A1-2088
(8) Dt.Ärztebl. 89,
Heft 23, 5. Juni 1992 rassellaAUFKLÄRUNG
Zu dem Beitrag „Ärztliche Aufklärung über die Krankheit zum Tode" von Prof. Dr. med. Jür- gen van de Loo und PD Dr. med.
Bernhard Wörmann in Heft 16/1992:
Sterbeforschung in Europa
Unlängst nahm ich an dem 14. (meinem zweiten) Welt- kongreß zu „Sterben, Tod und Trauer" teil. Wie beim ersten Mal war ich der einzige deutschsprachige unter zirka 150 Teilnehmern aus aller Welt. Doch stellte ich jetzt fest, daß nicht nur Deutsch- land dort so schwach vertre- ten ist, sondern daß nur weni- ger als ein Drittel der euro- päischen Staaten präsent wa- ren, sechs von ihnen mit nur einem Teilnehmer. Diese Be- obachtung veranlaßte mich, die Bildung einer Regional- sektion Europa vorzuschla- gen, die gegründet wurde.
Unser Ziel ist es, die Ster- beforschung in Europa ins Leben zu rufen. Am Anfang unserer Arbeit steht eine Stu- die über „Sterben in Europa".
Vor diesem Hintergrund las ich oben angeführte Ar- beit mit großem Interesse.
Die Ausführungen finden meine uneingeschränkte Zu- stimmung. Zwei Bemerkun- gen erscheinen mir aber an- gebracht.
Erstens vermisse ich Aus- führungen zur prognose quoad vitam. Zwar bin ich, wie si- cher auch die Autoren, der Meinung, daß das Stellen ei- ner derartigen Voraussage je- der wissenschaftlichen Be- gründung entbehrt und inso- fern schon als unmenschlich zu bezeichnen ist. Trotzdem ist leider immer wieder zu be- obachten, daß auch erfahrene Kliniker derartige Aussagen
— aus welchen Gründen auch immer — machen.
Zweitens wird völlig zu Recht die mangelnde Aus- und Weiterbildung auf diesem Gebiet (ich bezeichne es als perimortale Medizin) be- klagt. Doch hier fehlen kon- struktive Vorschläge.
Wie ich aus eigener Erfah- rung weiß, ist das Interesse an
diesem Problemkreis bei Stu- denten wie Ärzten sehr
groß.
Der erste Schritt wäre aus meiner Sicht eine Institutio- nalisierung. Doch wie er- reicht man das? Bisher schlu- gen alle meine diesbezügli- chen Versuche fehl.
Dr. sc. med. Kay Blumen- thal-Barby, Zentrum Psycho- logische Medizin der Georg- August-Universität Göttin- gen, Humboldtallee 38, W-3400 Göttingen
Selbstbestimmungsrecht achten
Der Patient sucht den Arzt bezüglich einer beste- henden Fragestellung auf. Er erwartet eine ärztliche Bera- tung und gegebenenfalls Be- handlung. Im Rahmen eines stattfindenden Gespräches soll unter anderem idealer- weise ein Arbeitsbündnis zwi- schen Arzt und Patient ge- schlossen werden. Dieses
„hebt den Patienten von der Stufe des Objekts auf die ei- nes mündigen Partners, der mit dem ärztlichen Fachmann zusammenarbeitet". Die un- terlassene ärztliche Aufklä- rung nimmt dem Patienten das Selbstbestimmungsrecht und verbietet somit eine ad- äquate, jedoch auch mit Ne- benwirkungen einhergehen- de, Behandlung.
Eine Mißachtung des Selbstbestimmungsrechtes, die unlegitimierte Behand- lung oder der Verzicht auf ei- ne adäquate Therapie stellen eine empfindliche Störung der Arzt-Patient-Beziehung dar. Der Patient wird in der Entscheidungsfreiheit seiner Privatsphäre beeinträchtigt, und ihm wird die Mitbestim- mung an der medizinischen Therapie genommen, weil ir- reale Verhältnisse vorge- täuscht werden. Sein Schick- sal wird in die Hände des Arztes gelegt.
Es werden in diesem Zu- sammenhang — etwas provo- kativ formuliert — gewisse Assoziationen zu Büchners Woyzeck geweckt. Die Ge- staltung des Lebens und die medizinische Behandlung
Zusammensetzung: 1 Kapsel Delix 1,25/2,5/5 enthält 1,25/2,5/5 mg Ramipril. Anwendungsgebiet: essen- tielle Hypertonie. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Ramipril. Anamnestisch bekanntes angioneuroti- sches Ödem; beidseitige Nierenarterienstenose oder Nierenarterienstenose bei Einzelniere; Zustand nach Nierentransplantation; hämodynamisch relevante Aor- ten- oder Mitralklappenstenose bzw. hypertrophe Kar- diomyopathie; primärer Hyperaldosteronismus;
Schwangerschaft; Stillzeit; schwere Nierenfunktions- störungen (Kreatinin-Clearance < 30 ml/min), Dia- lyse; primäre Lebererkrankung oder Leberinsuffizienz;
unbehandelte, dekompensierte Herzinsuffizienz; Kin- der. Sorgfältige Nutzen-Risikoabwägung bei klinisch- relevanten Elektrolytstörungen und Proteinurie, ge- störter Immunreaktion, bei gleichzeitiger Gabe von Immunsuppressiva. Hinweise: Zu Therapiebeginn intensive Überwachung des Blutdrucks und der Labor- parameter bei Salz- und/oder Flüssigkeitsmangel, mit eingeschränkter Nierenfunktion, schwerer Hypertonie und gleichzeitig vorhandener Herzinsuffizienz sowie bei Patienten über 65 Jahren. Nebenwirkungen: Hypotonie, Orthostase mit Schwindel, Schwächegefühl, Seh- störungen und kurzfristigem Bewußtseinsverlust (selten) zu Therapiebeginn, bei Salz- und/oder Flüssig- keitsmangel, Herzinsuffizienz, schwerer Hypertonie, aber auch bei Erhöhung der Dosierung von Delix oder Diuretika. Einzelfallberichte für ACE-Hemmer bei Blut- druckabfall: Tachykardie, Palpitationen, Herzrhyth- musstörungen, Angina pectoris, Herzinfarkt, TIA, zerebraler Insult. Auftreten oder Verstärkung von beste- henden Nierenfunktionsstörungen bis zum akuten Nierenversagen. Proteinurie. Husten, Bronchitis, selten Atemnot, Sinusitis, Rhinitis, vereinzelt Bronchospas- mus, Glossitis und Mundtrockenheit. Angioneurotische Ödeme mit Beteiligung von Kehlkopf, Rachen und/oder Zunge. Gastrointestinale Störungen sowie Einzelfälle von cholestatischem Ikterus, Leberinsuffizienz, Hepatitis, Pankreatitis und Ileus. Allergische Haut- reaktionen wie Exanthem, selten Urtikaria, Erythema multiforme oder angioneurotisches Ödem; in Einzel- fällen mit Fieber, Myalgien, Arthralgien, Vaskulitiden, Eosinophilie und/oder erhöhten ANA-Titern. Ver- einzelte psoriasiforme Hautveränderungen, Photo- sensibilität, Alopezie, Onycholyse, Verstärkung der Raynaud-Symptomatik. Kopfschmerzen, Müdigkeit, selten Benommenheit, Depressionen, Schlafstörungen, Impotenz, Parästhesien, Gleichgewichtsstörungen, Verwirrtheit, Ohrensausen, verschwommenes Sehen, Geschmacksstörungen. Abfall von Hämoglobin, Hämatokrit und Natrium. Bei bestimmten Patienten Anämie, Thrombozytopenie, Neutropenie, Eosino- philie, vereinzelt Agranulozytose oder Panzytopenie.
Anstieg bei Nierenfunktionsstörungen von Harnstoff, Kreatinin und Kalium; Erhöhung der Leberenzyme und Bilirubinkonzentrationen. Die aktive Teilnahme am Straßenverkehr oder das Bedienen von Maschinen kann beeinträchtigt werden.
Wechselwirkungen: Antihypertensiva, Diuretika, kaliumretinierende Substanzen, nichtsteroidale Anti- phlogistika, Narkotika, Immunsuppressiva, Zytostatika, Kortikoide, Allopurinol, Lithium, Alkohol. Handels- formen und Preise: Delix 1,25 N 1: 20 Kapseln DM 26,-.
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Dr. med. Egon Lentschig, Roland-Klinik Bremen, Nie- dersachsendamm 72-74, W-2800 Bremen 61
Interessanter Artikel
Ich möchte mir einige Ausführungen aus psychia- trisch-psychotherapeutischer Sicht zu dem interessanten Artikel erlauben. Akut und chronisch körperlich Schwer- kranke, zum Beispiel Herzin- farkt- oder Alkoholpatienten, leugnen — bei entsprechen- der Persönlichkeit — Krank- heit und Symptome recht häufig, um unangenehme Ge- fühle, die aufgrund der Krankheit entstehen, nicht bewußt wahrzunehmen. Das heißt, es wird die Verletzung des Selbstwertgefühls durch die Krankheit, Angst (insbe- sondere vor dem Tod), aber eventuell auch der Schmerz selbst (eventuell Stenokar- dien) weniger oder gar nicht gespürt. Die daraus erwach- sende Gefahr ist, daß die Pa- tienten zögern, adäquate Hil- fe rechtzeitig in Anspruch zu nehmen und eventuell ärztli- chem Rat zu folgen.
Für die Ärzte stellt sich das Problem, das Befinden des Patienten trotz verleug- neter Beschwerden psychisch und somatisch richtig zu be- urteilen: Zurückgezogenes,
„pflegeleichtes" oder schein- bar sorglos-euphorisches Verhalten können die dahin- terliegende Not verdecken.
Andererseits ist Trauer (als Ausdruck adäquater Ausein- andersetzung mit eventuell tödlicher Krankheit) krank-
heitswertigerDepression nicht gleichzusetzen und zum Beispiel Antidepressiva-Gabe dann wenig hilfreich und nicht indiziert. Zwar gilt aus psychosomatischer Sicht die Verleugnung als „unreife Ab- wehr", doch stellt sie erst ein- mal einen sinnvollen Schutz vor subjektiv schwerer bela- stenden Bewußtseinsinhalten dar. Und ich möchte betonen,
daß sie die vom Patienten zu diesem Zeitpunkt (gewählte) individuelle Bewältigungswei- se darstellt. Obwohl die mei- sten Patienten Aufklärung (vom Arzt) wünschen, sollte sich das Ausmaß nach den (oft nicht explizit geäußer- ten!) Wünschen des Patien- ten richten.
. . . Meines Erachtens soll- te das kontinuierliche Bemü- hen um Begleitung des Kran- ken und Aufbau einer thera- peutischen Beziehung, das Angebot zum offenen Ge- spräch im Vordergrund ste- hen (nicht schonungslose Of- fenheit zum vom Arzt willkür- lich festgesetzten Zeitpunkt), da ich generell die Balance zwischen einfühlendem Ver- stehen und realitätsbezoge- ner Aufklärung als eine Grundlage ärztlichen Han- delns sehe. Eine schwierige Aufgabe, da Sterbenskranke auch bei den Behandelnden Angst vor dem Tod, Frustrati- on wegen seiner Unheilbar- keit oder Ärger über man- gelnde Compliance (die aber mit dem Informationsstand des Patienten korreliert) aus- lösen können und dies oft zum Gegenteil, zu verringer- ten Kontakten führen kann.
Hier können Balint-Gruppen für das Behandler-Team hilf- reich sein.
Nicolas Nowack, Psychia- trische Klinik Häcklingen, Am Wischfeld 16, W-2120 Lüneburg
PRAXISKLINIK
Zum Beitrag „Vom ‚Kostener- stattungskrankenhaus' zur Praxis- klinik" von Dr. jur. Ernst Brucken- berger in Heft 17/1992:
Falsche Informationen
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