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Archiv "Zellbiologie und klinische Pharmakologie" (25.09.1992)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

KONGRESSBERICHT

Zellbiologie und

klinische Pharmakologie

Notizen

vom Symposium der

Paul-Martini-Stiftung (PMS) und der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur,

Dezember 1991

Tikie PMS bemüht sich einerseits Lum die Ausbreitung einer pra- xisnahen klinischen Pharmakologie, andererseits um deren weitere Ent- wicklung und Vertiefung. Dem letz- teren Ziel diente das von H. J. Deng- lerlBonn und S. C. Meuer/Heidelberg geleitete Mainzer Symposium. Der Andrang, auch aus den neuen Bun- desländern, war so groß, daß viele Interessenten auf eine Warteliste ge- setzt werden mußten. Wie H. J. Den- gler einleitend ausführte, besteht die klinische Pharmakologie der letzten Dekaden aus drei Perioden: Der Be- einflussung von Organ- oder System- funktionen — der Rezeptorpharma- kologie — heute und morgen: Eingrif- fe in die intra- und interzelluläre Ko- operation sowie die Signalfunktio- nen. Aus letzteren waren „high- lights" ausgewählt worden, deren ganz verschiedener Charakter eine systematische Darstellung kaum zu- läßt, vielmehr bei dem vorgegebenen Raum zu einer (subjektiven) Aus- wahl zwingt. Einzelheiten der durch- weg eindrucksvollen Referate wer- den in einem Berichtsband wohl noch 1992 nachzulesen sein.

Tumomekrosefaktor

Das erste Hauptthema waren der Tumornekrosefaktor (TNF) und verwandte niedermolekulare Peptide

(N. Walker/Ludwigshafen, D. Män- nel/Heidelberg, J. Robinson/Zürich).

Sie knüpften letztlich an die bis 1893 zurückreichenden Versuche von Co- ley mit Serratia marcescens und an- deren, meist gramnegativen Bakteri- en an.

TNF hat eine komplizierte, drei- dimensionale Struktur mit 157 Ami- nosäuren und tritt zunächst als Vor- läufermolekül mit weiteren 76 Ami- nosäuren auf, vor allem in den Ma- krophagen, aber auch in Lymphozy- ten, NK-Zellen (natural killer cells), Granulozyten und Mastzellen. Ver- schiedene Analoga mit 17 bis 26 kD weisen unterschiedliche, insgesamt recht komplexe Wirkungen auf. Fast alle Zellen, ausgenommen Erythro- zyten und ruhende T-Lymphozyten, haben zwei oder mehr Rezeptoren, unter denen die TNF-Rezeptoren 55 und 75 besonders wichtig sind. Tu- morzellen provozieren die Produk- tion von TNF, dessen lösliche Form aber nur in Anwesenheit von Endo- toxin. Der mit letzterem biologisch eng verwandte TNF tritt meist zu- sammen mit Interleukin 1 und Inter- leukin 6 auf. Alle drei werden durch Kortikosteroide gehemmt. Heute gibt es rekombinanten TNF. Ebenso wurde die Hemmung von TNF durch Antikörper, lösliche Rezeptoren (große Mengen erforderlich!), Re- zeptorantagonisten sowie das bereits pharmazeutisch verfügbare Pentoxy- phyllin eingehend erforscht.

TNF induziert Tumornekrosen in vivo und in vitro, doch sind diese Effekte wenig korreliert. Alle Red- ner betonten, daß es bis heute nicht gelungen ist, die Tumorhemmung (Versuche unter anderen an menschlichen Nierentumoren, Pro- statakarzinomen [mit lokaler Perfu- sion], bei malignen Melanomen) von der zytotoxischen Wirkung (Fieber, Kreislaufstörungen) zu trennen.

Wenn dieses erreicht werden sollte, wären (allein oder in Kombination) maligne Tumoren ein Ansatz für TNF-Gaben oder für die Stimulation von TNF-Antagonisten, zum Bei- spiel der septische Schock, die chro- nische Graft-versus-Host-Reaktion (GvH), vielleicht auch die Multiple Sklerose. TNF ist im Zytokinnetz- werk ein zentraler Mediator von Entzündungsreaktionen mit im ein- zelnen komplexen, konstellationsab- hängigen Wirkungen.

Polymerase

-

Kettenreaktion

R. W. Braun/Wuppertal sprach über die Grundlagen, Methodik und Anwendungen der vor rund 20 Jahren entwickelten „Polymerase- Chain-Reaktion" („PCR"). Breite Anwendung hat das Verfahren in der Molekularbiologie und Genetik, aber auch für praktische Zwecke ge- funden, vor allem, nachdem ausrei- chend hitzeresistente taq-Polymera- se zur Verfügung steht. Auch RNA kann sequenziert werden, jedoch nur, wenn sie vorher mit einer rever- sen Transskriptase in DNA umko- diert wurde.

Als Indikationen für die PCR gelten unter anderem (außerhalb der Grundlagenforschung) der Nachweis kleinster Mengen von Bakterien und Viren, etwa in der Krankenhaushy- giene oder in Sterilräumen, eine we- sentlich frühere und sicherere präna- tale Erkennung von Stoffwechselde- fekten, bessere Vaterschaftsnach- weise und Personenidentifikationen, die Früherkennung noch latenter In- fektionen (zum Beispiel durch Chla- mydien, Herpes-simplex-Enzephali- tis im Liquor, Zytomegalie-Infek- tionen, etwa bei endogen oder exo- gen immungeschwächten Patienten). D A1-3158 (76) Dt. Ärztebl. 89, Heft 39, 25. September 1992

(2)

Braun betonte aber auch die vielen Fehlerquellen mit falsch positiven und falsch negativen Resultaten.

„Man sollte mit der PCR nicht zu ak- tiv werden, da kein Interesse an ru- henden Erregern besteht."

I

Aminosäuren und Zellen D. Schomburg/Braunschweig be- richtete über computerunterstütztes Proteindesigning (Protein-Engineer- ing). Bei 250 Aminosäuren sind theoretisch 10 325 (!) Modifikationen möglich. Nimmt man nur die sieben wichtigsten Aminosäuren und je- weils fünf Modifikationen, so erge- ben sich in dreidimensionaler Struk- tur etwa 80 000 Mutanten. Derzeit stehen etwa 20 000 bis 30 000 für den Zyklus Computermodellierung — Genkonstruktion — Synthese — funk- tionelle Erprobung zur Verfügung.

Ziel der Variationen, die mit Erfah- rung und Gespür in 20 bis 30 Schrit- ten erreicht werden können, sind wirksamere oder resistentere Enzy- me, Immunmodulatoren, Impfstoffe, Transportproteine. Aus den Zell- Zell-Interaktionen (U. Tibes und W.

Scheuer/Mannheim, L. Schweigerer/

Heidelberg, V. Günzler/Frankfurt) ist die für die Tumortherapie von Schweigerer als besonders wichtig erachtete Anti-Angiogenese im Dt.

Ärztebl. 87 (1990) A-4050, Heft 50, mit einem Kurzbeitrag behandelt worden, so daß hier zwei Sätze genü- gen müssen:

Alle Onkogene simulieren Wachstumsfaktoren verschiedener Art. Beim „Basic Fibroblastic Growth Factor" (BFGF) sind die Gene im Chromosom 4 lokalisiert.

Die wichtigste Tumor-Angiogenese (TAG) wird durch einige Zytostatika wie Daunorubicin und Adriamycin gehemmt, während spezifische Anti- angiogene um die Faktoren zehn bis 100 stärker auf die tumorversorgen- den Kapillaren wirksam sind als auf die Tumorzellen selbst. Da die Blut- versorgung bei Tumoren und Meta- stasen meist kritisch ist, ergeben sich vielleicht künftig additive Behand- lungskonzepte. Nach V. Günzler/

Frankfurt war die mit der Leberzir- rhose einhergehende Fibrosierung

(vor allem durch die Kollagene 4, 5, 6 aus etwa 15 Kollagen-Tripeln) bis- her weitgehend therapieresistent.

Günzler und seine Gruppe konnten mit dem Diaethylester einer Dicar- bonsäure (Versuchsname: HOE 077) den Einbau festen („prozessierten") Kollagens unter Zuhilfenahme eines nichtfibrosierenden Prokollagens verhindern.

Die wegen etwaiger Nebenwir- kungen, zum Beispiel auf den Sur- factant-Faktor der Lunge, erforderli- che substratspezifische Wirkung war bei Ratten (allerdings bisher in rela- tiv kurzen Versuchen mit Tetra- chlorkohlenstoff-Vergiftung) erfolg- reich. Eine Dosisfindungsstudie für den Menschen ist im Gang.

Nachdem S. C. Meuer/Heidel- berg die Zelloberfläche als die spezi- fischste Ebene der Stoffwechselvor- gänge und als einen wichtigen An- satz pharmakologischer Einwirkun- gen charakterisiert hatte, behandelte unter anderem H. Franke/Heidelberg

Hemmstoffe im Immunsystem

Dem Ciclosporin und der che- misch verschiedenen, aber ähnlichen Substanz FK 506 galten die beiden abschließenden Beiträge von E. Serf- ling/Würzburg und K-F. Sewing/

Hannover. Das bei Organtransplan- tationen und bei Autoimmunerkran- kungen gängige Ciclosporin A (CSA) ist ein zyklisches Protein mit zehn seltenen Aminosäuren, FK 506 ein Makrolid. Sie hemmen über eine Blockierung in der Transskription die Synthese von Interleukin 2 (IL2)

— des sogenannten T-Zellwachstums- faktors, schwächer auch von Inter- leukin 6 und über das erstere die Vermehrung von T-Helferzellen, aber auch von zytotoxischen T-Zel- len und B-Zellen. Sewing zeigte die komplizierten Hemmungsmechanis- men am Beispiel des IL-2-Gens auf.

Rapamycin wirkt im Ergebnis ähn- lich, hemmt aber die T-Zellen in ei- ner späteren Phase. Sewing unter- suchte vor allem Metaboliten und Analoga von CSA (n = 46) mit dem Ziel, erwünschte (Hemmung der Ab-

die kalziumabhängigen, N-glycosy- lierten Adhäsionsmoleküle, die Cad- herine. Zu diesen kommen nach R.

Wallich/Heidelberg transiente regu- latorische Interaktionen im Immun- system (Integrine, Selektine, Im- munglobuline). CD 58 ist ein hoch- glykosyliertes Protein von etwa 50 kD und ein sehr spezifischer Immun- modulator in den Bereichen Adhäsi- on, Rekognition, Aktivierung, Inhi- bition, Zytotoxizität. Die Anwen- dung von CD 58 (LFA 3) wird zur Zeit erprobt. Nach B. Rothlein/

Ridgefield (USA) ist ein neuer entzündungshemmender Faktor ICAM 1. Mit seiner Hemmung der Antigenbindung und der Zytotoxizi- tät sowie der Beeinflussung der Leu- kozytenmigration und -adhäsion oh- ne Zerstörung der Zellen selbst könnte ICAM 1 ein Idealkonkurrent des Ciclosporins werden. Antikörper gegen ICAM 1 und das verbundene Adhäsionsmolekül CD18 hemmen die Leukozytenadhäsion.

stoßung des Transplantats) und un- erwünschte (Cholostase und Neph- rotoxizität) Wirkungen zu trennen.

Zeitlich tritt die Nephrotoxizität nach etwa 20 Tagen ein und hält bis 40 Tage an; für die Abstoßung kri- tisch sind sechs bis zehn Tage, für die Cholostase ein etwas längerer Zeit- raum. Für Cholostase und Nephroto- xizität erwies sich unter anderem der Metabolit (neuerer Nomenklatur) Al C9 als besonders wichtig. Versu- che mit einzelnen differenzierten Metaboliten sind im Gang.

Insgesamt brachten die Vorträ- ge aus den Gebieten der zytobiologi- schen und pharmakologischen For- schung noch „wenig zu beißen" für den praktisch tätigen Arzt, dafür ei- ne Fülle von Anregungen und einen Ausblick, was an anwendbaren Neu- entwicklungen im Gebiet der Zell- pharmakologie am ehesten zu erwar- ten ist.

Professor Dr. med. Dr. h. c.

Rudolf Gross

Auf dem Römerberg 40 W-5000 Köln 51

A1 -3160 (78) Dt. Ärztebl. 89, Heft 39, 25. September 1992

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