Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 111|
Heft 51–52|
22. Dezember 2014 A 2247E
s ist ein deutliches und möglicherweise längst überfälliges Bekenntnis: Die Präsidenten und Vertreter aller Landesärztekammern stellten am 12.Dezember in Berlin gemeinsam und geschlossen vor der Öffentlichkeit klar, dass die Tötung von Patienten – auch wenn sie auf deren Verlangen erfolgen würde – sowie die Beihilfe zum Suizid nicht zu den Aufgaben eines Arztes gehören.
„Nil nocere“ – auf dieses traditionelle ärztliche Selbstverständnis könnten sich Patienten auch ange- sichts der gegenwärtigen gesellschaftlichen Debatte über eine mögliche gesetzliche Regelung der ärztlich assistierten Suizidbeihilfe verlassen, betonten die 17 Kammerpräsidenten. Sämtliche Berufsordnungen der Landesärztekammern formulierten einheitlich und bun- desweit, dass es die Aufgabe von Ärzten sei, „das Le- ben zu erhalten, die Gesundheit zu schützen und wie- derherzustellen, Leiden zu lindern und Sterbenden Bei- stand zu leisten“. „Von einem landesrechtlichen Fli- ckenteppich kann keine Rede sein“, erklärte der Präsi- dent der Bundesärztekammer und Präsident der Ärzte- kammer Hamburg, Prof. Dr. med. Frank Ulrich Mont- gomery.
Auch wenn es noch nie ein gleichzeitiges Pressesta- tement von allen 17 Kammerpräsidenten gab und dies zunächst fremd anmutete: Es gelang ihnen durch ihr ge- meinsames Auftreten, Vermutungen über angebliche Uneinigkeit und rechtliche Unsicherheiten entgegenzu- treten. Länderspezifische Unterschiede bei der Formu- lierung der (Muster-)Berufsordnung reflektierten ledig- lich eine föderale Umsetzung in den einzelnen Kam- mern, nicht eine unterschiedliche Haltung, betonten sie.
„Diese ist ebenso einheitlich wie eindeutig.“
Die Kammerpräsidenten stellten einen weiteren Punkt klar, der in der gegenwärtigen Debatte häufig im Zusammenhang mit dem Schlagwort „Qualtod“ verwa-
schen diskutiert wird: „Ärzte können und sollen Hilfe beim Sterben leisten, aber nicht zum Sterben“, erläuter- ten sie. Montgomery wies dazu auf die Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung hin. Dort stehe, dass die ärztliche Verpflichtung zur Le- benserhaltung nicht unter allen Umständen bestehe.
„Es gibt Situationen, in denen sonst angemessene Diag- nostik und Therapieverfahren nicht mehr angezeigt und Begrenzungen geboten sind“, heißt es. Dann trete eine palliativmedizinische Versorgung eines Patienten in den Vordergrund, die das Sterben ermögliche – sofern dies seinem Willen entspricht. Dies schließe auch die Gabe von sedierenden Medikamenten ein. „Kollegen, die in einer palliativen Absicht handeln, haben in keiner Landesärztekammer Sanktionen zu befürchten“, stellte Montgomery klar.
Nach seiner Aussage wünscht sich die Ärzteschaft deshalb von der Politik im nächsten Jahr lediglich ein Verbot jeder Form der organisierten Beihilfe zum Sui- zid. Weitere straf- oder zivilrechtliche Änderungen sei- en nicht nötig. Und in der Tat: Die letzte Instanz wird immer das ärztliche Gewissen sein.
GEMEINSAMES BEKENNTNIS DER KAMMERN
Helfen, aber nicht töten
Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann
Eva Richter-Kuhlmann Politische Redakteurin