• Keine Ergebnisse gefunden

"Doch nicht unser Kind..."

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie ""Doch nicht unser Kind...""

Copied!
6
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Unterstützung für Eltern krebskranker Kinder

Bearbeitet von

Dr. Martine Hoffmann, Dr. Elke Freudenberg, Dr. Gilles Michaux, Dr. Sven Gottschling

1. Auflage 2013. Taschenbuch. 178 S. Paperback ISBN 978 3 7945 2891 2

Format (B x L): 14,5 x 22 cm

Weitere Fachgebiete > Medizin > Human-Medizin, Gesundheitswesen > Medizin, Gesundheit: Sachbuch, Ratgeber

Zu Inhaltsverzeichnis

schnell und portofrei erhältlich bei

Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft.

Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm

(2)

Die Behandlungsphase und der Alltag

`

` Gefühlschaos nach der Diagnose

»Warum musste das gerade meinem Kind passieren?«

Mit der quälenden Frage nach dem »Warum« sehen sich Eltern, meist nach Mitteilung der Diagnose, aber auch zu späteren Momenten bei der Ausei- nandersetzung mit der Krankheitswirklichkeit ihres Kindes konfrontiert.

Auch wenn sich diese Frage aus rein medizinischer Sicht nicht eindeutig beantworten lässt, so ist es ein ganz zentrales und natürliches Bedürfnis eines jeden Elternteils, eine Erklärung für die Erkrankung seines Kindes zu (er)finden. Bei der Suche nach möglichen Krankheitsursachen können sich ganz unterschiedliche und z.T. »irrationale« Gedanken aufdrängen, etwa persönliche Ursachen im Sinne einer elterlichen Mitschuld. Oftmals quälen sich die Eltern mit Selbstvorwürfen (z.B. »Hätte ich doch nur ...«) und -beschuldigungen (z.B. »Wenn ich mich in der Schwangerschaft mehr geschont hätte, wäre mein Kind jetzt vielleicht nicht krank.«). Manche Eltern machen andere Personen oder Umstände (z.B. Gott, den Partner, die Umweltverschmutzung) für die Entstehung der Krankheit verantwortlich.

Obwohl diese subjektiven Krankheitsvorstellungen aus wissenschaftlicher Sicht nicht haltbar sind, nehmen sie im Rahmen der persönlichen (und familiären) Auseinandersetzung mit der Krankheitsrealität eine wichtige Funktion ein.

Da die Eltern mit ihren subjektiven Theorien und Grundeinstellungen zur Krankheit den innerfamiliären Dialog mit den Kindern während des Krankheitsverlaufes stark prägen, ist es wichtig, dem behandelnden Arzt die eigenen Krankheitsvorstellungen und -theorien offenzulegen. So können ge- gebenenfalls Vorstellungen verändert und Wissensdefizite behoben werden.

Das kindliche Krankheitsverständnis wird ganz entscheidend von den elterlichen Vorstellungen beeinflusst.

(3)

Auch wenn man sich darum bemüht, in extrem belastenden Situationen einen »kühlen Kopf« und Ruhe zu bewahren, so kann es kaum dauerhaft gelingen, unerwünschten Gedanken und Gefühlen den Zugang zum Be- wusstsein zu verwehren. Ganz im Gegenteil: Unterdrückte Ängste, Befürch- tungen, Sorgen, Schuldgefühle wollen wahrgenommen werden und lassen sich nicht – zumindest nicht auf Dauer – vollständig aus dem Bewusstsein drängen (vgl. Ferring u. Filipp 2000; Hoffmann 2008).

Die erste »Verwirrung« ist vollkommen normal. Sie sind bislang noch nie mit einer solchen Lebenssituation konfrontiert gewesen. Die Angst vor dem Sterben liegt in den ersten Momenten, nachdem Sie die Diagnose erfahren ha- ben, natürlich näher, als an die Möglichkeiten der modernen Medizin bei der Krebsbehandlung zu denken (s. auch Freudenberg 1990). Viele Informationen strömen auf Sie als Eltern ein, viele Entscheidungen müssen getroffen werden – und das alles möglichst schnell. Angesichts eines derartigen Ereignisses völlig überfordert zu sein, ist zunächst eine ganz »natürliche« Reaktion. Die Praxis zeigt uns jedoch, dass Menschen in Krisen meist nur eine Zeitlang fürchten, die Probleme und Anforderungen, die an sie herangetragen wer- den, nicht lösen zu können. Doch es ist immer wieder erstaunlich zu sehen, welche Kraft und Fähigkeiten eine solche Lebenskrise dann in Menschen freisetzen kann, um die damit verbundenen Herausforderungen zu meistern.

`

` Das Arztgespräch

Dem ärztlichen Aufklärungsgespräch kommt in dieser extremen Stresssitu- ation eine Schlüsselrolle zu. Neben der Vermittlung rein sachlich-medizi- nischer Informationen hat der Arzt auch andere Aufgaben, ist auch eine wichtige Vertrauensperson. Er kann den Betroffenen und Mitbetroffenen

• emotionalen Halt vermitteln,

• psychische Überforderung erkennen und

• auf professionelle psychosoziale Unterstützungsangebote verweisen.

Darf ich, als Elternteil eines krebskranken Kindes, dem Arzt meine eigenen Befürchtungen und Ängste preisgeben?

Es ist niemandem – weder Ihnen noch Ihrem Kind – geholfen, wenn Sie Ihre emotionale Belastung beim Arztgespräch herunterspielen. Keiner – am

(4)

müssen, der immer nur stark, hoffnungsvoll und optimistisch gestimmt ist. Angst, Wut, Ärger, Zorn, Trauer oder Verzweiflung bilden nur einen Bruchteil des negativen Gefühlsspektrums ab, das Eltern in einer derartigen Krisensituation durchleben können. Entscheidend ist dabei:

• die Dauer und die Intensität, mit der Sie diese negativen Gefühle er- leben bzw.

• wie stark Sie sich dadurch in Ihrer psychischen Handlungsfähigkeit eingeschränkt fühlen und

• welche persönlichen Ressourcen vorhanden sind, um Ihren emotionalen Stress abzumildern.

Fühlen Sie sich mit der aktuellen Situation überfordert, teilen Sie es dem Arzt unmittelbar mit und warten Sie nicht darauf, dass jemand anderes Sie darauf aufmerksam macht. Sie müssen nicht mit allem allein klarkommen.

Es gibt vielfältige professionelle und informelle Unterstützungsmöglichkei- ten (z.B. psychologische Einzel- oder Familienberatung, Selbsthilfegrup- pen), die Sie nutzen können (s. auch »Institutionelle und soziale Unterstüt- zungsmöglichkeiten«, S. 132, und Anhang, S. 149).

Informieren Sie sich! In der Regel sind Arztgespräche kein einmaliges Unter- fangen. Sie sind ein kontinuierlicher behandlungsbegleitender Prozess, der sich an Ihrer jeweiligen Informationsaufnahmebereitschaft, Ihren Wünschen und Bedürfnissen orientiert. Die Ziele von Arztgesprächen sind:

• Sie über die Krankheit Ihres Kindes und deren Behandlungsmöglichkei- ten angemessen zu informieren,

• Sie aktiv in die Therapieplanung und -entscheidungen mit einzubezie- hen,

• Sie mit der Organisation und dem konkreten Ablauf der Behandlung vertraut zu machen,

• Ihnen Orientierungshilfen anzubieten, wie Sie Ihre eigenen Handlungs- und Unterstützungsmöglichkeiten optimal nutzen können (»Was kann ich als Elternteil selbst tun?« oder »Wo und bei wem kann ich welche Art von Unterstützung erhalten?«),

• Ihnen emotionalen Halt zu vermitteln und konkrete Möglichkeiten aufzeigen, wie Sie Ihr Kind (und sich selbst) während der Therapie unterstützen können.

(5)

Arztgespräche, die direkt im Anschluss an die Diagnosestellung oder zu kritischen Momenten während des Behandlungsverlaufes geführt werden, sind jedoch wegen der ausstehenden Untersuchungs- oder Analysebefunde immer mit emotionalem Stress verbunden. Ein zusätzlicher Stressfaktor ist der oftmals enge, vorgegebene Zeitrahmen, in dem das Gespräch stattfinden muss. So kann es passieren, dass stressbedingt wichtige Fragen nicht gestellt oder vergessen werden (»Weißkittel-Black-out«). Daher empfiehlt es sich für Eltern (und evtl. auch für den Betroffenen) wichtige Gesprächsinhalte und Fragen bereits im Vorfeld vorzubereiten.

TippNotieren Sie alle wichtigen Fragen, die Sie dem Arzt unbedingt stellen wollen, auf einen Zettel, den Sie dann zur Besprechung mitnehmen. So können Sie verhindern, dass durch Aufregung oder Zeitdruck wichtige Fragen vergessen oder übergangen werden.

• Zeichnen Sie ggf. das Gespräch auf ein Diktiergerät auf, um zu Hause in Ruhe alles nachzuhören, was gesagt wurde.

• Bitten Sie ggf. auch eine Vertrauensperson, Sie zum Arztgespräch zu begleiten: Zum einen hören vier Ohren bekanntlich mehr als zwei und zum anderen haben Sie dann eine Person Ihres Vertrauens dabei, die Ihnen emotionalen Rückhalt geben kann.

• Ältere Kinder und Jugendliche sollten möglichst auch bei Diagnose- und Therapiegesprächen anwesend sein. Dann können sie selbst Fragen stellen und fühlen sich ernst genommen.

• Fragen Sie, was immer Sie wissen wollen, auch wenn Sie mehrmals dieselben Fragen stellen, da Sie sich nicht alles auf einmal merken können. Scheuen Sie sich nicht, so lange nachzufragen, bis Sie meinen, genügend zu wissen.

In den meisten Kliniken wird Ihnen auch schriftliches Material zur Ver- fügung gestellt, das Sie zu Hause noch einmal durchlesen können. Die vorgeschlagene Therapie in ihren Grundzügen zu verstehen ist wichtig, um irrationalen Ängsten möglichst vorzubeugen. Daneben ist es aber, speziell für die Bewältigung und Organisation Ihres Alltags von Bedeutung, dass Sie erfragen, was in nächster Zeit auf Ihr Kind zukommt:

• Wann muss es in welche Klinik und für welchen Zeitraum?

(6)

• Welche körperlichen Nebenwirkungen sind zu erwarten?

• Wie sind deren Auswirkungen auf die Gefühlslage?

• Welche Behandlungsschritte können Ihrem Kind bedrohlich, beängsti- gend erscheinen?

• Was könnte ihm seelische Schmerzen bereiten?

Nach all den Antworten auf Ihre Fragen klärt sich für Sie dann mit der Zeit, wie Sie Ihr Kind während seiner Krankheit am besten unterstützen können.

`

` Dem Kind die Diagnose vermitteln

Betroffene Kinder und Jugendliche sollten selbstverständlich in alle Überle- gungen der Eltern altersgerecht mit einbezogen werden.

Die Frage sollte nicht sein, ob Sie Ihrem Kind die Diagnose mitteilen, son- dern wie dies geschieht.

Hier können die behandelnden Ärzte und Pflegekräfte, die viel Erfahrung in diesem Bereich haben, helfen. Auch psychosoziale Mitarbeiter der Klinik

»Wir sind bei dir«

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Versteckte Signale des Patienten, die sich oft als Andeutungen erkennen lassen (»Die Klara ist ja jetzt auch schon tot.«), oder andere Varianten der sogenannten »symboli-

1 Folgende Personen, soweit sie nicht dem Berufsgeheimnis nach dem Strafgesetzbuch 4 unterstehen, sind zur Meldung verpflichtet, wenn konkrete Hinweise dafür bestehen,

Die Reaktionen zahlreicher Mitglieder in den letzten Tagen und Wochen haben gezeigt, dass unsere Kolleginnen und Kollegen sehr wohl den Ernst der Lage begrif- fen haben, sehr

Bei der nasa- len Form der Kryptokokkose sind Atemgeräusche, Schluckbe- schwerden, ein- oder beidseitiger eitriger oder blutiger Nasenaus- fluss, nasopharyngeale Granu- lome,

Filmvorführung, anschließend Gespräch mit Helene Maimann (Wien) Veranstaltungsort: Jüdisches Museum Hohenems. Kartenreservierung:

Bei einem Auftritt in Stepanakert, der Hauptstadt der Region, trat der armenische Premier für eine Vereinigung Berg-Karabachs mit Armenien ein und wurde mit den Worten

Doch es zeigte sich, dass ein Ersatz von Palmöl einen massiv erhöhten Flächenbedarf zur Folge hätte, weil die anderen Öle nicht so ertragsreich sind.. Würde man Palmöl durch

D er Mehrzahl aller ech- ten Nahrungsmittelal- lergien bei Jugendli- chen und Erwachsenen liegt eine respiratorische Allergie zu- grunde: Die spezifischen, beispiels- weise gegen