Die Synovialflüssigkeit zur Lubrikation und Protektion aller inneren Oberflächen von Gelenken hat die Aufgabe, Distanzhalter, Schmiermittel, Stoßdämpfer und Filter zu sein. Das Biopolymer Hyalu- ronsäure verleiht der Synovi- alflüssigkeit diese typischen Eigenschaften. Bei der nach wie vor nicht kausal behandel- baren, chronisch progredien- ten Arthrose mit Matrixdegra- dation und Chondrolyse hat sich die Supplementierung mit fermentativ gewonnener in- traartikulärer Hyaluronsäure bei den Stadien II und III, wo noch ausreichendes hyalines Knorpelgewebe vorhanden ist, bewährt. Dies erklärte Prof.
Wolfgang Noack (Berlin) bei einem Chemedica-Pressege- spräch zu Hyaluronsäure (Han- delsname: Ostenil®, Ostenil® mini) in Berlin.
Zwei Drittel der Bevöl- kerung mit einem Alter von über 60 Jahren leiden unter Arthrose. In einer Befragung von 25 000 Arthrosepatienten zeigte sich, dass das mecha- nisch besonders komplizierte Kniegelenk mit 61 Prozent am stärksten betroffen ist, gefolgt von der Wirbelsäule (55 Pro- zent), dem Hüftgelenk (38 Prozent), dem Schultergelenk (26 Prozent) sowie dem Kie- fer- und dem Daumensattelge- lenk mit je vier Prozent.
Zusätzlich zur etablierten physikalischen und/oder medi- kamentösen Behandlung soll- te nach Aussage Noacks die Injektion von fermentativer Hyaluronsäure treten, da die- ser hochreinen Substanz „eine zentrale Rolle für die Gelenk- physiologie“ zukomme und dem Gelenkknorpel vermehrt Elastizität und Stabilität ver- leihe. Noack betonte, dass un- ter der Einwirkung von Hya- luronsäure die Viskosität der Synovialflüssigkeit mit ih- ren natürlichen Eigenschaften
(schmieren, dämpfen, filtern) erhöht wird. Der Schutzman- tel gegen das Eindringen ag- gressiv inflammatorischer und destruierender Moleküle wird wieder aufgebaut beziehungs- weise verstärkt, indem es die endogene Produktion anregt.
Die typische Balance zwischen natürlichem Ab- und Aufbau von endogener Hyaluronsäure wird unterstützt. Zugleich ver- bessert sich deren krankhaft verminderte Qualität.
Noack erklärte, die drei- bis fünfmal im wöchentlichen Abstand (Fertigspritze Oste- nil 20 mg/2-ml-Lösung) in- traartikulär injizierte Hya- luronsäure müsse unter Beach- tung einer hochgradig asepti- schen Vorgehensweise in den Gelenkspalt eingebracht wer- den. Die Wirkung hält circa sechs bis zwölf Monate an und ist nach den Ergebnissen
mehrerer kontrollierter Stu- dien einer placebo- oder in- traartikulären Glucocorti- coidgabe überlegen, zumal nicht nur Schmerzen gemin- dert und Gelenkfunktionen verbessert werden, sondern auch bei einem Teil der Pati- enten die Progression des de- generativen Prozesses hinaus- gezögert und im Sinne einer gewissen Reparation und Re- generation sogar modifiziert wird.
Neue Therapieoption
Während fermentative Hya- luronsäure bislang für große Gelenke mit Ostenil zur Ver- fügung stand, ist jetzt Ostenil mini (Fertigspritze mit 10 mg hochreiner fermentativer Hya- luronsäure in 1-ml-Lösung) zugelassen und für den Ein- satz bei kleinen Gelenken, zum Beispiel Facettengelenke der LWS (Facettensyndrom), Daumensattelarthrose der Hand, konzipiert. Mit der Vis- kosesupplementierung durch exogen zugeführte Hya- luronsäure besteht nach Aus- sage von Dr. Susanne Fuchs (Münster) nun eine neue, sehr
wirksame Therapieoption bei chronischen nichtradikulären Prozessen an den Facettenge- lenken der LWS.
Unter diesem sehr schmerz- haften Syndrom leiden rund 68 bis 84 Prozent aller „Kreuz- schmerz“-Patienten im mittle- ren Lebensalter. In einer Stu- die (doppelblind, randomi- siert) an 60 Patienten wurde Ostenil mini gegen Triamcino- lon-hexacetonid geprüft und die Schmerzintensität sowie Wiedergewinnung alltäglicher Tätigkeiten, guter Befindlich- keit und Leistungsfähigkeit in Beruf oder Sport geprüft. Das Gesamtergebnis zeigte eine vergleichbare Verbesserung aller Ausgangsdaten. Dabei erreichten Corticosteroide ei- nen etwas schnelleren Wirk- eintritt, dafür hielt die Wir- kung der Hyaluronsäure etwas länger an, und das Präparat ist nicht durch mögliche Begleit- und Wechselwirkungen oder die nicht zu unterschätzende
„Corticoid-Phobie“ belastet.
Rund vier Prozent der Pati- enten über 50 Jahre, die eine orthopädische Praxis aufsu- chen, wiesen eine Daumensat- telarthrose auf, die zu Schmer- zen, Gelenkveränderungen und umfangreichen Funkti- onsausfällen der Hand führt, erklärte Dr. Martin Talke (Berlin). Da Corticosteroide nicht in stetiger Wiederholung einsetzbar sind, bietet Ostenil mini hier eine neue nebenwir- kungsarme Therapiemöglich- keit. Bei den 23 in einer offe- nen Studie untersuchten Pati- enten zeigte sich unter Hya- luronsäure eine wesentliche Besserung der Schmerz- intensität, Gelenkbeweglich- keit und Kraft bei der Aus- übung von Spitz- oder Schlüs- selgriff. Dr. Barbara Nickolaus V A R I A
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A306 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 5½½½½1. Februar 2002
Fermentative Hyaluronsäure
Basistherapeutikum bei Arthrose
Pentoxifyllin bei Herzinsuffizienz
Der Wirkstoff Pentoxifyllin (Trental®, Aventis Pharma) zur Therapie der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit zeigt in einer randomisierten Doppelblindstudie eine Ver- besserung der linksventrikulären Funktion und Symptoma- tik bei dilatativer Kardiomyopathie. Unter Pentoxifyllin, zu- sätzlich zur Standardbehandlung mit Digitalis, ACE-Hem- mern und Diuretika gegeben, kam es häufiger als unter Pla- cebo zu einer Verbesserung des NYHA-Stadiums. Gleich- zeitig stieg in der Verumgruppe die linksventrikuläre Ejekti- onsfraktion von 21 auf 35 Prozent. Dabei hatten die Patien- ten mit den initial höhsten TNF-␣-Spiegeln die besten Be- handlungserfolge. Das inflammatorische Zytokin, wie aus anderen Untersuchungen bekannt, führt zu einer direkten Hemmung der Ventrikelfunktion.
In einer zweiten Studie mit 39 Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie, die – wie heute üblich – zusätzlich auf ei- nen Betablocker (Carvedilol) eingestellt waren, ließen sich die günstigen Behandlungsergebnisse bestätigen. Auch Frauen, die an einer peripartalen Kardiomyopathie er- krankt und nach den heutigen Richtlinien adäquat behan- delt waren, profitierten von Pentoxifyllin. In dieser Studie mit 59 Patientinnen konnte eine signifikante Reduktion der Mortalität beschrieben werden. Es bleibt zu prüfen, so Aventis Pharma, ob das Xanthinderivat auch bei hyperten- siver und ischämischer Herzkrankheit wirksam ist. EB
Berichtigung
In Heft 4/2002 hat die Redaktion einen Artikel über den Wirkstoff Valsartan veröffentlicht, der von der Firma Schwarz Pharma initiiert wurde. Val- sartan wird von Schwarz Pharma als Provas®und von Novartis als Diovan® vertrieben. Irrtümlich wurde in dem Beitrag „Antihypertensivum Valsar- tan“ Provas (Schwarz Pharma) der Fir- ma Novartis zugeordnet. DÄ