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Welche Fasern für den Reizdarm?

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Academic year: 2022

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Beim Reizdarmsyndrom gilt eine Erhöhung des Faseranteils in der Ernährung als wertvoller Behand- lungsratschlag. Es kommt aller- dings darauf an, zu was für Fasern die Betroffenen greifen …

BRITISH MEDICAL JOURNAL

Bei Reizdarmsymptomatik raten sicher die meisten Hausärztinnen und Haus- ärzte zu einer Änderung der Ernäh- rungsweise und zu einer gesunden, «fa- serreichen Kost». Dabei fällt auch das Wort Kleie, also eine unlösliche Form von Fasern. Daneben erhält etwa die Hälfte der Reizdarmpatienten (überwie- gend sind dies ja Frauen) auch Medika- mente, bei denen es sich oft um solche mit Psyllium (Synonyme Plantago, Ispa- ghula, Flohsamen), also löslichen Fa- sern, handelt. Allerdings, so die Autoren dieser Studie aus niederländischen All- gemeinpraxen, zeigen gepoolte Analy- sen nur begrenzte Evidenz für eine Symptombesserung unter Fasersupple- mentation, und unlösliche Fasern kön- nen die Beschwerden sogar verschlech- tern. Ausserdem stammen die meisten Studien aus gastroenterologischen Pra- xen oder Institutionen und würden damit der Situation in der Allgmeinpra- xis kaum gerecht.

Methodik

Die Autoren rekrutierten Patienten mit Reizdarmsymptomatik entsprechend den Rom-II-Kriterien oder mit der Diagnose

eines «wahrscheinlichen» Reizdarms in Grundversorgungsnetzwerken in Utrecht und Maastricht.

Die Patienten wurden in drei Behand- lungsarme für 12 Wochen randomisiert:

■ 10 g Psyllium (lösliche Fasern),

■ 10 g Kleie (unlösliche Fasern),

■ Plazebo,

verteilt auf 2 tägliche Dosen, jeweils mit den Mahlzeiten und mit Nahrung, vor- zugweise Joghurt, vermischt.

Als primärer Outcome-Parameter diente die Antwort auf die Frage: «Erfuhren Sie eine ausreichende Linderung Ihrer Reizdarmschmerzen oder -beschwerden während der letzten Woche?» Dazu hat- ten die Patienten während der 12 Wo- chen ein Tagebuch zu führen. Sekundäre Endpunkte waren Schwere der Sym - ptome oder Schmerzen und Lebensqua- lität anhand eines validierten Symptom - scores.

Ergebnisse

296 Patienten stimmten der Teilnahme zu (193 mit länger andauernder, 103 mit erst kürzlich aufgetretener Reizdarm- symptomatik). Randomisiert wurden nur 275 Patientinnen und Patienten (85 zu Psyllium, 97 zu Kleie und 93 zu Pla- zebo.) Die Ansprechraten (definiert als

adäquate Symptomlinderung während mindestens 2 Wochen pro Monat) waren während des ersten Monats für Psyllium signifikant höher als für Plazebo (relati- ves Risiko 1,60, 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,13–2,26; Risikodifferenz 22%

[95%-KI 7–38%). Dies entspricht einer number needed to treat von 4 während eines Monats. Ein ähnlich positiver Un- terschied war auch während des zweiten Behandlungsmonats zu beobachten, während des dritten war die Behand- lungsdifferenz zwischen Psyllium und Plazebo hingegen nicht mehr signifikant (rel. Risiko 1,36, 95%-KI 0,90–2,04).

Nur im dritten Monat war Kleie effekti- ver als Plazebo (rel. Risiko 1,70, 95%-KI 1,12–2,57).

Analysen bei den Patienten, die den Rom- II-Kriterien entsprachen, ergaben für Psyl- ium im Vergleich zu Plazebo noch deut- lich überlegene Behandlungseffekte.

Eine Subgruppenanalyse bei den Patien- ten mit obstipationsbetonter Symptoma- tik ergab vergleichbare Ergebnisse, auch hier war Psyllium während des ersten Monats Plazebo überlegen.

202

ARS MEDICI 5 2010

S T U D I E R E F E R I E R T

Welche Fasern für den Reizdarm?

Eine randomisierte kontrollierte Studie aus der Allgemeinpraxis

Merksätze

In dieser randomisierten Studie aus der Grundversorgung berichtete ein grösserer Anteil der Patienten von einer gesamthaft adäquaten Symptombeeinflussung unter Psyllium als unter Plazebo.

Kleie zeigte demgegenüber keinen klinischen Nutzen, und viele Patienten schienen diese unlöslichen Fasern schlecht zu vertragen.

Mucilar® 1 gestrichener Esslöffel (= ca. 9 g) enthält:

Psyllium Samenhüllen 4,5 g, Traubenzucker 4,5 g.

Mucilar®Avena 6 g Pulver (= 1 gehäufter Kaffeelöffel) enthalten:

ca. 3,3 g Psyllium Samenhüllen und ca. 2,5 g Haferkleie.

Agiolax®mite 5 g Granulat (= 1 Teelöffel) enthalten: Plantaginis ovatae ohne Senna semen 3,25 g, Plantaginis ovatae testa 0,11 g, 0,9 g Saccharose.

Beispiele für faserhaltige Präparate zur Behandlung

bei obstipationsbetonter Darmsymptomatik

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S T U D I E R E F E R I E R T

Die Symptomreduktion anhand des Sco- res zeigte unter Psyllium erst nach den vollen drei Behandlungsmonaten signifi- kant stärkere Effekte als unter Plazebo.

Zwischen den drei Gruppen ergaben sich hinsichtlich einer Veränderung der Bauch- schmerzen oder der Lebensqualität keine Unterschiede.

Diskussion

In dieser randomisierten Studie aus der Grundversorgung berichtete ein grösserer Anteil der Patienten von einer gesamthaft adäquaten Symptombeeinflussung unter Psyllium als unter Plazebo. Auch die Be- einflussung des Schweregrads der Reiz- darmsymptomatik war unter Psyllium besser. Dennoch liessen sich für Bauch- schmerzen und Lebensqualität keine Dif- ferenzen zwischen den Behandlungsgrup- pen nachweisen.

Kleie zeigte demgegenüber keinen klini- schen Nutzen, und viele Patienten schie- nen diese unlöslichen Fasern schlecht zu vertragen.

Die Autoren erwähnen auch Einschrän- kungen ihrer Untersuchung. So hatten die schliesslich randomisierten Patienten ge- genüber allen gescreenten eine deutlich höhere Intensität von Bauchschmerz, hö- here Konsultationsraten und eine längere Reizdarmanamnese, entsprachen also nicht dem Durchschnittskollektiv der Pa- tienten in der Allgemeinpraxis. Nicht un- typisch für eine Studie aus der Praxis war ferner, dass immerhin 40 Prozent der Pa- tienten die Teilnahme vor der vorgesehe- nen letzten Visite beendeten. Darunter be- fanden sich besonders viele, die zu Kleie randomisiert waren und schon im ersten Monat ausstiegen. Damit entsprachen die- jenigen Reizdarmpatienten, die unter Kleie durchhielten, einer kleinen Unter- gruppe, die auf diese Supplementation eben doch gut anspricht. C.J. Bijkerk et al.: Soluble or insoluble fibre in irritable bowel syndrome in primary care? Randomised placebo controlled trial. BMJ 2009; 339.b3154. DOI: 10.1136/bmj.b3154.

Interessenkonflikte: keine deklariert

Halid Bas Psyllapräparate gebe ich bei Obstipation und

bei Sigma-Divertikulose als Dauertherapie, nicht aber bei Reizdarmsymptomatik. Die Weizenkleie als Nahrungszusatz habe ich vor Jahren verlassen. Bei Reizdarm gebe ich das Präparat Spasmo-Canulase®— eine Tablette unzerkaut (bitter!) zu jeder Mahl- zeit — mit gutem Erfolg. Zunächst verordne ich dies für 10 Tage, wenn die Behandlung erfolgreich ist, einen weiteren Monat, dann ausschleichend.

Die Vertreter der Hausarztmedizin in unserem Beirat erzählen bei passender Gelegenheit kurz, wie sie ein Problem in der Praxis angehen. Solche praxisbezoge- nen Reaktionen sind auch aus der Leserschaft jeder- zeit willkommen: info@rosenfluh.ch ■

So mach ich das …

Dr. med. Hansjörg Lang FMH Allg. Medizin 8264 Eschenz

E-Mail: h.lang@bluewin.ch

S T U D I E R E F E R I E R T

ARS MEDICI 5 2010

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