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2. Sonntag nach Trinitatis 2014

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2. Sonntag nach Trinitatis 2014

Paulus schreibt im 1. Korintherbrief:

Dass ich das Evangelium predige, dessen darf ich mich nicht rühmen; denn ich muss es tun. Und wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht predigte!

Obwohl ich frei bin von jedermann, habe ich doch mich selbst jedermann zum Knecht gemacht,

damit ich möglichst viele gewinne.

Den Juden bin ich wie ein Jude geworden, damit ich die Juden gewinne.

Denen, die unter dem Gesetz sind,

bin ich wie einer unter dem Gesetz geworden - obwohl ich selbst nicht unter dem Gesetz bin -, damit ich die, die unter dem Gesetz sind, gewinne.

Denen, die ohne Gesetz sind,

bin ich wie einer ohne Gesetz geworden - obwohl ich doch nicht ohne Gesetz bin vor Gott, sondern bin in dem Gesetz Christi -, damit ich die, die ohne Gesetz sind, gewinne.

Den Schwachen bin ich ein Schwacher geworden, damit ich die Schwachen gewinne.

Ich bin allen alles geworden, damit ich auf alle Weise einige rette.

1. Korinther 9

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Predigt zu 1. Korinther 9, 16-23 Zweiter Sonntag nach Trinitatis 2014

Liebe Gemeinde,

das gibt es,

eine Aufgabe, die man sich nicht selber gesucht hat,

die einen überfällt, der man sich nicht mehr entziehen kann.

Sie kennen vielleicht die Geschichte von Heinrich Schliemann, der als Junge die Geschichte vom Kampf um Troja gelesen hat

und der sein ganzes Leben nicht mehr von dieser Geschichte losgekommen ist, der sich Geld zusammengespart hat und schließlich nach Kleinasien gefahren ist, um dort nach der versunkenen Stadt Troja zu suchen

und der sie schließlich auch aus dem Schutt der Jahrhunderte ausgegraben hat.

Es gibt ähnliche Geschichten:

Schauspieler, Musiker, Maler, Künstler,

die besessen waren von diesem Beruf,

die nichts anderes werden wollten als eben ein Künstler, auch wenn die Eltern vielleicht dagegen waren.

Und dann gibt es jene, die eigentlich etwas ganz anderes werden wollten und die dann etwas wurden, was sie nicht mehr losgelassen hat.

So einer ist der Apostel Paulus.

Ein merkwürdiger Mann, dieser Apostel Paulus.

Ich bin in der letzten Woche ein paar Tage in Nordgriechenland gewesen,

unter anderem in Thessaloniki, da habe ich an Paulus manchmal denken müssen.

Wie hat er gelebt, empfunden, gedacht?

Seine Briefe sind zweitausend Jahre alt,

manches verstehen wir fast nicht zunächst einmal.

Und manchmal staunen wir auch über seine Gedanken, manches ist tröstlich für uns, spricht uns an.

Es gibt Texte bei Paulus, die liegen uns schwer im Magen.

„Das Weib schweige in der Gemeinde“, schreibt er etwa.

Da bekäme er was zu hören, wenn er zu uns in den Frauenkreis käme!

Und dann schreibt er auch so unwahrscheinlich schöne Texte, die sich die Brautleute auch nach zweitausend Jahren noch für ihre Hochzeit wünschen:

„Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei, aber die Liebe ist die Größte unter ihnen.“

Was war das für ein Mensch, dieser Apostel Paulus?

Er war die prägende Gestalt im ersten Jahrhundert der Kirche.

Kein Jünger Jesu war er, nein, er wollte zunächst nichts damit zu tun haben.

(3)

Wir kennen seine Geschichte, wie er erst mal ein fanatischer Gegner der Christen war, Er „schnaubte mit Drohen und Morden gegen die Jünger des Herrn“,

so steht es in der Apostelgeschichte (Kapitel 9, da können Sie es nachlesen).

Also ein ganz wilder Gegner, mit Schaum vor dem Mund.

Und dann wurde er buchstäblich aus der Bahn geworfen, er ist vom Pferd gestürzt: „Saul, Saul, was verfolgst du mich?“

Sie kennen die Geschichte.

Und nun lässt uns Paulus heute morgen einen Blick in seine Seele tun.

Er schreibt im Predigttext aus dem 1. Korintherbrief:

„Dass ich das Evangelium predige, dessen darf ich mich nicht rühmen, denn ich muss es tun.“

Ja, das gibt es also,

einen inneren Zwang, dem man sich nicht entziehen kann,

eine Aufgabe, die einen überfällt, die man sich nicht selber ausgesucht hat, man muss es tun.

Eine Geschichte aus Indien.

Ein Schüler kommt zu einem alten, erfahrenen Meister, einem Lebens-meister.

Der Schüler sagt: „Ich möchte gerne zu Gott finden, ich will erkennen, wer Gott ist, kannst du ihn mir zeigen?“

Der Meister sagt: „Wenn du nach Gott wirklich verlangst, dann wird Gott zu dir kommen!“

Der Schüler versteht nicht, was der Meister damit sagen will.

Da führt ihn der Meister an eine Fluss und stößt den Kopf des Schülers unters Wasser, taucht ihn unter, dass dem Schüler die Luft ausgeht und er zappelt wie ein Verrückter, und dann lässt der Meister ihn wieder los.

„Und - was hast du empfunden dort unter Wasser?“ fragt der Meister.

„Ich hatte das Verlangen nach Luft, nach einem Atemzug!“

Da fragt der Meister:

„Ersehnst du Gott ebenso stark wie den Atemzug dort unter Wasser?“

Der Schüler überlegt: „Nein, so stark nicht!“ sagt er.

Da sagt der Meister:

„Erst dann, wenn du Gott so stark verlangst wie du eben nach Luft geschnappt hast, erst dann wirst du ihn finden!“

„Ich habe mir das Evangelium nicht ausgesucht“, sagt Paulus,

„ich muss es weitersagen, ein innerer Zwang, ich habe keine andere Wahl.“

Saulus wird zu Paulus.

In der Bibel gibt es einige Geschichten von Menschen, denen es ähnlich ergangen ist wie Paulus. Sie werden sie kennen: Absturzgeschichten, Umkehrgeschichten.

Jona

, der vor Gott fliehe will und dann doch nach Ninive geht, Sie wissen, die Sache mit dem Fisch.

Mose

, der eigentlich nur die Schafe hüten will am Berg Sinai,

der alle möglichen Ausreden hat („Ich kann doch gar nicht gescheit reden!“), und der dann doch geht.

Jeremia

, der Prophet, ein interessanter Mann, der gar kein Prophet sein will, der lieber in Ruhe sein Leben führen will.

Bei ihm lesen wir (Kapitel 20 im Jeremiabuch):

(4)

„Da dachte ich: ich will nicht mehr an Gott denken und nicht mehr in seinem Namen predigen.

Aber es war in meinem Herzen wie ein brennendes Feuer … ich wäre schier vergangen!“

So also geht es Paulus auch.

„Dass ich das Evangelium predige, dessen darf ich mich nicht rühmen, denn ich muss es tun.“

Und nun ist es interessant:

es entspricht diesem MUSS im Leben des Apostel Paulus etwas Anderes, Zweites, etwas ganz und gar Gegensätzliches.

Er schreibt nämlich weiter:

„Ich bin frei von jedermann.“

Also einerseits gibt es ein inneres MUSS, einen Zwang,

ich kann mir das nicht aussuchen, ob ich euch von Jesus erzähle oder nicht.

Und andererseits sagt er dann: Ich bin frei von jedermann.

Martin Luther hat zu diesem gegensätzlichen Gedanken, dass ein Christ gebunden und zugleich frei von jedermann ist,

ein kleines Büchlein geschrieben im Jahre 1520, also vor fast 500 Jahren.

Ich habe es hier dabei, damit Sie mir's auch glauben:

„Von der Freiheit eines Christenmenschen“.

Vielleicht kennen Sie diese Formulierung Luthers:

„Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan.

Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“

Ich bin so frei, für jedermann ein Knecht zu werden.

Bindung und Freiheit

, beides gehört zusammen,

das ist es, was wir heute morgen mitnehmen sollen aus dem Evangelium.

Ich bin frei, sagt Paulus, sagt Martin Luther, ich muss niemand zu Gefallen leben,

ich kann meine Tür öffnen,

ich kann meinen guten Ruf nicht verlieren,

weil ich ja von Gott aufgenommen worden bin als der verlorene Sohn.

Und jetzt kann ich solidarisch, barmherzig sein anderen gegenüber.

Sie haben es vielleicht noch im Ohr, wie das bei Paulus klingt:

den Juden bin ich ein Jude, den Heiden ein Heide geworden,

denen unter dem Gesetz bin ich wie einer unter dem Gesetz geworden, obwohl ich nicht unter dem Gesetz stehe,

und den Schwachen bin ich ein Schwacher geworden, damit ich die Schwachem gewinne.

Dafür gibt es ein neumodisches Fremdwort:

die Solidarität

, das ist, dass man sich auf eine gemeinsame Stufe stellt.

Paulus ist allen solidarisch geworden, er predigt nicht von oben herab, sondern er stellt sich auf die Stufe derer, mit denen er redet.

(5)

Es gibt ein indianisches Sprichwort:

„Niemand kann einen anderen Menschen verstehen, der nicht drei Jahre in seinen Mokassins gelaufen ist.“

Einen Menschen verstehen kann man nur, wenn man sich in ihn hineindenkt, wenn man seine Probleme, seine Sorgen versucht zu erspüren, zu ahnen.

Nur wenn ich den anderen in seiner Not begreife,

kann ich ihm auch etwas vom Evangelium weitersagen in seine Lebenssituation.

Jetzt sage ich es zum Schluss nochmal ganz anders.

Der heute zweite Sonntag nach Trinitatis hat das Thema „Die große Einladung.“

„Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“

sagt Jesus zu uns.

In der Kirche geht es nicht an erster Stelle um das, was wir tun müssen, sondern darum, dass uns einer in den Arm nimmt, uns erquickt.

Was ist denn „erquicken“? hab ich die Schüler in der Schule schon oft gefragt, wenn wir den Psalm 23 lernen:

„Der Herr ist mein Hirte.... er erquicket meine Seele.“

Und dann versuch ich es ganz anschaulich zu machen:

Wanderung in brütender Hitze, die Zunge hängt uns aus dem Hals, wir sind schlapp und hundemüde.

Und dann irgendwo ein schönes, großes, klares Glas Wasser....

das tut uns gut.

Das nennt man „erquicken“.

„Kommt her zu mir alle … ich will euch erquicken!“

In der Kirche geht es um eine Einladung, wir sollen aufatmen können.

Wir sollen frei werden.

Freiheit gibt es nur in einer Bindung, haben schlaue Denker gesagt.

Man muss sich irgendwo anbinden, irgendwo eingebunden sein, um frei zu werden.

„Niemand erfährt das Geheimnis der Freiheit, es sei denn durch Zucht“, schreibt Dietrich Bonhoeffer.

Bindung und Freiheit.

In dieser Spannung gelingt unser Leben.

Wir sind eingeladen: „Kommt her zu mir alle“. Jesus sagt es auch zu uns.

Und dann finden wir aus dieser Freiheit den Mut, auf andere zuzugehen, sie anzunehmen in ihrer Fremdheit, in ihrer Andersheit,

wir können solidarisch mit ihnen sein,

nicht so, dass wir wie ein Chamäleon uns überall anpassen bis zur Unkenntlichkeit, sondern so, dass wir uns einfühlen in den anderen,

den Juden ein Jude, den Heiden ein Heide,

den Fremden ein Fremder, den Zugezogenen ein Zugezogener, den Altlangenwinklern ein Altlangenwinkler werden,

und ihnen allen sagen:

Jesus nimmt euch an,

kommt mit euren Macken und Kränkungen,

euren Sorgen und Zweifeln ---- er wird uns Ruhe geben, uns alle erquicken.

Was für eine großartige Botschaft! Amen.

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