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Agrarmeteorologie. Verstehen - Modellieren - Beraten

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Academic year: 2022

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Agrarmeteorologie

Verstehen - Modellieren - Beraten

Deutscher Wetterdienst Abteilung Agrarmeteorologie Frankfurter Straße 135 63067 Offenbach/Main Tel: +49 (0) 69 / 8062 - 4408

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Impressum

Redaktion, Text und Gestaltung: Abteilung Agrarmeteorologie Fotonachweis:

DWD: 2, 5, 8 Mitte, links unten, rechts unten, 9 oben, 11 oben, 6 rechts (ah), links oben (Hans Richard Henkes), Mitte oben, 14 rechts oben, 15 oben (Jörg Rakette), 18, 19 Mitte, unten

Fotolia: 3 (Mykola Velychko), 6 links unten (Johan van Beilen) Panthermedia: 1 (chesterf), 4, 6 Mitte unten (Martina Berg) 7 oben (Gojaz Alkimson), 17 oben (Ian Lishman), 14 links oben (Günther Vigl), links unten (Alena Dvorakova), rechts unten (Ian Lishman) Perten Instruments GmbH: 9 Mitte

Pixabay: 13 oben; pxhere: 19 oben

Abbildungsnachweis: DWD (wenn nicht anders gekennzeichnet)

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Vorwort

Agrarmeteorologie - An den Schnittstellen zwischen Atmosphäre, Boden und Pflanze

Die Agrarmeteorologie ist ein Teilgebiet der Meteorologie. Sie ist die Lehre von den Wechselbezie- hungen zwischen Atmosphäre, Vegetation und Boden. Agrarmeteorologische Informationen leisten einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Landbewirtschaftung und zur Sicherung der Ernährung.

Dies begründet den gesetzlichen Auftrag an den DWD, meteorologische und klimatologische Infor- mationen für die Land- und Forstwirtschaft zur Verfügung zu stellen.

In der Landwirtschaft sind nicht nur die drei volks- wirtschaftlich bedeutsamen Produktionsfaktoren Boden, Arbeit und Kapital entscheidend. Für die land- wirtschaftliche Erzeugung kommen als weitere wich- tige Faktoren Klima, Witterung und Wetter hinzu.

Die Klimabedingungen sind mitbestimmend dafür, ob ein Standort als Acker- oder Grünland genutzt wer- den kann und somit auch, welche Kulturarten sich für den Anbau anbieten und welche Erträge und Qualitä- ten erzielt werden können. Daneben entscheiden der aktuelle Wetterverlauf und das mittelfristige Witte- rungsgeschehen darüber, welche Bewirtschaftungs- maßnahmen aktuell notwendig und sinnvoll sind. So beeinflusst das Wetter unter anderem die Saat- und Erntezeitpunkte und die Witterung in einer Anbausai- son die Ertragssituation. Ferner können extreme Wet- tereignisse wie Hagel, Starkregen, Sturm, Frost oder Dürre zu Schäden führen.

Mit Hilfe von agrarmeteorologischen Vorhersagen

und Informationen lassen sich z.B. die Zeitpunkte für die Getreide- und Hackfruchternte sowie für die Aus- bringung von Dünger und Pflanzenschutzmitteln opti- mieren. Agrarmeteorologische Daten sind auch die Grundlage für eine Vielzahl von weiteren Anschluss- modellen, die im Bereich der Land- und Forstwirt- schaft ihre Anwendung finden. Als Beispiele seien hier nur der Waldbrandgefahrenhinweis und die Informati- onen zur Bodenbefahrbarkeit angeführt.

Agrarmeteorologie ist Umweltschutz und Planungshilfe zugleich

Die Agrarmeteorologie liefert somit einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Landwirtschaft, der sowohl den Akteuren in diesem Bereich als auch der Umwelt zugutekommt. Mit wachsender Bedeutung der Präzisi- onslandwirtschaft (precision farming) und der Digita- lisierung werden die agrarmeteorologischen Informa- tionen mehr und mehr unverzichtbare Bausteine einer modernen digitalen Landwirtschaft.

Liebe Leserinnen und Leser,

der Deutsche Wetterdienst (DWD) unterstützt die Land- und Forstwirtschaft mit agrarmeteorolo- gischen Informationen. Dafür gibt es zahlreiche Gründe:

• Die Beachtung der agrarmeteorologischen Rahmenbedingungen ist eine notwendige Vorausset- zung für die umweltschonende und nachhaltige Erzeugung gesunder Lebensmittel.

• Kaum ein Wirtschaftszweig ist so von Wetter und Klima abhängig wie die Land- und Forst- wirtschaft. Das Pflanzenwachstum und letztlich die Ertragshöhe hängen entscheidend von den agrarmeteorologischen Randbedingungen Wetter, Witterung und Klima ab. So lassen sich fast 80 % der Varianz der Ernteerträge in Deutschland mit dem Wetter erklären. Die optimale Nut- zung der Wettergunst und das konsequente Vermeiden von Wetterschäden sind daher grundle- gende Voraussetzungen für eine gleichmäßige und qualitativ hochwertige landwirtschaftliche Produktion.

Rund vier Fünftel der Landoberfläche Deutschlands sind von land- oder forstwirtschaftlichen Kulturen bedeckt. Dieser große Teil der Landoberfläche übernimmt zahlreiche Funktionen, wie die Erholungs- und Schutzfunktion und hat positive Wirkungen auf das Lokalklima. Diese Funk- tionen sind nicht nur für den Bewirtschafter, sondern für die gesamte Gesellschaft von großer Bedeutung.

Unser Ziel ist es, mit der vorliegenden Broschüre einen anschaulichen Überblick über die Aktivitä- ten und Dienstleistungen des DWD im Bereich Agrarmeteorologie und über die Zusammenhänge zwischen Wetter, Witterung und Klima und dem Pflanzenwachstum zu geben.

Dr. Udo Busch

Leiter der Abteilung Agrarmeteorologie des Deutschen Wetterdienstes

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Wetter und Klima - So beeinflussen sie die Pflanzen

Neben den aus der täglichen Wettervorhersage bekannten meteorologischen Parametern wie Nie- derschlag und Lufttemperatur, spielen für das Pflanzenwachstum weitere spezielle Größen, wie beispielsweise die Bodenfeuchte oder die Verdunstung eine entscheidende Rolle.

Strahlung

Die Globalstrahlung ist die gesamte am Erdboden ankommende Sonnenstrah- lung, also die Summe aus direkter Strah- lung und diffuser Himmelsstrahlung.

Die Stärke der den Boden erreichenden Strahlung ist abhängig von der geographischen Brei- te, der Tages- sowie Jahreszeit und der Geländeform, also dem Winkel, unter dem die Strahlen auftreffen.

Die Geländeform hat im Weinanbau eine besonde- re Bedeutung, da bei einem nach Süden ausgerichte- ten Hang und größerer Hangneigung eine stärkere Erwärmung des Bodens erfolgt, welche die Güte einer Weinbergslage beeinflusst.

Neben der Bedeutung der Sonnenstrahlung als „Hei- zung“ für den Boden und die Luft, ist Strahlung im Wellenlängenbereich von ca. 0,38 - 0,74 µm für die Photosynthese notwendig. Strahlung in diesem Wel- lenlängenbereich wird daher als photosynthetisch aktive Strahlung bezeichnet.

Niederschlag

In einer bewässerungsfreien Landwirt- schaft bestimmt die Niederschlagsmen- ge das Wasserangebot für die Pflanzen.

Dabei ist nicht nur ausschlaggebend, wieviel Niederschlag fällt, sondern auch wie der Niederschlag zeitlich verteilt ist. Fällt der komplette Jahresniederschlag außerhalb der Vegeta- tionsperiode, dann steht er den Pflanzen zum Wachs- tum u.U. nicht mehr zur Verfügung, weil der Boden bis dahin ausgetrocknet ist. Kurze Starkregenereig- nisse, vor allem nach längerer Trockenheit, können dazu führen, dass ein großer Teil des Wassers direkt oberflächlich abfließt anstatt in den Boden einzusi- ckern und somit nicht für die Pflanzen nutzbar ist.

Verdunstung

Die Verdunstung kann nicht wie die Temperatur gefühlt oder wie der Nieder- schlag beobachtet werden, beeinflusst jedoch die Bodenfeuchte oder die Blatt- benetzungsdauer. Bei der Verdunstung unterscheidet man zwischen der Evaporation, der Ver- dunstung einer Wasseroberfläche oder eines Bodens (unproduktive Verdunstung) und der Transpiration, der Verdunstung durch die Spaltöffnungen der Pflan- zen (produktive Verdunstung). Beides zusammen wird als Evapotranspiration bezeichnet.

Intensive Sonneneinstrahlung, hohe Lufttemperatur, geringe relative Feuchte und starker Wind wirken sich verdunstungsfördernd aus. Eine hohe Luftfeuch- tigkeit hat hingegen einen verdunstungshemmenden Einfluss.

Bodenfeuchte

Die Bodenfeuchte ist der Wasserge- halt der oberen Bodenschicht (Infobox unten). Neben der Bodenart ist sie in starkem Maße von der Witterung (Nie- derschlag, Verdunstung, Strahlung, Tem- peratur, Luftfeuchte und Wind) und von der Wasser- entnahme durch die Wurzeln der Pflanzen abhängig.

Die Bodenfeuchte spielt bei allen Wachstumsvorgän- gen der Pflanzen eine entscheidende Rolle. Dabei ist das Wasser sowohl Baustoff der Pflanzen wie auch Transportmedium für gelöste Nährstoffe. Ferner fun- giert es als Lebensraum für Mikroorganismen und übernimmt wesentliche Funktionen bei Bodenbil- dungs- und Humusanreicherungsprozessen.

Blattbenetzung und Tau

In der Landwirtschaft sind die Blatt- benetzungsdauer und die Taubildung deshalb von Interesse, weil sie u.a. die Intensität von Pilzinfektionen beeinflus- sen. Der Grund hierfür ist, dass luftge- tragene Pilzsporen, sobald sie auf die Blattoberfläche treffen, einige Zeit benötigen, um in das Blattgewebe zu gelangen. Während dieser Zeit brauchen sie feuch- te Blätter, um vor dem Vertrocknen geschützt zu sein.

Die Dauer der Blattbenetzung hängt von verschiede- nen meteorologischen Faktoren ab, wie z.B. der zeitli- chen Niederschlagsverteilung, von Tau, Verdunstung und Luftfeuchtigkeit, der Strahlungsbilanz, der Wind- geschwindigkeit und der Temperatur.

Temperatur

Pflanzen sind nur über einem gewissen Schwellenwert der Lufttemperatur pho- tosynthetisch aktiv. Dieser liegt für vie- le Arten zwischen 5°C und 10°C Tages- mitteltemperatur. In Mitteleuropa ist aufgrund des wechselnden Sonnenstandes ein ausge- prägter Jahresgang der Temperatur vorhanden. Wäh- rend in Deutschland im Sommerhalbjahr (März bis August) die mittlere Lufttemperatur bei knapp 13°C liegt, beträgt sie im Winterhalbjahr (September bis

Februar) lediglich knapp 5°C. Nutzbare Feldkapazität

Unter der Feldkapazität versteht man die Wasser- menge, die ein wassergesättigter Boden gegen die Schwerkraft halten kann. Dieser Grenzwert stellt sich i.d.R. ca. 2 bis 3 Tage nach völliger Wasser- sättigung ein, wenn das überschüssige Wasser in den Untergrund versickert ist. Da Pflanzen nicht das gesamte Wasser, welches im Boden gehalten wird, nutzen können, versteht man unter nutzba- rer Feldkapazität (nFK) das pflanzenverfügbare Wasser.

Bodentemperatur

Die Bodentemperatur ist die Tem- peratur in verschiedenen Boden- tiefen unterhalb der Bodenober- fläche. Die Bodentemperatur beeinflusst – zusammen mit der Tageslänge – sowohl die Geschwindigkeit der Pflanzenentwicklung als auch die Vita- lität der Pflanzen. Entscheidenden Einfluss auf die Bodentemperatur haben neben dem Bodentyp und dem Gehalt an organischem Material der Bewuchs des Bodens, die Strahlungsenergie, Niederschläge und Ver- dunstungsprozesse.

Von Bodenfrost wird gesprochen, wenn die Temperatur im Erdboden unter 0°C liegt.

Wie tief der Frost in den Boden eindringt, hängt von den oben genannten Faktoren ab.

Ein gefrorener Boden behindert nicht nur die Wasseraufnahme von Pflanzen, sondern auch die Aufnahme von Dünger. Daher ist das Aus- bringen von stickstoff- und phosphathaltigen Düngemitteln auf gefrorenem Boden untersagt.

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Pflanzen und Tiere reagieren sensibel auf Umweltein- flüsse, vor allem auf die aktuelle Witterung sowie auf langfristige Schwankungen des Klimas. Die Phänolo- gie beschreibt im Jahresverlauf periodisch wiederkeh- rende Erscheinungen in der Natur wie beispielsweise das Aufblühen einer Pflanze, deren Fruchtreife oder den Brutbeginn von Vögeln. Gerade Pflanzen eignen sich gut als sensitiver Bioindikator für Klima- und Umweltveränderungen, da ihre Entwicklung direkt von sich verändernden Umweltbedingungen beein- flusst wird. In den gemäßigten Breiten sind die Pflan- zen in ihrer Vegetationsrhythmik – Wachstumsperiode im Frühling und Sommer und Ruheperiode im Winter – an den jahreszeitlichen Wechsel ihrer Umweltbedin- gungen angepasst.

Um phänologische Entwicklungen von Pflanzen räum- lich und zeitlich verfolgen zu können, betreibt der Deutsche Wetterdienst ein phänologisches Beobach- tungsnetz. Die meist ehrenamtlichen Beobachterin- nen und Beobachter notieren bis zu 168 phänologi- sche Phasen an 48 Pflanzenarten. Darunter befinden sich viele landwirtschaftliche Kulturpflanzen. Diese Daten gehen in die agrarmeteorologische Beratung des DWD ein und fungieren u.a. als Start- und Steue- rungswerte für agrarmeteorologische Modelle.

Phänologie - Was uns Pflanzen über das Klima erzählen

Die Witterungs- und Klimaverhältnisse beeinflussen Wachstum und Entwicklung von Pflanzen. Die Wissenschaft, die sich damit beschäftigt, ist die Phänologie (griech.: „Lehre von den Erscheinun- gen“). Daten pflanzenphänologischer Beobachtungen zählen zu den wertvollsten Anzeigern von Veränderungen in den Umweltbedingungen und werden vom Deutschen Wetterdienst seit Mitte des letzten Jahrhunderts systematisch erhoben.

Als Vegetationsperiode wird der Zeitraum eines Jah- res bezeichnet, in dem die Pflanzen photosynthetisch aktiv sind, d.h. wachsen, blühen und fruchten. Als Beginn der Wachstumszeit wird im Allgemeinen der Abschnitt des Jahres definiert, in dem das Tagesmit- tel der Lufttemperatur mindestens 5°C (für verschie- dene Pflanzen auch 10°C) beträgt. Seit einigen Jahren

werden jedoch phänologische Phase wildwachsender Pflanzen für die Festlegung der Vegetationsperiode genutzt. Sie beginnt mit der Blüte der Forsythie und endet mit dem Blattfall der Stiel-Eiche. Die Periode außerhalb dieser Zeit wird

als Vegetationsruhe bezeichnet.

Phänologische Uhr

Vergleicht man die Zeiträume 1961 bis 1990 und 1991 bis 2017 anhand einer sogenannten „Phänologischen Doppeluhr“ für Deutschland (Abbildung oben) zeigt sich, dass sich die Vegetationsperiode im Mittel um 17 Tage verlängert hat. Ursache ist neben einer Verlänge- rung des Herbstes vor allem ein früherer Beginn des

Frühlings. Was für manche Kulturen eine zeitige Aus- saat und damit eine potenziell frühere Ernte ermög- licht, birgt z.B. für Obstbauern einige Risiken. Zum Beispiel steigt mit dem sich verfrühenden Vegetations- beginn die Wahrscheinlichkeit, dass frostempfindliche Pflanzenphasen (wie die Blüte) häufiger in spätfrostge- fährdeteren Zeiträumen auftreten.

▲ Vier der insgesamt zehn Zeigerpflanzen, die jeweils den Beginn der phänologischen Jahreszeiten bestimmen: Forsythienblüte (Erst- frühling), Apfelblüte (Vollfrühling), Früchte und Blattfall der Stiel- Eiche (Vollherbst und Winter)

Jan.

Feb.

Mrz.

Apr.

Mai Juni Aug.Juli

Sep.

Okt.

Nov.Dez.

40

31

30 44 23

22 27 27

18 35

31

30 42 21

27 21 19

19

1961 - 1990: 120 Tage

VORFRÜHLING Hasel (Blüte)

ERSTFRÜHLING Forsythie (Blüte)

VOLLFRÜHLING Apfel (Blüte)

FRÜHSOMMER

Schwarzer Holunder (Blüte) HOCHSOMMER

Sommer-Linde (Blüte) SPÄTSOMMER

Apfel, frühreifend (Früchte) FRÜHHERBST

Schwarzer Holunder (Früchte) VOLLHERBST Stiel-Eiche (Früchte)

SPÄTHERBST Stiel-Eiche (Blattverfärbung)

WINTER Stiel-Eiche (Blattfall)

1961-1990 extrapoliert

1991 - 2017: 103 Tage

Aktuell melden in Deutschland

1200 meist ehrenamtliche Beobachter*innen ihre Daten an den Deutschen Wetterdienst.

Dauerhaft werden weitere Naturliebhaber*innen für diese Aufgabe gesucht.

Bei Interesse schreiben Sie uns bitte eine E-Mail an phaenologie@dwd.de oder rufen Sie uns an unter:

069 / 8062 – 2946.

Weitere Informationen finden Sie im Internet unter:

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Agrarmeteorologische Forschung - Es gibt noch viel zu entdecken

Noch immer gibt es Wechselwirkungen zwischen Boden, Vegetation und Atmosphäre, die nicht bis ins letzte Detail verstanden sind. Ziel der agrarmeteorologischen Forschung ist es daher, diese Wechselwirkungen experimentell zu untersuchen und in mathematisch-physikalischen Modellen wissenschaftlich zu beschreiben. Eine große Bedeutung hat hierbei die Messung der einzelnen agrarmeteorologisch relevanten Parameter. Hierzu gibt es beim Deutschen Wetterdienst eine Vielzahl an Messeinrichtungen und Versuchen, welche überwiegend am Zentrum für Agrarmeteo- rologische Forschung (ZAMF) in Braunschweig durchgeführt werden.

Freilandmessungen

Die Abteilung Agrarmeteorologie führt sowohl auf ihren Versuchsflächen in Braunschweig und Weihen- stephan als auch im Rahmen von Kooperationen und Projekten an weiteren Standorten in Deutschland Messungen im Freiland durch. Besondere Bedeutung haben hierbei Untersuchungen zum Bestandsklima und zum Wasserhaushalt landwirtschaftlicher Kultu- ren.

Ein in der Agrarmeteorologie verwendetes Gerät zur Bestimmung von Niederschlagsmenge, Verdunstung und Versickerungsrate ist beispielsweise das Lysi- meter. Dabei handelt es sich um ein ebenerdig in den Boden eingelassenes Gefäß, das mit dem Boden der Umgebung befüllt ist und in der Regel mit dersel- ben Kultur wie die Umgebung bepflanzt wird. Dieses Gefäß wird kontinuierlich gewogen, wobei auch das Sickerwasser registriert wird. Durch die Gewichtsän- derung kann die Wassermenge bestimmt werden, die entweder durch Niederschlag dem Gefäß zugeführt wird oder durch Verdunstung und Versickerung dem Gefäß entweicht. Am ZAMF verfügt der DWD über zwei sogenannte Großlysimeter.

Laboruntersuchungen

Auch wenn die meisten für die Agrarmeteorologie wichtigen Größen im Freiland erhoben werden, so sind ergänzende Untersuchungen im Labor unter anderem für die Bestimmung von Bodeneigenschaf- ten, der Qualität von Getreide oder für phytopatholo- gische Untersuchungen in der agrarmeteorologischen Forschung unerlässlich.

Die Abteilung Agrarmeteorologie des DWD betreibt an ihrem Zentrum für Agrarmeteorologische For- schung in Braunschweig ein Labor, in dem Bodenkar- dinalwerte wie Wasserspannungskurve, Dichte und

Forschungsschwerpunkte

Neben den Untersuchungen zum Bestandsklima und dem Wasserhaushalt landwirtschaftlicher Kulturen kommt der Abschätzung der Auswirkungen von Kli- maänderungen in der Abteilung Agrarmeteorologie eine große Bedeutung zu. Hierfür werden die Ergeb- nisse von Klimaprojektionsrechnungen als Eingangs- daten für die Wirkmodelle genutzt.

Die Wissenschaftler der Abteilung Agrarmeteorologie des DWD arbeiten zudem an einer besseren räumli- chen Auflösung der agrarmeteorologischen Wirkmo- delle und an einer Verlängerung des Vorhersageho- rizontes für bestimmte Ereignisse wie zum Beispiel Dürren auf bis zu 4 Wochen. Bei der Verbesserung der räumlichen Auflösung geht es im Wesentlichen dar- um, die Modellergebnisse, welche bisher für Stationen berechnet werden, in Zukunft für ein feinmaschiges Raster zur Verfügung zu stellen.

Spezialuntersuchungen am ZAMF in Braunschweig befassen sich unter anderem mit der Feuchtedynamik der Bodenstreu. Diese spielt bei der Entstehung und Ausbreitung von Waldbränden eine große Rolle. Die- se Untersuchungen tragen zur Weiterentwicklung der Waldbrandgefahrenmodelle bei.

Modellentwicklung

Die im Freiland und Labor gewonnen Daten helfen die Wechselwirkungen zwischen Boden, Vegetation und Atmosphäre zu verstehen und in Computer-Modellen abzubilden. Solche Wirkmodelle sind dann auch Basis für die agrarmeteorologische Beratung des DWD.

Mehr Informationen rund um das Thema Agrarme- teorologie finden Sie in einer gemeinsamen Veröffent- lichung von DWD, BMEL und dem Bundesinformati- onszentrum Landwirtschaft. Download unter:

https://ble-medienservice.de Porenvolumen von Böden bestimmt werden können.

Sie werden zur genauen Modellierung der Boden- feuchte benötigt.

Des Weiteren verfügt das Labor in Braunschweig über ein Viskosimeter zur Bestimmung der Fallzahl, einer Komponente der Backqualität von Getreide (Infobox unten). Eine automatische, programmierbare Mik- roskopiervorrichtung ermöglicht die Analyse von bestimmten Krankheitserregern bei Pflanzen, wie zum Beispiel von Pilzsporen.

▶ Lysimeter am ZAMF in Braunschweig ▲ Mittägliche Thermografieaufnahme der Oberflächentemperatur eines Spargelbeetes

Fallzahl

Die Fallzahl ist ein Qualitätsmerkmal von Brotge- treide. Sie kann auch als Verkleisterungsfähigkeit oder Maß für die Stärkebeschaffenheit bezeichnet werden. Witterungseinflüsse während der Vegeta- tionsperiode beeinflussen über die Enzymaktivität den Stärkegehalt und damit auch die Backqualität von Brotgetreide. Die Fallzahl gibt die Zeit an, die ein Stab des Rührviskosimeters für das Zurückle- gen einer bestimmten Strecke innerhalb einer hei- ßen Wasser-Mehl-Suspension benötigt. Optima- le Werte für Weizenmehl liegen zwischen 240 und 280 s.

Insbesondere in niederschlagsreichen Ernteperio- den sinkt die Fallzahl zügig nach der Druschreife.

Mittels einer Aussage zum Fallzahlverhalten kön- nen den Landwirten Hinweise gegeben werden, bis wann sich ein Drusch mit vergleichsweise hohen Fallzahlen bei einer eventuellen Nachtrocknungs- notwendigkeit lohnt, bevor die Fallzahl zu stark absinkt und das Getreide dann nicht mehr in einer

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Das Softwarepaket AMBER (AgrarMeteorologische BERatung) wurde am Zentrum für Agrarmeteorolo- gische Forschung in Braunschweig entwickelt. Die in AMBER enthaltenen Modelle wurden in langen Ver- suchsreihen verifiziert. Der Kern von AMBER besteht aus zwei physikalisch-mathematischen Modellen zur

Berechnung der bestands- und bodenklimatischen Bedingungen: AMBAV und BEKLIMA. Durch die Kopp- lung an die Wettervorhersage können damit wichtige agrarmeteorologische Größen für mehrere Tage vor- hergesagt werden.

Eine flächendeckende messtechnische Bestim- mung des Bestands- und Bodenklimas für die Viel- zahl unterschiedlichster Bestands- und Bodenarten in Deutschland würde einen nicht zu bewältigen- den Messaufwand erfordern. Daher ist es zweckmä- ßig, Bestands- und Bodenklima durch ein Modell zu bestimmen.

Durch die Verwendung von Ergebnissen der numeri- schen Wettervorhersagen als Eingangsgrößen wer- den auch Vorhersagen des Bestands- und Bodenklimas möglich. Darüber hinaus können unterschiedlichste

Szenarien beispielsweise für veränderte Witterungs- bedingungen, Anbaumethoden sowie Pflanzen- und Bodeneigenschaften gerechnet werden.

Für über 500 Messstationen erfolgen ganzjährig AMBER-Berechnungen für unterschiedliche Pflanzen- und Bodenarten. Die Ergebnisse fließen einerseits direkt in die Beratung ein und werden andererseits als Eingangsgrößen für phytopathologische Model- le oder zur Berechnung witterungsbedingter Ammo- niakverluste bei der oberirdischen Gülleausbringung benutzt.

Agrarmeteorologische Modelle - Von der Wettervorhersage zur Blattbenetzung

Die mikrometeorologischen Bedingungen innerhalb eines Pflanzenbestandes, wie die Temperatur und Feuchte, haben Einfluss auf das Wachstum und die Gesundheit der Pflanzen. Daher modelliert der DWD mit seinem Softwarepaket AMBER diese Bedingungen.

Strahlungsabsorption Modellausgabe

Bodentemperaturen Bodenevaporation Oberflächentemperaturen Blattbenetzung Bestandsklima Transpiration Strahlungstransmission

Auftauschicht Wasserflüsse Bodenwassergehalt Lufttemperatur

Strahlung Niederschlag Windgeschwindigkeit Luftfeuchte Wetterdaten

Pflanzenart

Phänologische Phase Blattflächenindex Blatthaltung Pflanzenhöhe Steuerungsgrößen

Optische Eigenschaften

Niederschlagsinterzeption

▶ Das Modell BEKLIMA (Bestands- und Boden- klima) simuliert neben Energie- und Wasser- haushalt von Pflanzenbeständen und Böden auch den Gefrierprozess im Boden. Außer den aktuellen meteorologischen Bedingungen haben die Art und der Entwicklungsstand des Bewuchses, die Art und Beschaffenheit des Bodens sowie die Witterungsgeschichte jeweils wesentlichen Einfluss auf das Bestands- und Bodenklima. Modellergebnisse zu Blattbenet- zung, Temperatur und Feuchte im Bestand und in unterschiedlichen Bodentiefen dienen als Eingangsvariablen für zahlreiche Folgemodelle.

▶ Das Modell AMBAV (Agrarmeteorologisches Modell zur Berechnung der Aktuellen Verduns- tung) bestimmt den Wasserverbrauch von Agrarökosystemen (Transpiration, Boden- und Interzeptionsverdunstung) sowie die Boden- feuchte im Wurzelraum. Der Bodentyp, die Wurzelverteilung sowie pflanzenphysiologi- sche und phänologische Parameter liegen den Berechnungen zugrunde.

Neben dem Einsatz in der agrarmeteorologi- schen Beratung gestattet AMBER das Verrech- nen langer Zeitreihen und dient daher auch der agrarklimatologischen Charakterisierung verschiedener Regionen. Ermöglicht wird hiermit eine rasche Bewertung der aktuell vorherrschenden Situation im Vergleich zum langjährigen Mittel. Fer- ner sind Aussagen im klimatologischen Maßstab zur Anbauwürdigkeit von Kulturen, zu Ernterisiken und zu anderen agrarmeteorologischen Fragestellungen möglich.

◀ Eine Möglichkeit zur Bestimmung des Zeitpunkts des Vegetations- beginns ist der Austrieb der Stachelbeere. In Deutschland ist eine Verfrühung in den letzten Jahren beobachtet worden. Dieser Trend wird auch von allen Klimamodellen simuliert.

Niederschlag Evapotranspiration

Konvektion Grenzschicht

Xylem Stomata

Wurzel

Boden Interzeptions-

speicher durchtropfender Niederschlag Stammabfluss Oberflächenspeicherung

Sickerwasser

Interzeptions- verdunstung

Kapillarer Aufstieg

Transpiration

Bodenevaporation Oberflächenabfluss

60 70 80 90 100 110 120

1961 1971 1981 1991 2001 2011 2021 2031 2041 2051 2061 2071 2081 2091 Der Vegetationsbeginn in Deutschland

Tage seit Jahresbeginn

20. April Spätester Beginn

11. März Frühester Beginn

Beobachtungen Gleitendes Mittel Klimamodelle

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Von der Vergangenheit in die Zukunft - Wettervorhersagen bis Klimaprojektionen

Der Entwicklungsstand der Vegetation ist nicht nur von den aktuellen Wetterbedingungen abhän- gig, sondern auch von der Witterung der vergangenen Wochen oder Monate. Landwirte benötigen für die Planung ihrer Arbeiten zuverlässige Informationen über die Wetterentwicklung der nächs- ten Stunden und Tage. Gute Vorhersagen über mehrere Wochen könnten zum Beispiel helfen, Dün- ge- und Pflanzenschutzmittel effektiver einzusetzen. Vorhersagen über eine ganze Vegetationspe- riode wären für die Anbauplanung sehr hilfreich. Die Anforderungen aus Sicht der Landwirte an die Wetter- bzw. Witterungsvorhersage decken somit eine lange Zeitskala ab. Allerdings nehmen die Unsicherheiten mit zunehmenden Vorhersagezeiträumen stark zu.

Am Anfang stehen die Wetterbeobachtungen Um verstehen zu können, wie das Wetter- und Klima- system funktioniert, muss man es beobachten. Dafür werden ein raumdeckendes Beobachtungssystem und lange Zeitreihen meteorologischer Messdaten benö- tigt. Der Deutsche Wetterdienst betreibt das dichtes- te meteorologische und klimatologische Messnetz in Deutschland.

Der Schwerpunkt der DWD-Messungen liegt auf der Erfassung atmosphärischer Parameter wie z.B. Luft- temperatur, Niederschlag, Wind, Luftdruck, Strahlung und Sonnenscheindauer. Die Abteilung Agrarmeteo- rologie des DWD betreibt zudem ein phänologisches Beobachtungsnetz, welches wichtige Informationen zum Entwicklungsstand der Pflanzen liefert. Bodenge- stützte Messungen und Beobachtungen werden durch Flugzeugmessungen und Schiffsmessstellen sowie durch Radar- und Satelliteninformationen ergänzt.

dieser Kette stehen weltweite Beobachtungen der Atmosphäre und Ozeane. Diese Beobachtungen sind zur Ermittlung des Anfangszustandes notwendig.

Die numerischen Wettervorhersagemodelle berech- nen dann ausgehend vom Anfangszustand die weitere Wetterentwicklung. Diese Modelle basieren auf phy- sikalischen Gesetzmäßigkeiten und werden für ein dreidimensionales räumliches Gitter berechnet. Eine wesentliche Kenngröße ist dabei die Maschenweite des Gitters. Je kleiner die Maschenweite, desto detail- lierter kann das Wettervorhersagemodell den Erd- boden und atmosphärische Strukturen erfassen. Der Abstand der Gitterpunkte in der Vertikalen variiert von wenigen Metern in Bodennähe bis zu mehreren Hundert Metern für die oberen Modellschichten.

Wie wird das Wetter in den nächsten Tagen?

Der zeitliche Vorhersagehorizont von Wetterprogno- sen reicht heute bis zu 15 Tage in die Zukunft.

Bei Vorhersagen für die nächsten Minuten bis wenigen Stunden geht es darum, kleinräumige Strukturen wie z.B. Starkregen oder Hagel zu erfassen und mit guter Genauigkeit vorherzusagen. Vorhersagen auf dieser Zeitskala werden mit sogenannten Nowcasting-Ver- fahren erstellt. Hierfür sind neben stationsbezogenen Beobachtungsdaten auch zeitlich und räumlich hoch- aufgelöste Radar- und Satelliteninformationen von Bedeutung.

Wettervorhersagen für die nächsten Tage sind das Ergebnis einer aufwändigen Prozesskette. Am Anfang

Kann man das Wetter für die kommenden Wochen oder Monate vorhersagen?

Witterungs- und Klimavorhersagen berechnen die Entwicklung der Witterung der nächsten Wochen und Monate bzw. des Klimas in der Zukunft für Zeiträume bis zu Dekaden (10-Jahres-Zeiträumen). Aufgrund des langen Vorhersagezeitraums sind sie mit deutlich grö- ßeren Unsicherheiten behaftet als die Wettervorher- sagen für die nächsten Tage. Daher können aus ihnen allenfalls Trends abgeleitet werden.

Für die Erstellung solcher Vorhersagen wird nicht nur ein Modell für die Atmosphäre verwendet, sondern es werden alle Komponenten des Klimasystems model- liert. Erst im Zusammenspiel von Atmosphäre, Land, Ozean und Meereis ist es möglich, Aussagen auf länge- ren Zeitskalen zu treffen. Land, Ozeane und Meereis

können Energie aus der Atmosphäre aufnehmen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder abgeben. Sie bil- den somit gewissermaßen eine Art Gedächtnis für die Atmosphäre.

Die Genauigkeit der Witterungs- und Klimaprognosen hängt zum einen von der Vorhersagbarkeit der Pro- zesse in einem chaotischen Klimasystem ab und wird zum anderen durch die Unschärfe der Anfangsbedin- gungen, der vereinfachten Darstellung der Prozesse im Modell und dem trotz aller Forschungsbemühun- gen immer noch unvollständigen Prozessverständnis bestimmt. Durch mehrfache Variation der Anfangs- bedingungen wird ein Ensemble von Vorhersagen erzeugt, mit dessen Hilfe Wahrscheinlichkeitsaus- sagen über den Trend der Witterung und des Klimas abgeleitet werden können (Abbildung auf Seite 12).

▼ 10-Tage-Ensemble-Vorhersage der Temperatur in 850 hPa

Vorhersagegenauigkeit

Jede Vorhersage enthält eine möglichst gute Beschreibung des zukünftigen Wetters, aber auch Unsicher- heiten, die mit der Zunahme des Vorhersagezeitraums wachsen. Die Unsicherheiten beruhen auf folgenden Faktoren:

• Die Beobachtungsdaten, welche die Anfangswerte für die Modelle liefern, sind nicht flächendeckend vorhanden, stammen von unterschiedlichen Messverfahren und sind selbst mit Fehlern behaftet.

• Die Gleichungen, welche die atmosphärischen Prozesse beschreiben, weisen die Atmosphäre als ein nichtlineares System aus. Geringe Änderungen der Anfangsbedingungen können voneinander stark abweichende Endergebnisse zur Folge haben. Dies nennt man auch das chaotische Verhalten der Atmo- sphäre.

• Die Computer sowie die numerischen Modelle für Wetter- und Klimavorhersagen arbeiten mit Vereinfa- chungen der Gleichungen und müssen damit immer kleine Fehler in Kauf nehmen.

• Die physikalischen Prozesse in Atmosphäre, Land, Ozean und Meereis können oft ebenso nur verein-

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Spätfrost

Frost nach Beginn der Vegetationsperiode (Spätfrost) führt zu Schädigungen der Pflanzen und kann grund- sätzlich alle Kulturen betreffen. Allerdings weisen die Kulturen unterschiedliche Spätfrosttoleranzen auf. Besonders sensitiv reagieren Reben, bei denen nach dem Austrieb die ersten Blätter in Mitleiden- schaft gezogen werden, sowie Obst während der Blü- tezeit auf Frost. 2017 wurde das besonders drastisch sichtbar: Nach einem milden Start in das Frühjahr und einem sehr frühen Vegetationsbeginn führten die Frostnächte am 20. und 24. April zu erheblichen Schä- den im Obst- und Weinbau.

Trockenheit

Sinkt der Bodenwassergehalt unter einen kritischen Wert, ist die Versorgung der Pflanzen mit Wasser und Nährstoffen nicht ausreichend gewährleistet. Zum Beispiel führte im Jahr 2018 die in einigen Regionen Deutschlands ungewöhnliche Trockenheit im Frühling und Sommer in Kombination mit überdurchschnittli- chen Temperaturen bei vielen Ackerkulturen zu hohen Ertragseinbußen. Die Toleranz gegenüber Trocken- stress ist von der Kultur abhängig. So reagieren flach- wurzelnde Pflanzen sehr sensitiv auf geringe Boden- feuchtewerte, während tiefer wurzelnde Pflanzen weniger empfindlich sind.

Nässe

In der Landwirtschaft spricht man von extremer Nässe, wenn die nutzbare Feldkapazität (nFK) in der Bodenschicht bis 60 cm mehr als 100 % beträgt.

Ausgedehnte Nässeperioden mit wassergesättigtem Boden stellen für die Landwirtschaft in zweierlei Hin- sicht ein Problem dar: Zum einen leiden die Pflanzen unter Sauerstoffmangel, zum anderen ist die Boden- befahrbarkeit eingeschränkt, was Aussaat, Pflanzen- schutz und Ernte einschränkt.

Hitze

Nicht nur Menschen, sondern auch Pflanzen leiden unter Hitzestress. Kurzfristige Temperaturanstie- ge auf über 30°C können beispielsweise beim Getrei- de während der Blüte und des Ährenschiebens zu einem starken Rückgang der Kornzahl führen. In der Kornfüllungsphase bewirkt Hitze eine Entwicklungs- beschleunigung und kann sich u.U. negativ auf die Kornqualität auswirken. Bei manchen Obstsorten wie Äpfeln oder Trauben, aber auch bestimmten Feldkul- turen, kann eine Kombination von hohen Temperatu- ren und starker Sonneneinstrahlung zu Sonnenbrand führen.

Extremwetterlagen - zu kalt, zu warm, zu trocken, zu nass...

Zusammenarbeit mit starken Partnern - Gemeinsam schneller ans Ziel

Gerade interdisziplinäre Fragestellungen, zu denen der Themenkomplex der Wechselwirkungen von Wetter, Witterung und Klima auf die Land- und Forstwirtschaft gehört, können nicht durch eine einzige Institution umfassend beantwortet werden. Daher ist es wichtig, dass Partner mit unterschiedlichen Wissensschwerpunkten zusammen an diesen Fragen arbeiten.

Viele Forschungsarbeiten der Abteilung Agrarmete- orologie des Deutschen Wetterdienstes erfolgen im Rahmen von Verbundprojekten. Beteiligt daran sind oft das Thünen-Institut (TI) und das Julius-Kühn-Ins- titut (JKI), zwei Ressortforschungseinrichtungen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirt- schaft (BMEL). Erleichtert wird diese Zusammen- arbeit durch die räumliche Nähe des Zentrums für Agrarmeteorologische Forschung des DWD (ZAMF) und der oben genannten Institute und deren Ver- suchseinrichtungen auf demselben Campus in Braun- schweig. Daneben gibt es u.a. eine intensive Zusam- menarbeit im Bereich Agrarmeteorologie mit einigen Bundesländern und Universitäten sowie mit der Bun- desanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), einer nachgeordneten Behörde des Bundesmi- nisteriums für Wirtschaft und Energie (BMWi).

Um der Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Meteorologie einen Rahmen zu geben, unter- zeichneten 2013 das für den DWD zuständige Bundes- ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und das BMEL eine Kooperationsvereinba- rung auf dem Gebiet der Agrarmeteorologie. Im Rah- men dieser Kooperation sind u.a. gemeinsame Studien zur Risikoabschätzung in Bezug auf agrarrelevante Extremwetterlagen durchgeführt worden, aus denen Entscheidungshilfen für das Extremwettermanage- ment abgeleitet werden können. Außerdem arbei- ten die oben genannten Forschungseinrichtungen zu interdisziplinären Themen wie Trockenstress, Ener- giepflanzen, Auswirkungen neuer Anbaumethoden u.a. zusammen.

Durch die Vernetzung der jeweiligen Fachkompeten- zen entstehen Synergieeffekte, die bei der Beantwor- tung von Fragen aus der Politik- und Offizialberatung

und bei der Entwicklung neuer Forschungsvorhaben Doppelarbeiten vermeiden. Diese Vernetzung von DWD, JKI und TI wird auch in der 2018 eingerichte- ten interdisziplinären Kontaktstelle Agrarmeteoro- logie (inKA) gefestigt, welche die Kompetenzen der drei Partner bündelt und die bereits bestehende gute Zusammenarbeit institutionalisiert.

Nicht nur die Forschung wird immer stärker in inter- nationale Aktivitäten eingebunden, sondern es wird durch die internationale Anwendung der agrarmeteo- rologischen Modelle auch ein Beitrag zur Kapazitäts- entwicklung der agrarmeteorologischen Dienste in Entwicklungs- und Schwellenländern geleistet. Auch in der Phänologie findet Zusammenarbeit auf natio- naler und internationaler Ebene statt. So leistet der DWD wesentliche Beiträge zur paneuropäischen phä- nologischen Datenbank (PEP).

Weitere Informationen zum Projekt „Agrarrelevante Extremwetterlagen und Möglichkeiten des Risikoma-

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Agrarmeteorologische Beratung - Unser Beitrag für eine nachhaltige Landwirtschaft

Die Ergebnisse der agrarmeteorologischen Forschung und die vom DWD erfassten Daten dienen auch als Grundlage für die Beratung von Bundes- sowie Landesbehörden und der Landwirtschaft.

Politikrelevante Beratungsaufgaben umfassen beispielsweise die Beteiligung an gesetzlichen Regelwerken, die Bewertung extremer Witterungssituationen oder die Abschätzung der Auswir- kungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft. Hierbei arbeitet der DWD mit verschiedenen Institutionen, wie nachgeordneten Behörden des Bundesministeriums für Ernährung und Land- wirtschaft, Forschungseinrichtungen der Länder und Universitäten eng zusammen. Im Folgenden werden nur einige Beispiele der agrarmeteorologischen Beratungsleistungen dargestellt.

Der Deutsche Klimaatlas

Mit dem Deutschen Klimaatlas (www.dwd.de/klima- atlas) bietet der DWD eine Informationsplattform mit aufbereiteten Darstellungen von Klimadaten an. Der Vergleich des Klimas von gestern, heute und morgen zeigt, wie sich die Mittelwerte verschiedener Klima- kenngrößen in Deutschland bis heute verändert haben und zukünftig wahrscheinlich ändern werden.

Amtshilfe bei behördlichen Kontrollen

Die Abteilung Agrarmeteorologie unterstützt die zuständigen amtlichen Stellen in den Bundesländern mit agrarmeteorologischen Informationen im Falle von amtlichen Kontrollen, zum Beispiel wenn es um die Einhaltung gesetzlicher Verpflichtungen aus dem Dünge-, Pflanzenschutz- und Bodenrecht geht.

Extreme Witterungssituationen in der Landwirt- schaft

Zur agrarmeteorologischen Politikberatung gehö- ren auch die Bewertung extremer Witterungssituatio- nen und deren Auswirkungen auf die Landwirtschaft, denn hier besteht die Möglichkeit für staatliche Ad- hoc-Hilfen. Bei der Bewertung sind insbesondere Agrarklimastatistiken von Interesse, anhand derer quantifiziert werden kann, ob und wie häufig in der Vergangenheit vergleichbare Situationen aufgetreten sind und welche Gebiete hiervon betroffen waren. Im Februar 2009 wurde durch die Generaldirektion der Europäischen Kommission genehmigt, dass die EU- Länder bei Naturkatastrophen staatliche Beihilfe leis- ten können. Bei nachweisbaren Schäden für die Land- wirtschaft überprüft der DWD das Vorliegen einer extremen Witterungssituation - zum Beispiel einer Dürre -, die dem Bund und/oder den Ländern im Fal- le einer Bestätigung ermöglicht, Ausgleichszahlungen vorzunehmen.

Entscheidungsgrundlagen bei gesetzlichen Regelwerken

Ein klassisches Beispiel für agrarmeteorologische Politikberatung sind Zuarbeiten zu gesetzlichen Regelwerken. Hierbei wird zum Beispiel abgeschätzt, welche Konsequenzen Gesetzesänderungen, wie die Einführung neuer Grenzwerte, auf die Landwirtschaft haben könnten. Zu diesem Zweck werden geeignete agrarmeteorologische Datenreihen bezüglich der Häu- figkeit der Grenzwertüberschreitungen analysiert.

▶ Beispiel für eine stationsgenaue Vorhersage in ISABEL: Ausschnitt aus einer Wochenprognose der agrarmeteorologischen Bedingungen für den Pflanzenbau für die Wetterstation Frankfurt am Main ▲ Beispiel für eine agrarmeteorologische Deutschlandübersicht in ISABEL: Wochenvorhersage des Maximums der Bodentemperatur in 5 cm Tiefe für den 2. bis 8. Oktober 2018

ISABEL

Der Deutsche Wetterdienst unterstützt die Bundesländer mit agrarmeteorologi- schen Informationen zur Förderung einer umwelt- und ressourcenschonenden Landbewirtschaftung. Über Verwaltungsvereinbarun- gen mit den Bundesländern ist die Versorgung der Landwirte mit entsprechenden agrarmeteorologi- schen Informationen über das Online-Portal ISABEL geregelt. ISABEL steht für InformationsSystem zur Agrarmeteorologischen BEratung für die Länder und ist u.a. für Landwirte, Pflanzenschutzberater sowie Gartenbaubetriebe kostenfrei über die Internetseiten

der dafür zuständigen Landesbehörde oder der Landwirtschaftskammer zugänglich. Falls Sie wissen möchten, ob ISABEL in Ihrem Bundesland zur Verfü- gung steht und wie Sie in diesem Fall auf ISABEL zugreifen können, schreiben Sie bitte eine E-Mail an landwirtschaft@dwd.de.

In ISABEL wird eine umfassende Sammlung an agrar- meteorologischen Informationen zur Verfügung gestellt, um die in der Landwirtschaft tätigen Perso- nen bei der Planung und Ausführung ihrer täglichen

Arbeiten im Einklang mit Natur und Umwelt zu bera- ten. Das Informationssystem bietet sowohl agrarme- teorologische Deutschlandübersichten zum Beispiel zur Entwicklung der Bodenfeuchtesituation oder der Verdunstung in den nächsten sechs Tagen als auch stationsgenaue Agrarwetterinformationen. Das Infor- mationsangebot umfasst zum Beispiel auch agrarme- teorologische Bedingungen zur Düngeaufbringung und zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, die Frostgefährdung im Obstbau oder die Bienenflugin- tensität.

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Agrarmeteorologie - an drei Standorten in Deutschland für Sie da

Um die Landwirtschaft optimal beraten zu können, ist die Abteilung Agrarmeteorologie an drei Standorten in Deutschland vertreten. Jeder Standort hat dabei spezielle Schwerpunkte.

Offenbach

Die Schwerpunkte der Abteilung Agrarmeteorologie in Offenbach liegen in der Steuerung und Koordina- tion der Ziele und Aufgaben sowie in der Festlegung der strategischen Ausrichtung der Abteilung. Daneben gibt die Zentrale in Offenbach die fachlichen Vorga- ben für die Beratung vor und berät Bundes- und Lan- desbehörden zur aktuellen agrarmeteorologischen Situation. Dazu gehört auch

die Entwicklung von Pro- dukten für die Beratung und die Betreuung der Internetseiten sowie der Informationsangebote der Abteilung. Bei der Entwick- lung von Produkten erfolgt ein enger Austausch mit den Beratern auf der einen Seite und den Mitarbeitern

des Zentrums für Agrarmeteorologische Forschung in Braunschweig auf der anderen Seite. Ferner ist Offen- bach der direkte Ansprechpartner für die Betreuung der Landwirtschaft in den Bundeländern Nordrhein- Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und Saarland. Von Offenbach aus erfolgt auch die Betreuung des phäno- logischen Beobachtungsnetzes mit seinen rund 1200 ehrenamtlichen Beobachtern.

Der Zentrale ist eine Arbeitsgruppe in Leipzig direkt zugeordnet, die sich speziell um die Betreuung der Landwirtschaft in den Bundesländern Sachsen, Sach- sen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und Berlin küm- mert. In Leipzig werden zudem manuell erfasste phä- nologische Beobachtungen digitalisiert.

Braunschweig

Seit über 60 Jahren betreibt der DWD agrarmeteoro- logische Forschungen in Braunschweig. Zu den Aufga- ben der rund 25 Expertinnen und Experten am Zen- trum für Agrarmeteorologische Forschung (ZAMF) gehört es, die Wechselwirkungen zwischen Boden, Vegetation und Atmosphäre experimentell zu untersu-

chen und in mathematisch-physikalischen Modellen wissenschaftlich zu beschreiben. Zudem arbeitet das ZAMF sowohl national als auch international mit land- wirtschaftlichen Einrichtungen zusammen. Neben der Forschung berät die Außenstelle in Braunschweig Bundes- und Landesbehörden bei agrarmeteorologi- schen Fragestellungen und ist für die Betreuung der Landwirtschaft in den Bundesländern Niedersachsen,

Mecklenburg-Vorpommern, Schles- wig-Holstein und den Hansestädten Bremen und Hamburg zuständig.

Das ZAMF verfügt u.a. über ein weit- räumiges Freilandversuchsfeld, ein Labor und eine Werkstatt und fun- giert somit auch als Observatorium für agrarmeteorologische Prozes- se. Ein Schwerpunkt der Freiland- messungen sind die Untersuchungen zum Bestandsklima und zu den Kom- ponenten des Wasserhaushalts landwirtschaftlicher Kulturen.

Weihenstephan

Die Außenstelle der Abteilung Agrarmeteorologie in Weihenstephan (Freising) ist zuständig für die Bera- tung von Behörden und Landwirten in den Bundes- ländern Bayern und Baden-Württemberg. Die Bera- tungsleistung umfasst auch die Erstellung agrar- und mikrometeorologischer Gutachten für die Landwirt- schaft insbesondere im subalpinen und alpinen Raum.

Eine besonders wichtige Aufgabe der Außenstelle ist die Einschätzung der Waldbrandgefahr für die bayerischen Landesbehörden und bei Bedarf die Ausgabe entspre- chender amtlicher Warnungen.

Neben den Beratungstätigkeiten hat die Außenstelle Weihenstephan auch Versuchsflächen, an denen verschie- dene Messverfahren verglichen wer- den und auf denen die am ZAMF ent- wickelten Modelle getestet werden.

Zudem kooperiert die Außenstelle eng mit den Hochschulen und Landesanstalten im Wissen- schaftszentrum Weihenstephan und ist an diversen Forschungsprojekten beteiligt.

Referenzen

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