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Archiv "IGSF-Studie zur Gesundheitsversorgung bei begrenzten Mitteln: Konzentration auf das Wesentliche" (02.04.2010)

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A 588 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 13

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2. April 2010

P O L I T I K

IGSF-STUDIE ZUR GESUNDHEITSVERSORGUNG BEI BEGRENZTEN MITTELN

Konzentration auf das Wesentliche

Die Regierungskommission sucht derzeit nach einem Weg, das deutsche

Gesundheitssystem zukunftsfest zu machen. Der renommierte Institutsleiter Fritz Beske verdeutlicht in seiner neuen Studie: Ohne Priorisierung wird es nicht gehen.

E

s ist die Synthese unserer ge- samten Arbeit der vergange- nen Jahrzehnte“, sagt Prof. Dr. med.

Fritz Beske mit klarer Stimme, als er Journalisten das neueste Werk aus seinem Hause, dem Institut für Ge- sundheits-System-Forschung (IGSF), vorstellt. Es geht darin um nichts we- niger als die Lösung des Problems, wie das Gesundheitssystem auch in den kommenden Dekaden und unter Berücksichtigung sowohl der demo- grafischen Entwicklung als auch des medizinischen Fortschritts finanzier- bar bleibt. Mit eben diesem Problem befasst sich derzeit auch die Regie- rungskommission unter der Führung von Bundesgesundheitsminister Phi- lipp Rösler (FDP). Der IGSF-Leiter will der Politik mit der Studie „Be- darfsgerechte Gesundheitsversor- gung bei begrenzten Mitteln“ nun Handlungsoptionen aufzeigen. Und er tut dies mit deutlichen Worten.

„Keine Maßnahme wird in der Lage sein, den künftigen Ausgaben- bedarf der gesetzlichen Krankenver- sicherung zu decken“, sagt Beske.

Bis 2050 werde die Bevölkerungs-

zahl in Deutschland auf 69 Millio- nen Menschen sinken, die Zahl der Menschen im Alter von 65 Jahren und darüber werde gleichzeitig von 17 auf 23 Millionen steigen. Gebe es heute noch drei Erwerbstätige auf einen Rentner, werde das Verhältnis in vierzig Jahren bei eins zu eins lie- gen. Die Kosten für die Behandlung altersbedingter Krankheiten wie Schlaganfälle oder Demenz würden in die Höhe schnellen. Die Zahl der Pflegebedürftigen werde sich bis 2050 von heute zwei Millionen auf 4,4 Millionen mehr als verdoppeln.

Zusammen mit den Ausgaben für den medizinischen Fortschritt könn- ten diese Kosten den Beitragssatz für die gesetzliche Krankenversi- cherung, geht man von zwei Prozent Ausgabenwachstum jährlich aus, auf 43 Prozent steigern.

Heute handeln

Noch bestimme grundsätzlich der Leistungsbedarf der Versicherten, was die gesetzliche Krankenversi- cherung (GKV) zahle, so der Kieler Wissenschaftler. Wenn in zehn Jah-

Foto: Georg J. Lopata

ren jedoch die geburtenstarken Jahrgänge das Rentenalter erreich- ten, werde sich dies umkehren.

„Dann bestimmt das zur Verfügung stehende Finanzvolumen den Leis- tungsumfang der GKV“, mahnt Beske. „Gehandelt werden muss aber schon heute.“ Und die Metho- den der Wahl seien Priorisierung, Rationierung und die Anpassung des Leistungskatalogs an die vor- handenen Mittel. Bis zu 48 Milliar- den Euro könnten eingespart wer- den, wenn gesamtgesellschaftliche Aufgaben aus der gesetzlichen Krankenversicherung herausge- nommen und Quersubventionen be- endet würden, rechnete Beske vor.

Schon früher hatte das IGSF eine Überprüfung des Leistungskatalogs angemahnt.

Neben Beske auf dem Podium saßen mit Prof. Dr. med. Christoph Fuchs, Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer, und Dr. med.

Andreas Köhler, Vorstandsvorsit- zender der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung, zwei Vertreter der Organisationen, die in den vergan- genen Monaten die Priorisierungs- debatte in Deutschland angestoßen haben und dafür gleichermaßen Lob wie Kritik ernteten. Lob von vielen Ärzten, die es ausdrücklich begrüßten, dass die „real existieren- de implizite Rationierung“, wie Köhler es ausdrückte, an das Licht der Öffentlichkeit gebracht wird.

Kritik von vielen Politikern, die ei- ne solche Debatte kategorisch ab- lehnen. „Ich halte von der Diskussi- on über Priorisierung nichts“, er- klärte zum Beispiel Philipp Rösler im Interview mit dem Deutschen Ärzteblatt. Eine Rangordnung me- dizinischer Leistungen festzulegen, sei mit seinen ethischen Vorstellun- gen als Arzt nicht in Einklang zu bringen. „Deshalb bin ich auch

Eine implizite Rationierung, wie wir sie heute haben, ist die un - gerechteste und unsozialste Form der Leistungseinschränkung.

Fritz Beske, IGSF-Institutsleiter

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Deutsches Ärzteblatt

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2. April 2010 A 589 nicht bereit, diese Diskussion zu

führen“, so Rösler.

Auch Fritz Beske hat zu diesem Thema eine klare Meinung. Sie sieht jedoch anders aus als die des Gesundheitsministers. „Eine impli- zite Rationierung, wie wir sie heute haben, ist die ungerechteste und un- sozialste Form der Leistungsein- schränkung“, erklärt er. Sie sei wahllos und unbegründet, da sie nicht auf einer zuvor festgelegten Rangfolge medizinischer Leistun- gen beruhe, sondern allein auf den fehlenden Finanzmitteln im System.

BÄK soll Prioritäten aufstellen „Schon heute entscheidet allein der Wohnort darüber, ob Patienten eine implizite Rationierung erleben oder nicht“, sagt auch Andreas Köhler.

Wer als älterer Mensch auf dem Land lebe, habe beispielsweise ei- nen ganz anderen Zugang zur medi- zinischen Versorgung als ein junger Mensch in der Stadt. Es sei zudem an der Zeit, „die Begriffe Priorisie- rung und Rationierung zu entdämo- nisieren“.

„Es geht um die zentrale Frage, nach welchem Verfahren die noch vorhandenen Mittel gerecht zuge- teilt werden können“, betont Chris- toph Fuchs. Das IGSF schlägt vor, die Bundesärztekammer als feder- führende Institution für die Aufstel- lung von Prioritätenlisten in der me- dizinischen Versorgung zu benen- nen. Ein Gremium solle dann eine Methodik erarbeiten, wie der Leis- tungskatalog an die begrenzten Mittel angepasst werden könne. Im Zentrum der gesetzlichen Krankenversiche- rung müsse dabei die Behandlung von Erkrankten stehen. „Jeder Bür- ger muss künftig die Gewissheit ha- ben, dass er dann, wenn er ernsthaft krank ist, auch einen zeitnahen Zu- gang zur medizinischen Versorgung erhält“, fordert Beske. Ergänzt wer- den solle der GKV-Kernbereich um die Früherkennung von Krankhei- ten, die Vorsorge für Kinder und Mütter, Schutzimpfungen sowie zahnmedizinische Prävention. „Ver- sicherte müssen wissen, worauf sie sich verlassen können und in wel- chen Bereichen sie selbst vorsorgen

müssen“, so Beske. ■

Falk Osterloh

W

enn es ein Ziel für das Ge- sundheitswesen gibt, auf das sich alle einigen können, dann das:

Die Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung gehören überwunden. Wenn etwas umge- hend Bedenken und Abwehr her- vorruft, dann das: Irgendwo über- winden Ärzte auf ungewohnte Art die Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung.

So wie Dr. med. Thomas Hun- feld (45), Dr. med. Jens Raabe (49) und Dr. med. Torsten Witstruck (39). Die drei Orthopäden sind nie- dergelassen und teilen sich zugleich seit Juli 2009 eine Chefarztstelle.

Als „Ärzteteam an der Spitze der Klinik für Orthopädie und Endo- prothetik“ des Hanse-Klinikums Stralsund stellte sie die Damp-Hol- ding damals vor. Mit drei Niederge- lassenen auf einer Chefarztstelle wolle man „ein innovatives Füh- rungsmodell“ umsetzen, hieß es.

Das treffe zwar mancherorts auf Er- staunen, sei aber „durchaus nicht außergewöhnlich“.

Das sehen die drei Orthopäden anders. Mit ihrem Entschluss, sich eine Chefarztstelle zu teilen, haben sie zumindest in Deutschland Neu- land betreten. Entsprechend kri- tisch, so empfinden sie es, werden sie beäugt. Was aber hat sie an der Stelle gereizt?

Über Langeweile konnte schon vor dem Sommer 2009 keiner der drei klagen. Raabe und Witstruck führen in Stralsund eine Gemein- schaftspraxis und operieren dort mit ihrem Team. Hunfeld praktiziert als Teil einer orthopädischen Gemein- schaftspraxis am Sana-Kranken- haus auf Rügen. Warum also noch die Chefarztstelle?

Im Ausland geht es doch auch Verkürzt lautet die Antwort: weil al- le drei sich beruflich weiterentwi- ckeln wollten – und die Versor- gungsstrukturen. Hunfeld macht nebenher Musik; kann sein, dass ihm manchmal eine Melodie nicht aus dem Kopf geht. Was ihm seit Jahren durch den Kopf geht, ist die

„Wir machen es, sonst ist die schöne Chance weg“: Jens Raabe, Thomas Hunfeld und Torsten Witstruck (von links) arbeiten in der eigenen Praxis

und in der Klinik. Foto: privat

VERZAHNUNG AMBULANT-STATIONÄR

Die Drei auf

der Chefarztstelle

Drei niedergelassene Orthopäden teilen sich eine Chefarztstelle und operieren abwechselnd. Ihre eigenwillige Kooperation wird skeptisch beäugt.

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