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D Der Reiz des Unbekannten: Wenn Ärzte neue Wege gehen

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Academic year: 2022

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Bad Segeberg 70. Jahrgang Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein Mit den Mitteilungen der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein

wie die Motive, die zur Wahl der alter- nativen Tätigkeit geführt haben. Ein kla- res Muster ist nicht erkennbar. Zwar ha- ben einige der vom Schleswig-Holsteini- schen Ärzteblatt hierzu befragten Ärzte auch negative Erfahrungen im medizini- schen Alltag, insbesondere im Klinikbe- trieb, gesammelt und kritisieren den zu- nehmenden ökonomischen Druck und hierarchische Strukturen.

Das ist aber nicht immer so schwer- wiegend, dass sich die Ärzte ganz be- wusst nach einer alternativen Tätig- keit umgesehen haben. Die Gründe sind vielfältig: eine zweite Leidenschaft, die bessere Perspektiven bietet, eine verän- derte familiäre Situation, die zu neuen Plänen geführt hat, oder ein Einschnitt im Leben, der einen kompletten persön- lichen Neuanfang nach sich zieht.

D

er seit Jahrzehnten anhaltende Andrang auf die Medizinstudien-

plätze zeigt, wie begehrt der Beruf des Arztes in Deutschland ist. Wer das Studium und die anschließen- de Weiterbildung absolviert hat, übt in aller Regel anschließend auch eine Tätigkeit in der Patientenver- sorgung aus. Die Zahl der Ärzte, die ih- rem Beruf nach dem Studium, während oder nach der Weiterbildung oder mit- ten im Berufsleben den Rücken kehren, ist gering.

Dies zeigen zumindest aktuelle Zah- len aus Schleswig-Holstein, wo von mehr als 17.000 Mitgliedern der Ärzte- kammer – von denen rund 13.000 noch im Berufsleben stehen – nur 77 einer be- rufsfremden Tätigkeit nachgehen. Unter diesen Berufen ist das Spektrum so breit

Von keinem der vom Ärzteblatt be- suchten Ärzte wurde der Schritt in das neue Berufsleben bereut. Alle üben Tä- tigkeiten aus, die andere als erfüllend, verantwortungsvoll oder interessant empfinden. Aber es hat auch niemand bereut, Arzt geworden zu sein und die Zeit und den Weg dorthin auf sich ge- nommen zu haben.

Eine Rückkehr in den Arztberuf schließen längst nicht alle aus. Die Ärz- tekammer Schleswig-Holstein bietet hierzu – wie berichtet – entsprechen- de Wiedereinstiegskurse an. Was einzel- ne Ärzte aus unserem Bundesland be- wogen hat, Kunstmaler, Marzipan-Fab- rikantin oder Event-Manager zu werden, beschreiben wir in unserer aktuellen Ti- telgeschichte.

W E I T E R A U F S E I T E 6

Ärzte schlagen nur selten andere Berufe ein. Unter den berufsfremden Tätigkeiten finden sich aber einige Exoten.

B E R U F S W E G E

Der Reiz des Unbekannten:

Wenn Ärzte neue Wege gehen

Sie sind Mediziner, arbeiten aber in anderen Berufen: Eine kleine Minderheit von Ärzten in Schleswig-Holstein hat noch einmal einen beruflichen Neustart gewagt.

T H E M E N

12

120. Deutscher Ärztetag in Freiburg

15

Antibiotika:

Plöner Ärztenetz wird aktiv

16

Tag der Allge- meinmedizin in Kiel

18

Adipositas: Zu viele Vorurteile über die Dicken?

28

Seenotretter setzen auf Telemedizin

(2)

Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt informiert elf mal im Jahr über zentrale Themen aus dem Gesundheitswesen zwischen Nord- und Ostsee.

Das Mitgliedermagazin der Ärztekammer Schleswig-Holstein erreicht neben den Ärzten auch viele Entscheidungsträger aus dem Gesundheitswesen.

Kontakt: Stefanie Beinl 089 55241-240, stefanie.beinl@atlas-verlag.de

BESTER STELLENMARKT FÜR ÄRZTE

Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt informiert elfmal im Jahr über zentrale Themen aus dem Gesundheitswesen zwischen Nord- und Ostsee.

Das Mitgliedermagazin der Ärztekammer Schleswig-Holstein erreicht neben den Ärzten auch viele Entscheidungsträger aus dem Gesundheitswesen.

Kontakt: Maxime Lichtenberger, 089 55241-246, maxime.lichtenberger@atlas-verlag.de

(3)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

„Der Mensch wehrt sich in seinen anthropologischen Bedingungen gegen jede Form von Veränderung.“ Dieser Satz gehört seit Jahren zu meiner festen Zitatensamm- lung, da er sich immer wieder, und scheinbar mehr denn je, als richtig erweist. So- wohl im politischen als auch berufspolitischen Umfeld gibt es kaum noch Entscheidun- gen von Verantwortungsträgern, die, trotz zugrundliegender demokratischer Prozesse, nicht von großen gesellschaftlichen Gruppierungen und Bewegungen in Frage gestellt – und bekämpft würden.

Dabei beobachtet man nicht selten, dass diejenigen, die die bestehenden Verhält- nisse heftig als defizitär kritisieren, identisch sind mit denen, die auf dieser Kritik ba- sierende Veränderungsprozesse mit derselben, oder sogar noch größeren Leidenschaft blockieren. Die Angst vor Neuem obsiegt offenbar über das Erdulden des Bestehenden!

Als klassisches Beispiel aus der jüngeren Geschichte der ärztlichen Selbstverwal- tung bieten sich dabei die Diskussionen um die Novellierungsprozesse der (staatlich verordneten!) Gebührenordnung für Ärzte und der (in eigener Regie umsetzbaren) Musterweiterbildungsordnung an. Beide Prozesse sind hinsichtlich ihrer Notwendig- keit und Sinnhaftigkeit unstrittig. Gleichwohl war bei beiden im Vorfeld des vor drei Wochen in Freiburg zu Ende gegangenen 120. Deutschen Ärztetages nicht klar erkenn- bar, dass sie ohne Abstriche und Einschränkungen das Plenum passieren würden.

Dabei erwies es sich möglicherweise als glücklicher Zufall, dass gleich zu Beginn der inhaltlichen Debatte der gesetzten Ärztetagsthemen der bekannte und renom- mierte Blogger Sascha Lobo – roter Iro, schwarzer Anzug – den Delegierten eindring- lich klar gemacht hatte, dass die Strategie des Blockierens oder Ignorierens bzw. „Klein zu Hoffens“ eines Themas nicht geeignet ist, das Eintreten der befürchteten Negativfol- gen zu minimieren oder gar zu verhindern. „Wenn ihr Schlimmes befürchtet und ver- hindern wollt, müsst Ihr euch umso mehr in den Gestaltungsprozess einbringen!“ war sein abschließender Appell.

Bei der unmittelbar darauf anschließenden Diskussion über die Ergänzung der Musterberufsordnung zur Ermöglichung telemedizinischer Patientenbetreuung und -beratung auch ohne vorherigen physischen Arzt-Patienten-Kontakt war das Ergebnis

von 214 Ja- bei lediglich zwölf Gegenstimmen in dieser Höhe nicht vorhersehbar ge- wesen. Der entscheidende Antrag war übrigens von unseren Schleswig-Holsteinischen Delegierten eingebracht worden.

Mit einer ähnlich überwältigenden Zustimmung endete am Folgetag die Debat- te über die Ärztliche Gebührenordnung. Auch dabei konnte man zwar vorab mit ei- nem positiven Votum zum Kurs der Bundesärztekammer rechnen, das Maß an Zustim- mung kam dann aber wohl auch für die erklärten Gegenspieler überraschend. Denn noch während der Debatte hatte sich rein quantitativ anhand der angemeldeten Wort- beiträge ein deutlich knapperer Ausgang angedeutet.

Von daher war es kaum noch überraschend, dass auch zum Abschluss der diesjäh- rigen Beratungen im letzten Tagesordnungspunkt über die Novelle der Musterweiter- bildungsordnung überzeugende Mehrheiten für den Kurs der Weiterbildungsgremi- en zustande kamen, auch wenn dies mit erheblichen Konsequenzen auf das derzeitige Verwaltungshandeln in den Kammern und einen Bewusstseinswechsel bei Weiterbil-

dungsbefugten und Weiterbildungsassistenten verbunden ist.

Übrigens: Beispielhaft für die heutige Devise steht auch das Statement einer jungen Allgemeinmedizinerin auf die Frage nach dem finanziellen Risiko einer Paxisübernah-

me (S.31).

Wer nicht wagt ...

... der nicht gewinnt.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen Ihr

Dr. Franz Joseph Bartmann P r ä s i d e n t

Schreiben Sie uns gerne Ihre Meinung – wir freuen uns über Kritik und Anregungen:

aerzteblatt@aeksh.de

Illustration: Bernd Schifferdecker

(4)

Inhalt

NACHRICHTEN 4

Röpersberg-Gruppe wurde verkauft 4

Norddeutsche aufgeschlossen für digitalen Wandel 4 Grippewelle war stärker als in den Vorjahren 4

Richtfest für Forschungsgebäude 5

Trainee-Programm für junge Ärzte 5

Kurz notiert 5

TITELTHEMA 6

Berufswahl: Wofür sich Ärzte entscheiden, die nicht in der

Medizin bleiben 6

GESUNDHEITSPOLITIK 12

120. Deutscher Ärztetag in Freiburg 12 Antibiotikaresistenzen: Plöner Netz wird aktiv 15 Tag der Allgemeinmedizin: 3. Auflage in Kiel 16

Adipositas: Vorurteile über Dicke 18

App soll zum anderen Ernährungsverhalten motivieren 19 Nordfriesen haben über Klinikzukunft abgestimmt 20 Sozialpädiatrie: Gesellschaft mahnt Umdenken an 21 Eckpunktepapier zur Notfallversorgung 22 Neues Konzept zur Diabetesprävention 23

LESERBRIEF 23 IM NORDEN 24

Krankenhäuser machen Fehler bei der Personalsuche 24 Marokkanischer Praktikant in Itzehoe 25 13. Nationale Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft 26

Seenotretter setzen auf Telematik 28

Jung, weiblich, Einzelpraxis: Nachfolgerin in Kieler Praxis 32

SERIE 33

Datenschutz in der Arztpraxis 33

ARZT & RECHT 34

Schlichtungsfall 34

FORTBILDUNGEN/AKADEMIE/ECS 36

Fortbildungstermine 36

PERSONALIA 38 KASSENÄRZTLICHE VEREINIGUNG 41 ANZEIGEN 44

TELEFONVERZEICHNIS/IMPRESSUM 50

Titelbild: ranczandras/Fotolia Foto: ameos

Ameos übernimmt die Röpersberg Gruppe

Die Röpersberg Gruppe in Ratzeburg gehört seit vergangenen Monat zu Ameos.

Viele Infektionen

I

n der vergangenen Grippesaison von Oktober 2016 bis April 2017 wurden in Schleswig-Holstein 2.288 Influen- za-Infektionen gemeldet. Dies teil- te die AOK Nordwest mit. Nach ihren Angaben waren dies 46,5 Prozent mehr Meldungen als im Vorjahreszeitraum.

Die Krankenkasse bezog sich auf Zah- len des Robert-Koch-Instituts (RKI) in Berlin. Hochsaison sei von Anfang Fe- bruar bis Anfang März gewesen. Allein in diesem Zeitraum seien 1.482 Schles- wig-Holsteiner erkrankt. Nach AOK- Angaben hatten alle Krankenkassen für ihre Versicherten in Schleswig-Holstein während der gesamten Grippesaison ausreichend Impfstoff geordert, der je- derzeit verfügbar war. (PM/Red)

Vorteile überwiegen

5

8 Prozent der Menschen in Nord- deutschland sehen in der Entwick- lung hin zum digitalen Gesundheits- wesen „eher Vorteile“ für die Pati- enten, weitere 19 Prozent sogar „sehr große Vorteile“. Unterm Strich blicken damit acht von zehn Norddeutschen op- timistisch in die digitale Zukunft des Gesundheitswesens. Das zeigt der ak- tuelle „Meinungspuls 2017“ der Techni- ker Krankenkasse (TK). „Eher Nachtei- le“ befürchten 20 Prozent der Befragten, zwei Prozent sogar „sehr große Nach- teile“. Rund 84 Prozent der Norddeut- schen erwarten eine steigende Behand- lungsqualität und hoffen, dass digitale Vernetzung die medizinische Forschung weiter vorantreiben wird. (PM/Red)

D

ie Ameos-Kliniken expandieren im Norden: Die Gruppe übernahm ver- gangenen Monat die Ratzeburger Röpersberg Gruppe, die ein Spekt- rum rund um Wohnen, Pflege und Ge- sundheit anbietet. In den Bereichen Se- niorenwohnen, Rehabilitations- und Akutmedizin sowie Pflege und Thera- pie sind 700 Mitarbeitende beschäftigt.

Über Vertragsdetails haben die Parteien Vertraulichkeit vereinbart.

„Wir passen sehr gut zusammen“, sagte Röpersberg-Geschäftsführer Mi- chael Stark in der offiziellen Mitteilung nach der Entscheidung für den Verkauf an den Schweizer Konzern. Dies gilt nach Einschätzung der Ameos-Chefeta- ge u. a. für die Leistungsschwerpunkte Geriatrie und die psychosomatische Be- handlung pflegender Angehöriger, die einen von Demenz betroffenen Angehö- rigen pflegen. Die Ameos Gruppe zählt mittlerweile zu den größeren Gesund- heitsversorgern im deutschsprachigen

Raum. Zur Gruppe gehören nach dem Zukauf in Ratzeburg jetzt 74 Einrich- tungen an 40 Standorten mit zusammen rund 9.000 Betten und Behandlungs- plätzen. Die Gruppe beschäftigt insge- samt 12.700 Mitarbeiter in Krankenhäu- sern, Polikliniken, Pflege- und Einglie- derungs- sowie Rehaeinrichtungen. Die Röpersbergklinik und der Senioren- Wohnsitz Ratzeburg nahmen 1974 ihren Betrieb auf. Inzwischen sind sieben wei- tere Geschäftsbereiche zur Gruppe dazu gekommen. Die Klinik für Geriatrie ver- fügt heute über 69 Betten und zwölf Plät- ze in der Tagesklinik. Hinzu kommt die ambulante geriatrische rehabilitati- ve Versorgung. Als erste Einrichtung in Norddeutschland hatte sich das Alzhei- mer Therapiezentrum wie berichtet auf die Behandlung von Menschen spezia- lisiert, die einen an Demenz erkrankten Angehörigen pflegen. Die Einrichtungen der Gruppe liegen in Ratzeburg in einem parkähnlichen Gelände (PM/RED)

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N

ach acht Monaten Bauzeit wurde auf dem Medizin-Campus der Kieler Chris- tian-Albrechts-Universität Richtfest für den ersten Neubau auf dem künftigen Forschungs- und Lehrcampus gefeiert. Das Land investiert 27 Millionen Euro in den Neubau, der im Hersbt 2019 fertig gestellt werden soll. Danach folgen wei- tere Investitionen: Bis 2023 sind insgesamt rund 87 Millionen Euro vom Land vor- gesehen. Der erste Forschungsneubau verfügt über fünf Geschosse und 4.100 Qua- dratmeter Nutzfläche. Im Erdgeschoss werden die Besprechungs- und Seminarräu- me eingerichtet. Im zweiten, dritten und vierten Obergeschoss entlang der Feldstra- ße entsteht der Laborbereich, der aus sechs gleich angelegten Einheiten bestehen. Je nach Forschungsaufgabe können sie später zu größeren Einheiten kombiniert wer- den. Richtung Klinikum werden Büro- und Besprechungsräume eingerichtet sowie Aufenthaltsräume mit Teeküchen. Das fünfte Obergeschoss ist für die Technikzen- trale vorgesehen. Der Neubau wird unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeitszie- le errichtet, für die die Bundesregierung ein Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) entwickelt hat.

„Der künftige Medizin-Campus Kiel bündelt Ressourcen und stellt den Zugang zu vielfältigen hochmodernen Technologien sicher“, lobte der Dekan der Medizini- schen Fakultät der CAU, Prof. Ulrich Stephani. „Mit diesem Gebäude soll die Ver- netzung wissenschaftlicher Arbeitsgruppen, auch gerne in interdisziplinärer Zu- sammenarbeit, gestärkt werden. Wir erwarten einen supra-additiven wissenschaft- lichen Mehrwert für die medizinische Wissenschaft und die Krankenversorgung.“

„Der universitäre Medizin-Campus wird das Kieler Stadtbild entscheidend prä- gen und dem medizinischen Forschungs- und Lehrstandort der Hochschule mehr Sichtbarkeit verleihen“, so CAU-Kanzlerin Claudia Ricarda Meyer. (PM/Red)

Foto: Heinle, Wischer und Partner GbR

A

m 8.Juli können sich junge Ärzte, die sich für eine Niederlassung inte- ressieren, wieder aus erster Hand in Bad Segeberg informieren. Das KV Traineeprogramm richtet sich an Ärz- te in Weiterbildung, angestellte Ärzte in Praxen oder kürzlich niedergelassene Ärzte. Diesmal wird Neurologe Dr. Jan- Andreas Wessig über seine persönli- chen Erfahrungen als Praxisinhaber be- richten. Wessig hat sich vor einem Jahr in Kiel-Friedrichsort niedergelassen – nach einer Anstellung im MVZ und ei- ner Tätigkeit als ärztlicher Leiter. Was ihn dazu bewogen hat, wie er sich vor- bereitet hat und welche seiner Annah- men eingetreten sind, wird er berichten.

Doris Scharrel, niedergelassene Frauen-

ärztin aus Kronshagen, und Ernst Sie- vers, stellvertretender Leiter der KVSH- Abrechnungsabteilung, erläutern an- schließend aus Sicht einer Praxisinha- berin und der Verwaltung, wie sich die Abrechnung im Praxisalltag so orga- nisieren lässt, dass sie keine Belastung darstellt und doch pünktlich und kor- rekt eingereicht werden kann. Zum Ab- schluss wird André Zwaka, stellver- tretender Leiter der Abteilung Zulas- sung/Praxisberatung, auf die wichtigs- ten Schritte auf dem Weg zur Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung in Schleswig-Holstein eingehen. Es steht ausreichend Zeit für Fragen zur Verfü- gung. Anmeldung: https://akis.aeksh.

de/#!seminare/semPage/1008201 (red)

Trainee-Programm für junge Ärzte

Richtfest am Kieler Forschungsneubau K U R Z N O T I E R T

Junge Allgemeinmediziner vernetzt

In Flensburg hat sich ein neuer JADE-Stammtisch für junge Allgemeinmediziner zum lockeren Austausch, Kennenlernen

und Vernetzen gebildet. Die JADE (Junge Allgemeinmedizin Deutschland) ist die Nachwuchsorganisation der

DEGAM (Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin) und ist offen für junge Allgemeinmediziner in der Weiterbildung sowie für Fachärzte für Allgemeinmedi- zin bis fünf Jahre nach der Facharztprüfung. Das erste Treffen fand am 14. Juni im Flensburger Grisou (Am Holm 45) statt.

Künftig sind die Treffen jeweils für den zweiten Mittwoch im Monat vorgesehen. Ansprechpartner und Initiatoren sind Dr.

Annette Barlak und Dr. Jens Lassen (flensburg@jungeallge- meinmedizin.de). Der neue Flensburger Stammtisch ergänzt die bestehenden Angebote in Kiel (jeden 1. Montag im Monat um 20 Uhr in der Forstbaumschule; Organisation: Julia Hans- mann-Wiest, kiel@jungeallgemeinmedizin.de) und in Lübeck (nächstes Treffen: 4. Juli, 19:30 Uhr im Alten Zolln, Mühlenstr.

93, Organisation: Dr. Thomas Koetter; luebeck@jungeallge- meinmedizin.de). (pm/red)

Auszeichnung für Praxisnetz

Das Praxisnetz Herzogtum Lauenburg (PNHL) hat als zwei- tes Ärztenetz bundesweit die Anerkennung der Stufe II nach Paragraf 87 SGB V und damit die höchste Anerkennungsstu- fe erhalten, die Praxisnetze erreichen können. Die Verbün- de müssen dafür Struktur- und Qualitätsanforderungen er- füllen und die regionale Versorgung verbessern. Das Praxis- netz arbeitet u. a. mit einer eigenen Wundmanagerin, die die Mitgliedspraxen entlastet, indem sie die Versorgung sektoren- übergreifend koordiniert, Pflege- und Praxisteams schult und gemeinsam mit den Ärzten die Patienten versorgt. Um die In- formationen zur Behandlung zu bündeln, steht allen Beteilig- ten eine Wundfallakte zur Verfügung. „Die Anerkennung be- stärkt uns, in dieser Arbeit nicht nachzulassen. Gemeinsam mit den anderen Gesundheitsakteuren der Region und unse- ren nichtärztlichen Mitarbeitern in den Mitgliedspraxen und -institutionen werden wir weiter an organisatorisch-struktu-

rellen Maßnahmen der medizinischen Versorgung im Kreis- gebiet arbeiten, welche sich schnell positiv in der Patienten- versorgung widerspiegeln werden“, sagte die fachärztliche Vorstandssprecherin Dr. Susanne Westermann. (pm/red)

Mehr Beratung für Schwangere

Das Programm „Willkommen Baby“ der DAK Gesundheit kommt bei Schwangeren und Frauenärzten im Norden gut an.

Ziel des Programms ist es, Frühgeburten durch eine intensive- re frauenärztliche Betreuung zu vermeiden. Die teilnehmen- den Frauenärzte erhalten dafür extrabudgetäre Honorare. So wird etwa ein Risikoscreening mit Aufklärung der Schwange- ren über vermeidbare Risiken mit 30 Euro vergütet. Das Ho- norar für eine ausführliche Beratung zur Förderung einer na- türlichen Geburt beträgt 25 Euro. Weitere honorierte Leistun- gen sind u. a. zusätzliche Ultraschalluntersuchungen und bis zu vier Akupunkturbehandlungen. Vertragspartner für das von der DAK Gesundheit bundesweit aufgelegte Programm sind der Berufsverband der Frauenärzte und je nach Region KV oder Ärztegenossenschaft. In Schleswig-Holstein und in sechs weiteren Bundesländern tritt die Ärztegenossenschaft Nord als Abrechnungsdienstleister auf. Die Vertragspartner werben für das Programm, weil die Zahl der Frühgeburten in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen ist. Laut Ver- tragspartner gab es 2015 in Schleswig-Holstein 1.523 Kinder, die als Frühchen oder mit geringem Gewicht zur Welt kamen.

Im Vergleich zum Jahr 2000 entspricht dies einem Anstieg um 49 Prozent. (PM/RED)

So soll der Forschungsneubau ab Herbst 2019 aussehen. Kürzlich wurde Richtfest gefeiert.

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Foto: di

B E R U F S W E G E

Marzipan

statt Medizin

Nicht jeder Arzt bleibt seinem Beruf treu. Die Alternativen reichen vom

Kunstmaler bis zur Firmenchefin in einer Marzipanmanufaktur.

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A

rzt, das ist noch immer einer der Traumberufe für viele junge Men- schen. Seit Jahrzehnten ist die Zahl der Bewerber für das Me- dizinstudium deutlich höher als Plätze an den Hochschulen zur Verfügung stehen. Viele Schüler streben nach besten Schulnoten, damit sie sich mit dem erforderlichen Noten- schnitt für dieses Fach einschreiben kön- nen. Und in der Bevölkerung genießt der Beruf noch immer einen so guten Ruf, dass er schon seit Jahrzehnten mit hoher Verlässlichkeit in Umfragen immer wie- der auf einem der vordersten Plätze lan- det, wenn es um Ansehen und Vertrau- en geht.

Wer es also einmal geschafft hat, das begehrte Medizinstudium, sollte doch eigentlich froh sein, endlich als Arzt ar- beiten zu können. Das gilt für die große Mehrheit tatsächlich. Aber es gibt auch Ärzte, die sich kurz nach der Approba- tion, während oder nach der Weiterbil- dung oder mitten im Beruf anders ent- scheiden. Sie arbeiten nicht oder nicht mehr als Arzt, sondern als Landwirt, als Schneiderin oder sie stellen Marzi- pan her.

Familiäre Gründe beeinflussen den beruflichen Weg

Sabine Mest aus Lübeck hat diesen Weg gewählt. Sie ist Gründerin und Ge- schäftsführerin von Mest Marzipan in Lübeck und eine der wenigen unter den insgesamt 17.000 Mitgliedern der Ärz- tekammer Schleswig-Holstein, die einer

„arztfremden Tätigkeit“ nachgehen. Wa- rum diese erst ein anspruchsvolles – und für die Gesellschaft zudem teures – Stu- dium absolvieren, um den Beruf dann anschließend doch nicht auszuüben, ist stark von persönlichen Vorlieben, Erfah- rungen und Schicksalen abhängig.

Bei Sabine Mest waren es familiä- re Gründe, die eine Tätigkeit als Ärztin nach dem Studium verhinderten. Für sie stand zum Abitur eigentlich die Tierme- dizin auf dem Wunschzettel. Die War- tezeit auf einen Studienplatz in diesem Fach erschien ihr damals aber zu lang, für Humanmedizin dagegen erhielt sie einen Platz. „Dann soll das so sein“, sag- te sich Sabine Mest, aber nach „Traum- beruf“ klang das nicht. Das Studium hat sie dennoch mit viel Freude hinter sich gebracht und stuft es auch im Nachhin- ein noch als „interessant“ ein. Auch für eine Fachrichtung hatte sie sich schon entschieden: HNO-Ärztin wollte Sabi- ne Mest werden. Dann aber gab es Ereig- nisse, die ihr Leben so stark veränder- ten, dass sie mit Ausnahme einer kur- zen Zeit im Agnes Karll Krankenhaus in Bad Schwartau nie wieder als Ärztin ar- beiten sollte.

Zunächst fiel die Mauer. Viele jun- ge Kollegen aus den neuen Bundeslän- dern kamen und suchten ebenfalls Wei-

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terbildungsstellen in ihrem Fach. Plötz- lich wurde es schwieriger mit der Wei- terbildung. Parallel dazu erkrankte ihre Mutter schwer. Die Mutter führte das Zi- garrenhaus Mest, mit immerhin 13 Fili- alen und vielen Angestellten, außerdem noch ein Kino-Center. Sabine Mest wur- de jetzt zu Hause in Lübeck gebraucht – ihre Unterstützung als Tochter, ihr Rat als Ärztin, ihre Pflege und die Hilfe für die Firma waren zu diesem Zeitpunkt wichtig. Die schon vereinbarte Weiter- bildungsstelle in Stuttgart sagte sie kurz- entschlossen ab. „Es war mir wichtiger, in dieser Phase zu Hause zu sein“, sagt sie. Trotz der vielen an sie gestellten An- forderungen in dieser Phase fand sie im- mer noch Zeit, ihrem Vater bei dessen Hobby zu helfen. Der gelernte Kondi- tor hatte im Keller eine kleine Backstube, in der er Marzipan herstellte. Das Pro- dukt wurde in den Filialen der Tabakwa- renkette nebenbei mit verkauft. Sabine Mest entdeckte, dass die Leidenschaft ih- res Vaters auch ihre war: „Rauchen war nie mein Ding“, sagt sie zum damali- gen Geschäft der Familie. Das Marzipan kam gut an bei den Menschen. Die Kun- den klopften an die Kellertür des Privat- hauses ihrer Eltern, wo ihr Vater nur be- scheidene Mengen herstellen konnte.

Nach dem Tod der Mutter traf die Ärztin weitreichende – und für Außen- stehende sehr mutige – Entscheidungen:

Die Weiterbildung wurde nicht länger nur aufgeschoben, sondern ganz verwor- fen, Kino-Center und Tabakläden ver- kauft. Stattdessen konzentrierte sich Sa-

bine Mest ganz auf Herstellung und Ver- trieb von Marzipan. Mest Marzipan hat- te schnell seine bis dahin überschaubare Stammkundschaft ausgebaut. „Wir beka- men viel Zuspruch von den Kunden, das war damals eine tolle Erfahrung“, berich- tet Mest. Weil sie sich ohne große Pla- nung auf das Abenteuer eingelassen hat- te, musste sie viel improvisieren und un- ter Umständen produzieren, über die viele Konkurrenten vielleicht den Kopf geschüttelt haben. Aber sie setzte auch auf eine andere Rezeptur als große Her- steller: deutlich weniger Puderzucker und keine Konservierungsstoffe. Das Er- gebnis ist ein saftiges Produkt, das nicht so lange haltbar ist wie Konkurrenzpro- dukte und vielen Stammkunden offen- bar besser schmeckte: Mest Marzipan expandierte unter Leitung der Ärztin.

Die Firma übernahm zunächst Räu- me der Konkurrenz, baute später neu im Gewerbegebiet. Dort hat sie schon zwei Mal vergrößert, nun steht die drit- te Erweiterung an. Mest stößt jetzt an die Grenzen des Grundstücks. Sabi- ne Mests Mann, ein Hörgeräteakustiker, stieg ebenfalls in das Unternehmen ein.

Die Produkte werden heute über kleine Konfiserien, den Fabrikverkauf, ein La- dengeschäft in der Innenstadt und das Internet vertrieben. Aus den 200 Kilo- gramm Marzipanrohmasse, die Mest Marzipan 1998 verarbeitete, sind inzwi- schen 90.000 geworden. Sabine Mest hat die Firma aufgebaut und führt sie bis heute. Sie kennt jeden Produktions- schritt, und wenn sie über Marzipan spricht, spürt man die Leidenschaft für das hergestellte Produkt. Und die Medi- zin? „Das war schnell kein Thema mehr und ich habe das auch nie bereut“, sagt sie heute. Wenn sie bei Führungen durch ihr Unternehmen nach ihrer Ausbildung gefragt wird und mit „Ärztin“ antwor- tet, stößt sie meist auf Erstaunen, fast je-

der fragt nach. „Sie haben die Medizin aufgegeben, um Marzipan zu machen?“

heißt es dann. Jetzt, mit dem etablier- ten Unternehmen, erntet sie dafür auch viel Bewunderung. In den Anfangszei- ten fielen die Reaktionen deutlich skep- tischer aus.

Für Sabine Mest persönlich fällt das Resümee über ihre Entscheidung nach dem Studium auf jeden Fall positiv aus:

„Ich habe es gar nicht so schlecht getrof- fen“, sagt sie. Die stark schwankende Ar- beitsbelastung – 70 Prozent des Umsat- zes macht das Unternehmen in nur zwei Monaten – gibt auch Raum für ein Leben neben dem Unternehmen. Sabine Mest hat ein Unternehmen geschaffen und drei Söhne groß gezogen – sie hat nicht das Gefühl, in der Medizin etwas ver- passt zu haben.

Nach der Medizin folgt die Karriere als Unternehmerin in der Pflege Das gilt auch für Dr. Katrin Witt, die in der Gemeinde Steinburg im Kreis Stor- marn seit sieben Jahren den ambulanten Pflegedienst PflegeDoc betreibt. Das ist zwar nicht das, wovon sie als Schülerin in Thüringen geträumt hat – sie wollte immer Pathologin werden und sezieren – aber ihre Prioritäten haben sich im Laufe des Lebens verschoben. Schon im Medizinstudium in Rostock veränderten sich ihre Wünsche. Sie interessierte sich für zahlreiche Fachgebiete und

„schnupperte überall mal rein“, wie sie es im Gespräch mit dem Schleswig- Holsteinischen Ärzteblatt formuliert.

Letztlich landete sie mit ihrem breiten Interessenspektrum in der Allgemein- medizin. Auch die Notfallmedizin hatte es ihr angetan, in diesem Bereich arbeitete sie einige Jahre lang. „Das ist mein Beruf, das finde ich heute noch richtig gut“, sagt sie. Dass es nicht dabei blieb, hat mit persönlichen Lebensum- Dr. Katrin Witt ist

Ärztin und Geschäfts- führerin des Unter- nehmens PflegeDoc in Stormarn. In Ahrens- burg betreibt sie eine Einrichtung zum be- treuten Wohnen.

Sabine Mest im Ver- kaufsraum ihrer Mar- zipanfabrik im Lübe- cker Gewerbegebiet.

Die Ärztin entdeckte unmittelbar nach dem Studium ihre Leiden- schaft für das Mar- zipan und baute ein Unternehmen auf, das sie bis heute führt.

Fotos: di

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Der Event-Manager

ständen, aber auch mit der damals für sie nicht akzeptablen Vergütung zu tun. „Es war ein Konglomerat von Gründen, die mich von meinem früheren Wunsch- beruf abgebracht haben“, sagt sie.

Der Reihe nach: Witt ging nach dem Abitur im thüringischen Saalfeld noch mit dem Berufswunsch Pathologin in ein Praktisches Jahr. 1990 begann sie ihr Me- dizinstudium in Rostock, wechselte drei Jahre später aus familiären Gründen nach Jena, wo sie 1996 ihr Staatsexamen ablegte. Dann folgten Stationen als Ärz- tin im Praktikum in Hessen und schließ- lich 1998 der Start in die allgemeinmedi- zinische Weiterbildung. In den folgen- den Jahren wird ihr aufgrund der Rah- menbedingungen im Gesundheitswe- sen klar, dass sie in der Medizin nicht alt werden möchte. Sie absolvierte zwar alle Abschnitte für die allgemeinmedizini- sche Weiterbildung und sammelte Er- fahrungen in verschiedenen Kranken- häusern und Praxen. Aber besonders die Arbeitszeiten, die von den Ärzten da- mals abgefordert wurden, schreckten sie ab. Hinzu kam mit der Scheidung ein privater Einschnitt. So entschloss sie sich am Ende der Weiterbildung, die Prüfung nicht abzulegen und ihr im Studium und in der Weiterbildung erworbenes Wis- sen zunächst anders zu nutzen: Sie ging zur damaligen AOK Mecklenburg-Vor- pommern (heute AOK Nordost), wo sie im Fachbereich Arzneimittel als einzige Ärztin arbeitete. Auch mit der Frage, ob von Pflegediensten erbrachte Leistungen gerechtfertigt waren, kam sie in den Fol- gejahren in Diensten der Krankenkasse immer wieder in Berührung.

„Damals hatte ich für mich noch nicht abschließend geklärt, ob ich nur eine Pause als Ärztin mache, oder ob ich auch langfristig nicht mehr in der Pati- entenversorgung arbeiten werde“, sagt sie rückblickend. Irgendwann im Laufe der Jahre reifte bei ihr aber die Erkennt- nis, dass eine Tätigkeit in einem Kran- kenhaus oder in einer Arztpraxis nicht mehr denkbar war. Wichtig war für sie, dass sie mit sich selbst in dieser Fra- ge im Reinen war und ihre Familie die Entscheidung mittrug. „Meine Familie stand in dieser Frage immer hinter mir“, sagt sie dankbar.

Zugleich vertiefte sie in dieser Zeit ihre Kenntnisse in der Tätigkeit von Krankenkassen. Nach der AOK arbei- tete sie noch einige Zeit bei der HEK in Hamburg, damals schon als Mutter ihrer 2006 geborenen Tochter. Oberste Anfor- derung an jede Tätigkeit war für Dr. Kat- rin Witt damals, dass ihre Arbeit sie und ihre Tochter ernähren konnte und zu- gleich ausreichend gemeinsame Zeit er- möglichte. Von einer selbstständigen Tä- tigkeit erhoffte sie sich, beide Ziele errei- chen zu können. Am ersten Februar 2010 gründete sie PflegeDoc. Sie besaß das medizinische Know-how und hatte aus

S

chuppen 9 an der Lübecker Unter- trave: Wer das große hölzerne Tor zur Seite schiebt, dem schlägt ein Ge- ruch aus unterschiedlichsten Gü- tern entgegen, die hier über viele Jahr- zehnte gelagert wurden: Teer, Tauwerk und Rauchwaren vermischen sich in der Nase mit anderen, zum Teil exotischen Düften. Zu finden sind diese Güter hier nicht mehr. Stattdessen rustikale Tische und Bänke, gedeckt mit langen weißen Tischdecken und maritimer Dekoration.

Schuppen 9 ist ein Veranstaltungs- raum im Lübecker Hafen, den Arne Zeugner vermietet. Firmen feiern hier Betriebsfeste, Paare ihre Hochzeit, Ge- burtstagskinder runde Anlässe. An an- deren Tagen finden hier Konzerte oder Theateraufführungen statt.

Die maritime Atmosphäre in der

„Zeugnerei“ gefällt nicht nur den Gäs- ten, auch Arne Zeugner selbst ist immer wieder froh, diesen Schuppen vor rund 20 Jahren gefunden zu haben. Zeugner stand damals an einem Wendepunkt sei- nes Lebens. Der Arzt machte Mitte der 90er Jahre eine Zäsur: Trennung von sei- ner Frau, Schließung der privatärztli- chen Praxis in Hamburg. Zeugner „sor- tierte sich neu“ und überlegte, wie es für ihn beruflich weitergehen würde. Dass er als Arzt länger pausieren würde, war nicht geplant. Zu diesem Zeitpunkt ge- riet er durch Zufall an Schuppen 9: „Der Schuppen hat mich korrumpiert“, sagt Zeugner heute. Er richtete die ersten Fei- ern aus – erfolgreich und lukrativ. Zeug- ner verdiente Geld mit den Events und konnte zugleich seine Tage freier als zu- vor einteilen. „Das wäre mit einer Pra- xis nicht möglich gewesen. Als Arzt steht man unter Druck, die Arbeit mit Patien- ten kostet Zeit und Kraft. Durch Schup- pen 9 bekam ich den Kopf wieder frei“,

sagt Zeugner. Er blieb seinem Schup- pen bis heute treu. Sein Ziel war es nie, viel Geld anzuhäufen, sondern zu leben.

Das ist ihm als Eventmanager gelungen.

Er nimmt sich zwischendurch Auszeiten, um seinen zahlreichen Interessen nach- zugehen. Mit eigener Praxis, das haben ihm die rund zwölf Jahre in privatärztli- cher Niederlassung zuvor gezeigt, wäre ihm dies nach eigener Einschätzung wahrscheinlich nicht gelungen.

Dennoch ist Zeugner gerne Arzt und nach einer gewissen Zeit als Event-Ma- nager hätte er sich auch wieder eine Neu- orientierung zur Medizin vorstellen kön- nen, nur nicht unter den ökonomischen und hierarchischen Zwängen, die er aus den Berichten seiner früheren Kolle- gen kennt. „Das hört sich abschreckend an. Um Menschen zu helfen, braucht man als Arzt auch Freiräume“, steht für ihn fest. Die zunehmende Standardisie- rung und Ökonomisierung in der Me- dizin sind aus seiner Sicht zwar kei- ne Empfehlung für den Arztberuf, eine Rückkehr schließt der heute 63-Jährige aber ausdrücklich nicht aus. Im nächsten Jahr läuft der Pachtvertrag für Schup- pen 9 aus und die Stadt hat mit dem Ge- lände neue Pläne. Zeugner wird sich dann noch einmal umorientieren und bei der Suche nach einer neuen Tätigkeit wird die Medizin, speziell die Psychoso- matik, mit Sicherheit eine wichtige Rol- le spielen. Fest steht für ihn, dass er nur das beginnen wird, was er aus innerer Überzeugung ausüben möchte: „Es ist gut möglich, dass es dann für mich wie- der in Richtung ärztlicher Tätigkeit ge- hen wird, dann aber mit mehr Gelassen- heit als früher und mit der neuen Sicht und der Erfahrung der vergangenen Jah- re. Das könnte reizvoll werden.“

Dirk Schnack Arne Zeugner hat früher in privater Niederlassung in Hamburg praktiziert, heute ist er Event- Manager in Lübeck.

(10)

Der Start-up-Unternehmer

ihren vorangegangenen Tätigkeiten er- fahren, wie Mitarbeiter in Krankenkas- sen denken. Und sie hatte einen konkre- ten Antrieb: „Schwache alte Menschen wehren sich oft nicht mehr und neh- men Entscheidungen von Kranken- oder Pflegekassen einfach so hin.“ Mit Hilfe eines engagierten Pflegedienstes, so ihre Einschätzung, könnten Pflegebedürftige in eine stärkere Position gelangen.

Witt machte eine Standortanalyse für die Region um Steinburg, wo sie da- mals schon wohnte. Ihr früherer Mann, ein Zahnarzt, half ihr beim Aufbau des Unternehmens. Leicht war das nicht: Vo- raussetzung für die Kassenzulassung war die Einstellung von drei in Vollzeit be- schäftigten examinierten Pflegekräften, darunter eine Pflegedienstleiterin. Ge- nauso wie niedergelassene Ärzte gehen auch Pflegedienste mit ihren Leistungen zunächst in Vorkasse und bekommen mit Verzögerung die erbrachten Leis- tungen bezahlt. Witt benötigte Startka- pital in Höhe von 70.000 Euro von einer Bank und machte ihre Leistungen schon vor dem offiziellen Start in ihrer Regi- on bekannt. Drei Tage vor der Eröffnung hatte sie ihre erste Patientin – allerdings

blieb die zunächst auch die einzige. „Das änderte sich in den ersten vier Wochen auch nicht. Ich habe das aber gar nicht als bedrohlich empfunden. Wir saßen ja nicht herum und warteten, sondern hat- ten noch viel mit dem Aufbau des Unter- nehmens zu tun. Diese Zeit verging wie im Flug“, erinnert sie sich.

Nach den ersten vier Wochen hatten sich ihre Leistungen offenbar herumge- sprochen. Nach einem halben Jahr hatte sie so viele Aufträge, dass neue Mitarbei- ter eingestellt und neue Fahrzeuge an- geschafft werden mussten. Witt ging er- neut zur Bank, um ihren Kredit aufzu- stocken. Ein so schneller Erfolg verblüff- te den Kreditgeber, der aber einwilligte.

Heute fahren zehn Fahrzeuge für Pflege- Doc in der Region, 25 Mitarbeiter sind für die Ärztin, die Unternehmerin in der Pflegebranche wurde, inzwischen tä- tig. „Ich habe diesen Schritt nie bereut“, sagt sie. Ihre Ziele – für sich selbst und ihre Tochter sorgen zu können und zu- gleich Zeit füreinander zu haben – hat sie schließlich erreicht. Sie muss nicht jede Stunde im Büro von PflegeDoc sein, kann frei entscheiden, ob sie ihre Arbeit am frühen Morgen, mittags oder abends

erledigt. Das gilt auch für ihr jüngst er- öffnetes, zweites Unternehmen. In Ah- rensburg beschäftigt Dr. Katrin Witt drei Mitarbeiterinnen in einem Unterneh- men, das betreutes Wohnen anbietet.

Dass die Unternehmerin Ärztin ist, spielt in ihrer aktuellen Tätigkeit nur eine Rol- le, wenn in der Pflege ihrer Patienten medizinisches Know-how weiterhilft.

Angesprochen wird sie auf ihre Vergan- genheit als Ärztin aber selten.

Dass sie das aufwendige Medizinstu- dium und die Weiterbildung absolviert hat, ohne heute als Ärztin zu arbeiten, hält sie nicht für einen Karrierebruch.

Auch der dafür investierten Zeit trau- ert sie nicht nach: „Als ich mein Studium begonnen habe, war das mein Weg. Des- halb war es richtig, ihn einzuschlagen“, steht für sie auch heute noch fest. Die Arbeit mit den Patienten hat ihr immer Spaß gemacht, insbesondere ihre Tätig- keit als Notärztin hat sie in guter Erinne- rung. In diesem Bereich, räumt sie ein, könnte sie sich am ehesten vorstellen, doch noch einmal als Ärztin „rückfällig“

zu werden.

Dirk Schnack

N

eun Monate vor seiner Facharzt- prüfung nimmt sich Dr. Christoph Twesten eine Auszeit: Der angehen- de Internist unterbricht seine Weiter- bildung, um sich vorerst ganz seinem ge- planten Unternehmen zu widmen. Zu- sammen mit einem Betriebswirt plant der 33-jährige Lübecker eine Firmen- gründung, um dem von ihm mit entwi- ckelten Programm Perfood zum wirt- schaftlichen Erfolg zu verhelfen.

Perfood zeigt die individuelle Re- aktion des Körpers auf die jeweils zuge- führte Ernährung an. Anhand einer kon- tinuierlichen Glukosemessung und eines Ernährungstagebuchs wird diese Reak- tion über einen Algorithmus ausgewer- tet. Dann wird analysiert, welche Wir- kung die Lebensmittel ausgelöst haben, und es werden individuelle Ernährungs- empfehlungen erstellt. Neben dem Sen- sor, der selbst appliziert wird, benötigt der Anwender eine App, die die Werte und Empfehlungen anzeigt. Mehr ver- rät Twesten wegen des laufenden Patent- verfahrens derzeit noch nicht über sein Produkt.

Der Arzt hat zunächst an sich selbst und bei Freunden beobachtet, dass Per- food wirkt. Seitdem wird das Programm mit weiteren Anwendern verfeinert.

Twesten ist optimistisch, dass sein Pro- gramm bei den Nutzern zu einer dau- erhaften Ernährungsumstellung führen kann, weil sie während der Anwendung direkt und ohne Zeitverzögerung erfah- ren, wie ihr Körper auf ein Nahrungs-

mittel reagiert. „Diese Umstellung muss kein tiefer Einschnitt sein. Schon eine punktuelle und ganz gezielte Verände- rung kann helfen. Das wird vielen Men- schen leichter fallen als eine komplette Ernährungsumstellung“, sagt Twesten.

Die Markteinführung ist für das vierte Quartal 2017 geplant. Zielgruppe sind Endverbraucher, aber auch von Ge- sprächen mit Krankenkassen und mit großen Betrieben erhofft er sich Verbrei- tung seines Programms. Bis März hat der Mediziner täglich nach Dienstschluss an dem Programm gearbeitet und sich mit Kollegen und interdisziplinär im Lü- becker Institut für Ernährungsmedi- zin ausgetauscht. Seit 22. März konzen- triert er sich voll auf Perfood. „Das ist jetzt ein sensibler Zeitpunkt. Aber ich will die Chance nicht verstreichen las-

sen“, sagt Twesten mit Blick auf mögliche Konkurrenten oder Nachahmer. Forciert wird die Firmengründung vom „Grün- der Cube“ auf dem Gelände der Lübe- cker Uni, der Hochschulabsolventen in der Hansestadt bei Ausgründungen un- terstützt und beim Knüpfen von Kontak- ten und Gesprächen mit potenziellen In- vestoren hilft.

Die Entscheidung, neun Monate vor der Prüfung die Weiterbildung zu un- terbrechen, ist Twesten nicht leichtgefal- len. „Wir haben nur ein kleines Zeitfens- ter für eine erfolgreiche Unternehmens- gründung. Wenn wir das jetzt nicht ma- chen, kann es zu spät sein“, sagt Twesten.

Der Markteinstieg in diesem Jahr ist aus seiner Sicht ideal: Die Technik ist verfüg- bar, in der Bevölkerung ist das Bewusst- sein für Ernährungsfragen gestiegen und die Preise für die Analysetechnik sinken.

Bis das Unternehmen Erlöse erzielt, muss der Arzt von seinen Ersparnissen leben und ist auf die Unterstützung sei- ner Familie, die seine Pläne voll unter- stützt, angewiesen. Wann und in wel- chem Umfang er wieder in seine Weiter- bildung einsteigt, ist derzeit offen. Fest steht für ihn aber: „Die Arbeit am Pati- enten vermisse ich. Durch das Firmen- konzept bietet sich mir aber die Gelegen- heit, mehr Menschen in einem früheren Stadium zu erreichen“. Und die zehn Jah- re Medizin, die hinter ihm liegen? „Diese zehn Jahre habe ich investiert. Ich bin si- cher, dass ich die nicht einfach wegwerfe, sondern später noch nutzen werde.“ (di) Dr. Christoph Twes-

ten ist gerne Arzt. Um seinem künftigen Un- ternehmen Perfood eine Chance zu geben, unterbricht er sogar seine Weiterbildung.

77

der mehr als 17.000 Mitglieder der Ärztekammer Schleswig-Holstein sind zwar Arzt und berufstätig, aber nicht ärztlich tätig. Welchen Berufen die Ärzte nachgehen, wird von der Ärztekammer nicht erfasst. Neben rund 3.365 Ärzten im Ruhestand gibt es unter den Mitgliedern 814 Ärzte, die sich u.a. in Elternzeit oder Altersteilzeit befinden oder - wie die 77 - einer fremden Tätigkeit nachgehen.

Fotos: di

(11)

Der Kunstmaler

G

ar nicht so einfach, sich für einen Be- ruf zu entscheiden: Je breiter das In- teresse, desto schwieriger wird es.

Das galt auch für den Abiturienten Stefan Dobritz. Handwerk, Musik, Sport und zahlreiche weitere Gebiete zählten schon in der Schulzeit zu seinen Interes- sen – ein Studium generale wäre für ihn genau das richtige gewesen.

Dass sich der Lübecker schließlich für die Medizin entschied, hatte meh- rere Gründe: Erstens sah er in der Me- dizin die Chance, sich umfassend mit dem Menschen zu beschäftigten. Zwei- tens war immer das Bestreben vorhan- den, anderen Menschen zu helfen. Und drittens hatte Dobritz mit seinem Groß- vater einen praktischen Arzt als Vorbild, der in seiner Hamburger Praxis jeden Patienten und dessen Familiengeschich- te in- und auswendig kannte. Dobritz hat seinen Großvater für seine Arbeit und für seine Einstellung bewundert. „Er war immer für seine Patienten da, das war für mich vorbildlich. Wenn ich mich schon für einen Beruf entscheiden sollte, dann für diesen“, sagt Dobritz.

1986 schrieb er sich in Lübeck ein und erlebte dort ein Medizinstudium, das er noch heute als „fantastisch“ be- schreibt: „Ich bin gut ausgebildet wor- den, ich habe gern Medizin studiert, das hat mir für viele Dinge die Augen geöff- net.“ Das Medizinstudium hat er auch als „philosophische Reise“ empfunden, die ihn immer wieder zum Nachden- ken über existenzielle Fragen angeregt hat. Die schwierigen Stationen dieser Reise mit dem Leiden der Patienten, der Trauer von Angehörigen und den Gren-

zen der Medizin verarbeitete Dobritz beim Malen. „Das war für mich Medita- tion und Kompensation zugleich“, sagt er rückblickend.

Als gegenständlicher Maler such- te sich Dobritz seine Motive in der Na- tur, aber auch mitten in der Stadt. Bilder sind für ihn eine „konstruierte Abbil- dung der Realität“. Immer wieder spra- chen ihn Menschen beim Malen an und häufig wurde er gefragt, ob man seine Ölbilder auch kaufen könne. 1988 stellte er erstmals im Lübecker Buddenbrook- haus aus.

Im weiteren Verlauf des Studiums machte Dobritz bei der Arbeit im Kran- kenhaus aber viele Erfahrungen, die ihm nicht gefielen und die mit der ärztli- chen Arbeit, die er von seinem Großva- ter kannte, nichts mehr gemeinsam hat- ten. Immer weniger Zeit schien für den einzelnen Patienten da zu sein, immer häufiger wurde in der Klinik nur noch über „Fälle“ gesprochen. Dobritz be- schlichen erste Zweifel, ob er den Beruf wirklich so würde ausüben können, wie er es sich vorstellte. Dann kam ein Erleb- nis, das er bis heute nicht vergessen hat:

Auf eine Einladung von Dobritz zu sei- ner Ausstellung reagierte sein Oberarzt mit schroffer Ablehnung: Wer Medizin ernsthaft betreibe, so die Reaktion des erfahrenen Arztes, habe für nichts ande- res im Leben mehr Zeit – auch nicht für die Malerei. Dobritz, so die Empfehlung des Oberarztes, solle sich endlich ent- scheiden.

„Das widersprach meinem Men- schenbild. Unter solchen Umständen wollte ich kein Arzt sein“, erzählt Dob-

ritz. Erschwerend kam hinzu: Er mach- te 1993 sein Examen, ausgerechnet zu der Zeit, als die Seehofer-Reform zahlreiche Reglementierungen für die Niederlas- sung brachte und in der Ärzteschaft für breiten Unmut sorgte.

Dobritz entschied sich, nach dem Examen zunächst eine Auszeit von der Medizin zu nehmen und es mit der Ma- lerei auch beruflich zu versuchen. Im- mer häufigere Anfragen nach seinen Bil- dern hatten ihn darin bestärkt. Er arbei- tete inzwischen mit einigen Galerien zu- sammen und lernte, wie man auch unter Druck kreativ sein kann.

Der Erfolg blieb, Dobritz ist längst über Fachkreise hinaus bekannt und hat Ausstellungen in ganz Deutschland. „Ich habe mich nie gegen die Medizin ent- schieden“, sagt er, aber der Erfolg als Ma- ler hat eine Rückkehr in den Arztberuf bislang verhindert. Dass es dazu noch einmal kommt, ist unwahrscheinlich.

Die Berichte aus dem Arbeitsalltag sei- ner Frau, die als Klinikärztin arbeitet, und aus einem „medizinlastigen Freun- deskreis“ geben ihm nicht das Gefühl, dass Ärzte heute wieder mehr Zeit für ihre Patienten haben als bei seinem Aus- stieg nach Approbation und Promotion.

„Das Gesundheitswesen hat den Turn-around nicht geschafft. Es hat sich eine Planwirtschaft über die Medizin ge- stülpt“, lautet seine Einschätzung. Bereut hat er sein Studium dennoch nie, im Ge- genteil: „Medizin war nicht die falsche Entscheidung. Das Studium war sehr erkenntnisreich und hat mich an viele existenzielle Fragen des Lebens herange- führt.“ Dirk Schnack

Dr. Stefan Dobritz in seinem Atelier in Lü- beck, wo er seine Bil- der nachbearbeitet und rahmt. Zum Ma- len geht er in die Na- tur, wo er häufig von Menschen auf seine Arbeit angesprochen wird.

(12)

D E U T S C H E R Ä R Z T E T A G

Wichtiger Schritt zur neuen MWBO

Neben der Weiterbildung beschäftigten sich die Delegierten des 120. Deut- schen Ärztetages in Freiburg u. a. mit der Digitalisierung und der GOÄ.

D

ie Ärzteschaft ist einer kompetenz- orientierten Novellierung der (Muster)-Weiterbildungsordnung (MWBO) ein gehöriges Stück nä- her gekommen. Am letzten Sit- zungstag des 120. Deutschen Ärz- tetages beschäftigten sich die De- legierten mit dem rund 1.000 Seiten starken Abschnitt B, der u. a. Schwer- punktbezeichnungen und Facharztbe- zeichnungen regelt. Erstellt wurde die Vorlage von Bundesärztekammer und Landesärztekammern unter Federfüh- rung von Schleswig-Holsteins Kammer- präsident Dr. Franz Bartmann und un- ter Beteiligung von Fachgesellschaften, Berufsverbänden und anderen ärztli- chen Organisationen. Am Ende der Be- ratung herrschte mehrheitlich Über- einstimmung: Der Ärztetag stellte klar, dass er den inzwischen fortgeschritte- nen Novellierungsprozess weiterhin un- terstützt. Er forderte alle Beteiligten auf, die Arbeiten nun zügig zum Abschluss zu bringen. Ziel der Novelle ist es, dass die ärztliche Weiterbildung künftig ei-

ner neuen Struktur folgt. Die Kernfra- Fotos:Chr

istian Glawe-Griebel, helliwood.com

ge soll nicht mehr lauten, wie oft und in welcher Zeit Inhalte erbracht, sondern wie und in welcher Form sich Kenntnis- se, Erfahrungen und Fertigkeiten ange- eignet werden. „Die kompetenzorien- tierte Weiterbildung ist am Ergebnis ori- entiert, nicht am reinen Ableisten von Zeiten“, erläuterte Bartmann als Vorsit- zender der Weiterbildungsgremien der Bundesärztekammer. Die Inhalte der MWBO werden in Weiterbildungsblö- cke und Weiterbildungsmodi gegliedert, um den Ablauf besser zu strukturieren.

Berufsbegleitende Weiterbildungen und neue Lernmethoden sollen mehr Flexi- bilität schaffen. Zur verpflichtenden Do- kumentation des Weiterbildungsfort- schritts für Weiterzubildende und Wei- terbildungsbefugte soll zukünftig ein bundeseinheitliches, elektronisches Log- buch zur Verfügung stehen. In weiteren Beschlüssen sprach sich der Ärztetag da- für aus, die Facharzt-Kompetenz „All- gemeinchirurgie“ sowie „Hygiene und Umweltmedizin“ zu erhalten. Die Dele- gierten forderten zudem, die im Landes- recht festgeschriebenen Zuständigkeits-

und Verantwortungsbereiche der Lan- desärztekammern zu wahren. Jeglichen politischen Bestrebungen, die ärztliche Weiterbildung unter dem Aspekt der Si- cherstellung der Versorgung limitieren zu wollen, müsse entgegengetreten wer- den. Der Ärztetag betonte außerdem, dass Weiterbildungsstätten die Voraus- setzungen dafür schaffen müssten, dass die Weiterbildungsbefugten sowie ihre jungen Ärzte ausreichend Zeit für die Weiterbildung haben. Arbeitgeber müss- ten die Voraussetzungen dafür schaf- fen, die geforderten Weiterbildungsin- halte im Rahmen verschiedener Arbeits- zeitmodelle zu ermöglichen, um auch der Vereinbarkeit von Familie und Beruf Rechnung zu tragen. Ferner forderte der Ärztetag eine kontinuierliche Evaluation der Weiterbildung. Verabschiedet wer- den soll die novellierte MWBO als Ge- samtpaket auf dem nächsten Deutschen Ärztetag im Mai 2018 in Erfurt.

Weiteres zentrales Thema in Frei- burg war die Digitalisierung des Ge- sundheitswesens. Ausführlich wurden die damit verbundenen Chancen und

250

Delegierte aus al- len Landesärztekam- mern kamen zum 120.

Deutschen Ärztetag zusammen, darunter neun aus Schleswig- Holstein. Der nächs- te Deutsche Ärzte- tag findet vom 8. bis 11. Mai 2018 in Er- furt statt.

(13)

Dr. Franz Bartmann

Sascha Lobo

Hermann Gröhe Risiken nach einem Gastbeitrag von Sa-

scha Lobo beleuchtet. Deutlich wur- de: Die Ärzteschaft muss die Verände- rungsprozesse aktiv mitgestalten. Not- wendig sei eine Digitalisierungsstrate- gie, die auch ethische Grundlagen zum Umgang mit neuem Wissen und Metho- den schafft, die Rolle digitaler Metho- den in der Gesundheitsversorgung so- wie Grundsätze des Datenschutzes defi- niert und Antworten auf offene Finan- zierungsfragen bietet.

Die Delegierten forderten in Frei- burg die Einführung eines bundesein- heitlichen Gütesiegels für Gesundheits- Apps, das zum Schutz der Patienten Da- ten- und Anwendungssicherheit ge- währleisten soll. Digitale Gesundheits- anwendungen sollten analysiert und im Hinblick auf Wirksamkeit, Unbedenk- lichkeit und medizinische Qualität be- wertet werden. Dadurch solle eine trans- parente und unabhängige Positivlis- te von sinnvollen digitalen Anwendun- gen geschaffen werden. Die Einführung einer sektorenübergreifenden elektro- nischen Patientenakte etwa bietet nach Einschätzung des Ärztetages Chancen zur Verbesserung der Patientenversor- gung. Notwendig sei aber, dass die Ein- führung und Nutzung solcher Anwen- dungen kontinuierlich wissenschaftlich untersucht und begleitet wird. Der Ge- setzgeber indes müsse sicherstellen, dass die gesetzlich festgelegten Anwendun- gen wie z. B. elektronischer Medikati- onsplan und Notfalldatensatz in punkto Sicherheit und Anwenderfreundlichkeit problemlos in Praxisverwaltungs- und Krankenhausinformationssysteme inte- griert werden können.

Bartmann zeigte sich als Vorsitzen- der des Telematikausschusses der BÄK überzeugt, dass sich die Rolle der Ärz- te hin zu einer weiteren Stärkung der Pa- tientenposition wandeln wird. „Wenn Ärztinnen und Ärzte diese neue Rol- le annehmen, werden sie trotz und gera- de wegen der zu erwartenden gravieren- den technischen Veränderungen für eine gute Patientenversorgung unverzicht- bar bleiben.“ Die Delegierten begrüß- ten grundsätzlich die Möglichkeiten di- gitaler Anwendungen, die jedoch nicht zu mehr Bürokratie in Klinik und Pra- xis führen dürfe. Der Aufbau der Tele- matikinfrastruktur sei eine gesamtgesell- schaftliche Aufgabe, die aus Steuermit- teln finanziert werden müsse.

Auch beim Thema telemedizinischer Behandlungen tut sich einiges. Anders als oftmals vermutet ist Fernbehandlung keinesfalls durch das ärztliche Berufs- recht generell verboten, bei Bestandspa- tienten vielmehr gebräuchlich und weit- gehend unkritisch. In Baden-Württem- berg erprobt die Landesärztekammer in einem Modellprojekt die ärztliche Be- handlung ausschließlich über Kommu- nikationsnetze, ohne dass im Vorfeld ein

direkter Arzt-Patienten-Kontakt statt- gefunden haben muss. Dr. Ulrich Cle- ver, Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg, berichtete in Frei- burg über die neu geschaffenen Möglich- keiten der Anamnese- und Befunderhe- bung per Telefon. „Wir wollen für unsere Patienten eine moderne und allzeit ver- fügbare Methode der Kontaktaufnah- me, der Beratung, der medizinischen und therapeutischen Hilfe schaffen“, sag- te Clever. Mehrere Modellprojekte sei- en in der Pipeline und würden von der Landesärztekammer geprüft. Ein Kri- terienkatalog der Landesärztekammer soll dabei die Einhaltung von medizini- schen Standards sowie von Datenschutz- und Qualitätsanforderungen sicherstel- len. Die Delegierten des Ärztetages for- derten, digitalisierte Versorgungsange- bote in die Regelversorgung zu überfüh- ren. „Hierbei bieten sich insbesondere telemedizinische Leistungen an, die sich bereits bewährt haben, wie im Fall von chronischer Herzinsuffizienz, Schlag- anfällen oder Diabetes mellitus Typ II“, heißt es in einer Entschließung des Ärz- teparlaments. Dringend notwendig sei- en zudem einheitliche und verbindliche Marktzugangsregeln für E-Health-In- novationen, wofür die bereits erwähn- te Zertifizierung digitaler Anwendungen förderlich sein könnte. Es gelte, Deutsch- land als Standort für E-Health-Lösungen zu stärken. Mit überwältigender Mehr- heit wurde somit eine Ergänzung des § 7 Abs.4 der (Muster)Berufsordnung durch

folgenden – von Schleswig-Holsteini- schen Delegierten eingebrachten – Satz beschlossen: „Von den Sätzen 1 und 2 [ausschließliches Fernbehandlungsver- bot] kann die Ärztekammer in beson- deren Einzelfällen Ausnahmen für de- finierte Projekte mit wissenschaftlicher Evaluation zulassen, wenn sichergestellt ist, dass berufsrechtliche Belange nicht beeinträchtigt werden. Andere gesetzli- che Bestimmungen bleiben hiervon un- berührt.“

Weiteres Schwerpunktthema war die GOÄ-Novellierung. In einem mit eben- falls überwältigender Mehrheit ange- nommenen Beschluss gab der Ärztetag Rückendeckung für die weiteren Ver- handlungen. Insbesondere die unmittel- bare Einbindung der ärztlichen Berufs- verbände und wissenschaftlich-medizi- nischen Fachgesellschaften in den No- vellierungsprozess wurde von den De- legierten begrüßt und soll unbedingt fortgeführt werden. Deren Änderungs- vorschläge zum Leistungsverzeichnis gelte es nun mit dem Verband der Pri- vaten Krankenversicherung (PKV-Ver- band) und der Beihilfe abzustimmen.

Der Beschluss des Ärztetages sieht au- ßerdem vor, dass ein geeignetes Verfah- ren zur dauerhaften Beteiligung auch über den Novellierungsprozess hinaus zu Fragen der Weiterentwicklung und

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Pflege der neuen GOÄ etabliert wer- den soll.

Für den weiteren Novellierungs- prozess hat der Ärztetag die Bundesärz- tekammer beauftragt, die überarbeite- ten Entwürfe zum Leistungsverzeich- nis und den finalen Bewertungen der GOÄ an das Bundesgesundheitsminis- terium zu übergeben und Änderungen der Bundesärzteordnung (BÄO) und des Paragrafenteils der GOÄ zu akzep- tieren – allerdings unter der Auflage von zwölf vom Ärztetag formulierten Bedin- gungen.

Auch die langfristige Sicherstel- lung der medizinischen Versorgung in Deutschland war Thema des Ärztetages – und damit rückte der jüngst formulierte Masterplan Medizinstudium 2020 in den Mittelpunkt. Die Delegierten in Freiburg forderten Bund und Länder dazu auf, die Zahl der Medizinstudienplätze sofort um mindestens zehn Prozent zu erhöhen und ausreichend zu finanzieren. Ohne einen Ausbau der Studienplatzkapazitä- ten werde der Masterplan hinter den Er- wartungen zurückbleiben, hieß es. Die im Vorwege u. a. in Schleswig-Holstein kritisierte und im Masterplan vorgese- hene optionale Einführung einer Land- arztquote lehnte der Ärztetag ab. Die Bundesländer sollten von dieser Mög- lichkeit keinen Gebrauch machen, lau- tete die Empfehlung. Eine zwangsweise Verpflichtung zur Landarzttätigkeit im Tausch gegen einen Studienplatz könne die intrinsische Attraktivität der primär- ärztlichen Versorgung nicht stärken.

Gleichwohl hält der Ärztetag neue Konzepte zur Sicherstellung der haus- ärztlichen Versorgung für erforderlich.

Neben dem demografischen Wandel machten dies auch verbesserte und spe- zialisiertere Behandlungsmöglichkeiten sowie veränderte Präferenzen der nach- folgenden Ärztegenerationen erforder- lich. Hausärztlich geleitete interprofes- sionelle Praxisteams stellten eine Mög- lichkeit dar, andere Berufsgruppen stär- ker und koordiniert in die Versorgung einzubeziehen, hieß es in Freiburg. Der Ärztetag forderte die Bundesärztekam- mer auf, hier konzeptionell im Sinne ei- ner stärkeren Ausrichtung der hausärzt- lichen Versorgung auf die Behandlung chronisch kranker Patienten sowie auf Prävention und Rehabilitation zu wir- ken. Auch die Weiterentwicklung intra- und interprofessioneller regionaler Ver- sorgungsstrukturen, einschließlich ei- ner sektorenübergreifenden Versorgung, sollen dabei berücksichtigt werden.

In einer weiteren Entschließung for- derte der Ärztetag, die Unabhängigkeit von ärztlichen Entscheidungen auch für angestellte Ärzte in der ambulanten Ver- sorgung sicherzustellen. Hintergrund ist, dass Medizinische Versorgungszent- ren immer häufiger eher ökonomischen

Zielsetzungen folgten. Die Delegier- Foto:

nicola timpe

Die Delegation aus Schleswig-Holstein in Freiburg: Bir- te Leykum, Dr. Gisa Andresen, Dr. Tho- mas Schang, Dr. Sa- bine Reinhold, Dr.

Hans Irmer, Dr. Svan- te Gehring, Dr. Hen- rik Herrmann, Kars- ten Brandstetter (kaufmännischer Ge- schäftsführer), Manu- ela Brammer (Leite- rin Weiterbildungsab- teilung), Petra Imme, Dr. Carsten Leffmann (ärztlicher Geschäfts- führer) und Dr. Ilka Petersen-Vollmar (von links).

ten stellten klar, dass vertraglich gesetz- te Anreize, die darauf abzielen, Diagnos- tik- oder Behandlungsentscheidungen zu beeinflussen, der ärztlichen Berufs- ordnung widersprechen. Sorge berei- tet den Ärzten auch, dass sich in immer mehr Bereichen der ambulanten ärztli- chen Versorgung konzernartige Struk- turen ausbilden. Die Delegierten forder- ten den Gesetzgeber auf, die Größe sol- cher Strukturen zu begrenzen. Die Re- gelungen für die Zulassung seien zu- dem zu überprüfen und so anzupassen, dass die Zulassungsausschüsse ihre Ent- scheidungen an den Erfordernissen ei- ner guten regionalen Versorgung aus- richten können. Auch ein grundlegender gesundheitspolitischer Strategiewech- sel hin zu einer stärkeren Patientenori- entierung wurde in Freiburg gefordert.

Der von der Politik ausgerufene „Wett- bewerb im Gesundheitswesen“ erwei- se sich zunehmend als verhängnisvoll.

Ärzte, Krankenhäuser und Pflegeberu- fe stünden unter einem ständigen finan- ziellen Leistungsdruck. Es werde primär auf Kosten- und Mengenbegrenzung ge- setzt. „Diese Politik hat uns in die wei- che Rationierung und in schlechtere Versorgung zu höheren Kosten geführt“, hieß es in einer Entschließung. Stattdes- sen müsse auf eine Optimierung der Pa- tientenversorgung hingearbeitet wer- den. Voraussetzung sei, den Bedarf an medizinischer Versorgung regional auf-

geschlüsselt zu untersuchen und regio- nale Versorgungsziele unter strukturier- ter Zusammenarbeit aller Akteure zu de- finieren. „Nur in gemeinsamer Verant- wortung können die Herausforderungen einer modernen und komplexen Patien- tenversorgung gemeistert werden. Ärzt- licher Sachverstand ist dabei unabding- bar“, so der Ärztetag.

Vor dem Hintergrund des anhalten- den Andrangs in den Notfallambulan- zen forderte der Ärztetag einen konse- quenten Ausbau sektorenübergreifen- der Notfallversorgungsstrukturen. Dies müsse in Kooperation zwischen Klini- ken und Praxen erfolgen und sektoren- übergreifend extrabudgetär finanziert werden, hieß es. Patienten sollten besser darüber aufgeklärt werden, in welchen Fällen sie in die Notaufnahme kommen, beziehungsweise einen niedergelassenen Arzt aufsuchen sollten.

Konkret forderten die Delegierten, Notfallpraxen an dafür geeigneten Kli- niken als Anlaufstellen zu schaffen. Im Rahmen des vertragsärztlichen Bereit- schaftsdienstes könnten Patienten dort ambulant versorgt und bei Bedarf an die stationären Notaufnahmen weitergelei- tet werden. Zudem riefen die Delegier- ten Städte, Kreise und Kommunen auf, ihren Auftrag zur Daseinsvorsorge ernst zu nehmen und ausreichend Ressourcen zur Verfügung zu stellen. (PM/RED)

(15)

A N T I B I O T I K A

Ärzte in Plön werden aktiv

Fibel für alle Netzpraxen erstellt. Enge Kooperation mit örtlichem Labor. Aufklärungskampagne gefordert.

D

ie Resistenzen von Bakterien ge- gen Antibiotika sind ein in der Fachwelt schon lange bekann- tes Problem. Auch bei den Patien- ten in den Praxen der Plöner Ärzte sind Resistenzen an der Tagesord- nung – in der Bevölkerung ist das Problembewusstsein dennoch nur ge- ring ausgeprägt.

Auch deshalb gingen die Ärzte des Plöner Praxisnetzes vergangenen Monat an die Öffentlichkeit. In einer Pressekon- ferenz im Labor Plön machten vier Ärzte aus dem Netz, darunter Laborärztin Dr.

Annegret Krenz-Weinreich, auf die nach ihrer Einschätzung prekäre Lage auf- merksam. Sie schilderten ihre eigenen Aktivitäten, die sie vor Ort bereits um- setzen, machten aber auch deutlich: „Wir brauchen eine Aufklärungskampagne.“

Und die können weder die Ärzte in Plön noch die Ärzte landesweit allein leisten.

In der Verantwortung sehen sie bei der Erfüllung dieser Forderung in erster Li- nie Politik und Krankenkassen. Ein Vor- bild gibt es auch: In Frankreich laufen

solche Aufklärungsspots zur besten Sen- dezeit im Fernsehen, berichtete Krenz- Weinreich. Wie notwendig die Aufklä- rung ist, machte der hausärztliche In- ternist Dr. Gerold Menne deutlich: „Der Wunsch der Patienten nach Antibioti- ka ist ungebrochen.“ Längst nicht immer sei dieser Wunsch gerechtfertigt und lei- der lassen sie sich nicht in jedem Fall von ihrem Wunsch abbringen, auch nicht von ihrem Arzt. Die Plöner Ärzte räum- ten ein, dass beide – Patienten und Ärz- te – sich ihrer Verantwortung stärker be- wusst werden müssten.

In Plön hat sich das Netz deshalb in einem ersten Schritt eine Fibel aus dem benachbarten Netz in Ostholstein zum Vorbild genommen und an seine regio- nalen Bedürfnisse in der Region ange- passt. Die Übersicht zur kalkulierten An- tibiotikatherapie wurde in mehreren Sit- zungen einer Arbeitsgruppe erstellt. Ziel ist es, den Ärzten eine Entscheidungs- hilfe zu geben. „Dabei geht es nicht da- rum, Kosten zu sparen, sondern um ei- nen gezielteren Einsatz“, sagte der stell-

vertretende Netzvorsitzende Dr. Thomas Quack. Mithilfe der Fibel hofft das Netz, die Resistenzentwicklung in der Region bremsen, den Wirkungsverlust verschie- dener Antibiotika aufhalten und die An- sprechrate der Therapie erhöhen zu kön- nen. Auch in der Kassenärztlichen Ver- einigung Schleswig-Holstein ist die Fibel nach Angaben Quacks bereits bekannt;

die Plöner Ärzte wurden zu einem kürz- lich angesetzten Brainstorming zum Thema nach Bad Segeberg eingeladen.

Warum haben die Plöner Ärzte nicht einfach die Fibel aus Ostholstein über- nommen? Immerhin investierte die Ar- beitsgruppe drei mehrstündige Sitzun- gen, um die Empfehlungen für ihren Kreis inhaltlich zu erstellen. Tatsäch- lich ist die Situation von Region zu Re- gion unterschiedlich. Ein Grund ist die völlig andere Kliniklandschaft mit unter- schiedlicher Patientenstruktur: In Ost- holstein etwa gibt es im Unterschied zu Plön zahlreiche Rehakliniken.

Finanziell möglich wurde die Fibel für das Plöner Praxisnetz nur, weil es ei- nes der von der KVSH geförderten Net- ze in Schleswig-Holstein ist. Aus diesen Mitteln konnte das Netz den Druck der 100 Exemplare bestreiten. Der Netzvor- sitzende Dr. Joachim Pohl lobte in der Pressekonferenz besonders die enge Zu- sammenarbeit mit dem Labor. Fast alle Netzärzte arbeiteten mit dem Labor vor Ort zusammen, weil es ihnen einen kur- zen Draht ermögliche. „Bei Fragen ha- ben wir jederzeit einen Ansprechpart- ner“, betonte Pohl. Weiteres Plus: Weil so viele Ärzte aus dem Kreis mit diesem La- bor arbeiten, kann es umfassende Analy- sen zum Krankheitsgeschehen im Kreis liefern. Regelmäßige Statistiken hierzu werden an die Ärzte geschickt, bei Be- darf können auch Sonderanalysen vor- genommen werden. So können die Ärz- te beraten, mit welchen Maßnahmen sie auf das Keimgeschehen in ihrer Regi- on reagieren wollen. Neben den geschil- derten Problemen sorgen sich die Ärz- te in Plön auch wegen der in verschiede- nen Medien bereits berichteten Liefer- engpässe, von denen mehrere Hersteller betroffen sind. Die im Mai vorgestellte Fibel soll wegen der zahlreichen Proble- me denn auch nur ein erster Schritt sein, kündigte Laborärztin Krenz-Weinreich an. Sie wünscht sich etwa ein Antibioti- ka-Stewardship für ganz Schleswig-Hol- stein auf freiwilliger Basis im ambulan- ten Bereich.

Das Praxisnetz Plön existiert be- reits seit 20 Jahren. Es war nach Anga- ben Pohls damals das zweite Ärztenetz, das sich in Schleswig-Holstein gründe- te. Nicht nur mit dem Labor pflegen die niedergelassenen Ärzte heute einen kur- zen Draht, auch die Zusammenarbeit mit Pflegeheimen und Krankenhäusern wird jetzt intensiviert.

Dirk Schnack Die enge Zusammen-

arbeit mit den Mit- arbeitern des Labors Plön (LADR) ist für die 45 niedergelas- senen Ärzte des Plö- ner Praxisnetzes ein wichtiger Baustein ih- res Einsatzes für eine kalkulierte Antibioti- katherapie. Die Ärzte bekommen vom ört- lichen Labor schnel- le Ergebnisse und können offene Fra- gen ohne Zeitverlust klären.

Foto: di

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Folgende Räume stehen nunmehr primär für unsere eigenen Veranstal- tungen, aber auch für externe Dritte zusätzlich zur Verfügung:.. ■ Erwin-Payr-Saal für

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„Dafür kann man werben.“ Hat sich der Studierende für eine assistenzärztliche Tätigkeit in der Augenheilkunde entschieden, wirke ein ausgefeiltes klinisches