PHARMAKOLOGIE
Zu dem Leserbrief „Entschei- dende Faktoren nicht genannt" von Prof. Coper in Heft 31/32, der sich auf den Beitrag „Situation und Per- spektiven der klinischen Pharma- kologie" von Prof. E. Weber in Heft 8/1990 bezog:
Unentbehrlich
Den „provozierend" for- mulierten Aufruf an die Kli- nischen Pharmakologen, doch endlich Selbstkritik zu üben, hätte man sich gefallen lassen, wenn anschließend neue Argumente gekommen wären. Selbstgerechtigkeit und Besserwisserei überzeu- gen dagegen nicht. Auch die Wiederaufnahme der vor 20 Jahren abgeschlossenen Kon- troverse, ob Klinische Phar- makologie als theoretisches oder klinisches Fach, ob mit oder ohne Patienten betrie- ben werden soll, ist nicht wei- terführend.
Heute ist klar, daß Klini- sche Pharmakologie die Phar- makologie am Menschen ist.
Sie kann mit mehr theore- tischer oder mehr klinischer Betonung betrieben werden und im Extremfall auch rein theoretisch oder rein klinisch Herr Coper betreibt sie theo- retisch und tierexperimentell und ist verständlicherweise insofern voreingenommen.
In der Weiterbildungsord- nung wird verlangt, daß sich beide Zweige, die theoreti- sche und die klinische Tätig- ket, etwa die Waage halten.
Dem sollte im Interesse der Nachwuchsförderung bei der Neugründung von Instituten und bei der Besetzung leiten- der Positionen Rechnung ge- tragen werden.
Ich glaube auch nicht, daß sich die Klinische Pharmako- logie in einer Sackgasse befin- det. Nachdem Buchheim im vorigen Jahrhundert in Dor- pat auf den ersten Lehrstuhl für Pharmakologie berufen worden war, passierte 20 Jah- re überhaupt nichts. Wir da- gegen haben fünf Lehrstühle und acht selbständige Abtei- lungen, einschließlich BGA, und alle forschenden Firmen betreiben heute Institute für
Klinische Pharmakologie, ne- ben mehreren privatwirt- schaftlich geführten Unter- nehmen, die sich mit Klini- schen Prüfungen befassen. So schlecht ist unsere Bilanz also nicht. Jedenfalls kann in Deutschland — und das halte ich für einen Erfolg — heute kein Arzneimittel auf den Markt kommen, das nicht eingehend klinisch-pharma- kologisch am Menschen un- tersucht wurde, einschließlich der Wirkungsweise, der Kine- tik, des Stoffwechsels, der Wechselwirkungen, der Aus- scheidungswege, der thera- peutischen Wirksamkeit und der Art und Häufigkeit von unerwünschten Reaktionen.
Wenn diese Untersuchungen für die therapeutische An- wendung von Arzneimitteln in der Klinik und in der Praxis nicht essentiell wären, wür- den sie nicht durchgeführt werden.
Was die Pharmakokinetik betrifft, die in Copers Stel- lungnahme als „ausgereizt"
bezeichnet wird, fangen wir gerade erst an, die nicht-line- are Kinetik zu verstehen, die sich als viel wichtiger erweist als man bisher glaubte. Dane- ben beginnen Populationski- netik und auch die System- analyse einen neugewonne- nen Platz einzunehmen.
Auch die Grundlagen für das Verständnis der molekular- biologischen Mechanismen, die den vielen Polymorphis- men arzneimittelabbauender Enzyme zugrunde liegen, werden gerade erst jetzt durch Untersuchungen am Menschen erarbeitet. Auf dieser Basis werden sich dann auch die Mechanismen von manchen unerwünschten Re- aktionen auf Arzneimittel er- klären lassen, so daß dieses in Copers Stellungnahme als nicht sehr ergiebig und schon gar nicht weiterführend be- zeichnete Arbeitsgebiet eine neue Dimension erhält.
Wenn es gelänge, den schwerwiegenden, aber selte- nen, unerwünschten Reaktio- nen bei gut wirksamen, gut verträglichen und daher sehr häufig angewendeten Arznei- mitteln auf die Spur zu kom-
Baymycard®/Baymycard ® 10. Zusammen- setzung: Eine Filmtablette enthält 5 mg bzw.
10 mg Nisoldipin. Anwendungsgebiet: Koro- nare Herzkrankheit Gegenanzeigen: Baymy- card ® nicht anwenden bei Nisoldipin-Uber- empfindlichkeit, im Schock, während der Schwangerschaft, in der Stillzeit. Aus Tier- experimenten mit sehr hoher Dosierung lie- gen Hinweise auf Mißbildung vor. Baymy- card® nicht einsetzen bei Patienten mit schweren Leberfunktionsstörungen. Bei aus- geprägt niedrigem Blutdruck (systolisch unter 90 mm Hg) ist Vorsicht geboten. Kinder nicht mit Baymycard ® behandeln. Nebenwir- kungen treten vorzugsweise zu Behandlungs- beginn oder bei hoher Dosierung auf, sind meist leichter und vorübergehender Natur. Es kann zu Gesichtsrötung, Wärmegefühl und Kopfschmerzen kommen. In Einzelfällen wurden Schwindel, Müdigkeit, Herzklopfen, Hautreaktion, Kribbeln in Armen und Beinen, Magen-Darm-Beschwerden, Blut- drucksenkung unter die Norm, beschleunigter Puls, Knöchelödeme, Atembeschwerden und Leberfunktionsstörungen beobachtet. Äußerst selten können unter Baymycard ® nach der Einnahme Schmerzen im Bereich der Brust (unter Umständen Angina-pectoris-artige Beschwerden) auftreten. In diesem Fall sollte Baymycard® abgesetzt werden. Nach plötzli- chem Absetzen von Baymycard ® bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit kann eine über- schießende Gegenregulation eine Verringe- rung der Herzmuskeldurchblutung auslösen, bei Hypertonie-Patienten kann in Einzelfällen eine hypertensive Krise ausgelöst werden.
Äußerst selten wurden bei strukturähnlichen Cakiumantagonisten Fälle von Gingiva- Hyperplasie und Gynäkomastie, die nach Absetzen reversibel waren, beobachtet, die möglicherweise unter der Behandlung mit Baymycard® auch auftreten können. Hin- weise: Die Behandlung mit Baymycard ® bedarf der regelmäßigen ärztlichen Kontrolle. Durch individuell auftretende unterschied- liche Reaktionen kann die Fähigkeit zur akti- ven Teilnahme im Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt wer- den. Dies gilt insbesondere bei Behandlungs- beginn, bei Präparatewechsel und im Zusam- menwirken mit Alkohol. Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Der blutdrucksenkende Effekt von Baymycard ® kann durch andere blutdrucksenkende Arzneimittel sowie trizy- klische Antidepressiva verstärkt werden. Dies gilt insbesondere für die gleichzeitige Anwen- dung mit Betarezep toren-Blockern. Die Wir- kung von Nisoldipin kann durch eine gleich- zeitige Cimetidin-Behandlung erhöht werden.
Bei gleichzeitiger Digoxin-Behandlung kann eine Erhöhung des Digoxin-Plasmaspiegels um ca. 10% auftreten. Bayer/Bayropharm GmbH, Leverkusen
Dosierungsanleitung: Möglichst individuell nach dem Schweregrad der Erkrankung wird als Richtdosis 2 x täglich 5-10 mg Nisoldipin entsprechend 2 Filmtabletten Baymycard ® bzw. Baymycard
® 10 empfohlen. Handelsfor- men und Preise*: Baymycard® : 20 Tabletten (Ni) DM 22,25; 50 Tabletten (N 2) DM 49,10;
100 Tabletten (N 3) DM 92,50. Baymycard ® 10: 20 Tabletten (N 1) DM 39,30; 50 Tabletten (N 2) DM 89,75; 100 Tabletten (N 3) DM 167,50. *Stand: 5/1990
Bayer (-3 Bayropharm
A-2678 (10) Dt. Ärztebl. 87, Heft 37, 13. September 1990
Weil Schnelligkeit entscheidet
Imodiuni
Verschreibungsinformationen: Imodium*/
Imodium*N Zusammensetzung: Imodium 1 Kps. enth. 2 mg Loperamidhydrochlorid.
Imodium N: 1 ml Lsg. enth. 0,2 mg Loperamid- hydrochlorid; Methyl-4-hydroxybenzoat u. Propy1- 4-hydroxybenzoat (Parabene) als Konserv.mittel.
Anwendungsgebiete: Symptomatische Behdlg. akuter u. chron. Dia rrhoen unter- schiedlicher Genese, sofern keine kausale Therapie zur Verfügung steht. Gegenanzeigen: Ileus, Subileus u. Obstipation. Kdr unter 2 Jahren. Colitis ulcerosa. Pseudomembranöse Kolitis in Verbindung mit Breitspektrum-Antibiotika. Schwangersch. u.
Stillz. Hinweise: Nicht anwenden, wenn Peri- staltikhemmung zu vermeiden ist. B. Obstipation, Subileus, aufgetriebenem Bauch Imodium/-N sofort absetzen. B. schweren Lebererkrankungen kann der Abbau des Medikamentes verzögert werden. B. akuter Dysenterie mit hohem Fieber u.
blutigen Stühlen Imodium/-N nicht als alleiniges Therapeutikum einsetzen. Verabreichung an Kinder nur nach ärztlicher Anweisung. Nebenwirkun- gen: Überempfindlichkeitsreaktionen gegen den Wirkstoff u. Parabene (einschließlich Hautrötung), Bauchschmerzen, Meteorismus, Unbehagen, Übel- keit, Erbrechen, Obstipation, Benommenheit, Schwindel, Mundtrockenheit. Durch die peristal- tikhemmende Wirkung - insbes. b. Kleinkdrn. - Heusähnliche Symptome nicht völlig auszu- schließen. Hinweise: Obstipationist erstes Zeichen relativer Oberdosierung. B. Diarrhoe, bes.
b. Kdrn., kann es zu Flüssigkeits-und Elektrolytver- lust kommen. In diesen Fällen ist Flüssigkeits- u.
Elektrolytsubstitution notwendig. B. längerer Behdlg. empfiehlt sich Elektrolytkontrolle. Wenn b. akuter Diarrhoe unter Imodium/-N innerhalb- von 48 Stunden keine klinische Besserung ein- tritt, Präparat absetzen und Arzt aufsuchen.
Handelsformen u. Preise: AVP incl. USt. (Stand 07/90) OP 10 Kps. DM 11,95; 50 Kps. DM 49,35; 100 Kps. DM 91,70; AP. 100 ml Lsg. DM 15,50; AP.
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Bei Durchfall
men und dadurch diese Risi- ken (zum Beispiel aplastische Anämie, Agranulocytose, massive Magenblutung) zu vermindern oder gänzlich auszuschalten läge darin ein großer Erfolg. Von „unergie- big und nicht weiterführend"
sollte man daher nicht reden, sondern eher anregen auf diesem Gebiet zu arbeiten, das nur durch Untersuchun- gen am Menschen zu er- schließen ist. Die epidemiolo- gische Forschung über Me- thoden zur frühzeitigen Er- kennung und zur exakten Quantifizierung sehr seltener, unvorhersehbarer aber be- drohlicher Arzneimittelwir- kungen und der an Bedeut- samkeit gewinnenden, zum Teil sehr schweren immuno- logischen Reaktionen muß damit Hand in Hand gehen.
Es wäre müßig, weiter über die Prioritäten in den Forschungsthemen zu strei- ten, denn die Klinische Phar- makologie hat noch andere wichtige Aufgaben. Fest steht doch, daß Klinische Pharma- kologie als akademisches Fach in Forschung, Lehre und Krankenversorgung heu- te nicht mehr zu entbehren
DDR
Zu dem Leserbrief „Mehr Wei- terbildung, weniger Praxismanage- ment" von Dr. Posse in Heft 30/1990:
Riskanter, gewagter Schritt
Den klugen und realisti- schen Überlegungen des Kol- legen Posse aus der DDR ist nur eines hinzuzufügen:
Wer sich als Arzt nieder- läßt, wer seinen Beruf in den Mittelpunkt der Freiberuf- lichkeit stellt, der sollte die Empfehlungen zur Praxisfüh- rung sorgfältig sichten und selbst entscheiden, welche Organisationsform, welche Ausstattung seinen Fähigkei- ten entsprächen und welche Kreditvolumen er wohl künf- tig werde verkraften können.
Ein riskanter, ein gewag- ter Schritt.
ist. Daher müssen Kollegen herangebildet werden, die sich damit befassen und dafür bedarf es entsprechender Einrichtungen. Solange nur wenige Institute für Klinische Pharmakologie bestehen, wird der Nachwuchs sich nicht für das Fach begeistern lassen. Dies ist die Feststel- lung von Frau Weber gewe- sen, und der kann man doch nur zustimmen. Welche Ge- genposition soll hier eigent- lich aufgebaut werden? Die abwertenden Äußerungen über die Klinische Pharmako- logie sind noch keine Argu- mente. Zumal diese Kritik bisher in 20 Jahren nicht ge- äußert wurde. Die Diskussion gehört vor ein Forum von Fachleuten, im konkreten Fall zum Beispiel in die Sekti- on für Klinische Pharmakolo- gie der Deutschen Gesell- schaft für Pharmakologie und Toxikologie. Dort habe ich bisher keinen derartigen Bei- trag von Herrn Kollegen Co- per gehört.
Dr. med. H. Kewitz, eme- ritierter Professor für Klini- sche Pharmakologie, Freie Universität Berlin, Hinden- burgdamm 30, 1000 Berlin 45
Wer aber sich glauben ma- chen läßt, nicht sein Beruf, sondern das Marketing stünde an erster Stelle auf dem Weg zum Erfolg, der wird sich als Niedergelassener stets auch als Laie empfinden: Er wird den Empfehlungen soge- nannter Profis folgen, sich aus „Marketinggründen"
übernehmen, schon bald dank derzeitiger Verhältnisse oder späterer Entscheidun- gen von Kassen und Staat in die erste Krise geraten, wird weitere Berater konsultieren müssen .
So mag es ihm ergehen wie manch einem Patienten, der sich einst ein nicht kurierba- res Leiden zuzog, der von ei- ner Kapazität zur anderen eilt.
Ein überaus riskanter Schritt der Niederlassung, ein Vabanquespiel fast.
Dr. J. Keller, Goethestra- ße 68, 1000 Berlin 12
A-2680 (12) Dt. Ärztebl. 87, Heft 37, 13. September 1990