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Das /-Jaqtul im Semitischen.
Von Eduard KUnlg,
In den letzten Jahren ist von so verschiedenen Seiten her die
Prage nach dem ürsprang und der Bedeutung der Jaqtulformen,
die mit präfigiertem oder präf ormati vischem l auftreten , ventiliert
worden, dass es mir zeitgemäss zu sein scheint, wenn ich einen
kurzen zusammenfassenden und kritischen Überblick über den Stand
der Prage veröffentliche. Vielleicht gelingt es mir dabei, das
schwierige Problem in ein helleres Licht zu setzen und seiner
Lösung entgegenführen zu helfen. Vorauszusenden habe ich nur
noch die Bemerkung, dass ich die Bezeichnung „Jaqtul' dem oft¬
mals nicht passenden Ausdruck „Imperfekt" vorziehe.
I. Beginne ich mit dem Hebräischen, so ist :rinb 1 K.
6, 19 nach meiner Ansicht aus innb „dass er stelle oder unter¬
bringe' geworden. Ebenso entstand die andere analoge Porm 5nn
17, 14b (KHlb) aus einem inn, dessen i auf mrr' V. 14a zurück¬
wies. Diesen Namen fügte man hinter inn ein , nachdem dessen
1 entweder aus zufälliger graphischer Verirrang oder aus un-
bewusstem Streben zur Wiederherstellung des dritten Stamm¬
konsonanten von zu 5 (l) geworden war'). Jedenfalls ist das
überlieferte innb 1 K. 6, 19 für den Infinitiv zu halten (cf das
Targüm irab, PeS.: )QcdS., LXX: Sovvat), wie auch David Qimchi
im Mikhlol, S. 76b und im Wurzelbuch s. v. in: richtig erkannte.
Also enthält innb 1 K. 6, 19 keine Spur vom Gebrauche des
b als einer Pinalkonjunktion, wie es im Arabischen li mit dem
Subjunktiv (cf. ^.ÄjJ etc. bei Caspari-Müller' § 380, 2) ist, wobei
o £ tj .
keine Ellipse von . ! oder j' zu statuieren sein dürft? (Pleischer,
1) Spuren des unbewussten Strebens nach Bewahrung des dreikonsonantigen Verbalstammes sind zusammengestellt in meinem „Historisch - kritischen Lehr¬
gebäude des Hebräischen mit komparativer Berücksichtigung des Semitischen überhaupt", Bd. 2 (1895), S. 348. 372'. — Die „Syntax" erscheint soeben.
König, Daa l-Jaqtul im Semitischen. 331
Kleinere Schriften, Bd. 2, S. 84)'). Übrigens für das Ägyptisch-
Arabische vgl. gegenüber Spitta § 165b das Urteil Von Völlers-):
„Die Verbindung der Präposition li mit dem Imperfekt ist so wenig
zulässig, wie die gleiche Verbindung von di (Spitta § 93 c)'. Das
alttestamentliche Hebräisch zeigt also auch keine Parallele zum
arabischen li mit dem Modus Apocopatus (wie lijunßq etc. bei
Caspari-Müller g 382, 1), zum assyrischen likSvd (Delitzsch,
Assyr. Gramm, g 93), zum minäischen und zum äthio¬
pischen la mit dem Subjunktiv (Dillmann, Äthiop. Gramm, g 90),
z. B. A.E^1**JI (fiat), was sich im Amharischen nur noch
bei der 1. sing, des Subjunktivs zeigt: z. B. A/J^J^S"! »ich
will gehen' (Prätorius, Amhar. Gramm. § 279 b).
Aber in der Mi Sna begegnet z. B. bia-'b Berakhöt 2, 8;
T-i-^b 4, 5; yn^b Aböt 4, 22; Nräb Jebamöt 1, 4*) neben nsiob
'Aböda zara 1,1. In jenen Beispielen liegt konjunktionaler Ge¬
brauch von b geradeso, wie in den Worten, die Ibn Ezra zu
Num. 24, 20 schrieb: laN-'b nnnsi „nnd sein Ende, dass er
untergehe ^).
Dass aber jene b-Pormen gleich dem mit b verbundenen
Infinitiv verwendet wurden, erklärt sich nach meiner Ansicht
daraus , dass die 3. sing. masc. auch schon im Althehräischen oft
das generelle Subjekt „man' vertrat. Darnach begreift sich nicht
bloss z. B. biB-'b nsi-iii Ber. 2, 8 und nn-'b bis; 4, 5, sondern
darnach konnte auch Nifiblp Nb (Jeb. 1, 4) „sind nicht davon
abgehalten, dass man heirate' gesagt werden, und deshalb konnte
z. B. mit naiB inib "ji-iS (Sopherim 14, 6) „es ist nötig, dass
man Lob spende" abwechseln niipb 'T'ia 14, 18.
Ich kann mir die Pormen, wie bia-'b oder Tn-'b, nicbt anders
erklären, als dass sie ein neuer syntaktischer Ersatz des
Infinitiv - Gebrauchs sind , aber nicht eine neue Bildung des
Infinitivs, wie es z. B. Sal. Stein, Das Verbum in der Mischna¬
sprache, S. 33 darstellt, indem er sagt: „Im Infinitiv Kal in Ver¬
bindung mit Lamed werfen die ursprünglichen n"D das althebräische
1) Überdies Icommt dieses li rait dem Subjunktiv auch, obgleich „nur unoigentlich" {zum Toil ironisch) in der Bedeutung „mit dem Endcrfolge, dass"
vor (Kloischer, Kleinere Schriften, Bd. 1, S. 397).
2) Vullors, Beitritte zur Kenntnis der lobenden arabischen Sprache in ÄgyptuM (Zl)MÜ. 18«7, :)Ü5 il.), S. 308. Vgl. dort weiter.
3) IluHunel, Siidtirabischc Chrestomathie 18D3, §7G: „Als Konjunction ist
^ dom IMiMÜisclien durchnus nicht fremd".
4) N'ili? steht ohne in dor Berliner Misna-Ausgahu von 18H2 gegoniiher Nifb, was Sal. Stein, Das Vnrliuni in der Misuhna.sprnchc 1880, S. 3C bietet.
5) Auch dur kunjunktiunalr Gobraui'li vun 3 nahm später wenigstens in der Dichtorsprucliu /u. Beispiele und diu ilarauf ho/,ü^liclion Äusserungen Abülwalids sind vun Haclior, YAMii. 1SS2, 405 1. besprochen.
332 König, Das l-Jaqtul im Sendiischen.
n dieser Form ab und lassen das Jod mit dem Scb'wa des Lamed
zu Zere zusammenfliessen'. Da würde man doch mindestens
n-i'; -|- 5 = Tiib , also mit Chireq unter dem Lamed , erwarten.
Wie unbegründet die z. B. noch von Stein vertretene Auffassung
ist, ersieht man aus den Worten, die er bei den Verba n"s (S. 32)
gebrauchen muss, um diese Theorie festzuhalten. Er sagt: „Im
Infinitiv Kal mit Lamed verschwinden das Chateph-Segol und das
Scb'wa, und erscheint wahrscheinlich in Anlehnung [!] an das
Imperfektum [!] der Vokal ö'. Nein, in -ittib liegt eine Kontraktion von 17311 und b vor, die aus der Häufigkeit dieses Verbs sich erklärt.
Dass dies der Hergang der Sache war, ersieht man daraus, dass
diese Kontraktion nur noch bei dem ebenfalls höchst gebräuch¬
lichen bsib auftritt, während bei den relativ weniger gebrauchten Verba es, wie z. B. liosb, heisst, also der imperfektische Ersatz
des Infinitivs nicht zur Geltung kam. Bei andem Verben kämpfte
mit der behamnden Infinitivform der neue Infinitiv e r s a t z , wie z. B. bei nabb und 'r;b"'b, und die alte Infinitivbildung beharrte
da am meisten , wo sie eine stark ausgeprägte Form besass , wie
bei den Verba tertiae semivocalis.
II. Auf dem aramäischen Gebiete zeigt das Zingirli in
der Hadad-Inschrift, Z. 23 die fragliche Gruppe nDn^b. D. H.MüUeri) hat die betrefifende Zeichengnippe als ihm unsicher erscheinend über¬
gangen. Nöldeke aber hat in ZDMG. 1893, S. 93 geurteilt, dass
nach dem Abklatsch sicher nsnib zu lesen und dass dieses mit
„möge er ausgiessen' zu übersetzen ist. Nöldeke möchte auch
in yrttb Z. 24 eine Kontraktion von yivh sehen, während jenes
yDWb nach D. H. Müller, WZKM. 1893, S. 133 „ein Infinitiv mit b'
ist, wie das ebenfalls in der 24. Zeile stehende bsNb. Über die
letzterwähnte Form hat Nöldeke nicht gesprochen. Müller aber
hat (S. 122 f.) mehrere Momente dafür beigebracht , dass auch im
Aramäischen die Bildung des Infinitivs durch präfigirtes m
eine sekundäre Erscheinung ist, die nur im Schriftsyrisch die völlige
Herrschaft besitzt, während in älteren und jüngeren Dialekten (vgl.
z. B. Nöldeke, Neusyrische Gramm., S. 213; ZDMG. 1881, S. 229»;
Guidi, ZDMG. 1883, S. 295) auch Wörter ohne m sich in infini¬
tivischer Funktion befinden. Die Angabe in Wrights Lectures on
the Comparative Grammar of the Semitic languages 1890, S. 195,
dass der Infinitiv „in Aramaic but one form, bupn, ^^o>r>'
zeige, ist auf jeden Fall zu absolut.
Im Biblisch - Aramäischen sodann haben die Formen SnMb
(Dn. 2, 20 etc.; Esra 4, 12 etc. 14 Mal und nifib 4, 22), finb
(Dn. 2, 43 etc.; Esra 6, 10 etc. 6 Mal) und T;irTb' Dn. 5, 17 zum
Teil optativischen Sinn (Dn. 2, 20; 3,18; Esra 4,12 etc.), aber
1) D. H. MüUer, Die altsemitischen Inscbriften von Sendschirli (Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes 1893, 33 flf. 113 ff.).
König, Da» l-Jaqtul im Semitischen. 333
anderwärts, wie in Ninb i"! Dn 2, 28 f., besitzen die Formen
keine optativische Bedeutung.') Die Verwendung des Ninb etc.
in Pallen, wo ein optativischer Ausdruck am nächsten lag, beweist
aber nicht sicher, dass in Ninb etc. ein nicht-indikativi.sches Ge¬
bilde vorliegt. Denn nicht bloss besitzt der Indikativ des Jaqtul
auch den Sinn, welchen man den postulatorischen nennen kann-'),
sondern die gewöhnliche Form des Jaqtul, die in Sprachen mit
Modusbildung der Indikativ zu nennen ist, dient in solcben
Sprachen, die der Modusbildung weniger oder mehr entbehren,
auch als Subjunktiv oder Optativ. So ist es vielfach schon z. B.
im Hebrilischen und so noch mehr ira Aramäischen, welches in der
Modusbildung — schon — sehr arm ist.") Da steht z. B. "lUN;.
Dan. 2, 7 für ,er müge sagen!' Nun ist die mit / anlautende
Form überhaupt die einzige Form der 3. sing. masc. und der
3. plur. des Jaqtul von (i<)nin. Folglich war sie auch in Sätzen
optativischen Sinnes zu verwenden. Am wahrscheinlichsten aber
enthalten nach meiner Ansicht die erwähnten /-Formen Ninb etc.
eine lautliche Variation des Präformativs, bei deren Entstehen das
l der Tendenz m i t wirkte.
Diese Ansicht nimmt Rücksicht darauf, dass im Aramäischen
weithin das mit l durch so viele Lautprocesse verwandte n als
Präformativ der 3. sing. masc. und der 3. plur. herrscht, und dass
die in Rede stehenden /-Formen zum modalen Sinn des Jaqtul
teilweise eine neutrale Stellung einnehmen. Auch vermeidet diese
Ansicht Schwierigkeiten , wie sie den noch zu erwähnenden Auf¬
fassungen gegenüberstehen.
Das / der b i b 1 i s c h - a r a m ä i s c h e n Formen Ninb etc. ist
•vgl'.'
also nach meiner Ansicht eine phonetisch-ideelle Erscheinung.
Dieses / ira Biblisch-Aramäischen für ein bloss ideelles Phänomen
zu halten, stösst sich nach meinem Urteil daran, dass diese /-Formen
im Biblisch-Aramäisch die einzige Gestaltung der 3. sing. masc.
und der 3. plur. des Jaqtul von Nin sind. Denn wenn das / von
Ninb etc. bloss das / der Tendenz wäre, so würde zu erwarten
seinj dass daneben die indikativische Form Nin"" etc. im Gebrauch
geblieben wäre. Übrigens schwindet gegenüber der phonetisch¬
ideellen Auffassung des biblisch-aramäischen Ninb etc.
das Bedenken , welches Dietrich*) einstmals in die Frage kleidete :
1) Beides ist aucli von Kautzscli , Orammatik des Bibliscli-AramKtschen (1886) § 47 k (S- 79) constatiert worden.
2) Aucli dem arabischen jaqtulu (cf. Reckendorf, Die syntaktischen Verhältmsse des Arabischeu 1895, § 33) und dem äthiopischen jeqätel
(cf. Dillmann, Äthiop. Gramm. § 89 a) sowie dem assyrischen ilcasad
(Delitzsch, Assyr. Oramm. § 134, 1) kann durch den hetreffenden Kontext ein postulatorischer Sinn eingehaucht werden.
3) Vgl. z. B. Marti, Gramm, des Biblisch-Aramäischen (1896), § 32 und Strack, Oramm. des Biblisch-Aramäischen' (1897), § 13 c.
4) Dietrich, Das neuhebräisch-aramäische Futurum mit b (Abhandlungen zur hebräischen Grammatik, S. 180 tf.), S. 182.
334 König, Das l-Jaqtul im Semitischen.
, Stand b ganz in der Funktion des "•, wamm fände sich nirgends
einmal auch am apokopierten Futurum das b statt des ^ , wie
noch kein i^b statt •»rv' nachzuweisen gewesen ist?* Dieser Ein¬
wand erledigt sich bei der von mir empfohlenen Annahme, dass
bei der Variation von j und l im Biblisch-Aramäischen der Sinn
des /, nach welchem dieses auf das' Strebeziel hindeutete , nur
mitgewirkt hat.
Über den Sinn der Jaqtulformen mit l , die im ausser¬
biblischen Aramäisch gefunden werden , ist man neuerdings
zu folgenden Urteilen gelangt. Dalman , Grammatik des jüdisch¬
palästinischen Aramäisch (1894), S. 211 f. bemerkt: „Neben dem
herrschenden j findet sich « nur in Sätzen, welche einen Wunsch
oder eine Absicht ausdrücken, einige Male b, in den jerusalemischen
Targumen nur bei mn (im Onkelos niemals) , im palästinischen
Talmud und Midrasch anch bei andem Verben." Er zählt dann
alle ihm bekannten Fälle auf, z. B. Nn^b, er sage; "^"laibn, dass er
Segen spreche; nTO^b Nbi, damit er nicht sterbe'). Femer betreffs
des aramäischen Idioms des babylonischen Talmud sagt Barth,
ZDMG. 1889, S. 189: „Rosenbergs^) Übersetzungen der Imperfekte
mit b in indikativischer Art sind durchweg unrichtig. Im baby¬
lonischen Talmnd stehen diese Formen ausschliesslich in jussivischer Funktion: z.B. ansn-'b, er rechne". Nur wenig wird dieses Ürteil
von C. Levias') limitiert, indem er schreibt: „That the b has
originally a jussive force, largely retained in our late texts, admits of no doubt", cf. iinib ,let them tell".'') Aber Nöldeke, Man¬
däische Grammatik, ^. 215 f. konstatierte ausdrücklich, dass ein
Unterschied der Bedeutung zvnschen diesen Formen mit n und l
nicht existiert (S. 217).
Soweit die Z-Jaqtulformen des ausserbiblischen Ara¬
mäisch zu Zweigen des Aramäischen gehören, in denen das Prä¬
formativ heiTScht, scheinen sie mir ein wesentlich ideelles
Phänomen darzustellen. Denn in den betreffenden Zweigen des
ausserbiblischen Aramäisch sind diese mit l präformierten Pormen
nicht die einzige Gestaltung der 3. sing. masc. und der 3. plur.
des Jaqtul der betreflfenden Verba, sondem existiert die mit j an¬
lautende Form daneben, wie in diesen Zweigen des ausserbiblischen
Ai-amäisch von mn sowohl iin^ als auch ^inb auftritt.^) In diesen
Zweigen des ausserbiblischen Aramäisch liegt also derselbe Vor-
1) Über den Ursprung dieses b hat Dalman kein Urteil ansgesprochen.
2) Rosenberg, Das aramäische Verbum im babylonischen Talmud.
3) C. .Levies, A Grammar of the aramaic idiom contained in tbe baby¬
lonian Talmud (American Journal of Semitic languages [= „Hebraica"]) 1897, pag. 21 ss., 118 ss. etc.
1) Betreffs des Sinnes dieser b-Formen neigen sich diese Gelehrten also zu dem Urteil von S. D. Luzzatto , Grammatik des cha'däischen Idioms im habylonischen Talmud, § 72.
ö) Siehe die Belege bei Dalman, J.-P.-Aramäisch 1894, S. 294.
König, Deu l-Jaqtul ün Semitiaehen. 335
gang, wie im Nenhebräischen (s. o. S. 331 f.), vor. — Soweit
aber die mit l präformierten Pormen des Jaqtul zu den
Zweigen des Aramäischen gehören, in denen, wie im aramäischen
Idiom des babylonischen Talmud nnd im Mandäischen, neben / das
n als Präformativ der 3. sing. masc. und der 3. plur. herrscht,
sind die /-Pormen für ein wesentlich phonetisches Phänomen
zu halten, bei dessen Verwendung das / der Tendenz teilweise
konkurrierte. Denn n und / haben nun einmal in vielen Sprach¬
vorgängen sich als höchst verwandte Laute erwiesen, und die n-
Formen und die /-Formen des Jaqtul zeigen mindestens im Man¬
däischen keine ideelle Verschiedenheit. Wenn aber im aramäischen
Idiom des babylonischen Talmud der jussivische Sinn der /-Formen
hervortritt, kann bei diesem Gebrauche der /-Formen das / der
Tendenz umsomehr mitgewirkt haben, weil in den ürspmngskreisen
des babylonischen Talmud das /-Jaqtul der jüdisch - palästinischen
Dialekte des Aramäischen ein Faktor des Sprachgebrauchs gewesen
sein kann. — Diese Auffassung des /-Jaqtul des aramäischen Idioms
des babylonischen Talmud und des Mandäischen ti-ägt auch dem
Umstände hinreichend Rechnung, den Dietrich betont, und dann
Adalb. Merx') noch genauer beleuchtet hat, dass den erwähnten
Idiomen das ziel andeutende / nicht völlig fehlt.
Das Nebeneinanderstehen von n- und / - Pormen der 3. sing,
masc. und der 3. plur. des Jaqtul hat ganz neuerdings J. Barth ^)
und nach ihm C. Levias (ebenda S. 122) folgendermassen zu er¬
klären gesucht: , that both, b and are demonstrative particles,
the first used for the jussive, the last for the indicative, and that
these particles are not prefixed to the forms bup^, bapni etc.,
but substitute the ■>-prefix'. Sie sehen also in den Präforma¬
tiven n und / zwei Laute, welche der schaffende Sprachgenius von
vorn herein als Mittel des Ansdmcks verschiedener Geistesregungen
gewählt habe. Sie finden also in dem Nebeneinanderstehen dieser
n- und /-Formen eine primäre und nur ideelle Erscheinung. Aber
nach dem Obigen scheint es mir richtiger, in diesem Wechsel von
n und / einen sekundären imd mindestens anch lautlichen Vorgang
zu sehen. Ein ursprünglicher und bloss ideeller Unterschied dieser
n- und /-Formen ist weniger wahrscheinlich, weil eine solche
Difi'erenz hauptsächlich im Mandäischen nach Nöldeke nicht kon¬
statiert werden kann. C. Levias hat auch selbst erkannt, dass der
Hypothese von Barth zwei Hauptbedenken gegenüberstehen, nämlich
dass 1) im babylonischen Talmud auch bei der ersten Person
pluralis n und / wechselt, auch da biap^: und bitap^b auf¬
tritt, und 2) dass im Aph'el ein i hinter b und : sich zeigt. Er
meint nun , das erstere Bedenken könne durch die Annahme weg-
1) Herx, Grammatica syriaca, pag. 256 s.
2) J. Bartli, Das syrische Imperfekt-Präfix n (American Joumal of Semitic Languages 1897, S. 1—6).
336 König, Das l-Jaqtul im Semitischen.
geräumt werden , dass das Prilformativ der 3. sing. masc. eine
falsche Analogiewirkung auf die erste Person pluralis ausgeübt
habe. Dies wiire aber doch wenig natürlich gewesen. Betrett's
des erwähnten zweiten Bedenkens meint Levias, dass das im Aph'el
hinter b oder : vorkommende ' einen , change of the vowel of
the prefix" anzeige, denn ,a pronunciation ba~]b is unsupported by orthography and unknown to tradition". Ei- ineint also, wenn ich seine kurzen Worte richtig verstehe, dass das in Jaqtulformen des Aph'el sich zeigende "^b oder die Ausspi-ache /i oder ni (an¬
statt la oder na) anzeige. Nach meiner Meinung kann man betrett's
dieses ^ eber annehmen, dass es beim Abschreiben aus Nachahmung
des ■' anderer Jaqtulformen gefiossen ist. Also auch .jener erstere
Einwand, den Levias selbst aus dein Wechsel von n und l in der
ersten Person pluralis geschöpft hat, spricht gegen den primären
und bloss ideellen Ursprung der in Rede stehenden Z-Pornien.
Weiterhin will H. Grimme') die oben S. 2 erwähnten Ausdrucks¬
weisen des Arabischen etc. (altarabisches lijaqhil, äthiopisches lajeq-
tel, assyrisches lülik) mit dem biblisch - aramäischen NWb, dem
talmüdisch-aramäischen b'üpb und dem mandäischen bnüp^b auf
eine und dieselbe Stufe stellen. Er will auch speciell in Niri';
Dan. 2, 20 etc. einen „Jussiv mit /<" (S. 90) finden. Nach ibin ist es „aus li-jehw& ganz iihnlieh kontrahiert wie assyrisches Ullik aus lü-illik' (S. 91). Aber so einfach können die mit präfigiertem l auftretenden Jaqtulformen aller dieser Sprachen nicht koordiniert
werden. Denn z. B. im Assyrischen steht neben liicsud und lik-
Sudü auch lu-tu5abir (sie zerbreche). Da ist also erwiesen, dass
in jenen ersteren Pormen eine Verschmelzung von lu mit i-j statt¬
gefunden hat. Aber wenn es auch (s. o. S. 335), nicht völlig an
Spuren davon fehlt, dass das finale b auch ausserlialb der 3. sing,
masc. und der 3. plur. z. B. im Mandäischen gebraucht wurde, so
sind diese ganz vereinzelten und zum Teil fraglichen Spuren keine
hinreichende Basis , um mit dem arabischen lijnqtul etc. z. B. die
mandäische Form biüp^b auf eine Stufe zu stellen, zumal im Man¬
däischen sich eine optativische Bedeutung dieser /-Formen nicht
beobachten lässt. Ich halte es deshalb für wahrscheinlicher, dass
bei der Entstehung der mit präfigiertem l auftretenden Jaqtulformen
des Semitisohen mehr als ein Faktor thätig gewesen , m e h r als
ein Ausgangspunkt anzunehmen ist.
Endlich sind noch zwei Ansichten zu beurteilen , die speciell
das biblisch-aramäische Nnnb betreffen.
Gleich vielen älteren Gelehrten hat wieder de Goeje (Theo¬
logisch Tijdschrift 1885, S. 70) gemeint, in N-n"; Dan. 2, 20 etc.
die Präposition b mit dem Infinitiv erkennen zu dürfen. Aber
erstens wäre dann der Infinitiv oline 73 gebildet und nur Nrab
1) H. Orimme, Grundzüge dor iiebräisehen Accent- und Volinllehre (1896), S. 85.
König, Daa l-Jaqtid im Semüisehen. 337
Esra 5, 13 (worüber insbesondere Kautzsch, Gramra. des Biblisch-
Aramäischen, S. 80 nachzusehen ist) mit ihra vergleichbar. Die
von Driver, Tenses of Hebrew» § 204 (pag. 277^) angeführten
Beispiele von Infinitivi Pe'al ohne 12 werden in ihrer linguistischen Originalität von Dalman, J.-P.-Aramäisch, S. 225 bestritten. Ausser¬
dem wären dann i'inb und l^inb unbegreifliche Analogiegebilde.
Einige endlich "wollen das Ninb etc. Dan. 2, 20 etc. von den
andern oben erwäbnten Jaqtulformen isolieren und aus einem
individuellen Anlass ableiten. Sie wollen dem Ninb keinen sprach¬
geschichtlichen, sondern einen religionsgeschichtlichen Ursprung geben.
Sie meinen, es rühre aus der Scheu vor dem Gottesnamen mn-<
her (so Meinhold zu Dan. 2, 20; Bevan, A short commentary on
Daniel 1892, p. 35 f.; Gall, Die Einheitlichkeit des Buches Daniel
1895, S. 21; Marti, Biblisch - Aramäisch 1890, § (35 a; Strack,
Biblisch-Aramäisch^ 1897, § 23 k). Aber abgesehen davon, dass
Ninb nicht isoliert werden kann , und dass dann •(i~b und -i^irh
.. ....f.. ^ _ _ ' ' «IV 't : V |...
überaus weitgehende Analogiebildungen sein müssten, ist überhaupt
nicht anzunebmen, dass aus dem erwähnten religiö.sen Motiv Verbal¬
formen geändert worden seien. Ausserdem findet sich N.inb auch
in Esra 4, 12 etc., während im Buehe Esra gar noch nicht eine
Scheu vor dem Gebrauche des Namens mni festzustellen ist (vgl.
darüber meine „Einleitung in das Alte Testament mit Einsehluss
der Apokryphen und der Pseudepigraphen des Alten Testaments", S. 387).
Bd. LI.
2 C
22
338
Berichtigung.
Interdum Homerus dormitat , geschweige denn andere Stanb-
geborene. Mir ist auf p. 71 des vorigen Heftes dieser Zeitschrift
bedauerlicherweise das Versehen passiert, dass ich im Paradigma
der syrischen Grammatik von Nöldeke den Druckfehler ISk*20»,
^ ^ rY>* statt j , , ^-<A 4 übersehen , und fc^^x»?^ wliwJOf als
syrische Pormen behandelt habe. Etwas mehr Aufmerksamkeit
hätte mich den Dmckfehler erkennen, lassen müssen. Denn ganz
von anderem abgesehen , erwähnt Nöldeke selbst im Texte von
§ 176 keine Formen wie y. y» «^ k*)ik«2oi, führt nicht in § 230 Formen
wie jik«»», i. ^ny t« als Ausnahmen an und schreibt selbst § 183
richtig fckJl. , K'OO) ! S a c h 1 i c h ist es für meine Argumentation
am angeführten Orte ziemlich irrelevant, ob es fcwJoi etc. oder
fc^«:o» heisst. Ich bitte aber gefälligst die Leser der Zeitschrift
die beiden Absätze auf p. 71, 1897: ,Aber man spricht doch* etc.
und ,Dass hier in der That' etc. bis p. 72: „Dagegen heisst es
wieder hebr.' etc. .jetzt so umzuändern:
Aber man spricht doch in der 2. pers. sing, und plur. Perf. Peal
der Neutra von den Verb. tert. ^, und in denselben Formen der
abgeleiteten Perf. aller Verb. tert. ^ im Syr. z. B. >y .* f„ ^
^j^^ , l^M^oV , vpfci.«2D»7 etc. Hier weist nicht die Aussprache
wie K«> r- etc. auf eine ursprüngliche ch'dijt etc. hin, sondern das
Qu§L im t dieser Pormen nach dem silbischen i ist eine Bildung nach
Analogie dieser Personen vom starken Verbum') (fcs^^^jo), während
die 1. pers. sing. Perf. von den betreflFenden Verb, das Rukkächä
bewahrt hat, wiederum entsprechend der 1. pers. sing, des starken
1) Hierzn die Anm. 1 anf p. 78.
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