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Rechtshandbuch für Ärzte und Zahnärzte

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A. Vergütungsrecht

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Bazan/Dann/Errestink, Rechtshandbuch für Ärzte und Zahnärzte

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Medien mit Zukunft

Revision, 24.06.2013

verfeinerten Kriterien gebildeten engeren Gruppe verglichen werden, war bis zum Jahr 2003 die Regelprüfmethode. Heute dient sie zur Selektion der in der Zufälligkeitsprüfung genau- er zu prüfenden Ärzte, wobei bei Selektivverträgen nur die Verordnungsdaten zur Verfügung stehen (§ 106 Abs. 2 Satz 12 SGB V). Sie kann ferner nach § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V zusätz- lich z.B. für die Überprüfung des Sprechstundenbedarfs oder als Reserveprüfmethode zur Richtgrößenprüfung vereinbart werden. Der Gesetzgeber hält sie allerdings für qualitativ minderwertig, weil verdeckte, der gesamten Fachgruppe eigene unwirtschaftliche Verhal- tensweisen nicht erkennbar werden.167 Durch die Ausblendung des Behandlungsgeschehens in Selektivverträgen können sich statistische Verzerrungen ergeben.168

Zur Prüfmethode gibt es eine umfangreiche Rechtsprechung, die angesichts ihrer heute eingeschränkten Bedeutung hier nur angedeutet wird. Bei der Bildung der verfeinerten Vergleichsgruppe haben die Vertragspartner einen Beurteilungsspielraum. Sie muss in den wesentlichen und typischen Praxismerkmalen übereinstimmen, darf andererseits aber auch nicht den repräsentativen Charakter und die Ausgewogenheit verlieren.169 Einzelne, hohe Kosten verursachende Ärzte müssen einbezogen bleiben. Zum Beispiel sind entspre- chend den Schwerpunkten der Inneren Medizin, nicht jedoch für Zusatz-Weiterbildungen, verfeinerte Fachgruppen zu bilden.170 Liegen die Voraussetzungen für eine Gruppenbil- dung nicht vor, verlagert sich die Prüfung auf die Beurteilung von Praxisbesonderheiten.

Die Prüfung kann sich auf den Gesamtfallwert, einzelne Leistungssparten oder bestimmte Einzelleistungen beziehen; in jedem Teilbereich muss die Behandlung wirtschaftlich sein.171

Für die Bewertung des Überschreitens des Fachgruppendurchschnitts hat die Rechtspre- chung. drei Kategorien gebildet: Liegt es im Streubereich (Überschreiten bis zu etwa 20%),172 kann die Unwirtschaftlichkeit dem Arzt nur im Wege der umfassenden Einzel- fallprüfung nachgewiesen werden;173 ansonsten ist das Überschreiten Ausdruck der Thera- piefreiheit des Arztes.174 Bei einem erheblichen, aber noch nicht offensichtlichen Miss- verhältnis (sogenannte Übergangszone) greifen Beweiserleichterungen zugunsten der Prüfungsstelle ein; sie kann eine repräsentative Einzelfallprüfung durchführen. Bei einem offensichtlichen Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe besteht der Anscheinsbeweis der Unwirtschaftlichkeit175 und tritt daher eine Darle- gungs- und Beweislastumkehr zulasten des Arztes ein. Zudem ist eine pauschale Honorar- kürzung beziehungsweise Schadensschätzung möglich. Das offensichtliche Missverhältnis kann die Prüfungsstelle im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums, je nach Homogenität der Vergleichsgruppe, Dauer des überprüften Zeitraums, Vorwegabzug offensichtlicher Praxisbesonderheiten und Breite der ausgewählten Leistungssparte beginnend bei 30 bis 60%igem Überschreiten des Fachgruppendurchschnitts annehmen.176 Bei Einzelleistungen darf das offensichtliche Missverhältnis typisierend beim Doppelten des Fachgruppendurch- schnitts angenommen werden.177

Die statistische Betrachtung ist jeweils von Amts wegen durch eine sogenannte intellek- tuelle Betrachtung zu ergänzen, bei der – zugleich als Begrenzung der Darlegungs- und Beweislast des Arztes178 – medizinisch-ärztliche Gesichtspunkte berücksichtigt und im Prüfbescheid dargelegt werden. Es muss erläutert werden, dass die Abweichung Ausdruck

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167 BT-Drs. 15/1525, 113.

168 BT-Drs. 17/2413, 28.

169 BSG vom 15. 4. 1980 – 6 RKa 5/79.

170 BSG vom 11. 12. 2002 – B 6 KA 1/02 R.

171 BSG vom 19. 10. 2011 – B 6 KA 38/10 R.

172 BSG vom 3. 6. 1987 – 6 RKa 24/86.

173 BSG vom 26. 4. 1978 – 6 RKa 10/77.

174 BSG vom 31. 7. 1991 – 6 RKa 12/89.

175 BSG vom 8. 4. 1992 – 6 RKa 34/90.

176 BSG vom 18. 6. 1997 – 6 RKa 52/96 und 6. 9. 2000 – B 6 KA 24/99 R.

177 BSG vom 21. 5. 2003 – B 6 KA 32/02 R.

178 BSG vom 9. 3. 1994 – 6 RKa 18/92.

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Erster Teil. Vergütung, Steuern und Betriebswirtschaft

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der Unwirtschaftlichkeit und nicht etwa der besonderen Behandlungsausrichtung des Arz- tes ist.179 Das offensichtliche Missverhältnis kann durch im Prüfverfahren geltend zu ma- chende Praxisbesonderheiten, also Umstände, die einen zu vergleichbaren Ärzten höheren Behandlungsaufwand rechtfertigen, oder kompensatorische Einsparungen, das heißt einen Mehraufwand, der mit einem Minderaufwand bei anderen Leistungen im ursächlichen Zusammenhang steht (zum Beispiel Hausbesuche und Krankenhauseinweisungen),180 wi- derlegt werden. Dabei muss die abweichende Behandlung medizinisch gleichwertig sowie insgesamt kostensparend und damit wirtschaftlich sein.181

8. Vertikalvergleich

Der Vergleich mit dem Abrechnungs- und Verordnungsverhalten desselben Arztes in früheren Quartalen ist als subsidiäre Prüfmethode nur zulässig, wenn keine homogene Untergruppe für die Prüfung nach Durchschnittswerten gebildet werden kann oder weil die Fachgruppe insgesamt unwirtschaftlich handelt.182 Das BSG will aus Gleichheitsgrün- den sicherstellen, dass kein Arzt von Wirtschaftlichkeitsprüfungen völlig ausgeschlossen bleibt; gegebenenfalls muss eine geeignete Prüfmethode außerhalb der Prüfvereinbarung entwickelt werden.183 Die Auswahl der geeigneten Prüfmethode obliegt dem Beurteilungs- spielraum der Prüfungsstelle.184

9. Einzelfallprüfung

Einzelfallprüfungen betreffen das konkrete Verhalten des geprüften Arztes in einzelnen Behandlungsfällen.185 Wird auch die Diagnoseerstellung überprüft, handelt es sich um eine strenge, andernfalls um eine eingeschränkte Einzelfallprüfung.186 Bei der umfassenden Einzelfallprüfung ist eine versichertenbezogene Datenübermittlung nach § 298 SGB V zulässig. Der Aufwand rechtfertigt sie nur, wenn andere Prüfmethoden nicht in Betracht kommen, etwa bei in einem eng begrenzten Leistungsbereich ermächtigten Ärzten. In der Übergangszone (vgl. Rn. 477) dient die eingeschränkte oder repräsentative Einzelfallprü- fung als Ergänzung zur statistischen Vergleichsprüfung dem Nachweis unwirtschaftliche Handelns anhand von Einzelfällen, ohne dass es dazu einer expliziten Regelung in der Prüfvereinbarung bedürfte.187 Wird vom Prüfergebnis hochgerechnet, ist der Regressbetrag um einen Sicherheitsabschlag zu reduzieren.188

Die Prüfmethode dient auch der Prüfung der Einhaltung der Verordnungseinschrän- kungen und -ausschlüsse in den Arzneimittelrichtlinien des Gemeinsamen Bundesaus- schusses (§ 106b Abs. 5b SGB V). Auch darüber hinaus kann gemäß § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V189 in der Regel auf Antrag der betroffenen Krankenkasse das Verordnungsverhalten des Arztes in einem bestimmten Behandlungsfall geprüft werden. Die Festsetzung eines Regres- sen setzt kein Verschulden des Arztes voraus;190 es genügt, dass das Arzneimittels im konkreten Verordnungsfall nicht der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung unterfällt.191

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179 BSG vom 16. 7. 2003 – B 6 KA 45/02 R.

180 BSG vom 15. 4. 1986 – 6 RKa 38/84 und 8. 5. 1985 – 6 RKa 4/84.

181 BSG vom 28. 1. 1998 – B 6 KA 69/96 R.

182 BSG vom 3011.1994 – 6 RKa 14/93 und vom 9. 6. 1999 – B 6 KA 21/98 R.

183 BSG vom 30. 11. 1994 – 6 RKa 14/93.

184 BSG vom 19. 10. 2011 – B 6 KA 38/10 R.

185 BSG vom 3. 11. 2010 – B 6 KA 35/10 B.

186 Laufs/Kern/Clemens § 36 Rn. 13f.

187 BSG vom 19. 10. 2011 – B 6 KA 38/10 R.

188 BSG vom 8. 4. 1992 – 6 RKa 27/90.

189 BSG vom 14. 3. 2001 – B 6 KA 19/00 R.

190 BSG vom 6. 5. 2009 – B 6 KA 3/08 R.

191 BSG vom 14. 3. 2001 – B 6 KA 19/00 R.

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A. Vergütungsrecht

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Der Arzt kann sich nicht darauf berufen, dass anstelle des ausgeschlossenen ein anderes Arz- neimittel hätte verordnet werden können und dann von der Krankenkasse bezahlt werden müsste.192

10. Wiedergutmachung sonstiger Schäden

In den Bundesmantelverträgen ist in § 48 BMV-Ä beziehungsweise § 44 EKVÄ vorgese- hen, dass der Prüfungsstelle die weitere Aufgabe obliegt, im Einzelfall umstrittene Scha- densersatzansprüche der Krankenkassen wegen fehlerhafter Ausstellung von Bescheinigun- gen oder falschen Angaben gegenüber dem MDK zu prüfen, die etwa zu unberechtigten Krankengeldzahlungen als sog. „Mangelfolgeschaden“ führen. Bei ungerechtfertigten Überweisungen liegt der Schaden gegebenenfalls in zusätzlichen Untersuchungskosten. Ein weiterer Fall ist die Bestellung von zu viel und deshalb nicht verbrauchtem Impfstoff über den Sprechstundenbedarf. Die bestands- beziehungsweise rechtskräftig festgesetzten Beträge werden grundsätzlich mit der Honorarforderung des Arztes sowie der Gesamtvergütung verrechnet, soweit letztere nicht pauschaliert ist.

Sonstige Schäden, die durch Mehraufwendungen wegen Behandlungsfehlern, § 50 BMV-Ä, entstehen, werden ebenso wie Schäden aus nicht angezeigten Rückvergütungen (sogenannte Kick-Back-Zahlungen) hingegen nicht vor der Prüfungsstelle verhandelt.

Tipp: Nach § 197a SGB V eingerichtete Ermittlungsstellen der Krankenkassen haben in der Vergangenheit Ärzte und andere Leistungserbringer mit gewissem Nachdruck dazu bewegt, sich in einer Vereinbarung zur Schadenswiedergutmachung zu verpflich- ten, wobei als Gegenleistung auf die Unterrichtung der Staatsanwaltschaft verzichtet wurde. Solche Vereinbarungen sind rechtswidrig und begründen keine Zahlungsansprü- che der Krankenkassen.193

11. Regressbescheid

Die Prüfungsstelle schätzt, sofern eine Berechnung nicht möglich oder mit einem un- verhältnismäßigen Aufwand verbunden ist, unter Berücksichtigung von Praxisbesonderhei- ten einzelfallbezogen den durch unwirtschaftliches Handeln verursachten Mehraufwand beziehungsweise Schaden.194 Außer bei der Richtgrößenprüfung setzt sie in einem weite- ren Schritt den Ausgleichsbetrag im Rahmen einer (Kürzungs-)Ermessensentscheidung durch einen Verwaltungsakt fest.195 Bei budgetierten Leistungen ist die Honorarkürzung nicht auf die abgestaffelte Restvergütung begrenzt.196 Bei der statistischen Vergleichsprü- fung ist dem Vertragsarzt im Regelfall das Honorar im Streubereich zu belassen,197 wohin- gegen bei einer Einzelfallprüfung eine Kürzung auf den Fachgruppendurchschnitt er- folgt.198

Bei der Richtgrößenprüfung handelt es sich um eine gebundene Entscheidung (§ 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V). Allerdings wird der Regressbetrag erst beim zweiten Überschrei- ten des Richtgrößenvolumens um mehr als 25% sowie nach Übernahme neuer Ver- sorgungsaufgaben (sogenannte Anlaufpraxis) seit 1. 1. 2012 erst nach vorangegangener Beratung festgesetzt (§ 106 Abs. 5e Satz 1 SGB V) und zunächst auf 25000 EUR begrenzt

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192 BSG vom 23. 6. 2010 – B 6 KA 6/10 B.

193 LSG Niedersachsen-Bremen vom 24. 11. 2010 – L 1 KR 72/09.

194 BSG vom 27. 11. 1959 – 6 RKa 4/58, vom 26. 4. 1978 – 6 RKa 10/77 und vom 18. 5. 1983 – 6 RKa 18/80.

195 BSG vom 21. 5. 2003 – B 6 KA 32/02 R.

196 BSG vom 15. 5. 2002 – B 6 KA 30/00 R, vom 5. 11. 2003 – B 6 KA 55/02 R und vom 9. 4.

2008 – B 6 KA 34/07 R.

197 BSG vom 2. 6. 1987 – 6 RKa 23/86.

198 BSG vom 3. 6. 1987 – 6 RKa 24/86.

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(§ 106 Abs. 5c Satz 6 SGB V). Die Regelung gilt für alle noch nicht abgeschlossenen Verfahren, wobei es auf die Entscheidung des Beschwerdeausschusses ankommt (§ 106 Abs. 5e Satz 8 SGB V). Ist bereits eine Klage anhängig, greift die Gesetzesordnung nicht ein.199

Bei Regressen, denen unzulässige Verordnungen zugrunde liegen, ist wegen des Scha- denersatzcharakters kein Raum für Ermessensentscheidungen. Wie auch in den anderen Fällen unwirtschaftlichen Verhaltens muss die fehlerhafte Verordnung des Arzneimittels oder auch des Sprechstundenbedarf nicht verschuldet erfolgt sein; vielmehr muss der Ver- tragsarzt die Voraussetzungen für einen ausnahmsweise gerechtfertigten Off-label- oder Unlicensed Use wie ein Versicherter darlegen und beweisen.200 Vertrauensschutz kommt allenfalls in Betracht, wenn die Krankenkasse oder die Prüfungsstelle eine unzulässige Ver- ordnung in einer einem Verwaltungsakt vergleichbaren Äußerung in Kenntnis der Proble- matik explizit gebilligt hat.201 Deshalb sollte der Arzt von der ihm nach § 2 Abs. 1a Satz 2 SGB V eingeräumten Möglichkeit Gebrauch machen und bei der Krankenkasse seines Pa- tienten um eine Kostenübernahmeerklärung nachsuchen.

Der Prüfbescheid muss abgesehen von den Fällen des § 45 SGB X innerhalb einer Aus- schlussfrist von vier202 – bei Richtgrößenprüfungen gemäß § 106 Abs. 2 Satz 7 Halbsatz 2 SGB V von zwei – Jahren, gerechnet ab dem Tag nach Bekanntgabe des für den Ab- rechnungszeitraum maßgeblichen Honorarbescheids, zugegangen sein.203 Beim Verord- nungsregress beginnt die Frist in der Regel unmittelbar nach Ablauf des Quartals, dem die Verordnung kostenmäßig zugeordnet ist und bei Sprechstundenbedarfsverordnungen aus- nahmsweise mit Ablauf des geprüften Verordnungszeitraums (§ 106 Abs. 2 Satz 7 SGB V).204 Der Ablauf der Ausschlussfrist wird jedoch analog § 45 SGB I unterbrochen oder gehemmt, wenn die Krankenkasse einen Prüfantrag stellt (beispielsweise nach § 106a Abs. 4 Satz 3 SGB V) und der Vertragsarzt davon Kenntnis erlangt. Ab Erlass des Regeress- bescheids kann eine steuerliche Rückstellung gebildet werden.205

12. Rechtsschutz

Sofern das Verfahren keine durch Gesetz oder Arzneimittelrichtlinien aus dem Leis- tungskatalog der GKV ausgeschlossenen Leistungen betrifft (§ 106 Abs. 5 S. 8),206 ist vor Erhebung der sozialgerichtlichen Klage der Beschwerdeausschuss anzurufen (§ 106 Abs. 5 Satz 6 SGB V). Antragsbefugt sind der betroffene Arzt, die Krankenkasse, deren Landesver- bände und die Kassenärztliche Vereinigung. Auch wenn sich der Regressbescheid gegen eine Berufsausübungsgemeinschaft richtet, ist der Vertragsarzt allein anfechtungsbefugt.207 Klagen gegen Entscheidungen des Beschwerdeausschusses bei Richtgrößenprüfungen, bei denen der Arzt bei der Kassenärztlichen Vereinigung einen Stundungs- oder Erlassantrag stellen kann (§ 106 Abs. 5c Satz 5 SGB V), sowie gegen Honorarkürzungen haben keine aufschiebende Wirkung (§ 106 Abs. 5 Satz 7, Abs. 5a Satz 11 SGB V). Gegenstand des Rechtsstreits ist allein der Verwaltungsakt des Beschwerdeausschusses.208

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199 SG Düsseldorf vom 6. 4. 2011 – S 2 KA 266/09; a.A. BeckOK-SozR/Wehebrink 106 Rn. 14.

200 BSG vom 21. 5. 2003 – B 6 KA 32/02 R und vom 5. 5. 2010 – B 6 KA 6/09 R.

201 BSG vom 6. 5. 2009 – B 6 KA 2/08 R.

202 BSG vom 16. 6. 1993 - 14a/6 RKa 37/91 und vom 12. 12. 2001 – B 6 KA 3/01 R.

203 BSG vom 28. 3. 2007 – B 6 KA 22/06 R.

204 BSG vom 18. 8. 2010 – B 6 KA 14/09 R.

205 FG Bremen vom 8. 2. 2012 – 1 K 32/10/5.

206 BSG vom 11. 5. 2011 – B 6 KA 13/10 R.

207 BSG vom 3. 2. 2010 – B 6 KA 37/08 R.

208 BSG vom 19. 6. 1996 – 6 RKa 40/95.

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V. Ärztliche Vergütung nach der GOÄ Wenning

1. Die Gebührenordnung für Ärzte – Grundlagen

a) Rechtsgrundlagen. Die GOÄ ist eine Rechtsverordnung der Bundesregierung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Grundlage ist § 11 der Bundesärzteordnung: „Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundes- rates die Entgelte für ärztliche Tätigkeit in einer Gebührenordnung zu regeln. In dieser Gebührenordnung sind Mindest- und Höchstsätze für ärztliche Leistungen festzusetzen.

Dabei ist den berechtigten Interessen der Ärzte und der zur Zahlung der Entgelte Ver- pflichteten Rechnung zu tragen“. Die GOÄ trat 1965 erstmals in Kraft und wurde danach nur wenige Male geändert. 1982 wurden Struktur und Systematik des Leistungsverzeich- nisses grundlegend überarbeitet und dem damals gültigen Leistungsverzeichnis des EBM angepasst. 1996 erfolgte eine Anhebung der Vergütung um 3,6% Prozent, allerdings keine grundlegende Überarbeitung des Gebührenverzeichnisses. Dieses Leistungsverzeichnis ist im Wesentlichen auch heute noch auf dem Stand der frühen Achtzigerjahre und bildet daher den Fortschritt der Medizin nicht mehr angemessen ab.

Da mit der Beihilfe durch die GOÄ erhebliche finanzielle Verpflichtungen der Bundes- länder entstehen, hat der Bundesrat ein Mitsprache- und damit auch ein Vetorecht. Poli- tisch ist diese Konstruktion problematisch, da die Bundesländer den Kostenanstieg für die Gesundheitsversorgung ihrer Beamten abbremsen und zum Teil auf die Leistungserbringer abwälzen können. Anders als zum Beispiel im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz erfolgte in der GOÄ seit 1996 kein Inflationsausgleich.

In einer freien Marktwirtschaft ist eine staatliche Preisfestsetzung wie durch die GOÄ nicht selbstverständlich. Zum Grundrecht auf freie Berufsausübung gehört auch die Frei- heit, das Entgelt für seine beruflichen Leistungen selbst festzusetzen oder auszuhan- deln. Die Verhältnismäßigkeit von § 11 BÄO wurde daher mehrfach hinterfragt. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Rechtmäßigkeit bestätigt: „Vergütungsrege- lungen sind daher nur dann mit Art. 12 Abs. 1 GG209 vereinbar, wenn sie auf einer ge- setzlichen Grundlage beruhen, die durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerecht- fertigt wird und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt.“210 Als ausreichende Gründe des Gemeinwohls für gesetzliche Eingriffe wie die BÄO (aber auch: die Heilbe- rufsgesetze der Länder oder die Approbationsordnung) gelten im Gesundheitswesen die übergeordnete Notwendigkeit der Volksgesundheit und der Funktionserhalt des Gesund- heitssystems.

b) Anwendungsbereich. Die GOÄ regelt die Vergütung für die „beruflichen Leistun- gen der Ärzte“ (§ 1 Abs. 1 GOÄ). Der Anwendungsbereich der GOÄ wird im Ausschluss- verfahren definiert: Die GOÄ gilt immer dann, wenn nichts anderes ausdrücklich vorgese- hen ist. § 1 GOÄ besagt: „Die Vergütungen für die beruflichen Leistungen der Ärzte bestimmen sich nach dieser Verordnung, soweit nicht durch Bundesgesetz etwas anderes bestimmt ist.“ Sie ist damit die grundlegendste aller Gebührenordnungen für ärztliche Leis- tungen. Die Anwendung die GOÄ ist damit rechtssystematisch der Regelfall, die (wesent- lich häufigere) Abrechnung ärztlicher Leistungen nach anderen Gebührenwerken bedarf jeweils einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage. So gilt:

– für die große Gruppe der gesetzlich Versicherten für Vertragsärzte die Abrechnung nach dem EBM gegenüber ihrer KV (gesetzliche Regelung im § 87 Abs. 1 SGB V). Hierzu zählen auch Personen im Freiwilligen Sozialen Jahr und im Bundesfreiwilligendienst (ge- setzliche Regelung in § 7 Absatz 1 Satz 1 SGB V).

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209 GG = Grundgesetz; Art. 12 behandelt das Grundrecht auf freie Berufsausübung.

210 BVerfG vom 25. 10. 2004 – 1 BvR 1437/02, ähnlich BVerfG vom 12. 12. 1984 – 1 BvR 1249/83.

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– bei Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen für die Versicherten der gesetzlichen Unfall- versicherungen die UV-GOÄ (UV = Unfallversicherungsträger), die sich stark an die GOÄ anlehnt (gesetzliche Regelung in § 34 Abs. 3 SGB VII)

– für Gutachten oder Befundberichte gegenüber Gerichten sowie gegenüber Behörden im Rahmen der Sachaufklärung im Sinne des Sozialgesetzbuches (SGB) das Justizvergü- tungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) (gesetzliche Regelung in JVEG und § 21 Abs. 3 SGB X)

– für Bundeswehr, Bundesgrenzschutz sowie für den Polizeibereitschaftsdienst die freie Heilfürsorge, die in Verträgen mit der KBV bzw. den Landes-KVen vereinbart sind (ge- setzliche Regelung in § 75 Abs. 3 SGB V)

c) Anwendung der GOÄ nicht fakultativ. Auch bei Wunschleistungen – zum Bei- spiel für die ästhetische Chirurgie – kann ein Arzt nicht beliebig einen Preis festsetzen, sondern muss die GOÄ anwenden. In seinem Urteil vom 23. Juni 2006 hat der Bundesge- richtshof festgestellt: „Bei der ärztlichen Gebührenordnung handelt es sich um ein für alle Ärzte geltendes zwingendes Preisrecht“.211

Dennoch hat der Arzt bei der Gestaltung Spielräume, zum Beispiel über eine „abwei- chende Vereinbarung“. Dies wird in der Urteilsbegründung ausdrücklich bestätigt: „Eine Anwendung der Gebührenordnung für Ärzte belastet den Arzt auch nicht unverhältnismä- ßig. Ihm steht es frei, im Rahmen des § 2 GOÄ eine abweichende Vereinbarung mit den an seinen Leistungen Interessierten über die Gebührenhöhe zu treffen. Das erlaubt zwar keinen Pauschalpreis, lässt aber Raum insbesondere für eine von § 5 GOÄ abweichende Vervielfachung des Gebührensatzes.“212

d) Die beruflichen Leistungen der Ärzte. Die GOÄ ist die Gebührenordnung für die „beruflichen Leistungen der Ärzte“. Was unter die „beruflichen Leistungen der Ärzte“

fällt, ist der Urteilsbegründung des BGH in seinem Urteil vom 23. Juni 2006 zu entneh- men. Zum einen umfasst dies den „Dienst an der Gesundheit“ (§ 1 Abs. 1 BÄO) und die

„Ausübung der Heilkunde“ (§ 2 Abs. 5 BÄO) im engeren Sinne, also die „Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden“. Ebenso zählen zu den beruflichen Leistungen jedoch auch „Maßnahmen am gesunden Menschen ..., wenn diese ihrer Methode nach der ärztlichen Krankenbehandlung gleichkommen und ärztliche Fachkenntnisse voraussetzen sowie gesundheitliche Schädigungen verursachen können“.213

e) Vertragliche Beziehungen zwischen Arzt und Patient sowie Patient und Versicherung/Beihilfe. Das finanzielle Verhältnis zwischen Arzt und Privatpatient wird über die GOÄ geregelt. Dessen Erstattung der Arztrechnung von einer privaten Kranken- versicherung oder Beihilfe richtet sich nach seinem Versicherungsvertrag und/oder den Beihilfevorschriften. Vertragliche Beziehungen zwischen Arzt und privater Krankenversi- cherung/Beihilfestelle bestehen nicht. Unterschiede zwischen GOÄ einerseits und Versi- cherungsbedingungen/Beihilfevorschriften andererseits können ein Grund dafür sein, dass eine Rechnung nach GOÄ nicht vollständig erstattet wird.

Ein häufiges Beispiel ist die Anwendung der GOÄ bei Versicherten der Postbeamtenkran- kenkasse (PbeaKK) der Mitgliedergruppe B („Postbeamte B“). Die erstattungsfähigen Höchstsätze für ärztliche und psychotherapeutische Leistungen liegen beim 1,9fachen der Sätze der GOÄ (für medizinisch-technische Leistungen 1,5facher Satz der GOÄ, Laborleis- tungen 1,15-facher Satz der GOÄ). Die GOÄ lässt in § 5 höhere Sätze zu (siehe Kapitel V).

Ein weiteres typisches Beispiel ist die Erstattung der GOÄ 4 „Erhebung der Fremd- anamnese über einen Kranken und/oder Unterweisung und Führung der Bezugsper- son(en), im Zusammenhang mit der Behandlung eines Kranken“ durch Beihilfestellen. In einem Runderlass des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalens vom 10. 12. 1997 wird ausgeführt: „Die Berechnung einer Gebühr nach Nr. 4 für die Erhebung einer Fremd-

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211 BGH vom 23. 6. 2006 – III ZR 223/05.

212 A.a.O.

213 BGH vom 23. 6. 2006 – III ZR 223/05.

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anamnese und/oder Unterweisung und Führung einer Bezugsperson ist nur gerechtfertigt, wenn diese wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls mit über das normale Maß hinausgehende Schwierigkeiten oder besonderem Aufwand verbunden ist.“ Das Vorliegen von „über das normale Maß hinausgehende Schwierigkeiten oder besonderem Aufwand“

wird von der Leistungslegende der GOÄ nicht verlangt. Der für die Erstattung von Leis- tungen geltende Runderlass stellt gegenüber der Leistungslegende der GOÄ eine Ein- schränkung dar. Dem Patienten sind diese Zusammenhänge meist nicht bekannt. Wenn eine Rechnung mit GOÄ 4 nicht oder nicht vollständig erstattet wird, nimmt er in der Regel an, dass dem Arzt bei der Erstellung der Rechnung ein Fehler unterlaufen ist.

Die geschilderten Fälle machen deutlich, dass eine nach GOÄ korrekt erstellte Rech- nung nach Versicherungsbedingungen oder Beihilfevorschriften nicht immer vollständig erstattet wird beziehungsweise werden kann. Um Probleme im Arzt-Patientenverhältnis zu vermeiden, empfiehlt es sich, frühzeitig auf bekannte Probleme bei der Erstattung hinzu- weisen und den Versicherungsstatus des Patienten zu erfragen. So erwarten Patienten der PbeaKK, eine Rechnung zu erhalten, die die erstattungsfähigen Höchstsätze ihrer Versi- cherung berücksichtigt. Wenn der Arzt eine Behandlung zu diesen Bedingung nicht leisten will,214 kann der Patient einen anderen Arzt aufsuchen.

f) Anwendung der GOÄ bei gesetzlich Versicherten. Vertragsärzte haben bei der Pri- vatliquidation gegenüber gesetzlich Versicherten die Regelungen der „Bundesmantelverträ- ge“ zu beachten. Bei den Bundesmantelverträgen handelt es sich um Verträge zwischen der kassenärztlichen Bundesvereinigung einerseits und den Bundesverbänden der Primärkassen (AOK-Bundesverband, Bundesverband der Betriebskrankenkassen, IKK-Bundesverband, Bundesverband der landwirtschaftlichen Krankenkassen, See-Krankenkasse, Knappschaft – BMV-Ä: Bundesmantelvertrag-Ärzte) und Ersatzkassen (Verband der Angestellten-Kranken- kassen, Arbeiter-Ersatzkassen-Verband – EKV: Bundesmantelvertrag – Ärzte/Ersatzkassen) andererseits.

Laut § 18 Abs. 8 BMV-Ä bzw. § 21 Abs. 8 EKV dürfen Vertragsärzte nur unter fol- genden Voraussetzungen von einem gesetzlich versicherten Patienten eine Vergütung for- dern:

– wenn die Elektronische Gesundheitskarte oder ein anderer gültiger Behandlungsausweis vor der ersten Inanspruchnahme im Quartal nicht vorgelegt worden und nicht innerhalb einer Frist von zehn Tagen nach der ersten Inanspruchnahme nachgereicht wird,

– wenn der Versicherte vor Beginn der Behandlung ausdrücklich verlangt, auf eigene Kos- ten behandelt zu werden und dieses dem Vertragsarzt schriftlich bestätigt,

– wenn für Leistungen, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind, vorher die schriftliche Zustimmung des Versicherten eingeholt und dieser auf die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen wurde.

g) Aufbau der GOÄ. Die „Gebührenordnung für Ärzte“ besteht aus zwei Teilen: dem Paragraphenteil und einer Anlage, dem Gebührenverzeichnis für ärztliche Leistungen.

Der Paragraphenteil enthält Vorschriften über den Anwendungsbereich der GOÄ, Formvorschriften für das Erstellen von Rechnungen oder einer abweichenden Honorar- vereinbarung, Vorgaben zur persönlichen Leistungserbringung, zur Ermittlung der Gebüh- renhöhe, zu Entschädigungen und Auslagen. Das Gebührenverzeichnis listet kapitelweise häufig erbrachte Grundleistungen und allgemeine Leistungen aus allen Fachgebieten (Kapi- tel B), nichtgebietsbezogene Sonderleistungen (Kapitel C) und fachgebietsbezogene Leis- tungen (Kapitel D bis P) auf. Anders als in dem für Vertragsärzte gültigen Einheitlichen Bemessungsmaßstab (EBM) ist mit der Einteilung in verschiedene Fachgebiete keine aus- schließliche Abrechnung der entsprechenden Gebührenpositionen durch Fachärzte dieses Gebietes verbunden. Besonders deutlich wird dies beim Kapitel M Laboratoriumsuntersu-

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214 Außer in Notfällen ist die Ablehnung einer Behandlung nach § 7 Abs. 2 der Muster-Berufs- ordnung und den entsprechenden Umsetzungen in den Landesärztekammern ausdrücklich zu- lässig.

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Erster Teil. Vergütung, Steuern und Betriebswirtschaft

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Revision, 24.06.2013

chungen, dessen Leistungspositionen nicht nur von Fachärzten für Labormedizin erbracht und abgerechnet werden können.

h) Vergütungen. In § 3 GOÄ wird erläutert, woraus sich die Vergütung zusammenset- zen kann: Als Vergütungen stehen dem Arzt Gebühren, Entschädigungen und Ersatz von Auslagen zu.

– Gebühren: Die GOÄ definiert in § 4 Abs. 1, was Gebühren sind: Gebühren sind Vergü- tungen für die im Gebührenverzeichnis (Anlage) genannten ärztlichen Leistungen“.

Gute, weil nutzerfreundliche Gebührenverzeichnisse nennen neben jeder Leistungsposi- tion der GOÄ die Leistungslegende und die resultierenden Gebühren für einen Steige- rungsfaktor von 1,0, 2,3 sowie 3,5 (bzw. die entsprechenden Werte für Laborleistungen und technische Leistungen).

– Entschädigungen: Die GOÄ definiert in § 7, was Entschädigungen sind: Wegegeld und Reiseentschädigung. Sie fallen nur bei Besuchsleistungen und bei der Leichenschau an. Die Höhe von Wegegeld und Reiseentschädigung werden § 8 und § 9 bestimmt.

– Auslagen: Auslagen entstehen dem Arzt für den Einkauf von Sachmitteln zur Behand- lung des Patienten (zum Beispiel Verbandmaterial), für Porto und Versandmaterial, für radioaktive Substanzen. Dafür steht dem Arzt einen Ersatz zu, der in § 10 GOÄ be- schrieben ist.

i) Voraussetzung für eine Abrechnung nach GOÄ. Die GOÄ knüpft in § 1 die Abrechnung ärztlicher Leistungen an grundlegende Bedingungen:

– Die Leistungen müssen nach den Regeln der ärztlichen Kunst erbracht werden.

– Die Leistungen müssen medizinisch notwendig sein oder

– Die Leistungen werden auf das ausdrückliche Verlangen des Zahlungspflichtigen hin er- bracht.

aa) Die Regeln der ärztlichen Kunst. Nur eine Leistungserbringung nach den Re- geln der ärztlichen Kunst kann auch einen Honoraranspruch begründen. Was dies konkret bedeutet, ist im Streitfall durch ärztliche Gutachter zu entscheiden. Erweist sich eine Leis- tung als nicht nach den Regeln der ärztlichen Kunst erbracht – zum Beispiel in einem Haf- tungsverfahren-, droht neben der Forderung nach Schadenersatz auch die Rückforderung eines bereits gezahlten Honorars nach GOÄ.

bb) Medizinisch notwendige Leistungen. Die Beschränkung auf medizinisch not- wendige Leistungen ist nicht nur in der GOÄ, sondern auch in den (Muster-)Verträgen der privaten Krankenversicherungen enthalten („Musterbedingungen 2009 für die Krankheits- kosten und Krankenhaustagegeldversicherung“ MB/KK 2009). In § 1 Abs. 2 wird defi- niert: „Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen“. Noch deutlicher wird § 5 MB/KK 2009:

„Einschränkung der Leistungspflicht“ in Abs. 2: „Übersteigt eine Heilbehandlung oder sonstige Maßnahme, für die Leistungen vereinbart sind, das medizinisch notwendige Maß, so kann der Versicherer seine Leistungen auf einen angemessenen Betrag herabsetzen. Ste- hen die Aufwendungen für die Heilbehandlung oder sonstigen Leistungen in einem auffäl- ligen Missverhältnis zu den erbrachten Leistungen, ist der Versicherer insoweit nicht zur Leistung verpflichtet.“ Auch Beihilfevorschriften stellen auf die „medizinische Notwendig- keit“ ab, hier zitiert am Beispiel der Beihilfevorschriften des Bundes vom April 2009: „Bei- hilfefähig sind grundsätzlich nur notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendun- gen …“ Auf dieser Grundlage wird die „medizinische Notwendigkeit“ von Leistungen von PKV und Beihilfestellen hinterfragt. Im Dissens um die Rechtmäßigkeit einer ärztlichen Honorarforderung kommt es bei Zweifeln an der medizinischen Notwendigkeit nicht auf die subjektive Einschätzung des behandelnden Arztes oder des Patienten an. Im Streitfall zählt die Einschätzung eines medizinischen Gutachters: „Die Beurteilung einer medizini- schen Notwendigkeit hängt nicht von der Auffassung des Patienten und auch nicht alleine von der des behandelnden Arztes ab, sondern obliegt einem neutralen Sachverständigen.

Notwendige Heilbehandlungen sind derartige Maßnahmen aber jedenfalls dann, wenn es 501

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