anhand von Gräbern und Bestat- tungen, Ritualen oder Praktiken überhaupt nachvollziehen kön- nen. Dabei stellt sich schon jetzt heraus, dass manche abstrakten Begriffe der Resilienzforschung einiges an Übersetzungsleistung benötigen, wenn wir sie in der Archäologie anhand materieller Kultur nachweisen möchten. Wir können die Psychologie aber auch auf andere Aspekte des Umgangs mit dem Tod und seiner Materialität aufmerksam machen, die dort bisher noch keine große Rolle spielten.

Julia Gresky: Am DAI planen wir ein neues Forschungscluster zum Thema „Körper und Tod“, in dem zahlreiche Projekte und Qualifikationsarbeiten miteinander verknüpft werden sollen – DAI-weit und mit externen Partnern –, die sich interdisziplinär mit Körpern und ihrer medialen Repräsentation, mit Gräbern, dem Umgang mit dem Tod und der Rolle von Bestattungen in den und für die Gemeinschaften beschäftigen. Unser Ziel ist, ein umfassendes Verständnis zu erlangen von der Vielfalt und sozialen Bedingtheit von Körperbildern, von körperbezogenen Praktiken und insbesondere Praktiken zur Bewältigung des Todes in verschiedenen Kulturen und Gesellschaften und deren Ver- änderungen über lange Zeiträume.

RESILIENZFAKTOREN IN DIACHRONER UND INTERKULTURELLER PERSPEKTIVE – WAS MACHT DEN MENSCHEN WIDERSTANDSFÄHIG?

Seit Beginn seiner Geschichte ist der Mensch immer wieder ver- schiedenen Stress- und Krisensituationen, darunter Tod, Krankheit, Krieg und Vertreibung ausgesetzt. Unter der Leitfrage „Was macht den Menschen widerstandsfähig?“ untersucht ein interdiszipli- näres Forschungsprojekt aus Archäologie, Lebenswissenschaften und Psychologie Resilienzphänomene im diachronen und inter- kulturellen Vergleich.

Wurden archäologisch erhobene Daten bislang nicht für die Bestimmung von Stress- und Resilienzfaktoren genutzt, bil- den sie nun die Grundlage zur Erforschung der menschlichen Widerstandskraft in verschiedenen Zeiten und gesellschaftlichen Kontexten.

Mehr dazu: https://rfactors.hypotheses.org/

Für das Projekt haben sich Wissenschaftlerinnen und Wissen- schaftler der Römisch-Germanischen Kommission, des Römisch- Germanischen Zentralmuseums – Leibniz-Forschungsinstitut für Archäologie und der archäologischen Institute der Goethe- Universität Frankfurt, der Technischen Universität Darmstadt, der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie des Leibniz-Insti-

tuts für Resilienzforschung und der Institute für Psychologie der Goethe-Universität Frankfurt und der

Gutenberg-Universität Mainz zu einem Forschungsverbund im Rhein-Main- Gebiet zusammengeschlossen.

TOTENRITUALE sind Übergangsriten für die Toten, aber auch für die Lebenden und erfüllen dabei oft eher unbewusst die hier angegebenen Funktionen.

Grafik: K. Hofmann

(13)

CULTURAL HERITAGE

chon Goethe bemerkte, dass

“Rom auf Rom folgt”. Tatsächlich ist die Entwicklung Roms eine beständige Überlagerung von Zeit- schichten. Über Jahrtausende hinweg wurde zerstört, neu- und umgebaut,

erweitert, repariert und konserviert.

Die Überreste historischer Gebäude sind daher auch einzigartige Zeugnisse von gesellschaftlichen, politischen, technischen und architektonischen Langfristentwicklungen. Im Zentrum von Rom, am Largo Argentina,

beschäftigt sich ein Forschungsprojekt des DAI und der Sovrintendenza Capitolina ai Beni Culturali mit dem sogenannten Tempel A. Dieser antike Bau wurde über ein halbes Jahrtausend hinweg instandgehalten und erneuert. Die dabei angewendeten Strategien würde man mit modernen Bewertungskriterien wohl als

„nachhaltig“ bezeichnen.

CULTURAL S

HERITAGE

BEWAHREN, REPARIEREN UND KONSERVIEREN

Ein Beispiel für „nachhaltiges“ Bauen aus dem antiken Rom

DER LARGO ARGENTINA IN ROM MIT SEINEN VIER ANTIKEN TEMPELRUINEN (Tempel A markiert); im Hintergrund die Kuppel des Pantheons (2020).

Foto: S. Zink & J. Pflug

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Um 100 v. Chr. erfolgte eine Rundumerneuerung von Tempel A.

Die Tuff-Säulen und Gebälke des Gründungsbaus aus dem 3. Jahr- hundert v. Chr. wurden aber nicht etwa weggeschafft, sondern in tragbare Brocken zertrümmert. Diese wurden dann als Füllmate- rial in Fundamentgruben und Planierungen verwendet. Nur des- halb können Bauforscherinnen und Bauforscher heute das Aus- sehen des frühesten Tempels überhaupt rekonstruieren. Manche Bauteile zerkleinerte man noch weiter, um sie als Füllmaterial für das römische Gussmauerwerk (opus caementicium) zum Einsatz zu bringen. Downcycling nennt man heute den Vorgang, wenn ein Material bei der Wiederverwendung abgewertet wird.

Recycling, also die Wiederverwendung eines Materials oder eines

Bauteils für denselben Zweck, war am effizientesten. Für die monu- mentale Treppe des Neubaus von Tempel A wurden die Treppen- stufen des Vorgängerbaus sorgfältig abmontiert und in der neuen, um einiges höher gelegenen Treppe wiederverwendet. Auch die alte Cella, also der eigentliche Innenraum des Tempels, wurde in den Neubau integriert. Hier könnte hinter dem Recycling aber nicht nur ökonomisches Denken gesteckt haben. Die Treppen- stufen und die Cella waren fast schon eine Art von Reliquien. Sie waren sozusagen sakral aufgeladen und sollten daher über die Zeiten hinweg bewahrt werden, selbst wenn das Baumaterial eigentlich mittlerweile schon nicht mehr „state of the art“ war.

Mit der Methodik der Bauforschung lässt sich heute nachvollzie- hen, wie Tempel A über Jahrhunderte überleben konnte, trotz massiver sozialer, wirtschaftlicher und politischer Veränderungen.

Auch die umweltbedingten Herausforderungen waren in der An- tike erheblich. Der Tempel lag im südlichen Marsfeld, unweit des Tibers. Diese Gegend wurde immer wieder von verheerenden Feuersbrünsten heimgesucht und noch bis in die Neuzeit regel- mässig überschwemmt. Dazu kam ein sich verdichtendes städti- sches Umfeld, das neue Raumzwänge schuf und auch antike Baustellen vor neue Herausforderungen stellte. Die Überlebens- strategien für Tempel A umfassten ein geschicktes Ressourcen- management sowie Instandhaltungs- und Erneuerungskonzepte, die sich flexibel an neue Parameter anpassten.

BAUSTOFFSTRÖME, DOWNCYCLING UND RECYCLING Heute stammen unglaubliche 60% unseres Mülls aus dem Bau- wesen. Beim Abriss oder Umbau eines Gebäudes wird container- weise Bauschutt abtransportiert und neues Baumaterial heran- geschafft. Auf einer antiken römischen Baustelle versuchte man, die Baustoffströme so weit als möglich am Ort zu halten. Denn der Transport von Baumaterial war kostspielig und oft schwierig, ge- rade in den engen Gassen der Stadt Rom. Konkret bedeutete dies, auch ausgediente Baumaterialien am Bauplatz wieder zu verwer- ten. Für die Bauforschung heute ein Glück, denn somit finden sich vor Ort oftmals noch Spuren der verschiedenen Bauphasen.

BAUSCHUTT ist heute ein wachsen- des Problem. Im antiken Rom wurden Rohstoffe weitgehend am Bauplatz wiederverwendet. Foto: S. Zink

ÜBERSCHWEMMUNGEN WAREN BIS IN DAS 19. JAHRHUNDERT EINE HERAUSFORDERUNG FÜR DEN GEBÄUDEBESTAND DES MARSFELDS;

Aquarell vor 1883 von Ettore Roesler Franz (Museo di Roma, Trastevere). Abbildung: bpk / DeA Picture Library / A. Dagli Ort

IN DEN GASSEN ROMS WAR DER TRANSPORT VON BAUMATERIAL EINE HERAUSFORDERUNG.

Visualisierung: C. van Bargen

CULTURAL HERITAGE

DER ANTIKE TEMPEL A AM LARGO ARGENTINA

liegt im südlichen Marsfeld und somit in der Nähe des Tibers. Zwischen den Säulen die Überreste einer mittelalterlichen Kirche. Foto: J. Pflug

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CULTURAL HERITAGE

VERLÄNGERUNG EINES SÄULENSCHAFTS AUS TUFF (BRAUN) MIT EINEM STÜCK AUS TRAVERTIN (WEISS).

Foto: S. Zink & J. Pflug

SCHEMAZEICHNUNG DER REPARATUREN an den Säulen von Tempel A nach dem Brand von 80 n. Chr. Zeichnung: J. Pflug

Infolge des Brandes und der dadurch entstandenen Schuttschich- ten erhöhte sich auch das städtische Bodenniveau um über einen Meter. Dadurch waren nun aber die stehen gelassenen Tuffsäulen des Vorgängerbaus zu kurz. Die Lösung des antiken Architekten ist an Pragmatismus und Effizienz kaum zu übertreffen: Die Tuff- säulen wurden kurzerhand mit Travertinstücken verlängert. Da die alten Säulenbasen nun unter dem erhöhten Fußbodenniveau verschwanden, wurden einfach aus Ziegeln „fake“-Basen an die alten Säulenschäfte angeklebt. Das ganze Mischwerk verschwand dann unter einer dicken, polierten Stuckschicht mit Marmorzu- schlag, sah also letzten Endes aus wie eine prächtige Marmorsäule.

Bevor wir eine derartige Lösung als Pfusch am Bau abtun, müs- sen wir bedenken, dass dies handwerklich und technisch recht anspruchsvoll war. Einen Säulenschaft aus dem porösen Tuff im Nachhinein mit einem Stück aus dem härteren Travertin zu verlän- gern, ist keineswegs banal und erfordert einiges an technischem Wissen. Außerdem sollte man den wirtschaftlichen und politi- schen Hintergrund im Auge behalten: In der Kaiserzeit waren nicht mehr siegreiche Feldherren und andere Vertreter der römischen Elite für den Erhalt der Tempel zuständig. Das System war nun voll und ganz auf den Kaiser zugeschnitten. Die finanzielle Last war offenbar so erheblich, dass Kaiser Titus nach dem Großbrand von 80 n. Chr. gesagt haben soll: „Ich bin ruiniert.“ Die pragmati- schen Lösungen zur Wiederinstandsetzung von Tempel A müssen auch als die Reaktion auf diesen ökonomischen Druck verstanden werden.

REPARATURFÄHIGKEIT UND EFFIZIENTE ARCHITEKTONISCHE LÖSUNGEN

Reparaturfähigkeit war ein entscheidender Vorteil des Bauens mit nicht-industriell produzierten Baustoffen. Anders als ein moder- nes Gebäude aus Fertigteilen sind Bauten aus Werkstein oder Zie- gel praktisch immer reparierbar. So konnten die noch brauchba- ren Teile „weiterleben“, wie im Jahr 80 n. Chr., als Tempel A einem verheerenden Großbrand zum Opfer fiel. Die archäologischen Un- tersuchungen zeigen, dass die gesamte Front und eine Seite des Baus derart beschädigt waren, dass eine Reihe von Säulen, das darüber liegende Gebälk und das Dach erneuert werden mussten.

Beim Neubau ließ der Architekt so viele der Tuffsäulen des Vor- gängerbaus stehen wie nur möglich und ersetzte jene, die nicht zu retten waren, mit Säulen aus Travertin. Diese wurden allerdings nicht neu angefertigt, sondern waren zuvor bereits in einem anderen Bau in Verwendung gewesen.

TEMPEL A AM LARGO ARGENTINA IN ROM:

ZERTRÜMMERTE BAUTEILE DES VORGÄNGERBAUS als Füllmaterial für römisches Gussmauerwerk unter einer Travertinplatte. Foto: S. Zink

TEMPEL A AM LARGO ARGENTINA IN ROM; TREPPENSTUFEN DES SPÄTEN 3. JH. V. CHR. in Wiederverwendung für den Tempel des 1. Jh. v. Chr. Die Ziegel sind moderne Restaurierung. Foto: J. Pflug

STEPHAN ZINK

ist wissenschaftlicher Referent am Architektur- referat in Berlin. Gemeinsam mit der Archäo- login Monica Ceci und dem Bauforscher Jens Pflug forscht er seit 2018 zum Largo Argentina in Rom.

Foto: privat

„NACHHALTIGKEIT“ ALS ÜBERLEBENSSTRATEGIE

Aus heutiger Sicht erscheint das Überleben von Tempel A fast schon als eine Erfolgsgeschichte nachhaltigen Bauens. Heute gehören eine effiziente Nutzung bereits vorhandener Baustoffe und die Dauerhaftigkeit sowie die Reparaturfähigkeit von Gebäu- den zu den zentralen Kriterien für nachhaltiges Bauen. Natürlich war die antike „Nachhaltigkeit“ nicht die Folge ökologischer An- sprüche. Es ging in erster Linie um Effizienz und Wirtschaftlichkeit, also genau das, was Investoren heute oftmals von nachhaltigem Bauen abhält. Ein Grund: Als Folge industrieller Produktion ist heute Baumaterial billiger als Arbeitskraft. Es ist also günstiger, auszutauschen und wegzuwerfen als zu reparieren. In der Anti- ke war dies genau umgekehrt, aber nicht etwa, weil Sklaven zum Einsatz kamen. Die Bauausführenden im antiken Rom waren meist Generalunternehmer, sogenannte redemptores, die wieder- um Subunternehmer anheuerten. Effiziente Planung und materi- alsparendes Bauen bzw. Down- und Recycling waren Garant für deren Profitmargen. Auch wenn sich ein Sakralbau wie Tempel A nicht mit den Anforderungen an moderne Wohn- oder Nutzbau- ten vergleichen lässt, zeigt ein Blick auf die antike Baukultur uns zumindest, dass Nachhaltigkeit als Überlebensstrategie erfolg- reich sein kann.

Stephan Zink ZEICHNUNG VON DREI SÄULEN DER NORDSEITE;

NC 3 ist eine Tuffsäule des spätrepublikanischen Tempels (um 100 v. Chr.) während NC 1 bzw. 2 Reparatursäulen aus Travertin sind (um 80 n. Chr.). Die Unterschiede wurden unter einer Stuckschicht kaschiert.

Zeichnung: A. Agostini, S. Linsin, J. Hardy, G. Rolvering, L. Campagna, P. Katz (2014)

vollständig ersetzte Säule in Travertin neu angefügter

Säulenhals in Travertin

alter Säulenschaft in Tuff

neu angefügte Säulenbasis in Ziegel

Erhöhung und alte Säulenbasis in Tuff

Referenzen

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