Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen
BRIEFE AN DIE REDAKTION
TEURE INTERNATSZEIT
Zu der Meldung in der Rubrik „Aus der Fragestunde des Bundestages" mit dem Titel: „Keine Besserstellung wäh- rend des Internatsjahres" im DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATT, Heft 19/1974:
Kummer
mit dem „Internatsjahr"
In der von Ihnen in obigem Artikel veröffentlichten Stellungnahme der Bundesregierung möchten wir eine Darstellung aus der Sicht der Be- troffenen geben. Die Erklärung des parlamentarischen Staatssekretärs des Bundesgesundheitsministe- riums, Heinz Westphal, den wirt- schaftlichen und sozialversiche- rungsrechtlichen Status der Medi- zinstudenten während des prakti- schen Internatsjahres nicht we- sentlich zu verbessern, zeigt, daß der Zitierte sich weder über die au- genblickliche Situation der Medi- zinstudenten, noch über die spe- ziellen Konsequenzen für die prak- tische Ausbildung gemäß der AO von 1970 im klaren ist. Die Schwie-
rigkeiten, die auf die Studenten bei der Durchführung des Internatsjah- res zukommen, sind folgende:
Der Höchstförderungsbetrag nach dem BAFöG (Bundesausbildungs- förderungsgesetz; die Red.) liegt zur Zeit immer noch 240 DM unter dem als kostendeckend angesehe- nen Förderungsbetrag. Konnte der Student bislang noch diesen Mi- nusbetrag, allerdings auf Kosten des Studiums, durch Nebenver- dienste ausgleichen, so wird dies durch die ganztägige Ausbildung unmöglich gemacht. Vielmehr bringt eine Ausbildung, die den Studenten zum Entscheiden und Handeln auf Grund eigener Ein- sicht und schließlich zur schrittwei- sen Übernahme ärztlicher Verant- wortung erziehen soll, es zwangs- läufig mit sich, daß dieser Dienst- leistungen für den Krankenhausträ- ger erbringt, die nicht mit einem rein kostendeckenden Betrag ent- geltbar sind. Die logische Folge hieraus ist, daß zwischen den In- ternen und den Krankenhausträ- gern Ausbildungsverträge unter Einbeziehung tarifvertraglicher Ab-
machungen geschlossen werden müssen. Außerdem kommen auf den Internen neue finanzielle Bela- stungen zu durch Reisen, Verpfle- gung, Schutzkleidung und zusätzli- che Unterkunft am Ort des Lehr- krankenhauses, deren Deckung nach der Mustervereinbarung zwi- schen der Deutschen Kranken- hausgesellschaft und den Kultus- ministerien nicht einmal vorgese- hen ist.
In der Statusfrage verweisen wir auf die im DEUTSCHEN ÄRZTE- BLATT (6/1972 und 13/1973) abge- druckten gegensätzlichen Rechts- gutachten von Dr. K. Leube und Dr.
L. Hirschberg. Dem Internen kei- nen ausreichenden Krankenversi- cherungsschutz (siehe den desola- ten Zustand der studentischen Krankenversicherungen), Haft- pflicht-, Unfall-, Invaliditäts- (Be- rufserkrankungen!) und Rentenver- sicherung gewähren zu wollen, heißt schlicht, sich vor der Verant- wortung für die Durchführung hochgesteckter Reformziele zu drücken.
Karl-Heinz Simons (Fakultätssprecher) Fachschaft Medizin Köln Heinz Walter Kratz (Klinikreferent) 5 Köln 41
Universitätsstraße 16
GEEHRT
In der Rezension eines Kommentars im WDR-Hörfunk (Heft 30/197 4) schreibt der Kommentator:
Nicht im feindlichen Lager
Wieder einmal bin ich der Ehre teilhaftig geworden, mit einem mei- ner Funkkommentare bei Ihnen zi- tiert zu werden. Ich will mich gar nicht im einzelnen mit der Kritik befassen, sondern nur auf einen Irrtum aufmerksam machen: Nie und nimmer betrachte ich die Ärz- teschaft als das „feindliche Lager".
Diese Beurteilung meiner Arbeit begegnet mir in Ärztekreisen zwar nischen Kollegen wichtig: Das
Norddeutsche Fernsehen habe kur- ze Zeit nach der oben angeführten Sendung ein ähnliches Programm ausgestrahlt. Zunächst wurde ein Mann mit den gleichen Fähigkeiten angekündigt, der dann zur „Ver- stärkung seiner Ausstrahlungskräf- te" vermummt erschien und zu- nächst mit starrem Blick in die Ka- mera und damit ins Publikum sah.
Dann zeigte er ähnliche Tricks wie sein „Vorgänger", ließ Löffel sich vor den Fernsehschirmen biegen und bat um Anrufe im Studio, wenn sich die gleichen Dinge bei den Empfängern ereigneten. Es wurde also weitgehend das gleiche gebo- ten wie bei Uri Geller und zeigte die gleichen Reaktionen. Dann aber kam die erlösende Klä- rung.
Der Darsteller zog sich die Vermum- mung vom Kopf und entpuppte sich als ein im norddeutschen Raum bekannter und parapsycholo- gisch übersinnlich-spiritistisch un- verdächtiger Mensch. Er soll sich lachend darüber gefreut haben, wie es ihm gelungen ist, die glei- chen „Erfolge" gehabt zu haben wie der, den er kopiert hatte. Auch hier wieder beweist sich, daß die Realisierung einer Suggestion, auch einer hypnotischen Sugge- stion, weniger Leistung des Sugge- stors (oder Hypnotisators) als des Suggerierten (oder Hypnotisierten) ist.
Anschrift des Verfassers:
Professor Dr. med. Dietrich Langen Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychotherapie an der Johannes Gutenberg-Universität 65 Mainz, Langenbeckstraße 1
2666 Heft 37 vom 12. September 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Spektrum der Woche Aufsätze -Notizen
Information, Organisation und medizinische Technik
Das sich ständig vermehrende me- dizinische Wissen, die Vielzahl der angebotenen und neuentdeckten Arzneimittel, deren Indikationen, Kontraindikationen und Nebenwir- kungen sowie die zunehmende Mo- bilität der Bevölkerung lassen die Nutzung von Datenverarbeitungs- anlagen für ein medizinisches In- formationssystem wünschenswert erscheinen. Ein solches Informa- tionssystem müßte im Zusammen- hang mit allen medizinischen und pharmazeutischen Forschungsein- richtungen unter Berücksichtigung ausländischer Informationen aufge- baut und ständig ergänzt werden.
Es muß allen forschenden und praktizierenden Medizinern und Pharmazeuten ohne Einschränkung zur Verfügung gestellt werden.
Datenbanken für den Abruf von Li- teraturhinweisen und für spezielle Informationen auf begrenzten Ge- bieten der Heilkunde bestehen be- reits. Es ist durch entsprechende Forschungsarbeiten zu prüfen, wie diese Einrichtungen ergänzt und auch für die praktische Medizin wirksam eingesetzt werden kön- nen. Ein solches Informationssy- stem sollte für die gesamte Bun- desrepublik geplant und aus öffent- lichen Mitteln unterstützt werden.
Die in den von Ärzten gegründeten wissenschaftlichen Vereinigungen, Stiftungen und Forschungsinstitu- ten durchgeführten Untersuchun- gen über die Nutzung von Daten-
verarbeitungsanlagen in der Medi- zin müssen intensiviert werden. Die elektronische Datenverarbeitung hat sich als technisches Hilfsmittel für die Vervollkommnung von Un- tersuchungsmethoden und die Be- schleunigung der Arbeitsabläufe bewährt. Deshalb wird sie sowohl in der stationären als auch in der am- bulanten ärztlichen Versorgung im Rahmen der medizinischen Erfor- dernisse und unter strenger Beach- tung des Persönlichkeitsschutzes ausgebaut werden müssen. Hierfür sind Modellversuche erforderlich, die aus Forschungsmitteln des Bundes unterstützt werden sollten.
Die Datenverarbeitungsanlagen der Kassenärztlichen Vereinigungen sollten verstärkt zur Erarbeitung von Strukturanalysen über die ärzt- liche Versorgung der Bevölkerung und zur Auswertung und Kontrolle der bundeseinheitlich einzuleiten- den Maßnahmen zur Qualitätssiche- rung der Laboruntersuchungen ge- nutzt werden.
") Das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT hat den Abschnitt B 1 des Blauen Papiers —
.Ambulante ärztliche Versorgung" — bereits in Heft 28/1974, Seite 2169 ff., sowie die Abschnitte B 2 und B 3 —
„Stationäre ärztliche Versorgung" und
„Zusammenarbeit der Ärzte in Kranken- haus und freier Praxis" — in Heft 31.
Seite 2318 ff. und Heft 32, Seite 2360 ff., B 4 — Arbeitsmedizinische Ver- sorgung — in Heft 33, Seite 2411 ff., B 5 und B 6 — Ärztliche Dienste bei den Sozialleistungsträgern; Der öffentliche Gesundheitsdienst — in Heft 36, Seite 2598 ff. veröffentlicht. Wesentliche Auszüge aus dem Vorwort des Blauen Papiers und dessen erstes Kapitel —
„Grundlagen der gesundheits- und so- zialpolitischen Vorstellungen der deut- schen Ärzteschaft" — waren in Heft 25/1974, Seite 1817 ff., wiedergegeben worden.
BRIEFE AN DIE REDAKTION
und Entwicklungen in der Ärzte- schaft aufmerksam und sehr kri- tisch beobachte. In der Beurteilung differenziere ich aber offensichtlich mehr als Sie. Die pauschale Eintei- lung in Freunde und Feinde ist mir fremd.
Günther Windschild Westdeutscher Rundfunk 5 Köln 1
Appellhofplatz 1
VERSCHLEIERUNG
Ist das nun Absicht oder Schlamperei einer Verwaltung?
Wer ist Maier F.?
Ein Blick in das Vorlesungsver- zeichnis 74/75 der Frankfurter Uni- versität läßt ahnen, was dem gedul- digen Publikum hier noch bevor- steht. Persönlich-wissenschaftli- ches Format der „Lehrenden" ist darin nicht mehr auszumachen.
Professoren (Bekenner) findet man so wenig, wie etwa eine Anschrift der Dozierenden, nicht einmal de- ren Haustelefonnummer. So ist dem Studierenden unmöglich ge- macht, sich zu informieren, um wen es sich überhaupt jeweils han- delt.
Das Namensverzeichnis weist le- diglich aus, daß Maier F. auf Sei- te X erscheint. Dort darf man dann raten, ob Frieda oder Franz Maier doziert, über das wissenschaftliche Herkommen erfährt man nichts. Im- mer häufiger sind „Gemeinschafts- veranstaltungen" angezeigt; es fehlt auch jeglicher Hinweis, daß die nicht vorhandenen Angaben etwa in einem Sonderband aufge- legt werden sollten, für den der hartnäckige Interessent dann noch einmal zu bezahlen hätte. (Kosten des Vorlesungsverzeichnisses fünf DM.)
D. Rheinheimer
Facharzt für innere Krankheiten 6 Frankfurt am Main
Schneidhainer Straße 14
Das Blaue Papier
Datenverarbeitung
in der ärztlichen Versorgung
Das Blaue Papier:
Abschnitt B 7 der „Gesundheits und sozialpolitischen Vorstellungen der deutschen Ärzteschaft — )
DEUTSCHES ARZTEBLATF Heft 37 vom 12. September 1974 2667