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DGB-Bundesvorstand, Bereich Wirtschafts- und Steuerpolitik
Verantwortlich: Claus Matecki, Henriette-Herz-Platz 2, 10178 Berlin, Kontakt: carina.ortmann@dgb.de
Nr. 36/2009 9. Oktober 2009
DGB-Bundesvorstand, Bereich Wirtschafts- und Steuerpolitik
Deutsche Banken füllen fleißig ihre Tresore
Frisches Geld ist so billig und leicht zu haben wie noch nie. Jedenfalls für Banken! Allein in den letzten 12 Monaten hat die Europäische Zentralbank die Leit- zinsen um insgesamt 76% herabgesetzt. Ein histori- scher Tiefstand.
Die Währungshüter akzeptieren für neue Kreditlinien immer mehr ungedeckte und nichtmarktfähige Sicher- heiten. Die EZB nennt ihre Geldpolitik „unlimitierte Liquiditäts-zuteilung“. Das heißt: Die EZB setzt einen Zinssatz fest und teilt zu diesem so viel Geld zu, wie die Banken haben wollen. Aktuell liegt der Zinssatz bei einem Prozent.
Leitzinssenkungen erleichtern die Refinanzierung der Banken. Kredite sollen dadurch günstiger werden.
Konsum- und Investitionsausgaben auf Pump sollen die schwächelnde Konjunktur ankurbeln. So die Theorie.
Nun die Praxis: Die niedrigen Zinsen kommen bei den Verbrauchern und Unternehmen nicht an. Vielmehr polieren die Banken mit billigem Zentralbankgeld ihre Bilanzen und zocken eifrig weiter. Die deutschen Ban- ken sind besonders fleißig, wenn es darum geht, ihre Tresore zu füllen.
Seit Beginn der Krise sanken hierzulande die Zinssätze für 1-jährige Spareinlagen um stolze 82%. Die Kredit- zinsen fielen hingegen nur um 48%. Im gleichen Zeit- raum sind im Euroraum die Zinssätze für Einlagen um 77%, die für Kredite um 55% gefallen. Damit langen die einheimischen Banken deutlich kräftiger zu als ihre europäischen Konkurrenten. Dies ist gut für ihre Bankbi- lanzen, doch schlecht für die Geldbeutel der Sparer, aber auch der Verbraucher und Investoren. Die Zinsen für Kreditnehmer bleiben weiterhin hoch. Dadurch stei- gen die Finanzierungskosten.
Eine Kreditklemme droht. Zahlreiche Insolvenzen könn- ten folgen. Steigende Arbeitslosenzahlen sind dann nur eine Frage der Zeit.
Deshalb müssen Politik und EZB dafür sorgen, dass die Zinssenkungen der Notenbanken auch weitergegeben werden, aber nicht nur an die Sparer. Deswegen muss der Staat in die Geschäftspolitik der Banken eingreifen.
Nur somit kann die Liquiditätsversorgung der Wirtschaft sichergestellt werden.
Zinsentwicklung bei Neugeschäften seit Ausbruch der Wirtschaftskrise*
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2008-09 2008-10 2008-11 2008-12 2009-01 2009-02 2009-03 2009-04 2009-05 2009-06
Index 100= September 2008
Einlagen Euroraum Einlagen Deutschland Kredite Euroraum Kredite Deutschland Leitzins
Quelle: EZB * Vergleich 1-jähriger Einlagen und Kredite für nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften
Zinsentwicklung bei Neugeschäften seit Ausbruch der Wirtschaftskrise*
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Index 100= September 2008
Einlagen Euroraum Einlagen Deutschland Kredite Euroraum Kredite Deutschland Leitzins
Quelle: EZB * Vergleich 1-jähriger Einlagen und Kredite für nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften