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20. Januar 2012EMBRYONALE STAMMZELLFORSCHUNG IN EUROPA
Von ethischen Grundsätzen geleitet
Die Europäische Kommission will auch in der Förderperiode 2013 bis 2020 keine Gelder für die verbrauchende Embryonenforschung bereitstellen.
Die Gesetzeslage in den einzelnen Mitgliedstaaten ist hierzu indes uneinheitlich.
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ls „schlechtes Signal für die Wissenschaftler in Europa“wertete der Bonner Hirnforscher Prof. Dr. med. Oliver Brüstle das Ur- teil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Patentverbot von em- bryonalen Stammzellen. Den For- scher dürfte genauso wenig erfreut haben, dass die Europäische Kom- mission in Brüssel nur wenige Wo- chen später klargestellt hat, dass sie die Forschung mit embryonalen Stammzellen auch künftig nur sehr restriktiv fördern und keine spezifi- sche europäische Regulierung an- streben will.
So sollen nach den Plänen von EU-Forschungskommissarin Maire Geoghegan-Quinn in der Förderpe- riode 2014 bis 2020 Gelder aus dem EU-Haushalt weiterhin nur in Pro- jekte fließen, bei denen keine Em- bryonen zerstört werden. Zwischen 2007 und Ende 2010 hat die EU 38 Stammzellforschungsprojekte mit 238 Millionen Euro gefördert, da- von zwölf, bei denen mit embryo- nalen Stammzellen gearbeitet wur- de. In der Förderperiode 2000 bis 2007 waren 120 Millionen Euro in 18 Projekte mit embryonalen Stamm- zellen geflossen.
Ein sehr heterogenes Bild Die an grenzüberschreitenden For- schungsvorhaben teilnehmenden Wissenschaftler hätten ferner auch künftig die Gesetzeslage in den ein- zelnen Mitgliedstaaten zu beachten, so Geoghegan-Quinn bei der Vor- stellung ihres Vorschlags. Diesbe- züglich bietet sich indes ein sehr he- terogenes Bild. Derzeit ist die For- schung mit embryonalen Stamm- zellen zwar in 19 der 27 EU-Staaten erlaubt, allerdings zu teilweise un- terschiedlichen Bedingungen. Die liberalste Gesetzgebung in Europa haben das Vereinigte Königreich,
Belgien und Schweden. In diesen Ländern ist es neben der Verwen- dung von überzähligen Embryonen aus Unfruchtbarkeitsbehandlungen erlaubt, Embryonen speziell zu me- dizinischen Forschungszwecken zu erzeugen als auch Stammzellen zu therapeutischen Zwecken zu klonen.
Spanien, Portugal, Frankreich, Tschechien, Finnland, Dänemark, Norwegen, Estland, Griechenland, Ungarn, die Niederlande sowie Slo- wenien erlauben lediglich die For- schung mit überzähligen Embryo- nen, die aus künstlichen Befruchtun- gen übrig geblieben sind, beziehungs- weise mitunter auch mit Föten nach Fehlgeburten. Deutschland, Italien und Irland erlauben die Forschung mit embryonalen Stammzellen nur sehr eingeschränkt. In Polen, Litauen und der Slowakei ist sie verboten.
Bulgarien, Kroatien, Luxemburg und Rumänien verfügen über keine spe- zifische Gesetzgebung (eTabelle).
Während jedoch Forscher auf- grund der Restriktionen bei der
embryonalen Stammzellforschung fürchten, dass Europa gegenüber Staate n wie den USA ins Hintertref- fen geraten könnte, sehen Politiker das EuGH-Urteil und die Kommis- sionsvorschläge deutlich positiver.
„Zum Glück ist die Kommission bereit, ihre gegenwärtige Praxis beizubehalten, verbrauchende Em- bryonenforschung nicht zu unter- stützen“, merkt der Arzt und CDU- Europaabgeordnete Dr. med. Peter Liese an.
Kein Verbot der Finanzierung Liese bemängelt jedoch, dass es im Rahmen der europäischen For- schungsförderung künftig nach wie vor möglich sein soll, mit deutschen Steuergeldern Forschungsvorhaben zu fördern, die hierzulande aufgrund der Stichtagsregelung verboten sind.
Auch sei es nicht sinnvoll, eine Technik mit öffentlichen Mitteln zu unterstützen, die aufgrund des EuGH-Urteils in Europa nicht pa- tentiert werden kann. Aus Sicht des Koordinators der ethisch-rechtlich- sozialwissenschaftlichen Arbeitsge- meinschaft des Kompetenznetz- werks Stammzellforschung Nord- rhein-Westfalen, Martin Heyer, ist es jedoch fragwürdig, aus dem Lu- xemburger Richterspruch zu fol- gern, dass die bislang EU-weit ge- förderte Stammzellforschung nicht länger geduldet werden könne. „Ei- ne solche Interpretation halte ich für zu weitreichend“, so Heyer.
Auch die EU-Forschungskom- missarin betont, dass das EuGH-Ur- teil eine Finanzierung der Stamm- zellforschung nicht verbiete. Zu- gleich räumt sie ein, dass sie die Folgen des Urteils im Einzelnen noch nicht vollends überschaue.
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Petra Spielberg
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Die eTabelle im Internet:www.aerzteblatt.de/1286 Die Forschung
mit embryonalen Stammzellen ist derzeit in 19 der 27 EU-Staaten erlaubt – allerdings zu unterschiedlichen Bedingungen.
Foto: dapd
T H E M E N D E R Z E I T
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20. Januar 2012 eTABELLERegelung und Gesetzgebung der humanen Stammzellforschung in Europa (Mai 2010)
* Verbot der Beschaffung von Stammzellen überzähliger Embryonen, aber Zulassung des Imports und des Verbrauchs von Stammzelllinien
** Somatischer Zell-Nukleartransfer (SCNT) ist in dieser Tabelle nicht berücksictigt: Belgien, Schweden, Spanien und Portugal haben SCNT gesetzlich zugelassen, wohingegen Finnland und Tschechien es gesetzlich weder zugelassen noch verboten haben.
1Staaten, die gegen die Ratsentscheidung über das 7. Forschungsrahmenprogramm zur Forschung an humanen embryonalen Stammzellen gestimmt haben
2Österreich: Die österreichische Bioethik-Kommission veröffentlichte am 16. März 2009 eine Empfehlung, Forschung an humanen embryonalen Stammzellen zuzulassen, sofern sie aus über- zähligen IVF-Embryonen gewonnen wurden
3Staaten, die die Konvention zur Biomedizin aus dem Jahr 1997 (CETS 164) gezeichnet und ratifiziert haben
4Staaten, die das Zusatzprotokoll zum Klonen aus dem Jahr 1998 (CETS 168) ratifiziert haben Quelle: European Science Foundation Staat
Belgien Bulgarien *3, *4 Dänemark *3 Deutschland Estland *3, *4 Finnland Frankreich Griechenland *3, *4 Großbritannien Irland Island *3, *4 Italien Kroatien *3, *4 Litauen *1, *3, *4 Luxemburg *6 Niederlande Norwegen *3 Österreich *1, *2 Polen *1 Portugal *3, *4 Rumänien *3, *4 Schweden *8 Schweiz *3, *4 Slowakei *1, *3, *4 Slowenien *3, *4, *7 Spanien *3, *4 Tschechien *3, *4 Türkei *3, *9 Ungarn *3, *4 Zypern *3, *4
Reproduktives Klonen durch nationales Recht verboten
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Forschung durch nationales Recht zugelassen bei Stammzellen
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humanen Embryonen Beschaffung von Stammzel- len überzähliger Embryonen
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Schaffung von menschlichen Embryonen zu Forschungs- zwecken
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abgetriebenen Föten
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Verbot der For- schung mit hu- manen embryo- nalen Stamm- zellen
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keine spezifi- sche Gesetge- bung in Bezug auf Forschung mit humanen embryonalen Stammzellen
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