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Oxf. 111.211: 111.84: 111.86

Die globale Hangbestrahlung als Standortsfaktor bei Aufforstungen

in der subalpinen Stufe

(Stillberg im Dischmatal, Kt. Graubünden)

Von Hans Turner

Eidgenössische Anstalt für das forstliche Versuchswesen

Gebirgsprogramm: 5. Beitrag

Mit 25 Abbildungen und 2 Tabellen im Text und einer farbigen Strahlungskarte 1 :750 im Anhang

HERAUSGEBER

PROF. DR. A. KURTH, DIREKTOR DER EIDGENÖSSISCHEN ANSTALT FÜR DAS FORSTLICHE VERSUCHSWESEN

Bd.!Vol. 42 Heft/Fase. 3 1966

9 Bd. 42, Heft 3, 1966

(2)

INHALTSVERZEICHNIS

1 Einleitung und Zielsetzung

2 Allgemeines über die Strahlung als Standortsfaktor, speziell im Gebirge 21 Der Wärme- und Strahlungshaushalt .

22 Einfluß der Horizontüberhöhung .

23 Über die Reaktionen der Pflanzen auf die Strahlungsströme 231 Strahlungs- und Energiehaushalt der Pflanzen .

232 Pflanzentemperaturen als Ausdruck des Energiehaushaltes und ihre Auswirkungen auf das Pflanzenleben

233 Direkte Strahlungswirkungen, Photosynthese 234 Strahlungsempfang verschiedener Oberflächen 24 Strahlung und Gelände

3 Lage des Versuchsgebietes 31 Effekte der Talorientierung 4 Grundlagen der Hangbestrahlung .

41 Die Hangneigungen . 42 Die Hangrichtungen .

43 Horizonteinengung und örtlich mögliche Sonnenscheindauer 5 Messungen der globalen Hangbestrahlung .

51 Meßmethodik 52 Ergebnisse

521 Tagesgang der Globalstrahlungsintensitäten bei wolkenfreiem Wetter für verschiedene Hanglagen

522 Summen der globalen Hangbestrahlung bei wolkenfreiem Wetter für einzelne Tage und für die Vegetationsperiode

523 Globale Hangbestrahlung bei durchschnittlicher Bewölkung . 6 Karte der globalen Hangbestrahlung .

61 Übertragung der Meßwerte in die Karte unter Berücksichtigung der Geländeparameter

62 Die Strahlungsverteilung im Gelände . 63 Beziehungen zum Pflanzenleben .

Zusammenfassung - Resume - Riassunto - Summary . Literaturverzeichnis .

Seite

113 116 116 119 121 121 122 123 126 129 132 132 134 135 136 138 141 141 145 145 148 156 158 158 160 160 162 166

(3)

1 Einleitung und Zielsetzung

Wiederbegründung von Wäldern nahe ihrer klimabedingten oberen Lebensgrenze ist uns und den folgenden Generationen nach den jahrhundertelangen Waldzerstö- rungen gerade in jenem kritischen Bereich als große und wichtige Aufgabe gestellt - Wiederbewaldung nicht als Selbstzweck, sondern mit dem Ziel, dem Gebirgswald seine unersetzliche schützende Funktion im Landschaftshaushalt wiederzugeben.

Daß durch Intensivierung der Aipwirtschaft, Trennung von Wald und Weide sowie Aufforstung unrentabler Weiden und Zwergstrauchheiden im Rahmen von Integral- me1iorationen (R. H a m p e l 1963) die Gesamtwirtschaft auf lange Sicht gefördert und gefestigt wird, kann heute als gesichertes Wissensgut gelten. Bei der praktischen Du'l'chführung haben sich neben den psychologischen und rechtlichen Schwierigkeiten, bedingt durch das Festhalten der Bergbevölkerung an alten Betriebsweisen, die schwie- rigsten Probleme bei den Aufforstungen ergeben.

Damit die forstliche Praxis wissenschaftlich fundierte Anhaltspunkte für eine ökonomische Durchführung dieser schwierigen Aufgabe in die Hand bekomme, ist man - letztlich unter dem Eindruck des denkwürdigen katastrophalen Lawinenwinters 1950/51 - dazu übergegangen, in einer Gemeinschaftsunternehmung des Eidg. Insti- tuts für Schnee- und Lawinenforschung und der Eidg. Anstalt für das forstliche Ver- suchswesen ältere weitblickende Bestrebungen (E. Land o lt 1862, F. Fan k hau - s er 1918, 1921 u. a.) in die Tat umzusetzen und zunächst einmal die für Aufforstun- gen maßgebenden ökologischen Bedingungen bestimmter hochgelegener Entwaldungs- zonen zu studieren. Zwei besonders schwierige Problemkreise aus dem Gesamtaspekt der Gebirgsforstwirtschaft wurden in Angriff genommen:

1. Wirkungen der langsamen Gleit-, Kriech- und Setzungsprozesse der Schnee- decke auf Aufforstungen sowie Maßnahmen zu ihrer Verhinderung (F. Fischer und H. R. In der Ga n d 1958). Insbesondere auf gleichmäßigen und oberflächen- glatten, grasbewachsenen Hängen in Expositionen mit südlicher Komponente können die langsamen Schneebewegungen den Erfolg einer Aufforstung in Frage stellen.

Seit dem Jahr 1955 werden entsprechende Untersuchungen in über 30 Versuchs- varianten auf zwei geeigneten, verschieden hoch gelegenen, südostexponierten Ver- suchsflächen am Dorfberg bei Davos durchgeführt, wobei als wichtigste Schutzmaß- nahmen Kleinterrassen und einfache Stützpfählungen aus Holz getestet werden

(F. Fischer und H. R. In der Ga n d 1958). Die Versuche können wohl erst dann als abgeschlossen gelten, wenn die Testpflanzungen ein gewisses kritisches Alter (rund 15-20 Jahre) hinter sich haben werden, ein Alter, in dem ·manche Baumarten (Fichte, Arve) nicht mehr biegsam genug sind, um die trotz der Schutzmaßnahmen verbleibenden (Setzungs)-Bewegungen der Schneedecke mitzumachen, aber auch noch nicht kräftig genug sind, größeren Beanspruchungen standzuhalten.

2. In einem zweiten Versuchsgebiet auf Stillbergalp im Dischmata1, auf das sich vor- liegende Studie bezieht, wurde gleichzeitig, als Ergänzung, das schwierige Problem der Wiederbewaldung lawinenbestrichener Gebiete an der oberen Waldgrenze ange-

113

(4)

gangen. Im Gegensatz zur vorerwähnten Versuchsanlage handelt es sich hier um eine Fläche mit größtenteils lebhaft gegliedertem Relief und oberflächenrauhem Zwerg- slrauchbewuchs in allgemeiner Nordost-Exposition (Abbildungen 1 und 2), eine 7,5 ha große Fläche, auf der wegen ausgedehnter und häufig abbrechender Lawinen die nalüdiche Wiederbewaldung auch bei Ausschaltung der menschlichen Einflüsse (Beweidung) für absehbare Zeil unterbunden bleibt. Hier geht es um das Versuchs- ziel, biologisch und technisch geeignete, finanziell mit gering,stem Aufwand durch- führbare Verfahren zu ermitteln, wie auf ausgesprochenen Lawinenhängen der zentraialpinen Waldgrenzzone eine dauernde Bestockung erreicht werden kann

(R. Ku ·o c h 1959, 1960).

In einer ersten Phase galt es, die ökologischen, vor allem mikroklimatischen, bodenkundlichen und pflanzensozioiogischen Gegebenheiten in der Versuchsfläche zu kennzeichnen, möglichst kartographisch aufzunehmen und in Beziehung zu den Standortstypen zu bringen. Diese Aufgabe kann derzeit im wesentlichen als abge- schlossen gelten. Über Verbreitung und Ökologie der Mykorrhizapilze, Vorbedin- gungen für Mykorrhizaimpfungen des Pflanzgutes, eine wichtige und vielfach unterschätzte « Starthilfe» bei Aufforstungen von Ödland, hat E. H o r a k ( 1963) ausführlich berichtet.

Vorliegender Beitrag leitet eine Reihe von Veröffentlichungen über die mikro- klimatischen Verhältnisse mit dem primären Faktor Hangbestrahlung ein, der im Verein mit Wind und Schnee in hochalpinem, waldfreiem Gelände erfahrungsgemäß die ursächlichen Bedingungen für die wesentlichen übrigen Standortsdifferenzierungen darstellt. Die für die Bestrahlung maßgebenden Geländeparameter Hangneigung, Hangrichtung und Horizontabschirmung können unschwer in großer Netzdichte erhoben werden. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, die Strahlungskartierung auch als Hilfsmittel zu verwenden, um für jene abgeleiteten und komplexen Faktoren die Gefändeverteilung zu präzisieren, die aus ökonomischen Gründen nur in geringerer Netzdichte stichprobenweise ermittelt werden können.

Ihre sinnvolle Verwertung werden die durchgeführten Standortskartierungen klimatologischer, bodenkundlicher und vegetationskundlicher Art dann erhalten, wenn nach durchgeführter Lawinenverbauung und Auspflanzung der Fläche mit zwei bis drei Baumarten die Standorlsfaktoren einzeln und in verschiedenen Faktoren- kombinationen in Beziehung zum Gedeihen der jungen Forstpflanzen gesetzt werden.

Wenn auch schon genaue Beobachtungen der natürlichen Jungwuchsverteilung wichtige Fingerzeige für die Frage geben, welche Baumarten für wekhe Standorte geeignet sind, so ist damit doch noch nichts Sichere,: über die Überlebenschance von Pflanzungen ausgesagt, die ja nicht den vielen zufälligen sowie physikalisch und biologisch selektiven Verteilungsfaktoren wie die natürliche Aussaat ausgesetzt sind und denen zudem die Anwuchsschwierigkeiten durch gewisse Starthilfen er- leichtert werden.

Der Hauptgedanke für die künftige Abklärung des komplizierten Zusammenhanges zwischen dem ökologischen Faktorenkomplex und dem Jugendwachstum gepflanzter Baumarten ist es, statistisch gesicherte Hinweise für eine standortsgemäße und daher

(5)

Gesamtübersicht des Dischmatales bei

1

Davos, Kanton Graubünden.

Photo und Bewilligung zur Reproduktion durch den Militärflugdienst Dübendorf

(6)

, .

Abb. 2

Die Versuchsfläche Stillberg (2000-2230 m,

(7)

ökonomische Aufforstung subalpiner Entwaldungsgebiete für alle jene Gebiete zu gewinnen, wo wir dieselben, durch die Vegetation hinreichend genau angezeigten Standortsverhältnisse wie am Versuchsort antreffen.

In vorliegender Arbeit werden die Bestrahlungsverhältnisse in erster Linie als Wachstumsfaktor behandelt und daher auf die Vegetationsperiode bezogen, die am Versuchsort nach mehrjährigen phänologischen Beobachtungen (Dr. E. S ur b er, mündliche Mitteilung) im Durchschnitt von Mitte Mai bis Ende September dauert.

Die winterliche Strahlung erhält ihre Bedeutung vorwiegend durch ihre für die Bäume der Waldgrenzzone schädlichen Wirkungen; sie steht in engstem Zusammen- hang mit der winterlichen Schneebedeckung und muß, da die entsprechenden Ge- ländemessungen noch nicht abgeschlossen sind, einer späteren Veröffentlichung vor- behalten bleiben.

Herrn Prof. Dr. A. Kurt h, Direktor der EAFV, danke ich für die mir gewährte Unterstützung und für die Gelegenheit, an der schönen Aufgabe des Gebirgspro- . grammes mitzuwirken. Auch die Herren Dr. W. N ä g e 1 i und Dr. E. S ur b er,

Koordinator der Stillbergalp-Versuche, kamen mir in meinen Bestrebungen stets hilfreich und verständnisvoll entgegen. Sehr umfangreiche Gel,ände-Erhebungen über die Horizontabschirmung (mögliche Sonnenscheindauer), d,ie für vorliegende Publi- kation verwertet werden konnten, haben im Jahre 1959 die Herren L. M a ran t a und C. Boy d unter der Leitung von Herrn Dr. R. Ku o c h durchgeführt. Bei den Strahlungsmessungen (Vegetationsperiode 1965) haben die Herren P. Roch a t und A. S c h i 1 d tatkräftig mitgewirkt. Herr A. S t r e u 1 e hat die Karten der Hang- neigung und -richtung verfertigt und war mir in aufopfernder Weise bei der Bestim- mung der vielen Strahlungsdaten behilflich. Schließlich möchte ,ich noch ganz be- sonders den Herren Doz. Dr. W. M ö r i k o f er und Dr. H. Wie r z e je w s k i, Davos, für anregende Diskussionen und für freundliches Entgegenkommen bei der Eichung der verwendeten Meßinstrumente sowie Herrn Direktor J. Chr. T h a m s, Locarno-Monti, für sein Interesse an der Arbeit und für wertvolle Hinweise herzlich danken.

Die Hauptergebnisse vor1iegender Untersuchung wurden an der 9. Internationalen Tagung für alpine Meteorologie in Brig am 16. September 1966 vorgetragen.

115

(8)

2 Allgemeines über die Strahlung als Standortsfaktor, speziell im Gebirge

21 Der Wärme- und Strahlungshaushalt

Man kann die allgemeine Bedeutung der Strahlung wohl schwerlich treffender kennzeichnen, als dies R. Geiger (1961, S. 5) am Beginn seiner Behandlung der Mikroklima-Grundlagen tut: « Unter allen meteorologischen Elementen nimmt un- zweifelhaft die Strahlung den ersten Rang ein, wcil die Sonnenstrahlung unsere Lebensgrundlage, für die Atmosphäre der treibende Motor ist, und weil die Erde allein durch die Strahlung im Energieaustausch mit dem Kosmos steht.»

Auch bei Standortserkundungen, wo die für den Wärme- und Wasserhaushalt wesentlichen Faktoren im Vordergrund stehen, ist es wichtig, ,im Auge zu behalten, daß weitaus die meiste Energie, die für weitere Umsetzungen an der Bodenoberfläche zur Verfügung steht, unmittelbar von der Strahlung herrührt und in viel geringerem Maße von horizontalem Wärmetransport aus Gebieten mit relativem Wärmeüber- schuß. Nach M. I. B u d y k o (1958) können wir für unser Klimagebiet in erster Näherung als quantitative jährliche Wärmehaushaltsgleichung schreiben:

40 (S) + 5 (Q) = 30 (V)+ 15 (L) + 0 (B) kcal cm·2·a·1 wobei S = Strahlungsbilanz

Q = advektive Wärmezufuhr

V= Wärmeverlust durch Verdunstung (Evapotranspiration) (latenter Wärmestrom)

L = Wärmeabgabe an die Luft (fühlbarer Wärmestrom) B = Wärmeabgabe an den Boden

(1)

Großklimatisch gesehen werden also in unseren Breiten ( 4 7 bis 48

°

N, gemittelt für Land und Meer) rund neun Zehntel der Wärmeenergie unmittelbar von der Strah- lung bereitgestellt; zwei Drittel der Gesamtwärmemenge werden durch Verdunstung verbraucht, und das restliche Drittel wird an die Atmosphäre abgegeben. (In der warmen Jahreszeit ist als weiterer Faktor B die Wärmezufuhr an tiefere Bodenschich- ten beteiligt, die aber im Winter wieder durch umgekehrten Wärmefluß verloren geht und daher in der jährlichen Bilanz nicht aufscheint.)

Es wird im Verlauf dieser und weiterer Studien versucht zu zeigen, wie stark dieses Verhältnis im mikroklimatischen Bereich in den verschiedenen Hanglagen abgewandelt wird und wie wir uns dabei in gewisser Hinsicht an die Verhältnisse ganz anderer Klimazonen annähern.

Als Gegenstück zu obigem globalem Wärmehaushalt unserer geogr. Breite (1) sei nun nach F. A. M um in o v (1959), zitiert bei D. H. Mille r (1965, S. 238 bis 239), ein Beispiel aus einem extremen Hochgebirgsklima (Pamir 3153 m) angeführt,

(9)

um die Unterschiede zum Tiefland deutlich zu zeigen. (Es handelt sich um einen Tag im August. Bodenbewuchs: trockenes Gras) :

Bei Tag (06.30-17.30) : Nachts (17.30-06.30) : 24 Stunden:

321 (5) = 89 (V) + 178 (L) + 54 (B) cal cm-2 -77 (5) = -22 (V) - 5 (L) - 50 (B) cal cm-2 244 (5) = 67 (V) + 173 (L) + 4 (B) cal cm-2

(2) (3) (4) Es ist ersichtlich, wie auch D. M. Gates (1963) betont hat, daß im Hochgebirge die mit dem Sonnenaufgang einsetzende « Wärmelawine» zum größten Teil von der (niedrig temperierten) Atmosphäre aufgenommen und abtransportiert wird; in der Nacht folgt kein entsprechender Rückfluß von Wärme aus der Luft. Ein viel klei- nerer Teil der Strahlungsbilanz wird untertags zur Verdunstung verbraucht und ein noch kleineres Quantum in der Nacht durch Kondensationswärme bei Tau- bzw. Reifbildung wieder eingebracht. Der Wärmegewinn des Bodens geht fast zur Gänze wieder während der Nacht verloren. Die Wirkung des Gebirges als gehobene Heizfläche im kühlen Luftozean wird durch diese Beispiele treffend beleuchtet.

Der Wärmehaushalt ist über das Verdunstungsglied V eng mit dem Wasserhaus- halt gekoppelt. D. H. Mi 11 er (1965) hat auf die große Bedeutung der in den Hochlagen im allgemeinen stark reduzierten Wasserspeicherung in der Wurzelzone, der geringen Grundwasserreserven und der kürzeren Evapotranspirationsperiode hin- gewiesen. Das macht begreiflich, daß im Hochgebirge trotz höherer Niederschläge so kleine Wärmemengen für Verdunstung verbraucht werden.

Der beim Wärmehaushalt der Bodenoberfläche (1)-(4) aufscheinende Haupt- faktor Strahlungsbilanz S ergibt sich aus dem Zusammenwirken sehr verschieden- artiger Strahlungsströme, die aus der primären Sonnenstrahlung hervorgehen, wenn diese auf ihrem Weg durch die Atmosphäre und beim Auftreffen auf die Erdober- fläche teilweise zerstreut, reflektiert und absorbiert ( und damit in Wärme umge- wandelt) wird. Für ein Waldgrenzgebiet der kontinentalen Zentralalpen in 2070 m Seehöhe ( 4 7° N), auf einem NW-Hang, mit einer mittleren Horizonterhöhung von 15°, können nach den Messungen von H. Turner (1958a, 1961) und den Angaben bei F. Sauberer und 1. Dir m h i r n (1958) für G und A folgende wahrscheinliche quantitative Beziehungen im durchschnittlichen Strahlungshaushalt pro Jahr (5) und pro Vegetationsperiode (Juni-September) (6) angenommen werden:

28 (5) = 64 (/) + 58 (H) + 202 (G) - 52 (R) - 245 (A) kcal cm-2 30 (5) = 31 (/) + 25 (H) + 76 (G) - 11 (R) - 91 (A) kcal cm·2

wobei I = direkte Sonnenstrahlung } GI b 1 hl

. . o a stra un

H = diffuse Himmelsstrahlung + Hangreflexstrahlung g G = Temperaturstrahlung der Atmosphäre (Gegenstrahlung)

R = ,am Erdboden reflektierte kurzwellige ( Global-) Strahlung

(5) (6)

A = Temperaturstrahlung des Erdbodens (Stefan-BoltzmannscheAusstrahlung) 117

(10)

Die besonderen Hochgebirgsverhäilnisse kommen zum Ausdruck, wenn man den Strahlungshaushalt einer Flachlandstation zum Vergleich heranzieht. Es folgen nach W. Co 11 man n (1958) die sorgfältig ermittelten Jahreswerte (1953/1954) der Strahlungskomponenten von Hamburg-Fuhlsbüttel (53° 38' N) in der bisherigen Darstellungsform:

35 (5) - 34 (/) + 43 (H) + 241 (C) - 14, (R) - 296 (A) kcal cm·2 (7) Der Vergleich mit (5) zeigt an der Waldgrenze in der Jahressumme fast doppelt so viel direkte Sonnenstrahlung wie im Flachland, auch die Himmels- (Wolken-) Strahlung ist bemerkenswert erhöht. Das sind zu einem Teil großklimatisch bedingte Unterschiede, zum anderen Teil gehen sie zurück auf die gesetzmäßige Zunahme der Komponenten / und H mit der Seehöhe, entsprechend der Abnahme von Luftmasse, -dichte und -trübung, über die wir verhältnismäßig gut untenichtet sind (F. Sau•

b e r e r und 1. D i r m h i r n 1958) . Weiters fällt besonders auf, daß die am Erd- boden reflektierte kurzwellige Strahlung R sogar auf das Vierfache erhöht ist - eine Auswirkung der in der Höhenlage schon stark verlängerten, von November bis Mitte Mai ununterbrochenen Periode hoher Albedo ( 60-90 % ) infolge Schneebedeckung.

Dies - im Verein mit höherer Albedo der alpinen Vegetation gegenüber jener der tieferen Vegetationsstufen (D. H. Mi 11 er 1965) - machten das Verlustglied R so bedeutend, daß sich die starke kurzwellige Einstrahlung nicht entsprechend auswirken kann. (Die Waldzone ist diesbezüglich - auch in der Schneedeckenzeit - besser gestellt.) Der Wärmeumsatz kann durch die kurzwellige Bilanz entscheidend erst in der Schneeabbauperiode (an der Waldgrenze ab Mitte April) und in der schnee- freien Zeit beeinflußt werden.

Der langwellige Strahlungshaushalt im Hochgebirge ist noch unzureichend er- forscht, es mangeln sowohl direkte Messungen wie auch Kenntnisse über die groß- fliichig - als Integral der verschiedenen Hang1agen - wirksamen Oberflächentem- peraturen zur Berechnung der Ausstrahlung. Die Temperaturstrahlung der Atmo- sphäre (G) ist in der Höhe wegen tieferer Temperatur und kleinerem Wassergehalt der Luft wohl eindeutig und markant erniedrigt, aber die Ausstrahlung des Erd- bodens ist stark von den lokalen Bodenarten und vom Bewuchs abhängig. Bisher vorliegende spärliche Messungen bei natürlichen und vergleichbaren Tief- und Hoch- lagenverhältnissen im Kaukasus und im Pamir (D. H. Mi 11 er 1965, S. 237-238) wie auch die bekannte Tatsache, daß der Überschuß der Bodentemperatur über die Lufttemperatur mit der Seehöhe zunimmt, deuten darauf hin, daß die Ausstrahlung mit der Höhe weniger stark als die Gegenstrahlung der Atmosphäre abnimmt, so daß die langwellige Bilanz im allgemeinen stärker negativ wird, je höher man im Gebirge hinaufsteigt. Einer relativ hohen Ausstrahlung wirkt in der Höhenlage vergleichs- weise zu wenig Atmosphärenstrahlung entgegen.

Zu Beginn und während der Schneeschmelzperiode herrschen besondere Strah- lungsverhältnisse: Die kurzwellige Bilanz ist noch niedrig, die langwellige Ausstrah- lung wegen der nicht über O

°

C ansteigenden Temperatur der Schneeoberfläche

(11)

ebenfaHs, aber die Gegenstrahlung der sich erwärmenden und sich mit Wasserdampf anreichernden Atmosphäre steigt bereits an. Erst wenn sich Gegenstrahlung und Ausstrahlung beinahe kompensieren, kann der Energieüberschuß aus der kurzwelligen Bilanz zur Schmelzung des Schnees verwendet werden, während gleichzeitig der steigende Wassergehalt der Schneedecke die kurzwellige Bilanz erhöht und so den Schmelzvorgang weiter fördert. (Vgl. W. Ambach 1965).

Gesamthaft gesehen ist die für den Wärme- und Wasserhaushalt so wichtige Strah- lungsbilanz in den Gebirgshochlagen sehr großen Schwankungen ausgesetzt; sie nimmt am Tage und im Sommer einen wesentlich größeren positiven, nachts und während des Winters einen um so stärkeren negativen Wert an als im T,iefland.

Im Jahresmittel dagegen ist - wie auch ein Vergleich von (5) und (7) zeigt - ein weitgehender Ausgleich festzustellen, jedoch mit der Tendenz einer Abnahme mit der Seehöhe.

Die an den unbewachsenen horizontalen Boden eines W aldgrenzenstandortes ab- gegebene Energie reicht aus, um diesen knapp unter der Oberfläche noch im Mittel über alle Tage und Nächte der Vegetationsperiode um 5

°

C, in 10 cm Tiefe um 3-4 °C über die Luft in 2 m Höhe zu erwärmen (H. Au 1 i t z k y 1962). Bei Einbruch feucht-warmer Luftmassen im Sommer bei gleichzeitig anhaltendem Schön- wetter, wenn also sowohl Gegenstrahlung wie Globalstrahlung hohe Werte erreichen und zum Aufbrauch der geringen Feuchtigkeitsreserven im Boden führen, können die von D. M. Gates (1963) so treffend geschilderten «Wärmelawinen» im Hoch- gebirge in süd1ichen Hanglagen zu geradezu wüstenähnlichen Verhältnissen führen, wie exzessive Oberflächentemperaturmaxima bis 80

°

C und hohe Pflanzentempera- turen beweisen (H. T u r n e r 1958 b) .

22 Einfluß der Horizontüberhöhung

Eine ailgemeine Darstellung der Bedeutung eingeengten Horizontes für die ver- schiedenen Strahlungsströme, z. T. allerdings nur bis in eine Höhen1age von 1000 m gültig, hat 1. Dir m h i r n (1964) gegeben, für die Frage des Einflusses auf die direkte Sonnenstrahlung in 50° nördlicher Breite hat A. Morgen (1957) grund- sätzliche Lösungen gefunden, die trotz der notwendigen Schematisierungen den Be- dürfnissen der Praxis entgegenkommen. Hier sollen lediglich die an einem Wald- grenzenstandort genauer ermittelten speziellen Verhältnisse kurz wiedergegeben werden.

Die in den Strah1ungshaushaltsgleichungen (5) und (6) genannten Summen an direkter Sonnenstrahlung wären noch höher (im Jahr um etwa 7

% ) ,

wenn am Untersuchungsort (Waldgrenze 2070 m, jährliche relative Sonnenscheindauer 55 % ) ein siderischer Horizont gegeben wäre. Die im Jahreslauf und mit der Schneebe- deckung sehr wechselnden Gewinne und Verluste durch den im Mittel 15° über- höhten (bei H. Turner 1961 abgebildeten) Horizont sind in Abbildung 3 als typisches Beispiel häufig vorkommender Fälle übersichtlich dargestellt, getrennt für 119

(12)

Abbildung 3

Strahlungsverluste und -gewinne durch die Horizontüberhöhung bei wolkenfreiem Wetter (Wald- grenze 2070 m, NW-Hang, mittlere Horizontüberhöhung 15 Grad). Unten: Schneebedeckung der horizontüberhöhenden Hänge (0/o der Fläche). Die strichlierten Kurven zeigen die Auswirkung einer Schneedecke, wenn sie sich kurzfristig während der Vegetationsperiode bildet, auf Himmels-

und Globalstrahlung

cal

cm

2 d1

C +40

C

~

'11 +20

C)

zO -

\

\

\

\

\

VI -20 \

::, \

' ' \

...

\

'11 -40 \ ,.

> \ \

-60

100'/,

0

II III IV V VI VII VIII IX X Mono t

Sonnen-, Himmels- und Globalstrahlung. Die Werte sind in absolutem Maß ( cal cm·2 1 ) angegeben.

Im relativen Maß bedeuten sie (immer wolkenfreies Wetter vorausgesetzt): Der Horizont hält im Jahr 11,6

%

der möglichen Sonnenstrahlungssumme (4

%

im Juni, 43

%

im Dezember) zurück. Die Himmelsstrahlung wird bei gleicher Witterung !in der Zeit mit Schneedecke um 30 bis 60

%

erhöht; bei Fehlen einer Schneedecke dagegen verursachen die abschirmenden Hänge weder Gewinn noch Verlust, weil die von ihnen reflektierte Strahlung in unserer Höhenlage annähernd jene ersetzt, die von dem abgeschirmten Teil des blauen Himmels kommen würde. Die Globalstrah- lung schließlich wird durch den Berghorizont während des ganzen Jahres erniedrigt (-1

%

im Mai, --4

%

im Juli, -33

%

im Dezember, -8,6

%

im Jahr).

Die Reflexstrahlung von den schneebedeckten Hängen vermindert den jährlichen Verlust an Sonnenstrahlung ( wieder bei Annahme immer wolkenfreien Wetters) von 18,5 um 4,0 auf 14,5 kcal cm·2 •

(13)

Nach ergiebigen, in dieser Höhenlage zu keiner Jahreszeit sehr se1tenen Schnee- fällen kann von Mai bis Mitte August der Fall eintreten, daß der Strahlungszuschlag durch Hangreflexion bis 45 cal cm·2 1 ansteigt, womit der horizontbedingte Sonnen- strahlungsverlust sogar überkompensiert wird, wie die gestrichelten Kurven in Ab- bildung 3 zeigen.

Bei den langwelligen Strahlungsströmen ist im Vergleich zur Himmelsstrahlung ein umgekehrter Effekt der Horizonteinengung gegeben: Die horizontüberhöhenden Berghänge strahlen in aperem Zustande mehr langwellige Energie ab als die verdeck- ten Teile des Himmels, sind sie aber schneebedeckt, so geht dieser Gewinn teilweise verloren. Die Horizontüberhöhung obigen Beispiels bedeutet für die jährliche lang- weHige (neg•ative) Bilanz eine Verbesserung von etwa 3

% ;

die Verluste an kurz- welliger Strahlung werden daduroh nicht kompensiert, nur gemildert.

23 Über die Reaktionen der Pflanzen auf die Strahlungsströme

231 Strahlungs- und Energiehaushalt der Pflanzen

Die Pflanze ist - z. T. als selbständig regelndes Glied - in den Energieaustausch zwischen Kosmos, Atmosphäre und Boden eingeschaltet. Zur Aufrechterhaltung des Lebens steht sie überdies durch Photosynthese, Respiration und Transpiration mit der Umwelt in einem Stoffaustausch, der vom Energieaustausch bewirkt und begleitet wird. Ist so die Pflanze in ihren Lebensfunktionen von den Energieumsetzungen in ihrer Umwelt abhängig und ursächlich bedingt, so schafft sie andererseits bis zu einem gewissen Grade eigene Umweltsverhältnisse und wird so selbst zu einem Glied im Komplex der Standortsfaktoren. Die Untersuchung der Faktoren des standörtlichen Energiehaushaltes ist aus diesen Gründen genauso nützlich wie jene des pflanzlichen Stoffwechsels selbst (A. B a u m g a r t n e r 1965) .

Von festem Boden unterscheidet sich die Vegetation hinsichtlich ihres Wärmehaus- haltes wesentlich durch ihre viel kleinere Wärmekapazität und ferner durch ihre partielle Durchlässigkeit für kurzwellige Strahlung und für Luftbewegung (R. G e i - g er 1961). Ist eine geschlossene Pflanzendecke vorhanden, so wird die aktive Ober- fläche - das Niveau der Energieumsetzungen - vom Boden abgehoben und die Hauptlast der Strahlungsbilanz wird von den obersten Schichten der Pflanzenmasse aufgenommen. Im kurzweHigen Bereich erfolgt eine spektral selektive Reflexion, Absorption und Transmission. Integriert über alle Wellenlängen werden rund 70

%

der Globalstrahlung absorbiert, der Rest reflektiert und durchgelassen. Gegen die langwellige Temperaturstrahlung dagegen verhält sich die Pflanze wie ein grauer Körper - sie absorbiert diese Strahlung spektral gleichmäßig und in einem Prozent- satz von 94 bis etwa 98 je nach Oberflächenbeschaffenheit (D. M. Gates und W. Tantra p o r n 1952) und strahlt selbst diese Energie entsprechend der Eigen- temperatur nach dem Stefan-Boltzmannschen Gesetz in den oberen Halbraum und ins

121

(14)

Bestandesinnere ab. Innerhalb dichter Bestände spielL die langwellige Strahlung für die Gesamtbilanz eine größere Rolle als die kurzwellige (A. Baum gart n er 1965).

232 Pflanzentemperaturen als Ausdruck des Energiehaushaltes und ihre Auswirlcung auf das Pflanzenleben

Die Pilanzcnlcmpcratur beeinflußt maßgeblich die wesentlichsten Lebensäußerun- gen der PI!anze wie Respiration (Atmung), Photosynthese (C02-Assimilation) und Transpirabion ( V crsorgung mit Wasser unß Nährstoffen). Sie ist - ein ausgesproche- ner Komplexfaktor - durch drei Variable bestimmt: S (Strahlungsbilanz), V (Ver- dunstung) und L (Wärmeaustausch mit der Luft).

Infolge des nur sehr geringen Wärmespeichervermögens (meist kleiner als 0,02 cal cm·2 grad·1) kennen die PflanzenbläLLcr kein nennenswertes Temperatur- beharrungsvermögen bei wechselnden Umwellsbedingungen. Es ist daher nicht ver- wunderlich, daß wir innerhalb weniger Sekunden Temperaturschwankungen bis zu 20

°

C an Koniferennadeln feststellen (W. Tran q u i 11 in i und H. Turner 1961), wenn sich einer oder mehrere der bedingenden Faktoren S, V und L mit ent- sprechender Geschwindigkeit und Intensität ändern, wie das in der hochalpinen boden- und schneenahen Luftschicht besonders stark ausgcpriigt ist.

Allein der Strahlungsanteil S kann die Pflanzenorgane über die Lufttemperatur erwärmen ( der Atmungseffekt kann normalerweise vernachlässigt werden) ; sein Gegenspieler ist der Faktor V, der abkühlend wirkt. Aber unter normalen Verhält- nissen dominiert der dritte Faktor L so stark, daß sich die Temperatur der Pflanzen- organe nicht mehr als wenige Grade von jener der umgebenden Luft unterscheidet.

Dieser Wärmeaustausch mit der Luft wird jedoch rasch kleiner, wenn die Größe der Pflanzenteile zunimmt und vor allem, wenn die Windgeschwindigkeit gegen Null geht. Bei starker Einstrahlung und gleichzeitiger Windstil.Je, welche Kombination allerdings nur selten und kurzfristig eintritt, können in unserem Klimagebiet trotz Abkühlung durch m i lliere Transpirationsintensität (W asserbedeckungsfaktor 0,03) Übertemperaturen der Blätter von 10-15

°

C erreicht werden (K. Rasch k e 1956), wogegen bei fehlender kurzwelliger Einstrahlung, wenn die langwelligen Strahlungs- umsätze allein wirksam sind, maximale Unterkühlungen von etwa 4 °-C (in wind- stillen Strahlungsnächten) möglich sind. Verdunstendes Benetzungswasser kann diese Unterkühlung noch steigern.

Bei stark eingeschränkter Transpiration konnten (an mediterranen Hartlaubge- hölzen) schon Übertemperaturen bis zu 18,4

°

C nachgewiesen werden (0. L. und R. L a n g e 1963) .

An der oberen Waldgrenze in horizontaler Lage hat sich herausgestellt, daß junge Forstpflanzen in 10 cm Höhe ü. B. in den hellen Stunden der Vegetationsperiode durchschnitt1ich bis zu etwa 10

°

C höher, nachts etwa 2

°

C tiefer temperiert sind als in 2 m Höhe (Wetterhütte) angezeigt wird (W. Tran q u i 11 in i und H. Tu r - n er 1961). Am selben Standort wurde festgestellt, daß in der Schneeabbauperiode

(15)

April-Mai, also bei bereits hoher Global- und Gegenstrahlung und infolge Schnee- decke auch hoher Reflexstrahlung, die extremsten Überwärmungen an Arvennadeln auftraten: Gegenüber der Luft in 2 m Höhe waren die Nadeln in 10 cm Höhe über der Schneeoberfläche im Monat April bezüglich der mittleren Maxima um 11

°

C, maximal um 21,5

°

C überwärmt; die größte Tagesschwankung der Nadeltemperatur im gleichen Zeitraum betrug 34,0

°

C gegenüber nur 13,3

°

C bei der Lufttemperatur.

Neben den verschiedenen Meßhöhen und Meßverfahren dürften die besonderen Strahlungsbedingungen hauptmaßgeblich für diese Extreme gewesen sein.

Eine Arvennadeltemperatur von 10-15

°

C ermöglicht bei schwachem Licht (10 klx) bereits maximale C02-Netto-Assimilation, bei stär1kerem Licht (30 klx) ver- schiebt sich diese Optimaltemperatur in den Bereich 15-20

°

C (A. P i s e k und E. Wink I er 1959). Trotz der strahlungsbedingten Nadelüberwärmungen in der produktiven Zeit liegen am W aldgrenzenstandort die Temperaturen junger Arven noch unter den Optimaltemperaturen für Stoffgewinn, zumindest in horizontaler und nördlicher Exposition (W. Tran q u i 11 in i und H. Turner 1961).

Auch die erwähnten schnellen Nadeltemperaturschwankungen infolge kleiner Wärmekapazität haben unmittelbare praktische Bedeutung. Sie führen dazu, daß insbesondere in der Schneeabbauperiode Arvennadeln, die über die Schneedecke ragen, ihren Gefrierbereich (-4 bis -8

°

C) durch Strahlungseinfluß so rasch und oft durchschreiten können, daß es besonders in sonnenexponierten Expositionen zu irreversiblen Frostwechselschäden kommen kann (K. Ho I z er 1959). Nahezu täglich werden schneefreie Nadeln in der kalten Jahreszeit durch die Strahlung aufgetaut, was der Pflanze nichts nützt, da ihr Assimilationsvermögen ruht, was aber bei Blok- kierung des Wassernachschubes aus dem gefrorenen Boden zu bedrohlichen Wasser- defiziten führen kann.

233 Direkte Strahlungswirkungen, Photosynthese

Nur durch die Wirkung von Strahlungsabsorption kommt es zu Reaktionen von Pflanzen auf Strahlungen. Unmittelbar trifft dies zu für die Photosynthese, für den Einfluß auf die Pflanzenstruktur (z.B. Ausbi1dung von Adaptationsformen: Sonnen- und Schattenpflanzen) , für die Behinderung des Höhenwachstums durch Starkstrah- lung und Ultraviolettstrahlung (Auxinzerstörung), ferner für die Ausbildung des Photoperiodismus und des Phototropismus. Direkte Strahlungsabsorption ist auch maßgeblich für die Bildung - aber auch Zerstörung - des Chlorophylls und bei vielen Arten für die Samenkeimung.

Kurzwellige sichtbare Strahlung induziert in den Chloroplasten aus den Proto- chlorophyll-Vorstufen durch Photooxydation die Bildung der beiden Chlorophyllfor- men a und b, die dann ihrerseits rote und blaue Lichtanteile zu 40 bis 80 % absor- bieren und dadurch die erforderliche Energie für die chemisch-physiologische Reak- tion beim Photosynthesevorgang bereitstellen. (Bei Keimlingen der Koniferen kann die Energie zur Chlorophyllbildung auch aus chemischen Umsetzungen von Photo-

123

(16)

synthese-Produkten entnommen werden, so daß sie fähig sind, auch im Dunkeln zu ergrünen. J, H. G. Sm i t h und V. M. K. Y o u n g 1956.)

Die energetische Grundgleichung der Photosynthese

(8)

zeigt, daß zur Bildung von 1 Mol (= 180 g) Traubenzucker der beträchtliche Auf- wand einer Lichtenergie von 674 Kilokalorien notwendig ist.

Bei allen Untersuchungen über die Strahlungsabhängigkeit der Photosynthese - wenn die anderen Assimilationsfaktoren wie C02-Gehalt der Luft, Turbulenz, Tem- peratuT und Wasserversorgung möglichst optimal und konstant gehalten wurden - hat sich herausgestellt, daß grundsätzlich ein quantitativer Zusammenhang zwischen der Intensität jener Lichtwellen und der Intensität der C02-Assimilation besteht, so zwar, daß Steigerung der Strahlung eine immer geringer werdende Steigerung der Assimilation hervorruft (P. Boys e n Jens e n 1932). Aber schon beim zwei- ten Gesetz der klassischen Photosynthesestudien besteht heute Uneinhelligkeit, nämlich bei der seinerzeit aufgestellten Regel, daß maximale Assimilation schon bei einem Bruchteil der im Freien maximal möglichen Strahlungsintensität erreicht wird. Inzwi- schen ist bei einer Reihe von Pflanzen mit einwandfreier Methode bis zu «voller Freilandstrahlung» (klarer Himmel, Sonne im Zenit: 1,6 cal cm·2 min•1 = 1,6 langley min·1

=

130 klx1

=

11.000 foot-candles) eine Steigerung der C02-Assimilation fest- gestellt worden; es seien hier nur die Ergebnisse von P. E. Waggon er, D. N.

Mo s s und J. D. He s k et h (1963) an Blättern von Zuckerrohr (Saccharum offi- cinarum), Mais (Zea mays) und Sonnenblume (Helianthus annuus) sowie die mündlich mitgeteilten Ergebnisse von Dr. W. Moser (Universität Innsbruck) bei Ranunculus glacialis genannt. Hauptmaßgeblich für diese gute Lichtausnützung dürfte sein, daß das Palisadenparenchym mächtig - oft in mehreren Schichten - ausgebildet ist. P. E. Waggon er und Mitarbeiter haben gleichzeitig und bei methodisch gleichartigen Messungen an anderen Pflanzen gefunden, daß diese bereits bei 0,4 bis 0,7 cal cm·2 min·1 Lichtsättigung erreichen, d. h. auf weitere Steigerung der Strahlung mit keiner vermehrten Photosynthese reagieren. Diese gut vergleichbaren Ergebnisse zeigen mit aller Deutlichkeit, daß es ganz verschiedene Typen von «Lichtausnutzern»

unter den Pflanzen gibt.

Die Lichtabhängigkeit der Photosynthese setzt sich mehr oder weniger auch durch, wenn die übrigen Assimilationsfaktoren nicht optimal bemessen sind, wenn z.B. die C02-Diffusion zur Pflanzenoberfläche durch mangelnde Luftturbulenz erschwert ist, bei Temperaturen unter oder über dem Optimalbereich oder wenn die Pflanze unter Wassermangel leidet, nur ist unter diesen Umständen die Form der Lichtabhängig- keitskurve verändert, dergestalt, daß bei gleichem Licht weniger C02 assimiliert wird und daß - insbesondere bei Wasserdefizit - schon ab einer verhältnismäßig niedrigen Strahlungsintensität keine weitere Steigerung der Photosynthese erzielt wird (P. E.

W a g g o n e r et al. 1963) .

1 Kilo-Hefner-Lux

(17)

Bei Untersuchungen der Photosynthese in Abhängigkeit vom Licht muß immer streng unterschieden werden, ob es sich - wie oben - um individuelle Blätter bzw.

Nadeln oder aber um ganze Pflanzen oder gar Bestände handelt. In letzteren Fällen bekommt man wegen der teilweisen Beschattung der Blätter untereinander in der Regel Lichtabhängigkeitskurven, die bis zu den höchsten in der Natur möglichen Strahlungsintensitäten eine nahezu lineare Zunahme der Photosynthese zeigen (P. Boysen Jensen 1932, T. T. Kozlowski und T. Keller 1966). Auf- schlußreiche diesbezügliche Versuche haben P. J. Krame r und W. S. C 1 a r k

(1947) an Pinus taeda (lobloHy pine) durchgeführt. Sie fanden, daß dem Licht voll exponierte einzelne Nadeln schon bei einem Drittel des vollen Sonnenlichtes maximale Photosynthese erreichten, die dann bis zur höchsten verwendeten Beleuch- tungsstärke (9.300 foot-candles) auf gleicher Höhe blieb, während ganze Sämlinge der gleichen Art erst bei maximaler Freilandstrahlung voll assimilierten und bei einem Drittel dieses Wertes nur 60

%

der maximalen Photosynthese erreicht hatten.

Abweichungen von den im Laboratorium gefundenen Verhältnissen erhält man am natürlichen Standort, wenn gleichzeitig alle Assimilationsfaktoren mit ihren zeitlichen Variationen auf die Pflanze einwirken, aber es hat sich gezeigt, daß auch in diesem Fall die Strahlung der dominierende Faktor bleibt, vor allem bei diffusem Licht und bei ausreichender Wasserversorgung. Bei länger anhaltender Starkstrahlung zeigt sich nach 1 bis 2 Stunden ein Rückgang der Photosynthese (T. T. K o z 1 o w s k i 1957), der im Freiland auch durch zunehmend überoptimale Temperatur und An- spannung des Wasserhaushaltes (Spaltenverengung) bedingt ist. Bei Messungen der Photosynthese von Pinus cembra am natürlichen Standort (obere Waldgrenze) konn- ten mit einigen Einschränkungen folgende Beziehungen bei durchschnittlichen Wit- terungsverhältnissen festgestellt werden (H. Turner und W. Tran q u i 11 in i 1961, H. Turne r-1961):

Globalstrahlung (ca! cm_, min_, ) Photosynthese Tabelle 1

schwächer als 0,02

0,02 bis 0,30

0,30 bis 0, 70

stärker als 0, 70

Negative Stoffbilanz

(Assimilationsertrag kleiner als Atmungsverlust)

Positive Stoffbilanz, aber Photosynthese durch Lichtmangel begrenzt

Optimalbereich der Photosynthese am Standort (maximale Netto-C02-Assimilation)

Photosynthese stark schwankend, optimal bis rückläufig

Legt man diese Daten einer entsprechenden Auswertung von Strahlungsregistrie- rungen zu Grunde, so zeigt sich, daß in 48

%

aller hellen Stunden der Vegetations- periode die Strahlungsintensitäten unter den Werten für maximale Assimilation

(0,3-0,7 cal cm·2 min·1) bleiben, daß also allein schon Lichtmangel in der Hälfte der

10 Bd. 42, Heft 3, 1966 125

(18)

potentiell produktiven Zeit maximalen Stofferwerb verunmöglicht (H. T u r n e r 1961, W. La r c her 1963). Ähnl,iche Verhältnisse sind nach Untersuchungen von A. Pis e k und E. Wink 1 er (1959) für die andere wichtige Halbschattholzart Fichte (Picea excelsa) zu erwarten.

Bei bedecktem Himmel, vor allem aber im Schatten bei wolkenfreiem Wetter, bleiben die Strahlungsintensitäten z. T. weit unterhalb des Wertes für höchsten Stoff- gewinn (vgl. Abbildung 16). Die durch die Bergumrandung hervorgerufene Verkür- zung der möglichen Sonnenscheindauer (Abbildung 12) ergibt daher geländebedingte Unterschiede des zur Photosynthese verwertbaren Strahlungsangebotes, auch wenn man bedenkt, daß diese Unterschiede durch Bewölkung zum Teil wieder aufgehoben werden und daß sich an schattigen Standorten Anpassungsformen entwickeln können, die das verminderte Licht besser auszunutzen vermögen. Die Unterschiede der mög- lichen Sonnenscheindauer bleiben - beispielsweise für gesetzte Jungpflanzen - be- deutsam, weil die Anpassungsvorgänge schon wegen zeitweise verbleibender direkter Sonnenbestrahlung nicht sehr weit gehen. Im Bergschauen stehen, wie Abbildung 16 zeigt, an heiteren Tagen weniger als 0,1 cal cm·2 min•1 zur Verfügung, die maximale Photosynthese von Schattenarven wird (nach W. Tran q u i 11 in i 1955) aber erst bei 0,2 cal cm·2 min·1 (

=

18 klx) erreicht. Dazu kommt, daß man in der Praxis nicht getrennt mit Sonnen- und Schattenpflanzen aufforsten kann, so daß die Pflanzen - zumindest in den ersten Jahren - überall mit dem gleichen Assimilationsapparat auskommen müssen.

234 Strahlungsempfang verschiedener Oberflächen

Wenn man die Beziehungen zwischen Photosynthese und Bestrahlung untersucht, besteht im Grunde ein nicht wegzudispulierendes Dilemma in der Tatsache, daß - außer bei Einzelblättern - die Strahlung nicht so gemessen werden kann, wie sie die Pflanze empfängt, weil es unzählig viele Pflanzenformen gibt. Verhältnismäßig ein- fach sind die Verhältnisse nur hei diffusem Licht oder wenn - wie es meist für das Laboratorium zutrifft - die Strahlungsquelle während der Versuchsdauer in be- stimmter Lage zur ganzen Pflanze bleibt, und ferner, wenn es sich um geschlossene Bestände handelt. In diesen Fällen kann man mit Recht den pflanzlichen Strahlungs- genuß zum Strahlungseinfall auf ein Strahlungsmeßgerät mit ebener Empfangsfläche in Beziehung setzen. Im Freiland dagegen steht die normalerweise gemessene Ver- tikalkomponente der Sonnenstrahlung überhaupt in keinem festen Verhältnis zum Strahlungsempfang der einzelnen Pflanze, denn auf einen ebenen Strahlungsemp- fänger kommt die direkte Sonnenstrahlung mit dem Cosinus ihres ständig wechselnden Einfallwinkels zur Wirkung, während eine Pflanze, deren assimilierende Organe keine Richtung im Raum besonders bevorzugen, der Sonne immer eine praktisch gleichbleibende Gesamtfläche - wie im Idealfalle eine Kugel - zur Bestrahlung dar- bietet, welchen Ort die Sonne im oberen Halbraum auch immer einnimmt. Der Strah- lungsgenuß einer freistehenden Pflanze mit solchen Eigenschaften, beispielsweise

(19)

Abbildung 4

Tagesgang des Strahlungsempfanges verschiedener gekrümmter Oberflächen und der Horizontal- fläche bei wolkenfreiem Wetter, Versuchsfläche Stillbergalp, 2155 m. H

=

Horizontalfläche, K 30°

=

Kegelmantel mit 30° Neigung, K 60°

=

Kegelmantel mit 60° Neigung, K'

=

Kugeloberfläche, ZM 90° = vertikaler Zylindermantel. S. A.: örtlicher Sonnenaufgang, S. U.: örtlicher Sonnenuntergang.

cal cm2 miii1 6. VII. 1965

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1 l

0

4 6 8 10 12 14 16 18h WSZ

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4 6 8 10 12 14 16 18h WSZ

einer Jungarve, muß daher in engster Relation zur Intensität der diffusen und direkten Sonnenstrahlung normal zur Strahlenrichtung stehen.

Zur Illustration der wesentlichen Unterschiede zwischen Bestrahlung einer Ebene und der durchschnittlichen Bestrahlung verschiedener gekrümmter Oberflächen unter den besonderen Bedingungen einer hochalpinen Hanglage sind in Abbildung 4 Meß- ergebnisse und daraus abgeleitete Berechnungen mitgeteilt, gewonnen inmitten der Versuchsfläche Stillbergalp, 2155 m, an zwei wolkenlosen Tagen (6. Juli und 23. Sep- tember) durch Sternpyranometer-Messungen bei schneller Veränderung von Azimut und Neigung (vgl. Abschnitt 51).

Als Vergleichsbasis ist die gemessene Globalstrahlung auf die hol"izontale Ebene (H) gewählt (Vertikalkomponente der Globalstrahlung).

Die durchschnittliche Bestrahlung der Kugeloberfläche (K') wurde zunächst nach dem Vorgehen von J. C. Th am s und H. Wie r z e je w s k i (1958) ange- nähert als Fünftel der Summe der auf die fünf Flächen eines « Würfels ohne Grund- 127

(20)

fläche» auftreffenden Globalstrahlung errechnet. Da sich hierbei kleine Unterschiede ergaben, je nachdem, ob man einmal den Würfel nach den Haupthimmelsrichtungen, das andere Mal nach den Nebenhimmelsrichtungen orientierte, wurde für die Kurve K' in Abbildung 4 für jede Stunde das Mittel beider Aufstellungen berechnet nach der Formel

K' = 1/10 (2H+N+NE+E+SE+S+SW+W+NW) wobei H Bestrahlung der Hor•izontalfläche

N = Bestrahlung der mit 90° Neigung gegen Nord exponierten Fläche NE = Bestrahlung der mit 90° Neigung gegen Nordost exponierten Fläche

usw.

(9)

Da hierbei die Bestrahlung der Grundfläche durch die vom Boden reflektierte Global- strahlung nicht gemessen und berücksichtigt wurde, sind die angegebenen K'-Werte gegenüber der wirklichen Zirkumglobalstrahlung auf die Kugeloberfläche noch durch- gehend etwa 10

%

zu groß, wie Vergleichsmessungen mit Kugelpyranometern ergaben

(J. C. Th am s und H. Wie r z e j e w s k i 1958).

Die Bestrahlung des vertikalen Zylindermantels (ZM 90°) - die Horizontalkom•

ponente der Globalstrahlung (F. Lausch er 1937), maßgebend für den Strah- lungsgenuß schlanker Baumformen oder des aufrechten Menschen - wurde berechnet nach der Formel:

ZM 90° = 1/s (N+NE+E+SE+S+SW+W+NW) (10) wobei N, NE ... wie in Gleichung (9) die gemessene globale Bestrahlung der vertikal gegen Nord, Nordost usw. gerichteten Flächen bedeutet. In ganz ähniicher Weise wurde auch der Strahlungsgenuß der Kegelmäntel mit 30° Neigung bzw. 120° Öff- nungswinkel (K 30°) und mit 60° Neigung bzw. 60° Öffnungswinkel (K 60°) als ein Achtel der Summe der auf die acht Flächen achtseitiger 30° bzw. 60° geneigter gerader Pyramidenmäntel fallenden Globalstrahlung berechnet.

Zwischen den Werten für K 60°, K' und ZM 90° dürfte die Strahlungsempfangs•

charakteristik der meisten Einzelpflanzen liegen. Man sieht deutlich, wie unabhängig dieser Strahlungsgenuß von der Bestrahlung der horizontalen Erdoberfläche ( wie auch jeder anderen Ebene) und wie ausgeglichen er ist. Insbesondere der Strahlungs·

empfang der Kugeloberfläche geht konform mit dem Tagesgang der Intensitäten der direkten Sonnenstrahlung normal zur Sonne, welche in dieser Höhenlage wegen der geringen Lufttrübung schon kurze Zeit nach Sonnenaufgang keinen ausgeprägten Tagesgang mehr besitzt; zusätzlich ist der Gang der diffusen Zustrahlung vom Himmel und von den umliegenden Berghängen mit Maximum um 09.00-10.00 Uhr aufgeprägt. Dieser Tagesgang der Kugelbestrahlung durch Sonne, Himmel und Hang steht in sehr guter Übereinstimmung mit der Registrierung der Photosynthese junger Arven, die an klaren Tagen schon kurz nach örtlichem Sonnenaufgang keine wesent·

liehe weitere Steigerung der Assimilation erkennen lassen, obwohl die mit Horizontal-

(21)

flächenpyranome_ter gemessene Strahlung noch stark ansteigt. Bislang wurde dies meist mit «Lichtsättigung» erklärt. Eine Vertikalkomponente der direkten Sonnen- strahlung von 0,3 cal cm·2 min·1 bedeutet bei geringer Sonnenhöhe für die Photo- synthese oft dasselbe wie eine Intensität diffuser Strahlung von 0, 7 cal cm·2 min·1, umgekehrt können Vertikalkomponenten der direkten Sonnenstrahlung von 0,7 und 1,4 cal cm·2 min·1 von der Einzelpflanze gleich stark absorbiert werden.

Die in Tabelle 1 angeführten Ergebnisse über Strahlungsabhängigkeit der Photo- synthese sollten daher nur bei Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte interpretiert und für weitere Überlegungen herangezogen werden.

24 Strahlung und Gelände

Die für die photosynthetische Leistung der einzelnen, nicht im geschlossenen Ver- band stehenden Pflanze unmittelbar maßgebende Bestrahlung durch Sonne, Himmel und Hang ist - wie schon aus vorstehendem ersichtlich - im wesentlichen nur inso- fern von der Geländeausformung abhängig, als die mögliche Dauer der Sonnenbe- strahlung je nach Horizontüberhöhung verschieden groß ist. Bei nicht zu lange anhaltender Starkstrahlung, bei mäßigen Pflanzentemperaturen (10-20

°

C) und bei ausreichender Wasserversorgung sind wir nach Tabelle 1 und Abschnitt 234 zur Annahme berechtigt, daß nur voller Sonnenschein maximale photosynthetische Lei- stung unserer Hauptholzarten ermöglicht. Die von den Wolken kommende diffuse Strahlung vermag nur verhältnismäßig selten - bei sehr heller, dünner bis mittel- dichter, aufgelockerter Bewölkung - den für die Photosynthese optimalen Wert zu erreichen (H. Turner 1961). Bewölkung mildert zwar die durch die Horizont- abschirmung hervorgerufenen photosynthetisch bedeutsamen Besonnungsunterschiede, vermag sie jedoch nicht auszugleichen. Die Kartierung der örtlich möglichen Son- nenscheindauer (Abbildung 12) vermittelt einen Überblick über die geländebedingten Variationen dieses für die Photosynthese unmittelbar wirksamen Faktors.

Dichte Pflanzendecken dagegen kommen in um so höheren Strahlungsgenuß, je geringer der Strahleneinfallswinkel auf die Bestandesoberfläche ist (F. S a u b e r e r 1937). Für die Gesamtphotosynthese der Bestände und für den Strahlungsgenuß innerhalb dichter Vegetation ist daher die Bestrahlung der bestandesparallelen Ebene maßgebend und die Stoffproduktion des Bestandes steigt etwa linear bis zur höchst- möglichen Strahlungsintensität an (P. Boys e n Jens e n 1932, E. M a y r und E. 0 l brich 1965). Im geneigten Gelände wird die größte Ausleuchtung von Be- ständen zu jenem Zeitpunkt erreicht, •in dem die Sonnenhöhe über der hangparallelen Ebene am größten ist (H. Turner 1958a, H. Turner und W. Tran quill in i 1961). Die Hangbestrahlung muß für dichte Pflanzendecken daher bis zu einem gewissen Grad direkt photosynthetisch wirksam sein.

Wuchsleistung, Anordnung und Zusammensetzung der Vegetation spricht auf Expositionsunterschiede in mittleren Breiten sehr empfindlich an (neuere Literatur- übersicht bei R. L e e 1963) . Mehr als die direkte photosynthetische Strahlungs- 129

(22)

wirkung ·ist dafür jedoch die Steuerung der Luft-, Pflanzen- und Bodentemperaturen, ja des gesamten Wärme- und Wasserhaushaltes, durch die zugeführte Strahlungs- energie maßgeblich (D. H. Mi 11 er 1965).

A. Baum gart n er (1960) stellt für Mittelgebirgsverhältnisse (Hangneigungen bis 40°) fest, daß unter allen Strahlungsströmen der Empfang richtunggebundener direkter Sonnenstrahlung am meisten vom Relief bestimmt wird, doppelt so stark wie die Gesamtstrahlungsbilanz, die auch durch Mitwirkung von fast geländeunabhängigen Gliedern (Himmels- und Reflexstrahlung, Gegen- und Ausstrahlung) zustande kommt, und zieht daraus den Schluß, daß sich die Kartierung der auf die verschiedenen [länge fallenden Sonnenstrahlung am besten zur Abgrenzung der strahlungsbedingten Standortseinheiten eigne: « Indem man die Zusammenhänge zwischen Gelände und Sonnenstrahlung herstellt, erfaßt man ... den größten Teil der durch das Gelände bedingten Unterschiede im gesamten Strahlungshaushalt.»

E. C. Frank und R. Lee (1966) weisen überdies darauf hin, daß sich in mittleren Breiten und im langfristigen Durchschnitt Himmels- und Gegenstrahlung einerseits, Reflex- und Ausstrahlung andererseits fast genau die Waage halten; für regionale Unterschiede im Strahlungsklima seien dann praktisch nur Unterschiede im direkten Sonnenstrahlungsgenuß verantwortlich.

Im Hochgebirge stellen sich gegenüber dem Hügel- und Mittelgebirgsland auf Grund unterschiedlicher Geländegestaltung und spezifischer Eigenschaften der Strah- lung in großer Meereshöhe einigermaßen veränderte Verhältnisse dar: Die größere Reliefenergie schafft im allgemeinen bedeutendere und kompliziertere Horizontab- schirmungen und damit größere Unterschiede in der möglichen Dauer der Sonnen- bestrahlung auf kleinem Raum. Die verstärkte Horizontüberhöhung bedingt weiters einen größeren Geländeeinfluß auf Himmels-, Reflex-, Gegen- und Ausstrahlung ( vgl. Abschnitt 22).

Für das Tiefland besteht die Feststellung durchaus zu Recht, daß sich bei wolken- freiem Wetter die globale Hangbestrahlung einfach aus der solaren Hangbestrahlung

und einer für alle Hanglagen bis etwa 60° Neigung in gleichem Maße zutreffenden additiven Größe für die Himmelsstrahlung darstellen lasse (F. V o l z 1958), denn sowohl wolkenloser Himmel als auch der Erdboden strahlen dort im kurzwelligen Bereich ungefähr den gleichen Prozentsatz der Globalstrahlung ab. Schon in 2000 m Seehöhe aber beträgt bei gleicher Witterung die globale Rückstrahlung vom Erdboden mehr als das Doppelte der vom wolkenlosen Himmel einkommenden Strahlung (F. Sauberer und 1. Dir m h i r n 1958, H. Turner 1961); je stärker geneigt daher eine Hangfläche ist, um so größer muß ihr Empfang an diffuser Zustrahlung

~- ~ 4

Von allen Strahlungskomponenten läßt sich die direkte Sonnenstrahlung auf Hänge zwar am leichtesten berechnen, besonders wenn man den Einfluß der Atmosphäre ausschaltet (neuerdings haben E. C. Frank und R. Lee, 1966, ausführliche Ta- bellen über theoretische Werte der außerirdischen Hanglagenbestrahlung für geo- graphische Breiten von 30 bis 50° und für Neigungen von 0 bis 45 ° vorgelegt), aber für praktische Aufgaben ist es empfehlenswerter, wenn man die Hanglagenbe-

(23)

strahlung direkt durch entsprechende Neigung des Meßgerätes mißt und so die viel- fältigen, der Rechnung kaum zugänglichen Einflüsse der Hangreflexstrahlung und der Himmelsstrahlung miterfaßt (R. Geiger 1961, 1. Dir m h i r n 1964).

Die in den folgenden Abschnitten kurz beschriebene Kartierung der Bestrahlung eines gegliederten Gebirgshanges muß sich aus ökonomischen Gründen zunächst auf die globale Einstrahlung bei wolkenfreiem Wetter beschränken. Es ist anzunehmen, daß eine Hangbestrahlungskarte bei den durchschnittlichen Bewölkungsverhältnissen sehr ähnlich aussieht wie bei klarem Himmel, nur würden die Isolinien andere Zah- lenwerte repräsentieren, weil Bewölkung die Expositionsunterschiede mildert. Um genauere Unterlagen dafür zu erhalten, sind langfristigere Registrierungen der glo- balen Einstrahlung in verschiedenen Hangiagen noch im Gang; erste Teilergebnisse können im folgenden mitgeteilt werden. Im übrigen treten die in beigefügter Hang- bestrahlungskarte dargestellten Verhältnisse bei heiterem Wetter immer wieder in diesem Ausmaße auf - ob die Pflanze mehr auf die Extreme oder mehr auf durch- schnittliche Verhältnisse reagiert, darüber sind unsere Kenntnisse noch völlig unzu- reichend.

131

(24)

3 Lage des V ersuchsgehietes

Die Versuchsfläche Stillbergalp mit den geographischen Koordinaten ,1, = 9° 53' E, rp = 46° 47' N liegt etwa 4,5 km südöstlich von Davos-Dorf (Kanton Graubünden) im vorderen Drittel des Dischmatales, das nach einem 15 km langen, fast gradlinigen SE-NW gerichteten Verlauf bei Davos ins Landwassertal mündet. Die Abhandlungen von E. Hora k (1963) und Ch. Ur f er - Henne berge r (1964) enthalten Beschreibungen der landschaftlichen Situation.

Abbildung 5 gibt in einer winterlichen Luftaufnahme einen Überblick über das am lrinken, NE-exponierten Hang in 2000-2230 m Seehöhe ( 300-530 m über dem Talgrund) gelegene Versuchsgelände. Die Reliefgliederung ist durch günstigen Son- nenstrahleneinfall gut sichtbar. Es war eine der Hauptforderungen bei der Wahl des Versuchsobjektes, daß auf engem Raum möglichst große Gegensätze der Sonn- und Schattseiteneffekte ausgebildet sind (.A!bbildung 6).

31 Effekte der Talorientierung

Die Bedeutung der Exposition ist allgemein am größten in geographischen Breiten von 40-60° und wächst mit der Höhe über Meer (R. L e e 1963) . Es läßt sich dar- über hinaus leicht zeigen, daß in unseren Breiten in der Vegetationsperiode auf Ost- nordost- und Westnordwest-Hängen größere Bestrahlungsgegensätze zwischen den Nebenexpositionen auftreten als auf allen anderen Hängen (vgl. Abbildung 7).

Wo im Silikatbereich der Zentralalpen ausgeprägte postglaziale Rinnen von etwa 5-10 m Tiefe die Hänge gliedern, fällt immer wieder auf, daß deren Einhänge um etwa 90° verschiedene Azimute aufweisen. Für den NE-exponierten Stillberg-Ver- suchshang sind beispielsweise N- und E-exponierte Nebenhangrichtungen typisch.

Aus Abbildung 7 ist deutlich ersichtlich, daß diese N- und E-Einhänge in der Vegetationsperiode gegenüber anderen Expositionen bei gegebener Hangneigung fast die maximal möglichen Bestrahlungsunterschiede aufweisen, aber eine geringe Drehung des Talhanges in mehr nördliche Richtung würde die Bestrahlungsunter- schiede zwischen den Rinneneinhängen rasch vermindern; auf reinen Nordhängen schließlich (wie auch auf Südhängen) sind diese Differenzen ganz aufgehoben.

Im Winter treten die größten derartigen Sonnenbestrahlungsunterschiede auf ESE- Hängen auf, aber dann sind sie für das Pflanzenleben minder wichtig. Von der Sommersonnenwende bis zur Tagundnachtgleiche nehmen die Bestrahlungsunter- schiede stark zu und wachsen insgesamt mit der Hangneigung. Auf Südost- und Südwesthängen sind im Sommer die Differenzen negativ, weil zu dieser Zeit Ost- und Westhänge einen potentiell größeren Sonnenstrahlungsgenuß haben als Südhänge.

Aus den in Abbildung 7 dargestellten Gesetzmäßigkeiten der Hangbestrahlung wird verständlich, warum der Gegenhang eines nordost- oder nordwestexponierten Talhanges - das ist also dann ein Südwest- bzw. Südosthang - trotz ähnlicher Relief-

(25)

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Abbildung 5

Luftaufnahme der Versuchsfläche Stillbergalp, 16. Februar 1961

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