Mit dem Altenpflegegesetz vom Juni 1994 schaffte das Land Nordrhein-Westfalen eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung der Pflegeversicherung.
POLITIK
R
und 1 200 Pflegekräfte, Schülerinnen und Schüler aus der Pflegeausbildung so- wie Verantwortliche und Ex-perten aus Sozialstationen, Pflege- heimen, -seminaren und -schulen kamen ins Seidenweberhaus nach Krefeld, um am „Tag der Pflegebe- rufe" teilzunehmen. Vor dem Hin- tergrund des Strukturwandels im Gesundheits- und Sozialwesen stand die Zukunft der ambulanten Pflege im Mittelpunkt der Informa- tionsveranstaltung.
Der Minister für Arbeit, Ge- sundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, Franz Mün- tefering (SPD), blickt optimistisch
AKTUELL
in diese Zukunft. Die Attraktivität der Pflegeberufe hat nach seinen Angaben in den letzten Jahren deut- lich zugenommen. In der Kranken- und Kinder- krankenpflege in NRW zum Beispiel sei die Zahl der Aus- zubildenden von 20 164 in 1992 auf 20 354 im Jahr 1993 gestie- gen. „In der Altenpflege wiederum ist 1994 . mit rund 8 000 besetz- ten Ausbil- dungsplätzen im Vergleich zu den Vorjah- ren ein neuer Höchststand erreicht worden", un- terstrich Müntefering.
Die zunehmende Attraktivität zeige sich auch in einer steigenden Verweildauer der Pflegekräfte in ihrem Beruf. Müntefering verwies auf ein Gutachten, nach dem Kran- kenpflegerinnen und -pfleger ihren Beruf inzwischen durchschnittlich 13 Jahre lang ausüben. Ende der 80er Jahre waren es lediglich fünf bis sechs Jahre. Um die Attrakti- vität von Pflegeberufen weiterhin zu steigern, wurde die Ausbildung
für das Pflegemanagement in Nord- rhein-Westfalen inzwischen sogar in den akademischen Stand erhoben.
„Die Fachhochschulen Köln und Münster bieten ab Wintersemester 1994/95 Studiengänge für Lehr- und Leitungsfunktionen in der Pflege an", teilte Müntefering mit. Darü- ber hinaus sei geplant, an den Fach- hochschulen Bielefeld, Münster und Köln Studiengänge für Pfle- gepädagogik einzurichten. Das Mi- nisterium für Arbeit, Gesundheit und Soziales wolle zudem ab 1995 den Aufbau eines Instituts für Pfle- gewissenschaft an der Universität Bielefeld fördern.
20 000 zusätzliche Kräfte nötig
Folgt man einer Rechnung des Ministers, so scheinen Anreize für den Pflegeberuf auch dringend not- wendig. Für ambulante Pflegeein- richtungen werden nach Aussagen von Müntefering in den nächsten Jahren 20 000 zusätzliche Fachkräf- te benötigt. Sowohl das Gesund- heitsstrukturgesetz als auch die neue Pflegeversicherung erforder- ten es, die ambulante Rehabilitati- on auszubauen und sinnvoll mit der teilstationären und vollstationären Versorgung zu verknüpfen.
Ihr Hauptaugenmerk bei der qualitativen Weiterentwicklung am- bulanter Einrichtungen will die Landesregierung dabei auf die Be- reiche legen, die von der Pflegever- sicherung nicht erfaßt werden. Da- zu zählt der Minister Beratung, psy- chosoziale und soziale Betreuung, hauswirtschaftliche Hilfen und die Hausnotrufdienste. Auch die Ko- operation zwischen frei gemein- nützigen und privaten Diensten soll stärker gefördert werden.
Von den in den Pflegeberufen Tätigen verlangt der Minister ein hohes Maß an Flexibilität und part- nerschaftlichem Verhalten. Vor dem Hintergrund, daß der ambu- lanten Versorgung Vorrang vor der stationären eingeräumt werden soll, müßten vor allem Beschäftigte in Krankenhäusern und Kliniken zu einem Umdenken bereit sein.
Petra Spielberg
„Tag der Pflegeberufe" in Krefeld
Umdenken aller
Beteiligten gefordert
Ende Oktober hat die Landesregierung Nordrhein-Westfalen zusammen mit Pfle- ge- und Trägerverbänden zum ersten Mal den „Tag der Pflegeberufe" in Krefeld veranstaltet. Dabei ging es vor allem um Kooperationsformen und -möglichkei- ten in der auch vom Strukturwandel des Gesundheitswesens betroffenen ambu- lanten Pflege. Experten informierten auf der gut besuchten Veranstaltung über geänderte Arbeits- und Qualitätsanforderungen, mit denen sich Pflegekräfte durch das Gesundheitsstrukturgesetz und die Pflegeversicherung konfrontiert se- hen. In Zukunft soll der „Tag der Pflegeberufe" alle zwei Jahre stattfinden.
A-3258 (34) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 47, 25. November 1994