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Der überwiegende Teil der im Kanton Bern bestehenden juristischen Personen sind kleinere Unternehmen

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M 289/2006 JGK 28. März 2007 JGK C Motion

0561 FDP (Bolli Jost, Bern)

Weitere Unterschriften: 23 Eingereicht am: 29.11.2006

Liberale Lösungen für den Kanton Bern –

Religionsfreiheit für Unternehmerinnen und Unternehmer

Der Regierungsrat wird beauftragt, dem Grossen Rat eine Änderung des Kirchensteuergesetzes vorzulegen, welche die juristischen Personen von der Kirchensteuerpflicht befreit.

Begründung:

Im Gegensatz zu den natürlichen Personen, die einer Kirchgemeinde beitreten können und direkt von den Dienstleistungen dieser Kirchgemeinde profitieren, haben die juristischen Personen keine Wahlfreiheit, sondern sie werden gezwungen, einen Anteil ihrer Steuern für die Landeskirchen zu bezahlen. Der überwiegende Teil der im Kanton Bern bestehenden juristischen Personen sind kleinere Unternehmen. Hinter diesen Unternehmen stehen natürliche Personen, die in vielen Fällen keinen Bezug zu den Landeskirchen haben. Es ist grundrechtlich unhaltbar, der Religionsfreiheit dieser Personen nicht Rechnung zu tragen.

Bekannt ist, dass das Bundesgericht in ständiger Praxis die Verfassungsmässigkeit der Kirchensteuerpflicht juristischer Personen bejaht hat. Diese Rechtsprechung wurde aber von jeher vom überwiegenden Teil der Lehre kritisiert und abgelehnt. Es rechtfertigt sich, diese Frage im Kanton Bern jetzt politisch zugunsten der juristischen Personen zu entscheiden und diese von der Kirchensteuerpflicht zu befreien.

Antwort des Regierungsrates

Die Motion verlangt eine Änderung des Kirchensteuergesetzes (KStG) vom 16. März 1994 (BSG 415.0) zwecks Streichung der Kirchensteuerpflicht für juristische Personen. Das Begehren wird insbesondere damit begründet, dass juristische Personen keine Wahlfreiheit bezüglich einer Kirchenmitgliedschaft haben und auch nicht alle Besitzer von juristischen Personen einen Bezug zur Landeskirche haben.

Die Kirchensteuer für juristische Personen wurde im Kanton Bern immer wieder diskutiert.

Letztmals hat der Grosse Rat 1999 die durch die Motion Hess verlangte Abschaffung dieser Steuer mit grossem Mehr verworfen. In Erwägung, dass die Gründe für die Beibehaltung dieser Steuer nach wie vor stichhaltig sind, erachtet der Regierungsrat die Abschaffung der Kirchensteuer juristischer Personen als nicht sinnvoll.

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Begründung:

1. Rechtliche Überlegungen

Gegenüber den von der Motionärin eingebrachten Überlegungen, wonach juristische Personen keine Wahlfreiheit zur Kirchenmitgliedschaft haben, stützt sich der Regierungsrat auf die einschlägigen Entscheide des Bundesgerichtes, welches die Rechtmässigkeit dieser Steuer seit 1878 immer wieder eindeutig bestätigt hat.

Der letzte einschlägige Entscheid datiert vom 13.6.2000 (BGE 2P.130/1999). Darin hatte das Bundesgericht die staatsrechtliche Beschwerde einer Aktiengesellschaft abgewiesen, welche im Kanton Thurgau Kirchensteuern bezahlen muss. Die Aktiengesellschaft argumentierte vergeblich, das sich die Auffassung über das Verhältnis von Kirche und Staat seit dem Entscheid aus dem Jahre 1976 (BGE 102 I 468) massgeblich geändert habe. Das Bundesgericht hat die Kirchensteuerpflicht der juristischen Personen mit folgenden Argumenten gerechtfertigt:

• Nur die natürlichen Personen sind vor einer Besteuerung durch ihnen fremde Religionsgemeinschaften grundrechtlich geschützt. Die juristische Person führe ein eigenes, von den daran beteiligten Menschen getrenntes Dasein. Fiskalisch werde eine juristische Person als selbständiges Steuersubjekt behandelt, und es sei nicht einzusehen, weshalb «einzig und allein für die Kirchensteuer» auf die dahinter stehenden natürlichen Personen Rücksicht genommen werden müsse. Wer sich wegen ihrer (wirtschaftlichen) Vorteile für die Rechtsform der juristischen Person entscheide, könne konsequenterweise nicht verlangen, bei der Kirchensteuer wie ein Einzelunternehmen behandelt zu werden.

• In 20 Kantonen sei die Kirchensteuerpflicht für juristische Personen beibehalten worden.

• Die am 1. Januar 2000 in Kraft getretene Bundesverfassung ändere nichts an der Rechtslage. Aus der parlamentarischen Beratung über die neue Formulierung der Glaubens- und Gewissensfreiheit (Artikel 15 der Bundesverfassung) ergebe sich sogar, dass das Bundesgericht nicht zur Aufgabe seiner ständigen Praxis gezwungen werden sollte.

• Eine Praxisänderung hätte weitreichende Folgen für die Landeskirchen, die Kirchgemeinden und die betroffenen Kantone. Dieser Gesichtspunkt möge zwar eher rechtspolitischer Natur sein; er könne indes bei der Gesamtwürdigung, ob und in welchem Umfang sich die Verhältnisse gewandelt haben, nicht unbeachtet

gelassen werden.

Die Motion stellt die Kirchensteuerpflicht auf eine rein personelle Grundlage. Sie zieht jedoch die territoriale Grundlage nicht in Betracht. Die Kirchensteuerpflicht für juristische Personen knüpft aber nicht an persönliche Eigenschaften einer natürlichen Person an. Es ist nicht von Belang, ob die juristische Person einen Bezug zum kirchlichen Wirken aufweist. Die Kirchensteuer juristischer Personen ist als territorial gebundene Abgabe voraussetzungslos geschuldet.

2. Auswirkungen für die Kirchgemeinden und Landeskirchen und die gesamte Gesellschaft

Der Kirchgemeindeverband des Kantons Bern sowie die drei Landeskirchen lehnen eine Abschaffung der Kirchensteuer für juristische Personen ausdrücklich ab. Die Erträgnisse aus dieser Steuer machen im Durchschnitt 13 – 14 % der Einnahmen von Kirchgemeinden und Landeskirchen aus. Je nach Kirchgemeindestruktur kann dieser Anteil bis 25 % ausmachen. Ein Wegfall dieser Einnahmen würde die Ertragsbasis der 252 bernischen Kirchgemeinden, welche immerhin knapp 85 % der bernischen Gesamtbevölkerung ausmachen, empfindlich schmälern.

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In diesem Zusammenhang ist in Erwägung zu ziehen, dass Kirchgemeinden und Landeskirchen in hohem Masse gesamtgesellschaftliche Leistungen erbringen und eine beträchtliche Zahl an Arbeitsplätzen bieten.

In hohen Massen engagieren sich unsere Kirchgemeinden und Landeskirchen im sozialen und gesellschaftlichen Kontext. Es sind Leistungen, die unabhängig von der kirchlichen Mitgliedschaft der begünstigten Personen erbracht werden. Dabei zeigt sich, dass die sozialen Leistungen der Kirchgemeinden in Gebieten mit hohem Anteil an juristischen Personen weit höher ausfallen als in wirtschaftlich weniger entwickelten Gebieten.

Wohl trägt eine gute wirtschaftliche Entwicklung wesentlich zum Wohlstand und damit zur Entfaltungsmöglichkeit aller natürlichen Personen bei. Damit verbunden ist allerdings auch eine hohe soziale und gesellschaftliche Mitverantwortung. Es ist eine Tatsache, dass die Wirtschaftstätigkeit auch Nebenfolgen wie soziale und gesellschaftliche Probleme (Arbeitslosigkeit, Schwierigkeiten am Arbeitsplatz, Überarbeitung, Stress, Vereinsamung, Sinnkrisen usw.) zeitigt. In eben diesen Bereichen engagieren sich gerade Kirchgemeinden und Kirchen massgeblich.

Nach groben Schätzungen betragen die kirchlichen Leistungen sozialer und gesellschaftlicher Relevanz rund 40 % der Kirchensteuereinnahmen oder ca. 80 Mio.

Franken. Darin nicht eingerechnet sind die Mittel, mit denen Kirchen und Kirchgemeinden Institutionen wie Vereine für das Alter, Invalidenvereine, Behindertenwerkstätten, Hauspflegevereine, Blaukreuzvereine, Winterhilfe, Dargebotene Hand, Entwicklungs- und Katastrophenhilfe, Arbeitslosenprojekte usw. finanziell massgeblich unterstützen.

Kaum hochrechenbar ist überdies die Freiwilligenarbeit in den verschiedensten Sparten wie Diakonie, Beratung, Bildung und Kultur. Gemäss einer Studie der evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Bern aus dem Jahre 2000 wurden im Jahr 1997 789'100 freiwillige Stunden geleistet. Auf alle drei Landeskirchen gerechnet dürfte dies somit ca. 1 Mio. Stunden ausmachen. Freiwilligenarbeit bedarf aber immer auch der professionellen Unterstützung.

Zudem finanzieren und unterhalten vor allem die Kirchgemeinden öffentliche Gebäude, die einerseits der Öffentlichkeit zugute kommen und andererseits als Investitionen wirtschaftlich bedeutsam sind. Davon profitieren gerade viele KMU besonders. Nicht zu vernachlässigen dürften in diesem Zusammenhang auch die Leistungen sein, welche die Landeskirchen mit dem Unterhalt historischer Bausubstanz erfüllen und damit wesentlich zum Erhalt unserer Kulturgüter beitragen. Der kirchliche Aufwand in diesem Bereich liegt nach Schätzungen der Kirchen nochmals bei rund 30 – 35 Mio. Franken.

Steuerausfälle von über 28 Mio. Franken (Erträge 2006) müssten durch Steuererhöhungen oder Budgetkürzungen ausgeglichen werden. Da Steuererhöhungen kaum Aussicht auf die Akzeptanz der Kirchenangehörigen haben, wären die Kirchgemeinden in erster Linie zu Budgetkürzungen gezwungen. Die Erfahrungen machen in diesem Zusammenhang deutlich, dass solche zu einem vermehrten Rückzug auf die Kernaufgabe (Gottesdienste, Kasualhandlungen, Strukturerhaltung usw.) führen und Einsparungen in erster Linie bei den Investitionen und Sozialausgaben vorgenommen werden müssen. Ein nicht geringer Teil dieses Leistungsabbaus könnte sich in Fürsorgerechnungen der Einwohnergemeinden oder des Kantons unmittelbar niederschlagen. Diese Erscheinungen belegt beispielsweise die Entwicklung im Kanton Basel-Stadt, wo sich die Kirchen mit dem Rückgang der Kirchensteuern immer mehr zu einem Rückzug aus der sozialen Mitverantwortung gezwungen sehen. Viele einst durch die Kirche geleistete Aufgaben mussten inzwischen ins Pflichtenheft kantonaler Institutionen aufgenommen werden.

3. Interkantonaler Vergleich

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Auch interkantonal ist die Kirchensteuer juristischer Personen weitgehend anerkannt. 20 Kantone kennen diese Steuer. Im Kanton Waadt werden die Kultuskosten gar aus dem Ertrag der ordentlichen Steuern gedeckt.

Anstrengungen zur Abschaffung wurden in den letzten Jahren in den Kantonen Freiburg, Solothurn, Zug und Zürich deutlich abgelehnt. Dabei ist immer wieder die Überzeugung durchgedrungen, dass die Landeskirchen gesamtgesellschaftliche Leistungen erbringen, die betragsmässig oft weit über die erhaltenen Kirchensteuern juristischer Personen hinausgehen und es somit nicht angemessen ist, den Kirchen den finanziellen Rückhalt für die Erfüllung sozialer und gesellschaftlicher Tätigkeiten durch eine Abschaffung dieser Steuer zu entziehen.

In Erwägung der vorstehend dargelegten Überlegungen kommt der Regierungsrat zum Schluss, dass die Abschaffung der Kirchensteuer juristischer Personen eine empfindliche Schmälerung der kirchlichen Einnahmen bedeuten würde. Dies wiederum hätte einen Leistungsabbau bei den sozialen Aufgaben zur Folge, der sich in Mehrausgaben von Kanton und Gemeinden niederschlagen würde. Angesichts der vielen wirkungsvollen sozialen und gesamtgesellschaftlichen kirchlichen Leistungen und des Umstandes, dass die Kirchensteuer lediglich ca. 2,8 % der Gewinnsteuer der juristischen Personen ausmacht, erachtet der Regierungsrat diese Steuer als zumutbar und beantragt die Motion zur Ablehnung.

Antrag: Ablehnung An den Grossen Rat

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