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Bewertung einer Immoblie als geschütztes Vermögen

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SG Bayreuth, Urteil v. 07.02.2018 – S 13 AS 543/16 Titel:

Bewertung einer Immoblie als geschütztes Vermögen Normenkette:

SGB II § 7 Abs. 1 S. 1, § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Abs. 3 S. 1, § 19 Abs. 1 S. 3, § 22 Abs. 2 Leitsätze:

1. Macht die Beurteilung, ob es sich bei einer selbstgenutzten Immobilie um geschützes Vermögen handelt, eine Betrachtung der vorhandenen Wohnfläche erforderlich, kommt es auf die tatsächliche Art der Nutzung einzelner Räume nicht an. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)

2. Die Pflicht, seinen Lebensunterhalt aus zu berücksichtigendem Vermögen zu decken, verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen die Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG.

(Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz) Schlagworte:

angemessene Wohnfläche, Arbeitsuchender, Berechnung, Eigentumsgarantie, Grundsicherung, tatsächliche Wohnfläche, Wohnflächenberechnung, Wohnflächengrenze, Zulassung der Berufung, Rasenmäherbenzin, Arbeitslosengeld, Vermögensgegenstand

Rechtsmittelinstanz:

LSG München, Urteil vom 03.05.2018 – L 11 AS 251/18 NZB Fundstelle:

BeckRS 2018, 8580  

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand 1

Der Kläger begehrt 12,53 Euro für die Anschaffung von Rasenmäherbenzin.

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Der 1958 geborene Kläger erhält seit dem 26.03.2009 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).

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Der Kläger bewohnt ein 1954 errichtetes Haus mit 1.348 qm Grund, das ihm von seinen Eltern vererbt wurde. Das Haus besteht aus einem Kellergeschoß, einem Erdgeschoß, einem Dachgeschoß und einem Spitzboden. Im Kellergeschoß sind ausschließlich Zubehörräume in Form von Technik-, Lager- und Wirtschaftsräumen. Das Erdgeschoß besteht aus einem unbeheizten Windfang, einem Flur, einem WC, einem Wohnzimmer, einer Küche, einem Winterwohnzimmer und einem unbeheizten Wintergarten. Das Dachgeschoß besteht aus Diele, Bad, Küche, Schlaf- und Arbeitszimmer. Der Spitzboden ist von der Diele über eine Einschubtreppe zugängig und reiner Lagerraum.

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Der Kläger beantragte am 23.04.2016 die Übernahme der Kosten für die Anschaffung von 10 Litern Rasenmäherbenzin in Höhe von 12,53 Euro.

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Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 28.04.2016 ab und wies den hiergegen erhobenen Widerspruch mit Bescheid vom 16.06.2016 zurück.

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Der Kläger hat am 12.07.2016 Klage erhoben. Der Kläger ist der Ansicht, dass ein Mieter die Kosten für die Gartenpflege über die Nebenkosten erstattet bekäme. Er müsse als Eigentümer einem Mieter gleichgestellt werden.

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Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 28.04.2016 in der Gestalt des

Widerspruchsbescheides vom 16.06.2016 zu verurteilen, die Kosten für Rasenmäherbenzin in Höhe von 12,53 € zu erstatten.

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Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

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Der Beklagte ist der Ansicht, dass die Gartenpflege zur Erhaltung der Unterkunft nicht notwendig wäre.

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Der Rechtsstreit wurde mit den Beteiligten am 30.05.2017 erörtert. Auf die Niederschrift wird verwiesen.

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Die Kammer erhob durch Anordnung vom 28.06.2017 Beweis über die Fragen, aus wie vielen Räumen das Anwesen des Klägers besteht und welche Wohnfläche die Räume und das Anwesen insgesamt nach der Wohnflächenverordnung haben, durch Beauftragung eines Sachverständigen.

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Der Sachverständige kam in dem Gutachten vom 15.08.2017 zu dem Ergebnis, dass die Wohnfläche des Anwesens des Klägers 122,74 qm betrage. Auf das Gutachten wird verwiesen.

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Mit Schreiben vom 28.08.2017 bemängelt der Kläger, dass – die Zimmerwohnflächen falsch addiert seien,

– bei der Berechnung der Wohnfläche der Küche eine Klammer falsch gesetzt sei und die Wohnfläche somit 9,15 qm statt 12,31 qm betrage,

– die Küche im OG nur noch als Bastelu. Hobbyraum genutzt werde, – das Arbeitszimmer nicht als Wohnfläche gerechnet werden dürfe,

– der Windfang als Lagerraum genutzt und somit nicht angerechnet werden dürfe,

– der Wintergarten als Möbellager und Wäschetrockenraum genutzt und nicht angerechnet werden dürfe, – der Flur mit der Treppe verbunden sei und nicht beheizt werden könne und somit nicht zur Wohnfläche zähle,

– die Wohnfläche folglich nur 75,16 qm betrage.

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Mit Schreiben vom 21.11.2017 teilte der Gutachter mit, dass eine Rundung in Excel auf 2 Stellen erst bei der Summe vorgenommen wurde. Sofern in jeder einzelnen Berechnung gerundet würde, ergäbe sich eine Wohnfläche von 122,73 qm anstatt 122,74 qm. Die Wohnfläche der Küche sei korrekt berechnet und die Klammer korrekt gesetzt, da die 2 m Linie bei 2,22 liege und die Grundfläche bis dorthin (zwischen 1 m und 2 m) nur zur Hälfte angesetzt werde. Der Kläger wandte mit Schreiben vom 29.12.2017 ein, dass die Wohnfläche maximal die Grundfläche betragen könne. Diese belaufe sich aber auf nur ca. 11 qm. Somit könne die Wohnfläche nicht 12,31 qm betragen.

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Mit Schreiben vom 18.08.2017 bat das Gericht den Gutachterausschuss beim Landratsamt H. um Beurteilung des Verkehrswertes des klägerischen Grundstücks. Mit Schreiben vom 06.10.2017 teilte der

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Gutachterausschuss mit, dass er den Verkehrswert zum 01.01.2015 mit 37.000 Euro ermittelt habe. Auf das Gutachten des Ausschusses wird verwiesen.

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Mit Schreiben vom 09.11.2017 wandte der Kläger ein, dass

– sein Grundstück nicht an eine asphaltierte Straße grenze und nur über einen ca. 25 m langen nicht befestigten Weg zu erreichen sei,

– der Einfluss eines ehemaligen Steinbruchs nicht berücksichtigt wurde,

– ein Riss im Schuppenfundament und Bodenverwerfungen auf dem Zufahrtsweg zum Grundstück nicht berücksichtigt wurden,

– das Haus keine Bodenplatte habe, sondern zuerst Granitmauern aufgezogen und dann die Kellerböden befestigt worden seien.

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Der Gutachterausschuss teilte hierzu mit Schreiben vom 19.01.2018 mit, dass die verkehrsmäßige

Erschließung des Grundstücks gesichert sei, Erkenntnisse über einen ehemaligen Steinbruch nicht vorlägen und bei der Besichtigung vor Ort keine außergewöhnlichen Beeinträchtigungen festgestellt werden konnten, der Riss im Schuppenfundament und die Ausführung des Kellerbodens keinen Einfluss auf die

Wertermittlung hätten.

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Mit den Beteiligten wurde am 07.02.2018 mündlich verhandelt.

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Ergänzend wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe 20

Die Klage ist zulässig aber nicht begründet und somit abzuweisen.

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Streitgegenstand ist der Bescheid vom 28.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2016, mit dem der Beklagte die Übernahme der Kosten für Rasenmäherbenzin ablehnte. Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage.

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Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

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Gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II. Die Leistungen umfassen den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung, § 19 Abs.

1 Satz 3 SGB II. Gem. § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II werden auch unabweisbare Aufwendungen für

Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Leistungsberechtigt sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erwerbsfähige, hilfebedürftige Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben und das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben. Hilfebedürftig nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer

Sozialleistungen erhält.

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Gem. § 12 Abs. 1 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen.

Als Vermögen sind u.a. ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe nicht zu

berücksichtigen, § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist durch die Rechtsprechung der für die Grundsicherung für

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Arbeitsuchende zuständigen Senate des Bundessozialgerichts (BSG) dahingehend konkretisiert worden, dass die angemessene Größe eines Hausgrundstücks mit Blick auf die Gesamtwohnfläche des darauf errichteten Hauses und insoweit bundeseinheitlich nach den Wohnflächengrenzen des zum 1.1.2002 außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG), differenziert nach der Anzahl der Personen, zu bestimmen ist (stRspr: BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 3, RdNr. 21 f; BSG vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 22 RdNr. 30; zuletzt BSG vom 18.9.2014 - B 14 AS 58/13 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 24 RdNr. 18 jeweils mwN). Für Familienheime mit nur einer Wohnung, die von bis zu vier Personen bewohnt werden, sah das II. WoBauG eine

Wohnflächengrenze von 130 qm vor (§ 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 II. WoBauG). Diese

Wohnflächengrenze ist bei einer Belegung mit weniger als vier Personen um jeweils 20 qm pro Person zu reduzieren, typisierend begrenzt auf eine Belegung mit bis zu zwei Personen (vgl. nur BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 3, RdNr. 22; BSG vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 22 RdNr. 31).

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Hiervon ausgehend beträgt die Wohnflächengrenze einer angemessenen Wohnung im Fall des Klägers 90 qm, denn das Haus wird von ihm allein bewohnt. Von der Wohnflächengrenze von 130 qm nach § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 II. WoBauG ist demnach ein Abzug von 40 qm vorzunehmen.

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Die genannten Wohnflächengrenzen nach dem II. WoBauG können zwar nicht als quasi normative Größen herangezogen werden, sondern bedürfen beim Vorliegen besonderer Umstände einer Anpassung, da Entscheidungsspielraum für außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Bedarfslagen im Einzelfall bestehen bleiben muss (stRspr: BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 3, RdNr. 22; BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - RdNr. 16; BSG vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 22 RdNr. 33; vgl auch BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 10, RdNr. 26 f zur Differenzierung zwischen Eigentumswohnungen und Häusern). Insbesondere kann im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nach Art. 20 Abs. 3 GG bei einer Überschreitung der angemessenen Wohnfläche um nicht mehr als 10 vH noch von einer angemessenen Wohnfläche auszugehen sein (BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 3, RdNr. 23; vgl BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 10, RdNr. 27). Besondere Umstände solcher Art liegen hier nicht vor.

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Die Wohnfläche des Klägeranwesens beträgt 119,58 qm.

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Die tatsächliche Wohnfläche von 119,58 qm überschreitet die Wohnflächengrenze von 90 qm um mehr als 10 vH, sodass allein Gründe der Verhältnismäßigkeit eine Abweichung von den Wohnflächengrenzen nach dem II. WoBauG ebenfalls nicht rechtfertigen.

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Die Einwände des Klägers zur Wohnflächenberechnung überzeugen nicht. Sofern der Kläger vorträgt, die Küche werde als Hobbyraum, der Windfang und Wintergarten als Lagerraum genutzt und dürften daher nicht berücksichtigt werden, ist festzustellen, dass es auf die Art der Nutzung der einzelnen Räume nicht ankommt. Selbst die Nichtnutzung einzelner Zimmer könnte zu keiner anderen Beurteilung führen. Denn wenn kraft des Eigentums keine Beschränkungen hinsichtlich der Nutzung bestehen, ist stets das Haus in seiner Gesamtheit zu beurteilen und die gesamte Wohnfläche zu berücksichtigen (BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 18 RdNr. 17 mwN zur Rechtsprechung zur Arbeitslosen- und Sozialhilfe). Es ist nicht ersichtlich, wieso Arbeitszimmer, Flur und Diele bei der Wohnflächenberechnung unberücksichtigt bleiben sollten. Dem Kläger ist zuzugeben, dass die Wohnfläche der Küche offensichtlich nicht 12,31 qm betragen kann, nachdem sich nach der Grundfläche maximal eine Wohnfläche von 10,75 qm ergibt. Unter Berücksichtigung der Dachschrägen ergibt sich wohl eine Wohnfläche von 9,15 qm. Der Gutachter hat bei der Berechnung, wie der Kläger festgestellt hat, offensichtlich eine Klammer falsch gesetzt. Anlass, das Gutachten insgesamt in Zweifel zu ziehen, besteht daraufhin aber nicht.

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Folglich hat das Haus des Klägers keine angemessene Größe im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II und ist als Vermögen zu berücksichtigen.

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Der Verwertung des Grundstücks steht nicht entgegen, dass sie offensichtlich unwirtschaftlich im Sinne von

§ 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 Alt. 1 SGB II wäre. Von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung ist auszugehen, wenn der auf dem Markt erzielbare Wert in einem deutlichen Missverhältnis zum „wirklichen Wert“ oder Substanzwert steht. Bei einem Hausgrundstück oder einer Eigentumswohnung kommt eine solche Unwirtschaftlichkeit in Betracht, wenn bei einer Veräußerung nach Abzug der verkaufsbedingten Aufwendungen vom erzielten Verkaufspreis wesentlich weniger als der zum Erwerb und zur Herstellung der Immobilie aufgewendete Gesamtbetrag erzielt werden könnte; sogar gewisse Verluste können -

insbesondere unter dem Aspekt veränderter Marktpreise und des bisher in Anspruch genommenen Wohnwertes - noch als zumutbar angesehen werden (stRspr: BSG vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 234 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 4, RdNr. 40; BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 18 RdNr. 23 ff; zuletzt BSG vom 18.9.2014 - B 14 AS 58/13 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 24 RdNr. 26).

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Der Kläger musste vorliegend keine Mittel zum Erwerb des Hauses einsetzen, denn er hat es von seinen Eltern geerbt. Dem ermittelten Verkehrswert von 37.000 Euro stehen somit keine diesen Wert

übersteigenden Aufwendungen zum Erwerb des Hauses gegenüber.

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Der Verwertung des Hausgrundstücks steht auch § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II nicht entgegen, wonach als Vermögen Sachen und Rechte nicht zu berücksichtigen sind, soweit ihre Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Dieser Regelung kommt die Funktion eines

Auffangtatbestandes im Sinne einer allgemeinen Härteklausel zu, die solche atypischen Fälle erfassen soll, die nicht durch die ausdrücklich geregelten Ausnahmetatbestände des § 12 Abs. 3 S. 1 SGB II und die Absetzbeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II erfasst werden. Erforderlich für die Annahme einer besonderen Härte sind außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls, die dem Betroffenen ein eindeutig größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist gerichtlich voll überprüfbar, weil es sich ebenfalls um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt (stRspr: BSG vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 4, RdNr. 31 ff; BSG vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R - SozR 4-4200 § 12 Nr.

22 RdNr. 48 f; zuletzt BSG vom 18.9.2014 - B 14 AS 58/13 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 24 RdNr. 30).

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Solche besonderen Umstände liegen nicht vor. Keine besondere Härte folgt auch aus dem Umstand, dass trotz vieler Jahre Arbeitslosigkeit die Vermittlung in ein Arbeitsverhältnis weiterhin in Betracht kommen würde. Denn hierbei handelt es sich ebenfalls nicht um besondere Umstände, sondern um den vom Gesetz vorausgesetzten Normalfall. Allenfalls bei einem unmittelbar und sicher bevorstehendem Ausscheiden aus dem Leistungsbezug könnte in der verlangten Verwertung eine Härte zu sehen sein (vgl Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 12 RdNr. 536 mwN, Stand I/16). Für einen solchen Fall ist vorliegend indes nichts ersichtlich.

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Unter Berücksichtigung des dem Kläger zustehenden Grundfreibetrages nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 4 SGB II in Höhe von 9.150,00 Euro im streitbefangenen Zeitraum ist der Kläger nicht hilfebedürftig. Denn nach Abzug des Grundfreibetrages von dem festgestellten Verkehrswert (37.000 Euro) verbleibt ein verwertbares Vermögen von 27.850 Euro, das den Grundfreibetrag übersteigt. Einwendungen des Klägers gegen den ermittelten Verkehrswert greifen nicht durch. Insofern wird auf die ergänzende Stellungnahme des Gutachterausschusses vom 19.01.2018 verwiesen.

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Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Beklagte das Haus bisher offensichtlich als geschütztes Vermögen angesehen hat und von der Hilfebedürftigkeit ausgegangen ist. Denn die Hilfebedürftigkeit ist als Grundlage aller SGB-II-Leistungen selbst bei einer Beschränkung des Streitgegenstandes explizit festzustellen, vgl. BSG, Urteil vom 07.07.2011, Az. B 14 AS 51/10 R.

37

Die Pflicht, seinen Lebensunterhalt aus zu berücksichtigendem Vermögen zu decken verstößt auch nicht, wie der Kläger pauschal rügt, gegen höherrangiges Recht. Insbesondere ein Verstoß gegen die

Eigentumsgarantie in Art. 14 Grundgesetz (GG) liegt nicht vor. Der sachliche Schutzbereich der

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Eigentumsgarantie umfasst nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedes

vermögenswerte Recht, das die Rechtsordnung dem Einzelnen zur ausschließlichen Nutzung im eigenen Interesse zuweist. Der Schutzbereich der Eigentumsgarantie ergibt sich damit nicht allein aus der Verfassung, sondern wird durch den Gesetzgeber ausgestaltet. Der Gesetzgeber darf durch formelle Gesetze in das Eigentumsrecht in Form von Inhalts- und Schrankenbestimmungen eingreifen. Bei den Regelungen in § 9 und § 12 SGB II handelt es sich um formell rechtmäßig zustande gekommene Gesetze.

Sie sind aufgrund der Härtefallklauseln in § 9 Abs. 4 und § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II auch

verfassungskonform ausgestaltet. Ein Eingriff in das Eigentum ist unter diesen Voraussetzungen somit zulässig.

38

Nach alledem hat der Kläger keinen Anspruch auf weitere Leistungen.

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Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Erstattung der Kosten als Darlehen. Eine darlehensweise Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts kommt gemäß § 9 Abs. 4 i.V.m. § 24 Abs.

5 S. 1 SGB II in Betracht, wenn der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu

berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den Kläger eine besondere Härte bedeuten würde.

§ 24 Abs. 5 S. 1 SGB II stellt jedoch lediglich eine Überbrückungsregelung für denjenigen dar, der trotz konkreter Verwertungsbemühungen einige Zeit für die Verwertung benötigt. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Hilfebedürftigkeit und der nicht möglichen sofortigen Vermögensverwertung muss bestehen, vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.03.2016, Az. L 19 AS 1272/15, Rdnr. 74. Ein solcher Zusammenhang ist hier nicht gegeben, nachdem die Kosten bereits 2016 entstanden.

40

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

42

Die Berufung ist nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, weil der Wert des

Beschwerdegegenstandes 750,00 Euro nicht übersteigt und Gründe für eine Zulassung der Berufung nach

§ 144 Abs. 2 SGG nicht bestehen.

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